Europarecht

Kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis

Aktenzeichen  M 24 K 14.1817

Datum:
25.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 2 Abs. 7, § 25 Abs. 5, § 38a Abs. 1
RL 2003/109/EG RL 2003/109/EG Art. 2 lit. b

 

Leitsatz

Die Lage eines Inhabers eines griechischen Aufenthaltstitels (langfristig oder zeitlich befristet) ist nicht vergleichbar mit der sozialen Lage der sich in Griechenland befindlichen Asylbewerber. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Durch die Umformulierung des klägerischen Antrags in der mündlichen Verhandlung hat sich der Streitgegenstand der vorliegenden Verpflichtungsklage nicht geändert i.S.v. § 91 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es handelt sich gegenüber der ursprünglichen Antragsformulierung um eine rein redaktionelle Änderung, wobei die Klage im Hauptantrag unverändert darauf gerichtet ist, die Bekl. zu verpflichten, den Kl. eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, während der Hilfsantrag auf eine Verbescheidung nach der Rechtsauffassung des Gerichts gerichtet ist.
Der Streitgegenstand der vorliegenden Klage wird dabei bestimmt und begrenzt durch die Aufenthaltszwecke, aus denen die Klagepartei ihren Anspruch herleitet (sog. Trennungsprinzip – vgl. BVerwG, U.v. 4.9.2007 – 1 C 43/06 – BVerwGE 129, 226, juris; BVerwG, U.v. 9.6.2009 – 1 C 11/08 – BVerwGE 134, 124, juris Rn. 13). Vorliegend wurde im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren neben dem im Mittelpunkt stehenden § 38a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) noch § 25 Abs. 5 AufenthG sowie beim Kl.2 die Frage eines Familiennachzugs thematisiert.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Entscheidung über die vorliegende Verpflichtungsklage ist dabei die letzte mündliche Verhandlung.
2. Die Kl.1 hat gegen die Bekl. keinen Anspruch gemäß § 38a Aufenthaltsgesetz (AufenthG), weil sie nicht i.S.v. § 38a Abs. 1 AufenthG in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, womit gemäß § 2 Abs. 7 AufenthG nur solche Ausländer gemeint sind, denen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Art. 2 Buchstabe b der DA-RL verliehen und nicht entzogen wurde. Zwar ist die Kl.1 im Besitz eines nationalen griechischen Daueraufenthaltstitels. Durch die von der Bekl. vorgelegte Korrespondenz des BAMF mit der speziell für derartige Fragen eingerichteten griechischen Kontaktstelle ist aber für das Gericht unzweifelhaft geklärt, dass es sich dabei lediglich um einen rein nationalen griechischen Aufenthaltstitel handelt, dass die Kl.1 damit in Griechenland aber nicht den Status einer langfristig Aufenthaltsberechtigten im Sinne der DA-RL inne hat. Das Gericht bezweifelt nicht, dass die Bev. sich in Griechenland vor Ort bemüht hat, eine Klärung der Rechtslage durch Auskünfte griechischer Behörden einzuholen (vgl. Sitzungsprotokoll S. 2). Dass der Klagepartei dabei vor Ort keine eindeutigen Auskünfte erteilt worden sind, ist aber kein Grund, die völlig eindeutige Aussage der griechischen Kontaktstelle, die ihrerseits beim griechischen Innenministerium angesiedelt ist (E-Mail vom …9.2014, 07:49 Uhr), in Zweifel zu ziehen.
Auch der Kl.2 ist nicht im Besitz eines unionsrechtlichen Daueraufenthaltstitels i.S.v. § 38a i.V.m. § 2 Abs. 7 AufenthG. Vielmehr ist der Kl.2 ausweislich der Auskunft der Kontaktstelle des griechischen Innenministeriums gegenüber dem BAMF (E-Mail vom M0.2014, Bl. 1/II-545, unten) im Besitz eines bis zum 25. November 2016 befristeten nationalen griechischen Aufenthaltstitels.
3. Ein Anspruch der Kl.1 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG oder auch nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber scheidet aus, weil kein hinreichender Anhaltspunkt für eine tatsächliche oder rechtliche Unzumutbarkeit einer Ausreise nach Griechenland ersichtlich ist. Ein Ermessen ist insoweit mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen nicht eröffnet. Es ist zu sehen, dass die Kl.1 angesichts ihres unstreitigen langfristigen griechischen Aufenthaltstitels nicht mit in Griechenland befindlichen Asylbewerbern und deren sozialer Lage vergleichbar ist. Gleiches gilt für den Kl.2 angesichts seines zeitlich befristeten griechischen Aufenthaltstitels. Soweit in der Klagebegründung von Athener Stadtteilen die Rede ist, in denen es nach Urin und Unrat riecht, Prostitution an der Tagesordnung ist und auf der Straße gebrauchte Heroinspritzen herumliegen, ist schon nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, warum die beiden Kläger im Falle der Rückkehr nach Griechenland innerhalb Griechenlands gerade dorthin ziehen sollten.
Weil beide Kl. im Besitz griechischer Aufenthaltstitel sind, führt eine Ausreise nach Griechenland auch nicht zu einer unzumutbaren Trennung von Mutter und Kind.
4. Weil keiner der Kläger einen Anspruch auf einen Aufenthaltstitel hat (s.o.), kommt auch ein nach den Regeln des Familiennachzugs abgeleitetes Aufenthaltsrecht (vgl. Kapitel 2, Abschnitt 6 des AufenthG) vorliegend nicht in Betracht.
5. Die Rechtmäßigkeit der im sgB gesetzten Ausreisefrist und der Abschiebungsandrohung nach Griechenland ist nicht zu beanstanden.
6. Die vollständig unterlegenen Kläger haben gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
7. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).


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