Europarecht

Katzenhaltungs- und -betreuungsverbot, länger anhaltende Leiden, Verweigerung einer Euthanasierung, Zwangsmittel

Aktenzeichen  AN 10 S 21.00923, AN 10 S 21.00925

Datum:
14.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 15526
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
TierSchG § 16a Abs. 1 S. 1
TierSchG § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 3
VwZVG Art. 32 und 34

 

Leitsatz

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen Ziffer 3 der Bescheide vom 4. Mai 2021 wird angeordnet.
Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen 3/4, der Antragsgegner 1/4 der Kosten der Verfahren.
3. Der Streitwert wird jeweils auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller wenden sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen ein Katzenhaltungs- und -betreuungsverbot.
Die Antragsteller hielten den 13 Jahre alten und zwischenzeitlich verstorbenen Kater … und sind nach eigenen Angaben Halter des gleichaltrigen Katers … Der Kater … wurde laut Behördenakte am 12. November 2020 wegen Lähmungserscheinungen zur Tierklinik am … (im Folgenden: Tierklinik) überwiesen. Trotz Behandlung verschlechterte sich der Zustand des Katers, sodass dieser nicht mehr in der Lage war, zu laufen. Der Kater wurde am 31. Dezember 2020 an einen Spezialisten überwiesen. Dessen Bericht vom 8. Januar 2021 ist u.a. zu entnehmen (Bericht der Tierärztlichen Praxis für Neurologie, Herr Dr. *.), dass aufgrund der Gesamtheit aller Befunde (schwer herzkrank, Überlaufblase mit Zystitis [Entzündung Harnblase], querschnittsgelähmt ohne Chance auf Regeneration, intramedullärer Tumor) dringend zur Euthanasie geraten worden sei, aber der Besitzer wolle dies nicht akzeptieren und seine Katze lieber zu Tode pflegen, was dann tierschutzrelevant wäre. Der Strafanzeige des Antragsgegners (vom 4.5.2021) ist u.a. zu entnehmen, dass die Antragsteller am 12. Januar 2021 erneut bei der Tierklinik vorstellig wurden. Es seien Medikamente abgeholt und die Kontaktdaten der Uniklinik … für eine zweite Meinung übergeben worden, da sich die Antragsteller weiter uneinsichtig bezüglich der notwendigen Euthanasie gezeigt hätten. Ein Telefonat der behandelnden Tierärztin der Tierklinik, Frau *., mit den Antragstellern am 29. Januar 2021, habe ergeben, dass die Antragsteller keine weitere Meinung eingeholt und den Kater nicht mehr beim Tierarzt vorgestellt hätten. Die Tierärztin habe erneut versucht, die Antragsteller zur Euthanasie zu bewegen. Am 1. Februar 2021 habe sie wieder mit den Antragstellern telefoniert und eine Anzeige beim Veterinäramt in Aussicht gestellt, wenn die Katze nicht dem Haustierarzt zur Euthanasie vorgestellt werde. Am gleichen Tag habe sie die Hausärztin Frau Dr. *. in Kenntnis gesetzt. Am 2. Februar 2021 sei von ihr festgestellt worden, dass die Antragsteller nicht mit Frau Dr. *. Kontakt aufgenommen hätten. Ausweislich einer Stellungnahme der Tierklinik vom 8. Februar 2021 sei die Prognose bei einer intramedullären Neoplasie infaust [Rückenmarkstumor unheilbar]. Es sei keine Therapie möglich. Dies sei dem Besitzer mehrfach kommuniziert worden. Zusätzlich sei eine hypertrophe Kardiomypathie [Erkrankung des Herzmuskels] festgestellt und als Folge der neurologischen Symptomatik eine Überlaufblase. Es sei von keiner adäquaten Lebensqualität auszugehen.
Am 9. Februar 2021 wurde eine Kontrolle der Katzenhaltung bei den Antragstellern aufgrund einer Anzeige der Tierklinik durchgeführt. Ausweislich des Berichts der Amtsveterinärin vom 11. Februar 2021 habe sich der Kater im Zeitpunkt der Kontrolle in eine Katzenhöhle verkrochen und sei mit einer Windel gewickelt gewesen. Zur Inaugenscheinnahme sei das Tier vom Besitzer auf den Boden gelegt worden. Ein Aufrichten des Katers sei aufgrund der Lähmung nur bedingt möglich gewesen, da lediglich die Vorderbeine belastbar gewesen seien. Der Kater sei deutlich abgemagert gewesen, am rechten Hinterbein im Bereich der Hüfte sei eine Alopezie (Haarausfall) und ein beginnend nekrotischer Dekubitus (Druckgeschwür) festzustellen gewesen. Weiter wurde ausgeführt, dass verminderte Fresslust auf Stress hindeute, welcher sowohl von Schmerzen durch die körperlichen Beeinträchtigungen verursacht sein könne als auch durch die mit den zugrunde liegenden Erkrankungen verbundenen Leiden. Der Dekubitus im Bereich des rechten Hüfthöckers habe sich beginnend nekrotisch (Absterben einzelner oder mehrerer Zellen) gezeigt. Dekubitus beschreibe eine lokale Schädigung der Haut und des darunterliegenden Gewebes aufgrund längerer Druckbelastung. Um bei einem geringen Körpergewicht, wie bei dem abgemagerten Kater, eine derartige Zellschädigung zu entwickeln, müsse viel gelegen werden, was wiederum durch die neurologische Symptomatik begründet sei. Die aufgrund der Überlaufblase entstandene Zystitis sei zwar akut behandelbar, werde aber mit großer Wahrscheinlichkeit immer wieder auftreten. Eine Katze, die ihr natürliches Verhalten aufgrund der Lähmung nicht ausleben könne, leide dauerhaft, insbesondere da Katzen sehr reinliche Tiere seien. Wenn Harn nicht adäquat abgesetzt werden könne, wie in diesem Fall, biete eine übervolle Blase ein Nährmedium für Bakterien. Wie von den praktischen Tierärzten bestätigt, sei die intramedullären Neoplasie nicht heilbar. Die damit einhergehenden Erkrankungen und körperlichen Beeinträchtigungen würden sich nach deren Prognose nur zum Schlechteren hin verändern. Die Katze leide unter nicht unerheblichen körperlichen Beeinträchtigungen, die mit Schmerzen verbunden seien. Dies bedeute für das Tier auch eine erhebliche Beeinträchtigung ihres Wohlbefindens, fachlich zu werten als Leiden. Die Antragsteller seien uneinsichtig geblieben, weshalb die Amtsveterinärin mündlich angeordnet habe, die Katze innerhalb von 48 Stunden einem Tierarzt vorzustellen und nach Anweisung des Tierarztes so zu behandeln, dass das Tier vollständig gesundet oder zu euthanasieren. Weiter wurde im Falle der Euthanasierung eine Obduktion sowie Sofortvollzug und Ersatzvornahme angeordnet.
