Europarecht

Hanföl, Informationsverpflichtung des Lebensmittelunternehmers, Gesundheitsschädlichkeit eines Lebensmittels

Aktenzeichen  20 CS 21.688

Datum:
12.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 23078
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VO (EU) Nr. 2017/625 Art. 138 Abs. 2, Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) und Abs. 4
VO (EG) Nr. 178/2002

 

Leitsatz

Verfahrensgang

W 8 S 21.117 2021-02-10 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. Februar 2021 wird in den Ziffern I. und II. geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes Würzburg vom 21. Januar 2021 wird angeordnet.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die nach § 146 Abs. 1 VwGO zulässig erhobene und nach § 146 Abs. 4 Satz 1 und 2 VwGO fristgerecht begründete Beschwerde ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den insgesamt als Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alternative i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage auszulegenden Eilantrag zu Unrecht abgelehnt.
I. Weil die Anordnung auf § 39 Abs. 2 LFGB gestützt wurde und die Informationsverpflichtung der Antragstellerin über eine Gesundheitsschädlichkeit im Sinne des Art. 14 Abs. 1, 2 Buchst. a) VO (EG) Nr. 178/2002 (Basis-VO) zum Gegenstand hat, ist richtiger Rechtsbehelf ein Antrag auf Anordnung der nach § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB von Gesetzes wegen ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage, auch wenn der Bescheid materiell-rechtlich auf diese Rechtsgrundlage nicht gestützt werden kann (siehe hierzu unten II. 2.). Denn bei § 39 Abs. 7 LFGB handelt es sich um eine prozessuale Vorschrift, die auch dann gilt, wenn Rechtsgrundlage der Maßnahme Art. 138 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2017/625 (KontrollVO) ist (in diesem Sinn auch Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand November 2020, § 39 LFGB Rn. 56; Holle in Streinz/Meisterernst, Basis-VO/LFGB, 1. Auflage 2021, § 39 LFGB Rn. 155 unter Berufung auf OVG Hamburg, B.v. 5.9.2011 – 5 Bs 139/11 – juris Rn. 11).
II. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Der Verwaltungsgerichtshof hat – unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens, auf das sich die Prüfung des Senats grundsätzlich beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) – bei seiner Entscheidung eine originäre Interessenabwägung auf der Grundlage der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage darüber zu treffen, ob die Interessen, die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung streiten, oder diejenigen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, überwiegen. Dabei sind die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren wesentlich zu berücksichtigen, soweit sie bereits überschaubar sind. Nach allgemeiner Meinung besteht an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer voraussichtlich aussichtslosen Klage kein überwiegendes Interesse. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, ist regelmäßig die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen (BayVGH, B.v. 27.3.2019 – 8 CS 18.2398 – ZfB 2019, 202 = juris Rn. 25 m.w.N.).
Die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage wird aller Voraussicht nach Erfolg haben. Der Antragsgegner hat das Bestehen der – durch die Antragstellerin bestrittenen – Gesundheitsschädlichkeit des Produkts “Hanföl für Kamele” im Sinn des Art. 14 Abs. 1, 2 Buchst. a) Basis-VO nicht nachvollziehbar anhand der Entscheidungskriterien des Art. 14 Abs. 4 Basis-VO dargelegt. Darauf hat der Senat den Antragsgegner mit Schreiben vom 22. April 2021 bereits hingewiesen. Deshalb ist die Antragstellerin derzeit nicht zu einer entsprechenden Information ihrer Kunden verpflichtet.
