Europarecht

Kein erheblicher Verstoß gegen waffenrechtliche Aufbewahrungspflicht

Aktenzeichen  21 CS 17.1531

Datum:
24.11.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
WaffG WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, § 36 Abs. 1 S. 1, § 45 Abs. 2 S. 1, § 53 Abs. 1 Nr. 19

 

Leitsatz

1 Schreckschusswaffen sind Schusswaffen iSd § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Beim Zurücklassen einer Schreckschusswaffe im Innenraum eines Pkw liegt ein Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschrift des § 36 Abs. 1 S. 1 WaffG nahe. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ob ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflicht die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigt, hängt vom Gewicht des Verstoßes ab. (Rn. 10) (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 4 S 17.690 2017-07-17 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 17. Juli 2017 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. April 2017 wird hinsichtlich der Regelungen in Nr. 1 (Widerruf des Kleinen Waffenscheins) und Nr. 3 (Zwangsgeldandrohung) angeordnet und hinsichtlich der Regelung in Nr. 2 (Rückgabe der Erlaubnisurkunde) wiederhergestellt.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf seines ihm am 23. Mai 2012 von der Antragsgegnerin erteilten Kleinen Waffenscheins.
Am 7. Oktober 2016 meldete der Antragsteller der Einsatzzentrale der Polizei in A … einen Aufbruch seines Pkws. Er hatte das Fahrzeug zum Zweck eines Arztbesuches gegen 19.10 Uhr innerhalb der geschlossenen Ortschaft abgestellt und bei seiner Rückkehr gegen 20.10 Uhr bemerkt, dass die hintere rechte Seitenscheibe eingeschlagen und ein Stoffbeutel von der Rücksitzbank entwendet worden war. In diesem blickdichten Stoffbeutel befanden sich eine Schreckschusspistole (Marke Walther – P99) mit 15 Stück Tränengaspatronen (Kal. 9mm) sowie 15 Stück Schreckschusspatronen (Kal. 9mm) sowie der Kleine Waffenschein. Am 27. Oktober 2016 wurde dem Antragsteller eine Zweitschrift des abhanden gekommenen Kleinen Waffenscheins erteilt.
Die Antragsgegnerin erließ daraufhin am 27. Januar 2017 einen Bußgeldbescheid wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Aufbewahrungsvorschriften (§ 53 Abs. 1 Nr. 19 WaffG i.V.m. § 36 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WaffG und setzte eine Geldbuße in Höhe von 200,00 EUR fest. Der Bußgeldbescheid wurde am 16. Februar 2017 rechtskräftig.
Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 15. März 2017 wurde der Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf seines Kleinen Waffenscheines angehört, da wegen Verstoßes gegen die gesetzliche Aufbewahrungspflicht seine waffenrechtlich erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben sei. Dem widersprach der Antragsteller mit Schreiben vom 13. April 2017.
Mit Bescheid vom 26. April 2017 widerrief die Antragsgegnerin die waffenrechtliche Erlaubnis des Antragstellers (Kleiner Waffenschein) (Nr. 1). Gleichzeitig wurde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Zwangsgeldandrohung dem Antragsteller aufgegeben, die Erlaubnis (Zweitschrift) binnen drei Wochen nach Vollziehbarkeit des Bescheids der Antragsgegnerin zurückzugeben (Nrn. 2, 3 und 4).
Der Antragsteller hat gegen den waffenrechtlichen Bescheid am 17. Mai 2017 Klage erhoben und vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO mit Beschluss vom 17. Juli 2017 abgelehnt. Aufgrund des festgestellten als schwerwiegend zu bewertenden Verstoßes gegen die Aufbewahrungsvorschriften sei der Antragsteller waffenrechtlich unzuverlässig, insbesondere rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Antragsteller Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren werde.
Dagegen richtet sich die am 1. August 2017 eingelegte Beschwerde. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht den vorliegenden Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften als besonders schwerwiegend eingestuft.
II.
1. Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 und 4, § 147 VwGO) des Antragstellers hat Erfolg.
Aus den mit der Beschwerde dargelegten Gründen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Unrecht abgelehnt hat. Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Gunsten des Antragstellers aus, weil seine Klage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich erfolgreich sein wird. Der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin wird sich im Klageverfahren aller Voraussicht nach als rechtswidrig erweisen.