Mit Bescheid vom 11. Februar 2021 wurde die bereits mündlich erfolgte Anordnung bestätigt. Die hiergegen erhobene Klage ist unter dem Aktenzeichen AN 10 K 21.00423 anhängig.
In einer Stellungnahme der Tierarztpraxis … vom 11. Februar 2021, nach Vorstellung des Tieres am gleichen Tag, wird u.a. ausgeführt, dass der Kater nicht mehr vollständig gesunden werde und nicht mehr gemäß seinen natürlichen Bedürfnissen (eigene Fortbewegung, eigener willentlicher Kot- und Urinabsatz, Fähigkeit zur eigenen Körperpflege etc.) leben könne. Des Weiteren bestünde die Gefahr von Dekubitalgeschwüren. Aus den genannten Gründen, um Moritz weitere Leiden oder Schäden zu ersparen, solle er nach Ansicht der Tierärztin zeitnah euthanasiert werden. So habe sie es mit dem Antragsteller zu 2) besprochen, der eine sofortige Euthanasie abgelehnt habe.
Da die Antragsteller der Anordnung des Antragsgegners nicht nachkamen, erfolgte am 12. Februar 2021 die Wegnahme und Euthanasierung des Katers. Die aufgrund dieser Maßnahme angefallenen Kosten wurden gegenüber den Antragstellern mit Kostenbescheiden vom 16. März 2021, die ebenfalls beklagt worden sind (AN 10 K 21.00556, AN 10 K 21.00571), geltend gemacht.
Der Antragsteller zu 1) teilte mit an den Antragsgegner gerichteter E-Mail vom 12. Februar 2021 u.a. mit, dass er zwei Kater halte, die seit ihrer Geburt vor 13 Jahren von ihnen gehegt und gepflegt würden und ein bestmögliches Katzenleben führten. Er habe Frau *. erklärt, dass … Tag und Nacht so betreut und gepflegt werde, dass er keine Schmerzen habe und weiterhin seine Medikamente erhalte. Anstatt sich um das Wohl, die Gesundheit und das Leben der Tiere zu kümmern, habe sie darauf bestanden, seinen … umzubringen. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen habe sie Anzeige beim Veterinäramt erstattet. … habe normalen Appetit, sein Essverhalten sei normal. Er habe täglich Stuhlgang. Seine Hauptmenge Wasser lasse er im Sandkasten. Für den unkontrollierten Urin habe er eine Windel.
Mit Bescheiden vom 4. Mai 2021 untersagte der Antragsgegner den Antragstellern ab 1. Juni 2021 das Halten und Betreuen von Katzen (Ziffer 1) und ordnete die Abgabe gehaltener oder betreuter Katzen bis 31. Mai 2021 an (Ziffer 2). Anderenfalls wurde unmittelbarer Zwang (Wegnahme der Tiere) angedroht und die Antragsteller zur Duldung der Vermittlung bzw. Veräußerung der Katzen verpflichtet (Ziffer 3). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 bis 3 wurde angeordnet (Ziffer 4). Die Voraussetzungen für die Untersagung des Haltens und Betreuens von Katzen seien gegeben. Es lägen grobe Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des § 2 TierSchG vor, da die Antragsteller durch die Verweigerung der Euthanasie dem Kater langanhaltende und erhebliche Leiden zugefügt hätten. Es sei anzunehmen, dass zukünftig bei einer erneuten Erkrankung eines Tieres mit infauster Prognose wieder die notwendige Euthanasie verweigert und dem Tier dadurch langanhaltende und erhebliche Leiden zugefügt würden. Es sei zu befürchten, dass eine notwendige tierärztliche Behandlung unterlassen werde. Die Antragsteller würden annehmen, dass der Tierarzt erneut das Veterinäramt einschalten könne und dies wieder ähnliche Folgen hätte. Die Sektion des Tieres habe einen mäßigen Ernährungszustand, einen seitlichen Haarverlust an den Oberschenkeln sowie der Hüfte und der Inguinalgegend sowie oberflächliche Dekubitalstellen ergeben. Im Rückenmark sei ein bösartiger Tumor vorgefunden worden. Das Herzgewebe sei krankhaft verändert gewesen, was die Pumpleistung des Herzens gestört habe. Die Lunge habe eine akute Blutstauung sowie ein akutes Ödem aufgewiesen; mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund von Durchblutungsstörungen durch die Herzerkrankung verursacht. Weiter sei eine irreversible Überblähung der Lungenbläschen sowie eine chronische Blasenentzündung festgestellt worden. Der Kater habe seine artgemäßen Verhaltensweisen (kämpfen, fliehen, spielen oder einfrieren) nicht ausleben können. Die Antragsteller hätten in einer E-Mail vom 12. Februar 2021 die Krankengeschichte des Katers geschildert, seien aber mit keinem Wort auf die mehrfachen Empfehlungen der behandelnden Tierärzte hinsichtlich der Euthanasie des Katers eingegangen. Auch seien jegliche Schmerzen des Tieres verleugnet worden. Alle tierärztlichen Hinweise seien entweder ignoriert oder nicht zur Kenntnis genommen worden. Der Kater … sei von der Amtsveterinärin bisher nicht bemerkt worden. Auch in Bezug auf diesen 13-jährigen noch im Haushalt befindlichen Kater sei die Katzenhaltung und -betreuung zu untersagen. Die Anwendung des Zwangsmittels Ersatzvornahme sei nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich, weil die ansonsten denkbaren Zwangsmittel nicht zum Ziel führen würden. Die Duldungsanordnung sei erforderlich, da die Unterbringung der Tiere auf Dauer deren Wert übersteigen würde. Das öffentliche Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung ergebe sich aus der Notwendigkeit, für die Zukunft eine tierschutzwidrige Katzenhaltung zu verhindern. Ein länger andauerndes Rechtsmittelverfahren könne nicht abgewartet werden.
