Aktenzeichen 23 O 482/19
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Fraglich ist bereits die Aktivlegitimation der Klägerin. Der Fahrzeugkauf ist finanziert und das Fahrzeug auf die finanzierende Bank sicherungsübereignet. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie lediglich Schadensersatzansprüche geltend macht, welche den Darlehensvertrag mit der Bank nicht berühren. Dies betrifft allenfalls den Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss. Die Ansprüche aus Unerlaubter Handlung sind mit dem Eigentum verknüpft.
2. Selbst wenn man von einer Aktivlegitimation der Klägerin ausgeht, so gilt Folgendes:
a) Ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss scheidet schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht Vertragspartnerin des Kaufvertrags war (§ 311 Abs. 1 BGB) und auch kein besonderes Vertrauen in Anspruch genommen hat (§ 311 Abs. 2 BGB).
b) Soweit die Klagepartei ihren Anspruch auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB stützt, muss sie das Vorliegen eines Betrugs der Beklagten zu ihren Lasten schlüssig und substantiiert vortragen und beweisen.
Erste Tatbestandsvoraussetzung ist insoweit eine Täuschung durch die Beklagte. Die Klagepartei hatte mit der Beklagten nicht unmittelbar zu tun, da ihre Vertragspartnerin die … war. Sofern eine Täuschung durch Verkaufs- oder Werbeunterlagen in Betracht kommt, so ist nicht ausreichend schlüssig dargetan, um welche Unterlagen es sich genau handelte und dass sich darin falsche Angaben, z.B. zu den Abgaswerten, befanden.
Eine Täuschung ist auch dann nicht anzunehmen, wenn sich der Käufer über die Abgaswerte überhaupt keine Gedanken gemacht hat. Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein schweres und leistungsstarkes Fahrzeug mit 184 PS und damit keinesfalls um ein typisches „Umweltfahrzeug“.
Eine Täuschung der Beklagten kann jedoch auch darin liegen, dass die Zulassung des Fahrzeugs zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgten, während sie tatsächlich erschlichen wurde. Auch hierfür liegen jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte vor.
Die Klägerin müsste schlüssig und substantiiert vortragen und beweisen
– dass es sich bei der in ihrem Fahrzeug verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handelt
– dass die Beklagte zur Vermeidung des Widerrufs oder der Rücknahme der Typgenehmigungen verpflichtet ist, diese unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen, was durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen ist
– dass die Beklagte diese Abschalteinrichtung bewusst und gewollt und in Täuschungsabsicht in den Motor eingebaut hat.
Zwar gab es auch für das hier streitgegenständliche Fahrzeug ein Software-Update. Dieser Vorgang ist jedoch nicht vergleichbar mit den Vorgängen beim sog. VW-Abgas-Skandal, auf den sich die Ausführungen der Klagepartei im Wesentlichen beziehen. Das Software-Update erfolgte nämlich freiwillig und ohne Anordnung durch das Kraftfahrtbundesamt. Der Beklagten konnte nämlich nicht nachgewiesen werden, dass sie prüfstandsbezogene Abschalteinrichtungen eingebaut hat und dass der im streitgegenständlichen Fahrzeug eingebaute Motor die Grenzwerte überschreitet. Dies ergibt sich aus dem von Beklagtenseite zitierten Bericht der Untersuchungskommission. In diesem Zusammenhang wurden alle „Verdachtsfälle“ überprüft, auch der streitgegenständliche Motor. Auffälligkeiten, die zu einer Rückrufaktion geführt hätten, sind dabei nicht festgestellt worden. Es handelte sich hierbei um eine fachkundige Prüfung, angeordnet durch diezuständige Fachbehörde. Es ist nicht Sache des Gerichts, diese Ergebnisse zu überprüfen, sofern nicht substantiiert Gründe dafür vorgetragen sind, dass die Überprüfung nicht fachgerecht erfolgt ist oder sonst zu falschen Ergebnissen geführt hat. Das Angebot eines Sachverständigenbeweises durch die Klagepartei zu ihrer Behauptung, das Fahrzeug enthalte unzulässige Abschalteinrichtungen, wäre deshalb ein Ausforschungsbeweis.
Auch die Behauptung, im Fahrzeug befinde sich ein unzulässiges Thermofenster, wurde weitgehend ins Blaue hinein aufgestellt und von Beklagtenseite bestritten.
Fraglich ist außerdem auch, ob und inwieweit der Klägerin ein Schaden entstanden ist, da das Fahrzeug stets gebrauchsfähig und fahrbereit war. Auch eine geringerer Wiederverkaufswert ist grundsätzlich bei einem Fahrzeug, das nicht offiziell vom Abgas-Skandal betroffen ist, zunächst nicht zu erwarten. Hier ist auch zu beachten, dass die drohenden Fahrverbote für Innenstädte für bestimmte Diesel-Fahrzeuge auch den Wiederverkaufswert solcher Fahrzeuge senken und zwar unabhängig vom sog. Abgas-Skandal. Für einen daraus möglicherweise entstehenden Schaden kann aber keine Verantwortlichkeit der Beklagten nachgewiesen werden.
c. Auch auf einen Anspruch aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB kann die Klagepartei ihr Begehren nicht stützen.
Die Klagepartei ist auch hier für sämtliche Tatbestandsmerkmale darlegungs- und beweisbelastet. Der Beklagten kann ein haftungsbegründender Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung gemacht werden, wenn die Klagepartei gerade deswegen den Vertrag abgeschlossen hätte, weil sie hierzu von der Beklagten vorsätzlich sittenwidrig veranlasst worden ist (Transaktionskausalität). Hierfür bestehen keinerlei Anhaltspunkte.
d. Da somit keiner der geltend gemachten Ansprüche besteht, ist auch kein Annahmeverzug festzustellen. Auch vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten sind nicht erstattungsfähig.
Die Klage ist damit insgesamt unbegründet.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. § 709 S. 1, 2 ZPO.