Nach summarischer Prüfung lagen im hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (1.1) die Voraussetzungen für den Widerruf des Kleinen Waffenscheins wegen fehlender waffenrechtlicher Zuverlässigkeit des Antragstellers (1.2) nicht vor. Die festgestellten Tatsachen eines einmaligen nicht schwerwiegenden Verstoßes gegen die Aufbewahrungspflichten bei einer Schreckschusswaffe (1.3) reichen bei Würdigung der Umstände im vorliegenden Einzelfall nicht für die Prognose aus, der Antragsteller werde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren (1.4).
1.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier der Erlass des Bescheids vom 26. April 2017 (vgl. BVerwG, U. v. 16. Mai 2007 – 6 C 24.06 – juris Rn. 35). Danach ist hier das Waffengesetz in der Fassung vom 11. Oktober 2002 anwendbar (BGBl I S. 3970, ber. S. 4592 und ber. 2003 S.1957, zuletzt geändert durch Art. 107 des Gesetzes vom 29. März 2017, BGBl I S. 626, 643), sowie die Allgemeine Waffengesetz-Verordnung vom 27. Oktober 2003 (BGBl I S. 2123), zuletzt geändert durch Art. 108 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl I S. 626, 644) – AWaffV –. Das Waffengesetz und die Allgemeine Waffengesetz-Verordnung in der Fassung vom 30. Juni 2017 traten am 6. Juli 2017 in Kraft (Zweites Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften, BGBl I S. 2133 – WaffG n.F., AWaffV n.F. –).
1.2 Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine Erlaubnis setzt voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG). Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren werden.
1.2.1 Schreckschusswaffen sind Schusswaffen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG (vgl. Anlage 1 zum WaffG Abschn. 1 Unterabschn. 1 Nr. 2.6; Heinrich in Steindorf, WaffG, 10. Aufl. 2015, § 1 Rn. 10). Der Erwerb und der Besitz einer Schreckschusswaffe sind erlaubnisfrei (vgl. Anlage 2 zum WaffG, Abschn. 2 Unterabschn. 2 Nr. 1.3). Für das Führen einer Schreckschusswaffe benötigt der Antragsteller eine Erlaubnis (§ 10 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. Anlage 2 zum WaffG, Abschn. 2, Unterabschn. 3 Nr. 2.1). Der Kleine Waffenschein wird nicht für eine bestimmte Waffe erteilt (Heinrich in Steindorf, WaffG, a.a.O., § 2 Rn. 67; Heller /Soschinka, Waffenrecht, 3. Aufl. 2013, Rn. 696).
1.2.2 Im Fall des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geht es um die auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts, BT-Drs. 14/7758, S. 54). Die erforderliche Prognose hat sich am Zweck des Gesetzes zu orientieren. Nach dem Waffengesetz soll das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering gehalten und nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (st. Rspr. BVerwG, vgl. B. v. 31.1.2008 – 6 B 4/08, B. v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – beide juris). Dabei wird nicht der Nachweis verlangt, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird, sondern es genügt vielmehr eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, B. v. 2.11.1994 – 1 B 215.93 – juris). Im Bereich des Waffenrechts kann angesichts der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit ausgehen, ein Restrisiko nicht hingenommen werden.
1.3 Die Vorschriften über die Aufbewahrung von Waffen stellen Zentralvorschriften des Waffenrechts dar. Die sichere Aufbewahrung von Waffen oder Munition ist vor allem unter dem Gesichtspunkt besonders wichtig, eine unberechtigte Nutzung durch Dritte – auch Angehörige des Berechtigten – möglichst zu verhindern (BT-Drs. 14/7758, S. 73). Eine hinreichende Sicherung gegen Verlust im Bereich dessen, der erlaubterweise im Besitz dieser gefahrenträchtigen Gegenstände ist, muss daher ein besonderes Anliegen des Gesetzgebers sein (Gerlemann in Steindorf, WaffG, a.a.O. § 36 Rn. 1). Die vom Gesetzgeber des Waffenrechtsneuregelungsgesetzes im Jahre 2002 neugefassten Bestimmungen beziehen nicht nur – wie vormals – Schusswaffen in die Regelung ein, sondern – neben der Munition – alle Waffen: Wer Waffen oder Munition besitzt, hat die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG). Nach der im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses geltenden – aber mit Wirkung vom 6. Juli 2017 aufgehobenen (Art. 1 Nr. 16 Buchst. a des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften) – Regelung des § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG (a.F.) dürfen Schusswaffen nur getrennt von Munition aufbewahrt werden, sofern nicht die Aufbewahrung in einem normierten Sicherheitsbehältnis erfolgt. Mit der Verpflichtung zur getrennten Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition, die der Gesetzgeber erstmals 2002 in das Waffengesetz aufgenommen hat, soll die rasche Entwendung von Schusswaffen und Munition zum alsbaldigen Missbrauch erschwert werden (BT-Drs. 14/7758, S. 74). Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die latente Gefährlichkeit der Schusswaffe jeweils erst dadurch zu einer akuten Gefahr wird, dass auf Grund der Munitionierung eine sofortige Schadensverursachung ermöglicht wird.
Die Rechtsprechung zu den Aufbewahrungspflichten nach dem Waffengesetz in der Fassung vom 11. Oktober 2002 knüpfte an die strikte Rechtsprechung zum früheren Waffenrecht an. Vor dem Hintergrund, dass eine unsorgfältige und gesetzeswidrige Aufbewahrung den Übergang von der legalen zur illegalen Schusswaffe erleichtert, schlagen Aufbewahrungsmängel insbesondere auf die waffenrechtliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG) durch. Schon ein einziger Verstoß gegen die in § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG und § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG (a.F.) normierten Aufbewahrungspflichten kann die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen (st. Rspr., vgl BayVGH, B.v.2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 12; VGH BW, B.v. 3.8.2011 – 1 S 1391/11 – juris Rn. 4).
Der Gesetzgeber stellt an erlaubnispflichtige Schusswaffen wegen deren Gefährlichkeit für die Allgemeinheit in den Händen Unbefugter hohe Anforderungen, fordert insbesondere deren Aufbewahrung in normierten Schränken mit bestimmtem Sicherheitsstandard. Hingegen ist als Mindeststandard für die Aufbewahrung von erlaubnisfreien Waffen und Munition (so hier die Schreckschusswaffe) ein festes verschlossenes Behältnis oder eine vergleichbare Sicherung anzusehen, um den Gesetzeszweck der Sicherung gegen Abhandenkommen und unbefugte Benutzung durch Dritte zu erfüllen (vgl. Nrn. 36.2.1 und 36.2.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz vom 5. März 2012 – BAnz Beilage 2012, Nr. 47a – WaffVwV).
Vorliegend hat der Antragsteller eine Schreckschusswaffe für den Zeitraum eines Arztbesuchs (etwa eine Stunde) im blickdichten Stoffbeutel mit Munition auf dem Rücksitz seines verschlossenen Pkw zurückgelassen. Ein Pkw ist schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch kein Behältnis. Ein Behältnis ist ein zur Aufnahme von Sachen dienendes und sie umschließendes Raumgebilde, das nicht dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden. (vgl. BGHSt 1,163; BT-Drs. 16/8224 S. 17 zu § 42a WaffG a.F. mit folgenden Beispielen für „verschlossenes Behältnis“: „in einer eingeschweißten Verpackung oder in einer mit Schloss verriegelten Tasche“). Der Innenraum eines Pkw ist zwar kein Behältnis in diesem Sinne und dürfte auch nicht als gleichwertig anzusehen sein, so dass ein Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG naheliegt. Da aber der Antragsteller durch das Verschließen seines Pkws und das Verpacken der Waffe in einem blickdichten Stoffbeutel Sicherungsmaßnahmen gegen das Abhandenkommen bzw. Wegnehmen seiner Schreckschusspistole getroffen hat, kommt dem Verstoß gemessen am Gesetzeszweck bei einem nur kurzfristigen Verlassen des Fahrzeugs nur geringes Gewicht zu. Dies bestätigt auch der dem § 13 Abs. 11 AWaffV innewohnende Rechtsgedanke, dass es unter bestimmten Umständen bei einem nur kurzfristigen Verlassen des Pkw (Einnahme des Mittagessens, Einkäufe etc.) ausreichen kann, wenn Waffen und Munition in dem verschlossenen Fahrzeug so aufbewahrt werden, dass keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Art des Inhalts erkennbar sind.