Hiergegen ließen die Antragsteller mit Schriftsatz vom 17. Mai 2021 Klagen (AN 10 K 21.00924, AN 10 K 21.00926) erheben.
Zugleich ließen sie beantragen,
Die aufschiebende Wirkung des Bescheids wird angeordnet.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Antragsteller dem Kater … in keiner Weise Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt hätten. Er sei seit seiner Geburt vor 13 Jahren von den Antragstellern gehegt und gepflegt worden, um ein bestmögliches Katzenleben zu führen. Leider sei der Kater erkrankt. Er sei verschiedenen Tierärzten zur Untersuchung und medikamentösen Behandlung zugeführt worden. Schließlich sei er in die Tierklinik gebracht und weiter zu einem Spezialisten, Herrn Dr. *. Gerade dessen tierärztlicher Bericht vom 8. Januar 2021 sage aus, dass der Kater ohne Tiefenschmerz gewesen sei. Die Tierarztpraxis … habe aufgrund der Untersuchung des Katers vom 11. Februar 2021 festgestellt, dass ein Dekubitalgeschwür in Abheilung gewesen sei. Von tierärztlicher Seite sei eine Euthanasie niemals gefordert, sondern immer nur empfohlen worden. Eine endgültige Ablehnung der Antragsteller einer Euthanasie habe nicht vorgelegen. Sie hätten nur alles versuchen wollen, um das Leben des Katers zu retten. Ein Leiden des Katers oder Schmerzen seien für die Antragsteller unvorstellbar gewesen. Sie hätten eine solche Situation nie zugelassen. Der Kater habe jedoch keine Schmerzen gehabt und sei von den Antragstellern Tag und Nacht gepflegt worden. Er habe sich mit Gehhilfe selbst bewegt und sei weiter unter ständiger ärztlicher Betreuung gewesen. Die Haustierärztin, Frau Dr. *., habe mit ihrer Stellungnahme vom 9. März 2021 bestätigt, dass die Antragsteller immer frühzeitig nach dem Auftreten von Symptomen in die Praxis gekommen seien. Sie kenne die Antragsteller als verantwortungsbewusste und kooperative Katzenbesitzer. Die Katzen seien jederzeit in einem gepflegten Zustand gewesen. Die Befürchtung, dass eine notwendige tierärztliche Behandlung unterlassen werde, sei abwegig. Dass es im Zusammenhang mit dem Kater … zu dieser Eskalation gekommen sei, liege allein daran, dass den Antragstellern nicht die Möglichkeit gegeben worden sei, durch weitere tierärztliche Beratung letztendlich zu sehen, ob noch eine Chance auf lebenserhaltende Maßnahmen vorhanden sei oder nicht. Dass die Antragsteller ihre Katzen verantwortungsbewusst gepflegt hätten, würden auch Freunde und Bekannte der Antragsteller bezeugen. Diesbezüglich wurde zwei schriftliche Stellungnahmen vom 20. und 22. März 2021 vorgelegt.
Der in Bezug genommenen Stellungnahme von Frau Dr. *. (vom 29.3.2021) könne weiter entnommen werden, dass sie den Kater … während seiner Krankheit ab November 2020 zu keinem Zeitpunkt gesehen habe, aber von den Antragstellern telefonisch gewusst habe, dass er bei mehreren Spezialisten in Behandlung sei. Nach ihrer fachlichen Einschätzung gefragt, habe sie den Antragstellern fernmündlich geraten, Euthanasie ernsthaft in Erwägung zu ziehen.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 27. Mai 2021
Antragsablehnung.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die Strafanzeige vom 4. Mai 2021 Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass in dem tierärztlichen Bericht von Herrn Dr. *. u.a. ausgesagt worden sei, „Am 10.11. rechte Bauchseite aufgebläht, hatte starke Schmerzen. Palpation schmerzhaft in der mittleren BWS.“ Der fehlende Tiefenschmerz stelle eine Befunderhebung aus der neurologischen Untersuchung dar, die Herr Dr. *. durchgeführt habe und nicht eine allgemeine Aussage bezüglich des generellen Schmerzempfindens des Katers. Es bedeute, dass der Kater aufgrund seiner Querschnittslähmung in den hinteren Gliedmaßen und dem Schwanz keine Schmerzreaktion gehabt habe. Praktizierende Tierärzte könnten eine Euthanasie nur empfehlen. Die Anordnung der Euthanasie habe letztlich nur durch die Amtsveterinärin getroffen werden können. Die Antragsteller seien nicht in der Lage gewesen, die Bedürfnisse einer Katze richtig zu beurteilen. Das Leugnen der tatsächlichen Sachlage zeige, dass auch für die Zukunft nicht mit einer tierschutzgerechten Katzenhaltung gerechnet werden könne. Sollte der noch gehaltene Kater ebenfalls infaust erkranken, wäre das gleiche Martyrium zu befürchten, das bereits der Kater … habe durchleiden müssen. Die Anordnung des Sofortvollzuges sei notwendig gewesen, da die Antragsteller noch immer absolut uneinsichtig im Hinblick auf die Notwendigkeit der Euthanasie des Katers seien. Es sei zu befürchten, dass der noch gehaltene Kater bei einer ernsthaften Erkrankung ebenfalls „zu Tode gepflegt“ werden könnte. Auch sei nicht auszuschließen, dass für den verstorbenen Kater … „Ersatz“ beschafft werde.