1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Frage, ob die Antragstellerin verpflichtet ist, ihre Kunden über die von ihrem Produkt ausgehende Gesundheitsgefahr im Sinne einer Gesundheitsschädlichkeit nach Art. 14 Abs. 1, 2 Buchst. a) Basis-VO zu informieren, die in dem streitgegenständlichen Bescheid zugrunde gelegten Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 19. Januar 2021 festgestellt wurde. Dieser Inhalt ergibt sich aus Ziffer 1 des Bescheidstenors in Zusammenhang mit der Begründung des Bescheides, die aus dem Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 19. Januar 2021 zitiert (Seite 3 des Bescheides).
Mit dem Einwand, es handele sich auch nicht um ein Lebensmittel, da das Produkt mit dem Zusatz “für Kamele” vertrieben werde, vermag die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde nicht durchzudringen. Hierzu wird auf die Erörterungen im Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 19. Januar 2021, des Verwaltungsgerichtes im Beschluss vom 10. Februar 2021 sowie im Schriftsatz des Antragsgegners vom 22. Juli 2021 verwiesen, die im Wesentlichen davon ausgehen, dass die gewählte Bezeichnung der Umgehung lebensmittelrechtlicher Vorschriften dienen soll.
Das streitgegenständliche Produkt dürfte als Lebensmittel schon wegen der fehlenden Zulassung seiner Inhaltsstoffe Cannabidiol (CBD) und Delta-9-Tetrahydrocannabiol (THC) nach Art. 6 Abs. 2 Novel-Food-Verordnung nicht verkehrsfähig sein und nach Art. 14 Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 Basis-VO als nicht sicher im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Basis-VO gelten (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand November 2020, Art. 14 Basis-VO Rn. 6a). Bei dem Zulassungsverfahren nach Art. 6 Abs. 1 Novel-Food-Verordnung handelt es sich um eine spezifische Bestimmung der Gemeinschaft zur Lebensmittelsicherheit. Ein deswegen naheliegendes Verkehrsverbot hat der Antragsgegner jedoch nicht erlassen. Auch eine Rücknahme oder einen Rückruf hat die zuständige Behörde nicht angeordnet.
2. Zwar kann die streitgegenständliche Anordnung in Ziffer 1 des Bescheides grundsätzlich auf die Generalklausel des Art. 138 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 2017/625 (Kontroll-VO) i.V.m. Art. 14 Abs. 1, 2 Buchst. a) der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (Basis-VO) gestützt und dem Lebensmittelunternehmer bei Vorliegen der Voraussetzungen eine entsprechende Informationsverpflichtung gegenüber seinen Abnehmern auferlegt werden. Ein Rückgriff auf die vom Antragsgegner ergänzend herangezogenen § 39 Abs. 2 LFGB, hier wohl in seiner Nr. 7, wie es sich dem Wortlaut der Anordnung “in geeigneter Weise informieren” entnehmen lässt, einer Ermächtigungsnorm für Maßnahmen der Lebensmittelüberwachung, ist aber ausgeschlossen, weil es bereits zu einem Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften gekommen ist. Die Antragstellerin hat das Produkt unstreitig im Sinne des Art. 3 Nr. 8 Basis-VO in den Verkehr gebracht. Daraus folgende Maßnahmen der Lebensmittelbehörden finden aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ihre Grundlage ausschließlich in Art. 138 Abs. 2, 1 Kontroll-VO (so unter Verweis auf Art. 288 Abs. 2 AEUV zur Vorgängerregelung des Art. 54 VO (EG) 882/2004 BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 3 C 7/14 – BVerwGE 153, 335; BayVGH, U.v. 9.7.2015 – 20 BV 14.1490 – juris; Holle in Streinz/Meisterernst, Basis-VO/LFGB, 1. Auflage 2021, § 39 Rn. 2 und 16). Nachdem der Katalog des Art. 138 Abs. 2 Kontroll-VO keine der im Katalog des § 39 Abs. 2 LFGB aufgeführten Maßnahmen enthält, ist Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Anordnung die Generalklausel des Art. 138 Abs. 1 Kontroll-VO i.V.m. Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) Basis-VO.
3. Es bestehen jedoch erhebliche Zweifel am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) Basis-VO. Der Antragsgegner hat im Rahmen der von ihm zu treffenden Prognoseentscheidung nicht nachvollziehbar dargelegt, insbesondere nicht anhand der Kriterien des Entscheidungskatalogs des Art. 14 Abs. 4 Basis-VO, warum er das streitgegenständliche Produkt als gesundheitsschädlich im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) Basis-VO einstuft. Das zur Begründung allein herangezogene Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 21. Januar 2021 trägt diese Einstufung nicht.