Die im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt geltende Rechtslage hat in § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG (a.F.) den Grundsatz enthalten, dass Schusswaffen nur getrennt von Munition aufbewahrt werden dürfen. Die Vorschrift gilt für alle Schusswaffen, also auch für Schreckschusswaffen (so Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, a.a.O., § 36 Rn. 5). Wegen der Aufbewahrung von Schreckschusswaffe und Munition in demselben Stoffbeutel hat der Antragsteller auch gegen diese Verpflichtung verstoßen. Dem konkreten Verstoß ist aber – ganz im Gegensatz zu einem solchen Verstoß bei erlaubnispflichtigen Waffen und deren Munition – kein erhebliches Gewicht beizumessen. Der Gesetzgeber hat in seiner geänderten Fassung des Waffengesetzes und der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung vom 30. Juni 2017 „die Anforderungen an die Aufbewahrung von Schusswaffen von Verweisen auf überholte technische Normen bereinigt und zugleich das Sicherheitsniveau angehoben und an aktuelle technische Standards angepasst, sowie Besitzstandsregelungen getroffen. § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG (a.F.) wurde gestrichen. In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt (BT-Drs. 18/11239 S.1, 46): „Diese Anhebung der Aufbewahrungsstandards ermöglicht eine Vereinfachung der Aufbewahrungsregelungen dahingehend, dass die getrennte Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition, die bislang bei der Verwendung bestimmter Sicherheitsbehältnisse für erforderlich angesehen wurde, entfallen kann. Die Regelungen zur Aufbewahrung werden damit insgesamt einfacher und anwenderfreundlicher gestaltet. Das Risiko einer absichtslosen fehlerhaften Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition, das in der Vergangenheit mehrfach zu Verstößen gegen das Waffengesetz und in der Folge zur Entziehung waffenrechtlicher Erlaubnisse wegen Zweifeln an der Zuverlässigkeit der Erlaubnisinhaber geführt hat, sinkt dadurch“. § 13 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) in der Fassung vom 30. Juni 2017 regelt in Abs. 1 Anforderungen an Aufbewahrungspflichten hinsichtlich Schusswaffen, deren Erwerb und Besitz erlaubnispflichtig sind. Nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 AWaffV (n.F.) hat der Besitzer von Waffen oder Munition, deren Erwerb von der Erlaubnispflicht freigestellt ist, diese ungeladen und mindestens in einem verschlossenem Behältnis aufzubewahren. Der Gesetzgeber hat zwar ausdrücklich für Waffen, deren Besitz und Erwerb erlaubnispflichtig sind, wegen der insoweit erhöhten Aufbewahrungsanforderungen vom Grundsatz der getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition Abstand genommen, diesen Grundsatz aber nicht für Waffen, deren Erwerb erlaubnisfrei ist, in das Gesetz aufgenommen, sondern nur das Erfordernis, dass die Waffe ungeladen sein muss sowie die durch § 13 AWaffV (n.F.) konkretisierten Anforderungen aus der unveränderten Vorschrift des § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG. Daraus ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber dem Trennungsgebot im Hinblick auf Waffen, deren Erwerb erlaubnisfrei ist, zur Wahrung des Gesetzeszwecks keine maßgebliche Bedeutung beigemessen hat.
1.4 Die festgestellten Tatsachen eines unter den Umständen des vorliegenden Einzelfalles nur als nicht erheblich zu bewertenden einmaligen Verstoßes gegen die Aufbewahrungspflicht für seine Schreckschusspistole rechtfertigen nach summarischer Prüfung nicht die Prognose im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG, der Antragsteller werde Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren, so dass auch ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird (vgl. BVerwG, B.v. 26.3.1997 – 1 B 9/97 – juris), dem Antragsteller nicht die waffenrechtliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden kann (vgl. auch Heller/Soschinka, Waffenrecht, Rn. 758 b).
2. Nachdem die Beschwerde hinsichtlich des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis begründet ist und die Klage des Antragstellers hinsichtlich der Widerrufsverfügung aller Voraussicht nach Erfolg hat, gilt dies auch für die Verpflichtung zur Überlassung von Waffen sowie für die an die Rückgabe der Erlaubnis anknüpfende Zwangsgeldandrohung (Nrn. 2 und 3 des Bescheids).
2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Der Streitwert ergibt sich aus § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Für den Widerruf eines Kleinen Waffenscheins wird der Auffangwert von 5.000,00 EUR angesetzt, der in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes halbiert wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 21 CS 17.856 – juris).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 GKG).


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