Die Gerichts- und Behördenakten zu den Verfahren AN 10 K 21.00423, AN 10 K 21.00556 und AN 10 K 21.00571 wurden beigezogen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässigen Eilanträge haben in der Sache überwiegend keinen Erfolg.
1. Die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO sind zulässig.
Die nach sachgerechter Auslegung (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) als Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen gegen das Katzenhaltungs- und -betreuungsverbot (Ziffer 1) sowie die Abgabeverpflichtung gehaltener bzw. betreuter Katzen (Ziffer 2) verstandenen Anträge gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 VwGO sind aufgrund des angeordneten Sofortvollzugs (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) statthaft.
Im Hinblick auf die in Ziffer 3 erlassene Androhung des unmittelbaren Zwangs sowie der Verpflichtung zur Duldung der Vermittlung bzw. Veräußerung gehaltener und betreuter Katzen, die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG als Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung kraft Gesetzes sofort vollziehbar sind, werden die Anträge weiter sachgerecht (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) als Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 VwGO) ausgelegt, die ebenfalls zulässig, insbesondere statthaft, sind. Es wird insoweit noch darauf hingewiesen, dass die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Ziffer 3 der Bescheide ins Leere läuft.
2. Die zulässige Eilanträge sind überwiegend unbegründet.
a) Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklagen im Falle der Anordnung des Sofortvollzugs durch die Behörde (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) ganz oder teilweise wiederherstellen.
Das Gericht überprüft dabei, ob die Anordnung des Sofortvollzugs durch die Behörde den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügt und nimmt sodann eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs und dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug der Bescheide vor. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, wobei den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache maßgebliche Bedeutung zukommt. Ergibt die summarische Prüfung, dass die zugrunde liegenden Bescheide offensichtlich rechtmäßig sind, ein Hauptsacherechtsbehelf also voraussichtlich erfolglos wäre, so überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug. Ergibt die Prüfung umgekehrt, dass die angefochtenen Bescheide offensichtliche Rechtsmängel aufweisen und der Hauptsacherechtsbehelf damit voraussichtlich Erfolgsaussichten hätte, so überwiegt regelmäßig das private Interesse der Betroffenen, von der sofortigen Vollstreckung bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben.
Die Begründung des Sofortvollzugs in den streitgegenständlichen Bescheiden gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entspricht hinsichtlich des Haltungs- und Betreuungsverbot von Katzen sowie der Abgabeverpflichtung den formellen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug noch in ausreichender Form begründet wurde.
Das in § 80 Abs. 3 VwGO normierte Erfordernis einer schriftlichen Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts soll die Behörde mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG zwingen, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzuges besonders sorgfältig zu prüfen (vgl. OVG Saarlouis, B.v. 13.11.2019 – 2 B 278/19 – juris Rn. 12). Dabei sind an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55). Ob die in einer Sofortvollzugsanordnung genannten Gründe inhaltlich die Anordnung zu rechtfertigen vermögen, ist keine Frage des formellen Begründungserfordernisses gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2019 – 22 CS 18.2310 – juris Rn. 11). Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner ausführt, dass sich das Interesse an der Anordnung der sofortigen Vollziehung aus der Notwendigkeit ergibt, eine tierschutzwidrige Katzenhaltung in der Zukunft zu verhindern und ein länger andauerndes Rechtsmittelverfahren nicht abgewartet werden könne. Damit kommt das vom Antragsgegner dargelegte besondere Interesse am Sofortvollzug sowohl hinsichtlich des Haltungs- und Betreuungsverbots als auch der vorhandenen Katzenhaltung, d.h. der Abgabeverpflichtung, gerade noch ausreichend zum Ausdruck. Das öffentliche Interesse an der Durchsetzung des Tierschutzes überwiegt die privaten Interessen an der Fortsetzung einer Katzenhaltung, daher hat die Untersagung der Katzenhaltung ungeeigneter Halter und die Abgabe vorhandener Katzen unverzüglich zu erfolgen, um Schmerzen, Leiden und Schäden der Katzen zu vermeiden. An der Verhinderung vermeidbarer Leiden der geschützten Tiere besteht ein besonderes öffentliches Interesse, das über das allgemeine öffentliche Interesse an der Durchsetzung tierschutzrechtlicher Verfügungen hinausgeht (vgl. VG Schleswig-Holstein, B.v. 8.6.2017 – 1 B 24/17 – juris Rn. 6).
aa) Das in Ziffer 1 der angefochtenen Bescheide verfügte Katzenhaltungs- und -betreuungsverbot erweist sich nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage als rechtmäßig und verletzt die Antragsteller nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das Tierhaltungs- und Betreuungsverbot findet seine Rechtsgrundlage in § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 1 TierSchG. Danach kann die Behörde demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierSchG, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a TierSchG wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird.
