Europarecht

Erteilung einer einfachen Melderegisterauskunft

Aktenzeichen  M 13 K 18.1007

Datum:
25.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 50830
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BMG § 44, § 52

 

Leitsatz

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Beides ist hier der Fall. Die Beteiligten hatten gem. § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO vor Erlass des Gerichtsbescheids Gelegenheit zur Äußerung.
1. Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.
a) Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zulässig. Die Klägerin hat vor der beabsichtigten Auskunftserteilung einen Bescheid vom 6. Februar 2018 erhalten, in dem die Erteilung der Auskunft angekündigt wird. Bei diesem Bescheid handelt es sich – schon seiner äußeren Form und der Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung:entsprechend – um einen rechtsbehelfsfähigen Verwaltungsakt (vgl. Böttcher/Ehmann, PassAusweis- und Melderecht in Bayern, Stand März 2017, 60. Auflage, allg. VwV zur Durchführung des BMG, III 5.1, S. 50).
b) Die Klage ist jedoch unbegründet, da der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2018 rechtmäßig ist und die Klägerin somit nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
aa) Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 Bundesmeldegesetz (BMG) darf die Meldebehörde im Rahmen einer einfachen Melderegisterauskunft Auskunft über die derzeitige Anschrift einer Person erteilen, wenn eine andere Person zu gewerblichen Zwecken hierüber Auskunft verlangt. Zwar wurde gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 1 BMG für die Wegzugadresse der Klägerin ein bedingter Sperrvermerk eingerichtet, da die Klägerin dort nach Kenntnis der Beklagten in einer Justizvollzugsanstalt wohnhaft gemeldet ist bzw. war. Dieser steht der von der Beklagten beabsichtigten Erteilung einer Melderegisterauskunft bezüglich dieser Adresse der Klägerin an die … GmbH, die insoweit im Auftrag der … Inkasso … GmbH tätig ist, jedoch nicht entgegen.
Gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 BMG darf in Fällen, in denen ein bedingter Sperrvermerk eingerichtet wurde, eine Melderegisterauskunft nur erteilt werden, wenn eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen ausgeschlossen werden kann und soweit die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 BMG nicht vorliegen. Zudem ist die betroffene Person vor Erteilung einer Melderegisterauskunft zu hören (§ 52 Abs. 2 Satz 2 BMG). § 52 BMG liegt die gesetzgeberische Wertung zugrunde, dass die Meldedaten von Personen, die sich in einer Einrichtung im Sinne von § 52 Abs. 1 BMG aufhalten, in besonderem Maße schutzwürdig sein können (vgl. BT-Drs. 17/7746, S. 47). Aus der Systematik dieser gesetzlichen Regelung ergibt sich aber zum einen, dass allein der Wohnsitz einer Person in einer der in § 52 Abs. 1 BMG genannten Einrichtungen und daher auch ein aufgrund dessen eingerichteter bedingter Sperrvermerk im Sinne von § 52 Abs. 1 Nr. 1 BMG einer Auskunft über die mit dem Sperrvermerk versehene Anschrift nicht generell entgegensteht. Vielmehr darf auch in diesem Fall eine Melderegisterauskunft erteilt werden, wenn eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen – über die Tatsache, dass sich die Person in einer Justizvollzugsanstalt befindet, hinaus – ausgeschlossen werden kann, sofern nicht die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 BMG vorliegen (vgl. BayVGH, B.v. 23.4.2018 – 5 ZB 17.258/1 – juris Rn. 2). Der Systematik des Gesetzes ist ebenso zu entnehmen, dass auch eine Untersuchungshaft in einer Justizvollzugsanstalt der Erteilung einer Auskunft nicht grundsätzlich entgegensteht, da § 52 Abs. 1 Nr. 1 BMG nicht zwischen Untersuchungshaft und Strafhaft differenziert (vgl. BayVGH, B.v. 23.4.2018 – 5 ZB 17.258/1 – juris Rn. 2).
Zum anderen folgt aus der Systematik von § 52 BMG, dass ein bedingter Sperrvermerk die Meldebehörde vor Erteilung einer Melderegisterauskunft zur Anhörung der betroffenen Person verpflichtet. Sofern jedoch auch nach der Anhörung der betroffenen Person eine Beeinträchtigung ihrer schutzwürdiger Interessen ausgeschlossen werden kann, ist die Melderegisterauskunft trotz des Sperrvermerks zu erteilen, sofern nicht die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 BMG vorliegen (vgl. Böttcher/Ehmann, PassAusweis- und Melderecht, Stand März 2017, 60. Auflage, BMG, § 52 Rn. 2).