a. Zur Beurteilung der Gesundheitsschädlichkeit des Lebensmittels ist im Einzelfall eine Risikoanalyse (Art. 6 Basis-VO) vorzunehmen, die unter Zugrundelegung des Kriterienkatalogs des Art. 14 Abs. 4 Basis-VO erfolgen muss. Bei der Beurteilung der Gesundheitsschädlichkeit eines Lebensmittels i.S. des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) Basis-VO sind gemäß Art. 14 Abs. 4 Basis-VO die wahrscheinlichen sofortigen und/oder kurzfristigen und/oder langfristigen Auswirkungen nicht nur auf die Gesundheit des Verbrauchers, sondern auch auf nachfolgende Generationen (Buchst. a), die wahrscheinlichen kumulativen toxischen Auswirkungen (Buchst. b) und die besondere Empfindlichkeit einer bestimmten Verbrauchergruppe, falls das Lebensmittel für diese Gruppe von Verbrauchern bestimmt ist (Buchst. c) zu berücksichtigen. Abzustellen ist bei der Risikobewertung auf die Wahrscheinlichkeit der Realisierung der Gefahr und der Schwere dieser Wirkung als Folge der Realisierung der festgestellten Gefahr (Meisterernst in Streinz/Meisterernst, Basis-VO, Stand 2021, Art. 14 Basis-VO Rn. 54 und Art. 3 Basis-VO Rn. 47). Von der Gesundheitsschädlichkeit eines Lebensmittels ist dann auszugehen, wenn sich diese aus der Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer gesundheitsschädigenden Wirkung oder wegen der Schwere der zu befürchtenden Gesundheitsschäden oder einer Kombination hieraus ergibt (vgl. zur Abgrenzung in den präventiven Gesundheitsschutz BVerwG, U.v. 14.10.2020 – 3 C 10/19 – ZLR 2021, 276-283, juris Rn. 25; und zu sonst unsicheren Lebensmitteln BVerwG, U.v. 30.1.2020 – 10 C 11/19 – BVerwGE 167, 311-319, juris Rn. 17; zur Risikobewertung im Rahmen des § 39 LFGB vgl. OVG Lüneburg, B.v. 12.1.2019 – 13 ME 320/19 – juris Rn. 48). Bei Vorliegen einer potentiell schweren Wirkung ist auch bei geringer Wahrscheinlichkeit Handeln geboten, während bei geringfügigen Wirkungen unter Umständen eine höhere Wahrscheinlichkeit hingenommen werden muss (Meisterernst, a.a.O., Art. 3 Basis-VO Rn. 50, vgl. auch VGH Baden-Württemberg, B.v. 17.9.2020 – 9 S 2343/20 – juris Rn. 14 m.w.N.).
b. Weder dem streitgegenständlichen Bescheid, der sich ausschließlich auf das Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 19. Januar 2021 stützt, noch dem Gutachten selbst lässt sich eine derartige Risikobewertung des Lebensmittels entnehmen.
aa. Das Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit stellt fest, dass der THC-Gehalt in der untersuchten Probe erheblich über dem lebensmittelrechtlich als unbedenklich angesehenen Wert von 1 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht liege (sog. ArfD, vgl. für THC Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) “Fragen und Antworten zu den gesundheitlichen Risiken von hanfhaltigen Lebensmitteln” vom 16. Juli 2021 https://www.bfr.bund.de/cm/343/fragen-und-antworten-zu-den-gesundheitlichen-risiken-von-hanfhaltigen-lebensmitteln.pdf, und BfR “BfR empfiehlt Akute Referenzdosis als Grundlage zur Beurteilung hanfhaltiger Lebensmittel” vom 17. Februar 2021 https://www.bfr.bund.de/cm/343/bfr-empfiehlt-akute-referenzdosis-als-grundlage-zur-beurteilung-hanfhaltiger-lebensmittel.pdf, jeweils unter Bezugnahme auf die Bewertung der gesundheitlichen Risiken von hanfhaltigen Lebensmitteln durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aus dem Jahr 2015). Bei der ArfD handelt es sich um “die geschätzte Menge eines Stoffs in einem Lebensmittel, ausgedrückt mit Bezug auf das Körpergewicht, die den in geeigneten Studien gewonnenen Daten zufolge ohne nennenswertes Risiko für den Verbraucher über einen kurzen Zeitraum – normalerweise an einem Tag – unter Berücksichtigung besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen (z.B. Kinder und Ungeborene) aufgenommen werden kann (siehe hierzu § 3 Abs. 1 Ziff. 4 AVV Schnellwarnsystem, der auf Art. 3 Abs. 2 Buchst. i) der VO (EG) Nr. 396/2005 über Höchstgehalte und Pestizidrückstände verweist).