Das Haltung- und Betreuungsverbot von Katzen begegnet unter Zugrundelegung dieses Maßstabs keinen rechtlichen Bedenken.
(1) Die Antragsteller haben den Vorschriften des § 2 TierSchG grob zuwidergehandelt und dadurch dem Kater … erhebliche und länger andauernde Leiden zugefügt.
Zwar liegen keine Anhaltspunkte vor, dass sich die Antragsteller nicht ausreichend um den Kater gekümmert hätten. Allerdings beurteilten sie den Gesundheitszustand des Katers falsch bzw. waren nicht gewillt, der dringlichen und übereinstimmenden Empfehlung von letztlich fünf Tierärzten, den Kater einschläfern zu lassen, um ihm ein weiteres Leiden zu ersparen, zu folgen. Gemäß § 2 Nr. 1 TierSchG muss derjenige, der ein Tier hält oder betreut, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Dabei ist der Begriff der Angemessenheit im Lichte des maßgeblichen Zwecks des Tierschutzgesetzes, insbesondere § 1 Satz 2 TierSchG, auszulegen. Danach darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Demzufolge hat derjenige, der ein Tier hält oder betreut, alles zu tun, um diesem Zweck gerecht zu werden. Dies bedeutet aber auch, dass er alles zu unterlassen hat, was die Schmerzen oder das Leiden eines Tieres verlängert bzw. das Notwendige zu tun hat, um vermeidbare Leiden eines Tieres zu beenden (vgl. VG Ansbach, U.v. 15.3.2007 – AN 16 K 06.03325 – juris Rn. 41).
Der Kater … war nach den in den Akten befindlichen tierärztlichen Stellungnahmen unheilbar krank und litt erheblich. Dem nach einer MRT-Untersuchung des Katers verfassten tierärztlichen Bericht des Herrn Dr. *. vom 8. Januar 2021 ist zu entnehmen, dass den Antragstellern aufgrund der Gesamtheit aller Befunde (schwer herzkrank, Überlaufblase mit Zystitis, querschnittsgelähmt ohne Chance auf Regeneration, intramedullärer Tumor) dringend zur Euthanasie geraten worden sei, was die Antragsteller nicht hätten akzeptieren wollen. Auch bei den angesichts des Gesundheitszustands des Katers laut Behördenakte danach erfolgten, weiteren tierärztlichen Kontakten der Antragsteller (12.1.2021, 29.1.2021, 1.2.2021, 9.2.2021, 11.2.2021) wurde ihnen das Einschläfern des Katers dringend angeraten bzw. von der Amtsveterinärin am 9. Februar 2021 angeordnet, um dem Tier weiteres Leid zu ersparen. Trotz dieser übereinstimmenden tierärztlichen Aussagen waren die Antragsteller nicht bereit, dem Leid des Katers ein Ende zu setzen. Vor diesem Hintergrund kann der Bevollmächtigte mit dem Vorbringen, dass den Antragstellern nicht die Möglichkeit gegeben worden sei, durch weitere tierärztliche Beratung letztendlich zu sehen, ob noch eine Chance auf lebenserhaltende Maßnahmen vorhanden seien oder nicht, nicht durchdringen. Insbesondere ist weder ersichtlich noch vorgetragen, welche weiteren Informationen über den Gesundheitszustand des Katers die Antragsteller zu einem Einlenken hätten bewegen können. Die Amtsveterinärin führte in ihrer Stellungnahme vom 11. Februar 2021 aus, dass der Kater deutlich abgemagert war und im Bereich des rechten Hüfthöckers ein Druckgeschwür aufwies. Eine Katze, die ihr natürliches Verhalten aufgrund der Lähmung nicht ausüben könne, leide dauerhaft, insbesondere, da Katzen sehr reinliche Tiere seien. Die mit dem unheilbaren Rückenmarkstumor einhergehenden Erkrankungen und körperlichen Beeinträchtigungen werden sich nur zum Schlechteren hin verändern. Die Katze leidet unter nicht unerheblichen körperlichen Beeinträchtigungen, die mit Schmerzen verbunden sind. Dies bedeutet für das Tier auch eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohlbefindens, fachlich zu werten als Leiden. In der Strafanzeige vom 4. Mai 2021 wird darüber hinaus ausgeführt, dass der Kater seine artgemäßen Verhaltensweisen (kämpfen, fliehen, spielen oder frieren) nicht ausleben konnte (fehlende Bedarfsdeckung). Während Katzen die Außengrenzen ihres Reviers mit ihren Ausscheidungen markierten, würden sie diese Gerüche in ihrem Heimatsterritorium komplett meiden, also dem Ort, wo sie sich üblicherweise aufhalten und schlafen. Intensiver Geruch nach ihren eigenen Ausscheidungen bedeute eine starke Belastung (Leiden) für die Tiere. Erhebliche Leiden würden besonders, wenn sie durch die Art der Haltung eines Tieres bedingt seien, durch Verhaltensstörungen angezeigt. Der Haarverlust des Katers im Hüft- und Inguinalbereich deutet auf übermäßige Fellpflege durch gesteigerten Stress hin. Die jagdlichen Aktivitäten der Katze beanspruche viel Zeit. Die Motivation für die Jagd bleibe, unabhängig von der Fütterung, erhalten und das bedeute, dass auch der gut gefütterten durchschnittlichen Katze noch Motivation für über drei Stunden pro Tag an jagdlichen Aktivität bleibe. Das Leben in einem unheilbaren Zustand entsprach nicht einer art- und tierschutzgerechten Haltung nach § 2 TierSchG. Dem Kater sind dadurch Leiden im Sinne des § 1 TierSchG entstanden.