bb) Vorliegend gab die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 8. Januar 2018 Gelegenheit, sich bis 22. Januar 2018 zu dem Auskunftsersuchen der … GmbH, die insoweit im Auftrag der … Inkasso … GmbH handelt, zu äußern. Sie hat damit der Anhörungspflicht gem. § 52 Abs. 2 Satz 2 BMG Genüge getan. Die Erteilung einer Melderegisterauskunft trotz bedingten Sperrvermerks setzt nicht voraus, dass der Betroffene innerhalb der ihm gesetzten, angemessenen Frist zur Äußerung im Sinne von § 52 Abs. 2 Satz 2 BMG auch tatsächlich Stellung nimmt; die Anhörungspflicht im Sinne von § 52 Abs. 2 Satz 2 BMG ist zudem nicht als Zustimmungspflicht zu verstehen (vgl. Böttcher/Ehmann, PassAusweis- und Melderecht in Bayern, Stand März 2017, 60. Auflage, MeldeG (außer Kraft), Art. 22 Rn. 81). Vielmehr darf die begehrte Auskunft, wenn der Betroffene – wie vorliegend die Klägerin – innerhalb der ihm gesetzten Frist und auch in der Folgezeit bis zum Erlass der Entscheidung der Behörde keine wirklich triftigen Argumente vorbringt und eine Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange auch nach den sonstigen bei der Behörde vorhandenen Erkenntnissen ausgeschlossen werden kann, auch gegen seinen Willen erteilt werden (vgl. Böttcher/Ehmann, PassAusweis- und Melderecht in Bayern, Stand März 2017, 60. Auflage, allg. VwV zur Durchführung des BMG, III 5.1, S. 50 und MeldeG (außer Kraft), Art. 22 Rn. 81).
Mangels jeglicher Äußerung der Klägerin innerhalb der ihr mit Schreiben vom 8. Januar 2018 gesetzten Frist und mangels jeglichen Vorbringens von gegen die Erteilung der beantragten Auskunft sprechenden Aspekten bis zum jetzigen Zeitpunkt sind zudem vorliegend Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Interessen durch die von der Beklagten beabsichtigte Melderegisterauskunft nicht ersichtlich. Wie im Hinblick auf die Einrichtung eines bedingten Sperrvermerks (vgl. BT-Drs. 17/7746 S. 47) muss die Meldebehörde auch insoweit nur vorhandenes Wissen nutzen, sich jedoch nicht – jedenfalls nicht ohne konkrete Anhaltspunkte – aktiv Wissen aneignen (vgl. Böttcher/Ehmann, PassAusweis- und Melderecht, Stand März 2017, 60. Auflage, BMG, § 52 Rn. 4). Äußert sich ein Anstaltsinsasse bei seiner Anhörung zu einer beantragten Auskunft nicht, so kann die Meldebehörde daher grundsätzlich davon ausgehen, dass die Auskunft keine schutzwürdigen Interessen beeinträchtigt (vgl. Böttcher/Ehmann, PassAusweis- und Melderecht in Bayern, Stand März 2017, 60. Auflage, MeldeG (außer Kraft), Art. 22 Rn. 81), es sei denn, sie hat aus sonstigen vorhandenen Kenntnissen gegenteilige Anhaltspunkte. Solche sind vorliegend nicht ersichtlich.
Dabei wird nicht verkannt, dass der Aufenthalt in einer Anstalt zum Vollzug einer gerichtlichen Entscheidung über die Freiheitsentziehung eine besonders sensible Tatsache darstellt. Daher hat die Leitung der Anstalt die Mitteilung der Aufnahme von Gefangenen zum Vollzug einer Freiheitsentziehung beim Vollzug der Untersuchungshaft erst dann der Meldebehörde mitzuteilen, wenn der Aufenthalt in der Anstalt drei Monate übersteigt (vgl. Böttcher/Ehmann, PassAusweis- und Melderecht in Bayern, Stand März 2017, 60. Auflage, Melderechtliche Erfassung der Gefangenen (Bayern), JMS v. 27.10.2015, F3 – 4450 – VII a – 8727/15/3122.2.0-J), also bereits zeitlich verfestigt ist.
Wie die Regelung des § 52 BMG zeigt und bereits erläutert wurde, ist allerdings bei einer Melderegisterauskunft, die die Tatsache eines Aufenthalts in einer Justizvollzugsanstalt offenbart, nicht generell von einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Betroffenen im Sinne von § 52 Abs. 2 Satz 1 BMG auszugehen. Insbesondere verstößt die Mitteilung der Adresse einer in Untersuchungshaft befindlichen Person nicht gegen die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK oder (sonstige) Grundrechte. Auch im Strafverfahren wird die Unschuldsvermutung, die bis zur rechtskräftigen Verurteilung gilt, ausweislich der Vorschriften über die (grundsätzliche) Öffentlichkeit der Hauptverhandlung (§ 169 Abs. 1 GVG, Art. 6 Abs. 1 EMRK) nicht gewahrt (vgl. BayVGH, B.v. 29.1.2019 – 5 C 18.2618 – Rn. 3 n.v.). Zudem ist vorliegend kein Grund ersichtlich, aus dem die Klägerin aufgrund ihrer Inhaftierung hinsichtlich ihrer Anschrift vor der Kenntnis eines Gläubigers geschützt und in dieser Hinsicht bedingt durch ihre Haft gegenüber anderen Schuldnern privilegiert werden soll (vgl. BayVGH, B.v. 29.1.2019 – 5 C 18.2618 – Rn. 3 n.v.). Vor diesem Hintergrund ist die Beklagte daher zu Recht davon ausgegangen, dass eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Klägerin auszuschließen ist. Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 BMG sind ebenfalls keine Anhaltspunkte ersichtlich. Infolgedessen ist die von der Beklagten beabsichtigte, der Klägerin mit Bescheid vom 6. Februar 2018 mitgeteilte Auskunftserteilung an die … GmbH rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher auch nicht in ihren Rechten.
2. Vor diesem Hintergrund ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).


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