Europarecht

Grundpfandrechtlich gesicherter Immobiliardarlehensvertrag: Klarheit und Verständlichkeit der Widerrufsinformation bei beispielhafter Aufzählung von Pflichtangaben

Aktenzeichen  XI ZR 299/19

Datum:
31.3.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2020:310320BXIZR299.19.0
Normen:
§ 492 Abs 2 BGB
Art 247 § 6 Abs 1 BGBEG
Art 2 Abs 2 Buchst a EGRL 48/2008
Art 2 Abs 2 Buchst c EGRL 48/2008
Art 10 Abs 2 Buchst p EGRL 48/2008
Spruchkörper:
11. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 29. Mai 2019, Az: 4 U 95/18, Urteilvorgehend LG Potsdam, 10. Oktober 2018, Az: 8 O 116/18

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 29. Mai 2019 wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Wegen der Einzelheiten verweist der Senat auf seine Urteile vom 4. Juli 2017 (XI ZR 741/16, WM 2017, 1602 Rn. 22), vom 17. September 2019 (XI ZR 662/18, WM 2019, 2307 Rn. 31) sowie vom 5. November 2019 (XI ZR 650/18, WM 2019, 2353 Rn. 53, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ) und seine Beschlüsse vom 3. Juli 2018 (XI ZR 758/17, juris), vom 19. März 2019 (XI ZR 44/18, WM 2019, 864 Rn. 15 ff.), vom 2. April 2019 (XI ZR 488/17, juris) sowie vom 12. November 2019 (XI ZR 74/19 und XI ZR 88/19, jeweils juris).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Verweis in der Widerrufsinformation auf § 492 Abs. 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben nach den Maßstäben des nationalen Rechts (Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB) klar und verständlich (Senatsurteile vom 22. November 2016 – XI ZR 434/15, BGHZ 213, 52 Rn. 18 ff. und vom 4. Juli 2017 – XI ZR 741/16, WM 2017, 1602 Rn. 19 ff., Senatsbeschluss vom 19. März 2019 – XI ZR 44/18, WM 2019, 864 Rn. 15 f.).
Der Gerichtshof der Europäischen Union (nachfolgend: EuGH) hat mit Urteil vom 26. März 2020 (C-66/19, juris – Kreissparkasse Saarlouis) entschieden, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46 – nachfolgend: Verbraucherkreditrichtlinie) dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass ein Kreditvertrag hinsichtlich der in Art. 10 dieser Richtlinie genannten Angaben auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates verweist.
Diese Entscheidung ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, da es hier um einen grundpfandrechtlich besicherten Immobiliardarlehensvertrag geht, auf den die Verbraucherkreditrichtlinie nach ihrem Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und c keine Anwendung findet (Senatsbeschluss vom 19. März 2019 – XI ZR 44/18, WM 2019, 864 Rn. 17; EuGH, Urteil vom 26. März 2020 – C-66/19, juris Rn. 25 – Kreissparkasse Saarlouis). Wie nationale Vorschriften auszulegen sind, die nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, und ob ihre Auslegung durch das vorlegende Gericht richtig ist, fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der nationalen Gerichte (EuGH, Urteil vom 26. März 2020 – C-66/19, juris Rn. 31 – Kreissparkasse Saarlouis). Entgegen der Ansicht des vorlegenden Landgerichts Saarbrücken (WM 2019, 1444 Rn. 8; vgl. auch EuGH, Urteil vom 26. März 2020 – C-66/19, juris Rn. 18 – Kreissparkasse Saarlouis) hat der deutsche Gesetzgeber die Verbraucherkreditrichtlinie nicht für Immobiliardarlehen als maßgeblich erachtet. Die Bundesrepublik Deutschland hat in ihrer Stellungnahme zur Vorlage durch das Landgericht Saarbrücken die Zuständigkeit des EuGH gerügt, weil der deutsche Gesetzgeber trotz der ihm vom Unionsgesetzgeber eingeräumten Befugnis keine Entscheidung getroffen hat, die in der Richtlinie vorgesehene Regelung auf nicht in ihren Geltungsbereich fallende Bereiche wie den Bereich der grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherkreditverträge anzuwenden (vgl. EuGH, Urteil vom 26. März 2020- C-66/19, juris Rn. 23 – Kreissparkasse Saarlouis). Das deutsche Recht hat auch schon vor der Verabschiedung der Verbraucherkreditrichtlinie eine Regelung für solche Verträge vorgesehen. Da diese Regelung als richtlinienkompatibel angesehen worden ist, hat der deutsche Gesetzgeber es lediglich für sachgerecht gehalten, die Vorschriften für den Verbraucherkredit und für grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen zusammenzufassen (vgl. EuGH, Urteil vom 26. März 2020 – C-66/19, juris Rn. 24 – Kreissparkasse Saarlouis).
Nach alledem bleibt es für den vorliegenden Immobiliardarlehensvertrag ausschließlich bei den oben genannten Grundsätzen des nationalen Rechts, nach denen die streitgegenständliche Widerrufsinformation klar und verständlich ist.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt bis 95.000 €.
Ellenberger     
        
Grüneberg     
        
Matthias
        
Derstadt     
        
Schild von Spannenberg     
        


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