Soweit die Antragsteller vortragen, dass der Kater nicht gelitten und keine Schmerzen gehabt habe, vermag dies nicht die nachvollziehbare und schlüssige Stellungnahme der Amtsveterinärin zu entkräften. Nach ständiger Rechtsprechung kommt beamteten Tierärzten sowohl bei der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG erfüllt sind, als auch im Hinblick auf die Einschätzung, ob den Tieren erhebliche oder länger anhaltende Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt worden sind, eine vorrangige Beurteilungskompetenz zu (vgl. BayVGH, B.v. 1.4.2021 – 23 ZB 21.297 – juris Rn. 8; B.v. 19.6.2020 – 23 CS 20.1311 – juris Rn. 7; B.v. 8.5.2019 – 23 ZB 17.1908 – juris Rn. 9; B.v. 10.8.2017 – 9 C 17.1134 – juris Rn. 13). Amtstierärzte sind im Rahmen der Durchführung des Tierschutzgesetzes als gesetzlich vorgesehene Sachverständige eigens bestellt und regelmäßig zu beteiligen (§ 15 Abs. 2 TierSchG); ihr Gutachten erachtet der Gesetzgeber gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG grundsätzlich als ausreichend und maßgeblich dafür, einen Verstoß gegen die Grundpflichten zur artgerechten Tierhaltung nach § 2 TierSchG nachzuweisen (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.2014 – 3 B 62. 3 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 19.6.2020 – 23 CS 20.1311 – juris Rn. 7; B.v. 8.5.2019 – 23 ZB 17.1908 – juris Rn. 9). Zur Entkräftung der fachlichen Beurteilung der Amtstierärzte ist ein substantiiertes Gegenvorbringen erforderlich. Schlichtes Bestreiten und unsubstantiierte, pauschale Behauptungen sind nicht ausreichend (vgl. BayVGH, B.v. 1.4.2021 – 23 ZB 21.297 – juris Rn. 8; B.v. 8.5.2019 – 23 ZB 17.1908 – juris Rn. 9 m.w.N.). Das Vorbringen der Antragsteller erfüllt die gestellten Anforderungen nicht.
Leiden sind alle vom Begriff des Schmerzes nicht erfassten Beeinträchtigungen im Wohlbefinden, die über ein schlichtes Unbehagen, schlichte Unlustgefühle oder einen bloßen vorübergehenden Zustand der Belastung hinausgehen und eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne fortdauern (vgl. BVerwG, U.v. 18.1.2000 – 3 C 12/99 – juris Rn. 17 unter Bezugnahme auf BGH, U.v. 18.2.1987 – 2 StR 159/86 – NJW, 1987, 1833, 1834; BayVGH, B.v. 1.4.2021 – 23 ZB 21.297 – juris Rn. 18; Metzger, in: Erbs/Kohlhaas, 232. EL August 2020, TierSchG, § 1 Rn. 21). Nach den Erkenntnissen der Tierpsychologie und Verhaltensforschung werden Leiden in diesem Sinne durch Beeinträchtigungen des Wohlbefindens verursacht, die der Wesensart des Tieres zuwiderlaufen, instinktwidrig sind, vom Tier gegenüber seinem Selbst- oder Arterhaltungstrieb als lebensfeindlich empfunden werden und die Verhaltensstörungen und Verhaltensanomalien zur Folge haben. Der gesetzliche Auftrag des § 1 Satz 1 TierSchG, bereits das Wohlbefinden des Tieres zu schützen, schließt es aus, an das Vorhandensein von Leiden höhere Anforderungen zu stellen als eine hinreichend erhebliche Beeinträchtigung dieses Wohlbefindens (OVG RhPf, U.v. 28.5.1998 – 12 A 10020/96 – juris Rn. 29; VGH BW, U.v. 15.12.1992 – 10 S 3230/91 – juris Rn. 23).
Bei Anwendung dieses Maßstabs ist die Kammer unter Berücksichtigung der Feststellungen der Amtsveterinärin und der Stellungnahmen der behandelnden Tierärzte sowie unter Hinzuziehung der in der Behördenakte befindlichen Lichtbilder von der Verfassung des Katers am Tag der amtstierärztlichen Kontrolle davon überzeugt, dass ein erhebliches und länger anhaltendes Leiden des Katers vorgelegen hat. Es ist wohl auch davon auszugehen, dass der Kater an erheblichen und länger anhaltenden Schmerzen litt. Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen.
Die Antragsteller haben hiernach der Vorschrift des § 2 TierSchG zuwidergehandelt. Für die Frage, ob eine grobe Zuwiderhandlung gegeben ist, ist u.a. auf die Intensität und Dauer des Verstoßes, auf die Größe der dadurch herbeigeführten Gefahren, auf das Ausmaß und die Dauer der verursachten Schmerzen, Leiden und Schäden sowie auf den Grad des Verschuldens abzustellen (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, 3. Aufl. 2016, TierSchG § 16a Rn. 45). Angesichts des beträchtlichen, über mehrere Wochen andauernden Leidens des Katers ist im vorliegenden Fall eine grobe Zuwiderhandlung gegen die tierschutzrechtlichen Vorschriften zu bejahen. Auf die diesbezüglich vorhandene Motivation der Antragsteller kommt es indes nicht an.