Gleichzeitig geht das Gutachten von einer Unterschreitung der niedrigsten Dosis mit beobachteter schädlicher Wirkung (Lowest Observed Adverse Effect Level – LOAEL) aus. Dies ist die niedrigste Dosis eines Stoffs, bei der in einer exponierten Population nachteilige Wirkungen beobachtet wurden (https://www.efsa.europa.eu/de/glos-sary/loael). Das Gutachten legt hierfür einen Wert von 35 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht zugrunde.
Da der festgestellte THC – Gehalt abhängig von der Verzehrmenge laut angegebener Empfehlung die Grenze zur Toxizität (LOAEL) “nur” um das 4,8 bzw. 2,4-fache unterschreite, könne nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass bei akutem Verzehr der vorliegenden Probe in Form einer Einzeldosis oder in Form der Tagesdosis gesundheitsschädliche Wirkungen hervorgerufen werden können. Insgesamt sei somit davon auszugehen, dass die vorliegende Probe “CBD Hanföl für Kamele” unter den normalen Bedingungen ihrer Verwendung durch den Verbraucher beim akuten Verzehr gesundheitsschädlich sei. Die vorliegende Probe werde daher insgesamt unter Berücksichtigung von Art. 14 Abs. 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 als gesundheitsschädlich und damit als nicht sicher gemäß Art. 14 Abs. 2 Buchstabe a) der gleichen Verordnung beurteilt.
Darin liegt keine den Kriterien des Art. 14 Abs. 4 Basis-VO entsprechende Risikobewertung. Vielmehr wird die Gesundheitsschädlichkeit des streitgegenständlichen Produkts allein aus der (erheblichen) Überschreitung des ArfD-Wertes abgeleitet. Das Gutachten erschöpft sich in der Feststellung, dass THC eine psychoaktive Substanz sei, die eine sedative Wirkung, eine verminderte Gedächtnisfunktion und eine Verminderung des diastolischen Blutdrucks in Versuchen an menschlichen Probanden ausgelöst habe. Der im Wege eines Automatismus ohne Darlegung von Wahrscheinlichkeit und Art und Schwere möglicher Gesundheitsschäden gezogene Rückschluss ist mit Art. 14 Abs. 2, 4 Basis-VO nicht vereinbar (in diesem Sinn auch OVG Münster, B.v. 2.3.2021 – 9 B 1574/20 -, BeckRS 2021, 3423 Rn. 42 ff.). Das Gutachten setzt den im Produkt festgestellten THC – Gehalt zur Möglichkeit auftretender gesundheitlicher Beeinträchtigungen in kein Verhältnis und genügt damit nicht den Anforderungen an die Risikobewertung im obengenannten Umfang. Das Gutachten selbst geht nicht von einer Überschreitung der LOAEL und damit nicht von einer Überschreitung der Grenze zu unerwünschten Wirkungen des THC aus. Dass es dennoch zu gesundheitsschädlichen Wirkungen im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) Basis-VO kommen könne, lässt sich der gutachterlichen Aussage nicht entnehmen.
bb. Die Bedenken am Bestehen einer gesundheitsschädlichen Wirkung des Produkts werden durch die dem Senat vorliegenden Veröffentlichungen der baden-württembergischen Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit vom 12. Juli 2021 (https://ua-bw.de/pub/beitrag.asp?subid=2& Thema_ID=2& ID=3421& Pdf=No& lang=DE, zuletzt recherchiert am 10. August 2021) und des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen in der Broschüre “Hanf, THC; CBD und Co – Fragen und Antworten zur Beurteilung von Produkten im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung”, Stand November 2020 https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/PDFs/verbraucher-schutz/faq_hanf_thc_co.pdf, Seite 8, zuletzt recherchiert am 10. August 2021) gestützt. Nach diesen fachlichen Stellungnahmen ist Maßstab für die Entscheidung, ob ein Lebensmittel aufgrund seines THC – Gehaltes als für den Verzehr ungeeignet im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. b) Basis-VO einzuordnen ist, die Überschreitung der ArfD. Erst wenn die niedrigste Dosis mit beobachtetem toxischen Effekt überschritten (LOAEL) wird, gehen die Lebensmittelbehörden von einer gesundheitsschädlichen Wirkung im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) Basis-VO aus. Dafür ergeben sich aber aus den Feststellungen im Gutachten keine Anhaltspunkte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte war der Streitwert der Hauptsache nach § 52 Abs. 2 GKG für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.


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