(2) Es liegen auch Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigen, dass die Antragsteller weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen werden (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 1 TierSchG). Obwohl der Kater nach der fachlichen und übereinstimmenden Beurteilung von letztlich fünf Tierärzten unheilbar krank war, erheblich litt und, um ihm weiteres Leid zu ersparen, die Notwendigkeit der Einschläferung gegeben war, weigerten sich die Antragsteller über mehrere Wochen hinweg dem erheblichen Leid des Tieres ein Ende zu setzen und dem tierärztlichen Rat zu folgen. Damit stellten sie im Ergebnis ihre eigenen Interessen, den Kater … nicht verlieren zu wollen, über die Interessen an der Vermeidung von Leid des Tieres. Angesichts dessen hat der Antragsgegner im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zu Recht angenommen, dass die Antragsteller bei der zukünftigen Haltung bzw. Betreuung von Katzen wieder solche Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtlichen Vorschriften begehen werden. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch in der weiteren Haltung des 13-jährigen Katers … oder einer eventuell neu angeschafften Katze gleichartige Probleme auftreten und gegebenenfalls entsprechende Entscheidungen von den Antragstellern getroffen werden müssten. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, aus welchen Gründen in einem solchen Fall angenommen werden könnte, dass die Antragsteller dann den tierärztlichen Empfehlungen folgen würden. Im Übrigen zeigt auch das Unverständnis der Antragsteller hinsichtlich der Wegnahme und Euthanasierung des Katers … (vgl. etwa E-Mail vom 12.2.2021) die weiterhin bestehende Uneinsichtigkeit.
(3) Anhaltspunkte für Ermessensfehler des Antragsgegners sind bezüglich des Verbots der Haltung und Betreuung von Katzen nicht erkennbar (§ 114 Satz 1 VwGO). Der Antragsgegner hat das ihm eingeräumte Ermessen insoweit rechtsfehlerfrei ausgeübt und insbesondere den verfassungsrechtlich gebotenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel in ausreichendem Maß berücksichtigt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner kein absolutes Tierhaltungs- und -betreuungsverbot verhängt, sondern das Haltungsverbot auf Katzen begrenzt hat. Angesichts des dem Tierschutzrecht zuwiderlaufenden Verhaltens der Antragsteller bezüglich des von ihnen gehaltenen bzw. betreuten Katers stellt das Katzenhaltungsverbot im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Tierschutz (Art. 20a GG) eine geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme dar. Das Haltungs- und Betreuungsverbot ist geeignet, Leiden bei der Haltung bzw. Betreuung von Katzen durch die Antragsteller zu vermeiden. Sie ist auch erforderlich, weil ebenso wirksame, aber die Antragsteller weniger belastende Maßnahmen nicht ersichtlich sind. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Antragsteller tierärztlichen Empfehlungen und selbst einer amtstierärztlichen Anordnung nicht nachgekommen sind. Die angeordnete Untersagung ist auch verhältnismäßig. Dieser Eingriff in das Interesse der Antragsteller, auch zukünftig Katzen halten bzw. betreuen zu dürfen, greift angesichts des damit verfolgten Zwecks der zukünftigen Abwehr tierschutzrechtlicher Gefahren nicht unverhältnismäßig in ihre Rechte ein, sondern ist letztlich unumgänglich, um die gesetzlich vorgegebenen Ziele des Tierschutzes durchsetzen zu können. Dieses Ermessen hat der Antragsgegner in seinen Bescheiden vom 4. Mai 2021 auch ausreichend dargelegt.
bb) Auch die angeordnete Verpflichtung in Ziffer 2 der angefochtenen Bescheide gehaltene bzw. betreute Katzen an andere Personen oder ein Tierheim abzugeben, die zur Tierhaltung berechtigt sind, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Diese Verfügung kann auf § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG i.V.m. der Generalklausel des § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG gestützt werden (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2006 – 25 CS 06.2619 – juris Rn. 6). Eine Anwendung des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG scheidet vorliegend aus, da diese Regelung eine erhebliche Vernachlässigung oder schwerwiegende Verhaltensstörungen im Hinblick auf das konkret betroffene Tier, d.h. nach dem Vortrag der Antragsteller namentlich des Katers …, voraussetzen würde. Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Die Antragsteller würden gegen das erlassene Katzenhaltungs- und – betreuungsverbot verstoßen, wenn man ein vorhandenes und (noch) nicht vernachlässigtes Tier in ihrer Obhut belassen würde. Zudem wurde im Rahmen des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG eine Wiederholungsgefahr im Hinblick auf ein tierschutzwidriges Verhalten der Antragsteller bejaht (siehe (2)).
Die Verpflichtung zur Abgabe gehaltener bzw. betreuter Katzen ist zur Verhütung künftiger tierschutzrechtlicher Verstöße auch geeignet, erforderlich und verhältnismäßig. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (§ 114 Satz 1 VwGO). Die Abgabe des Katers ist zweckdienlich und erforderlich. Zwar gibt es keine Hinweise, dass sich die Antragsteller bisher nicht ausreichend um den Kater … gekümmert hätten. Allerdings ist die Gefahr gleichgelagerter tierschutzrechtlicher Verstöße, wie im Fall des Katers …, gegeben (siehe (2)). Ein gleich geeignetes, weniger belastendes Mittel ist – unter Berücksichtigung des bisher von den Antragstellern gezeigten Verhaltens, insbesondere dem Nichtnachkommen amtstierärztlicher Anordnungen – weder ersichtlich noch vorgetragen. Die Abgabeverpflichtung ist auch verhältnismäßig. Die Interessen der Antragsteller haben hinter dem Tierschutz, dem der Gesetzgeber mit der Formulierung als Staatszielbestimmung in Art. 20a GG einen hohen Stellenwert zugeschrieben hat, zurückzutreten. Das Ermessen wurde auch insoweit noch ausreichend dargelegt.
b) Die Anträge gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen gegen die in Ziffer 3 Satz 1 und Satz 2 der angefochtenen Bescheide verfügte Androhung des unmittelbaren Zwangs und Duldungsverpflichtung bezüglich der Vermittlung bzw. Veräußerung gehaltener bzw. betreuter Katzen haben Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 VwGO kann das Gericht in Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs, wie vorliegend, kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, die aufschiebende Wirkung der Klagen anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Bescheide und den privaten Interessen der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs. Bei der Abwägung sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen.
Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung sind die verfügten Zwangsmittelandrohungen bzw. Duldungsverpflichtungen rechtswidrig und verletzen die Antragsteller dadurch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) mit der Folge, dass die Klagen insoweit voraussichtlich erfolgreich sein werden.
aa) In Ziffer 3 Satz 1 der angefochtenen Bescheide hat der Antragsgegner im Falle der nicht fristgerechten Abgabe gehaltener bzw. betreuter Katzen unmittelbaren Zwang in Form der Wegnahme der Tiere angedroht.
Gemäß Art. 34 Satz 1 VwZVG kann die Vollstreckungsbehörde den Verwaltungsakt durch unmittelbaren Zwang vollziehen, sofern die sonstigen zulässigen Zwangsmittel nicht zum Ziel führen oder sie dem Pflichtigen einen erheblich größeren Nachteil verursachen würden als unmittelbarer Zwang oder ihre Anwendung keinen zweckentsprechenden und rechtzeitigen Erfolg erwarten lässt. Aus dem Wortlaut des Art. 34 Satz 1 VwZVG ergibt sich, dass es sich bei dem angedrohten unmittelbaren Zwang um die ultima ratio im gestuften System der Zwangsmittel, wie es aus Art. 29 Abs. 2 VwZVG zum Ausdruck kommt, handelt (vgl. VG Augsburg, U.v. 30.7.2015 – Au 5 K 15.243 – juris Rn. 47). Unmittelbarer Zwang kann demnach nur dann angedroht werden, wenn die sonstigen zulässigen Zwangsmittel nicht zum Ziel führen oder ihre Anwendung keinen zweckentsprechenden oder rechtzeitigen Erfolg erwarten ließen.
In den Bescheidsgründen sind zur Frage der Anwendung unmittelbaren Zwangs keinerlei Ausführungen enthalten, insbesondere fehlt es an jeglicher Ermessensausübung. Es werden vielmehr auch im Zusammenhang mit der Wegnahme vorhandener Tiere ausschließlich Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit der Ersatzvornahme getätigt. Überdies wird mit Art. 32 VwZVG ausschließlich die Rechtsgrundlage der Ersatzvornahme zitiert. Die Ersatzvornahme kann allerdings nicht als mögliches Zwangsmittel zur Durchsetzung der Abgabeverpflichtung in Form der Wegnahme herangezogen werden, da insoweit eine nicht vertretbare Handlung vorliegt (vgl. Art. 32 Satz 1 VwZVG). Damit ist die Androhung des unmittelbaren Zwangs mangels jeglicher Begründung – unabhängig von der Frage des Vorliegens der weiteren Vollstreckungsvoraussetzungen – rechtswidrig.
bb) Die Duldungsverpflichtung in Ziffer 3 Satz 2 der angefochtenen Bescheide ist ebenfalls rechtswidrig.
Die Verpflichtung zur Duldung der Vermittlung bzw. Veräußerung vorhandener Katzen wurde von Seiten des Antragsgegners im Zusammenhang mit der Androhung des unmittelbaren Zwangs hinsichtlich der Wegnahme der Katzen gesehen. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Wortlaut der Verfügung, wonach die Antragsteller „dann“, d.h. im Fall der zwangsweisen Wegnahme der Katze durch den Antragsgegner, die Vermittlung bzw. Veräußerung durch den Antragsgegner zu dulden hätten. Zudem lässt sich dies der Verortung in Ziffer 3 des Bescheidstenors in direktem Anschluss an die Androhung des unmittelbaren Zwangs durch Wegnahme entnehmen. Demzufolge hat der Antragsgegner die Verpflichtung zur Duldung der Vermittlung bzw. Veräußerung als notwendige und der Durchführung des unmittelbaren Zwangs nachgelagerte Anordnung der Verwaltungsvollstreckung im Sinne einer Ersatzvornahme (Art. 32 VwZVG) eingestuft. Dieses Stufenverhältnis (1. zwangsweise Wegnahme und 2. Veräußerung/Vermittlung im Wege der Ersatzvornahme) ergibt sich auch aus der Begründung der Ersatzvornahme mit den Unterbringungskosten, da diese der Behörde nur im Fall einer zwangsweisen Durchsetzung der Abgabeverpflichtung durch eine Wegnahme vorhandener Katzen anfallen. Auf Grund dieses bestehenden Zusammenhangs setzt sich die Rechtswidrigkeit der Zwangsmittelandrohung und damit einer rechtswidrigen zwangsweisen Wegnahme vorhandener Katzen in einer anschließenden Veräußerung im Wege der Ersatzvornahme fort (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Auflage 2016, § 16a Rn. 33).
Ohne dass es im vorliegenden Fall entscheidungserheblich darauf ankommt, wird noch auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. März 2008 (9 CS 07.3231 – juris Rn. 3) hingewiesen, wonach das Vollstreckungsmittel der Ersatzvornahme zur Durchsetzung einer Tierbestandsauflösung ungeeignet sei, weil die hierzu erforderliche Besitzaufgabe, Herausgabe und Veräußerung der Tiere jeweils nur von dem zivilrechtlich Berechtigten vorgenommen werden könne und überdies teilweise auch die Abgabe von Willenserklärungen voraussetze, während die Ersatzvornahme nach Art. 32 VwZVG nur zur Erzwingung vertretbarer Handlungen vorgesehen sei.
Nach alledem ist die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen Ziffer 3 der streitgegenständlichen Bescheide anzuordnen und die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO im Übrigen abzulehnen.
3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Streitwertentscheidung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung des Jahres 2013.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben