Europarecht

Keine systemischen Mängel des Asylverfahrens in Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens

Aktenzeichen  M 9 S 17.51077

Datum:
6.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 23857
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Dublin III-VO Art. 2 lit. g, Art. 9, Art. 20 Abs. 2, Art. 23 Abs. 3
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a), § 34a
AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
VwGO § 86 Abs. 1
GRCh Art. 4
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1. Durch die Verwendung des Begriffs Familienangehöriger nimmt Art. 9 Dublin III-VO auf die Legaldefinition in Art. 2 lit. g Dublin III-VO Bezug, wobei der Normgeber im Wortlaut darauf verzichtet hat, wie sonst zu fordern, dass die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ausschlaggebend für den Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz iSd Art. 20 Abs. 1 Dublin III-VO ist nicht der förmliche Asylantrag, sondern bereits der Zeitpunkt des Eingangs einer Meldung als Asylsuchender iSv Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien weisen keine systemischen Mängel auf (vgl. u.a. OVG NRW BeckRS 2017, 102256). Obwohl sich in Teilbereichen der dortigen tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus erhebliche Mängel und Defizite feststellen lassen, werden diese nicht als so gravierend bewertet, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. u.a. OVG NRW BeckRS 2014, 48497). (Rn. 42 – 51) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Überstellung nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.
Die Antragstellerin ist (alles nach eigenen Angaben, die Antragstellerin hat keine Personaldokumente ihres Heimatlandes vorgelegt) Staatsangehörige von Eritrea und geboren am 8. Oktober 1998. Auf die Angaben im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags am 19. Januar 2017, Bl. 1 – 4 der Bundesamtsakte, wird Bezug genommen. Sie sei vom Sudan, wo sie zuletzt gelebt habe, im August 2015 über Libyen und Italien, wo sie sich ca. sechs Monate aufgehalten habe, und über Frankreich weiter nach Deutschland gekommen, wo sie laut Ausländerzentralregister am 30. Juli 2016 angekommen ist und wo sie am 19. Januar 2017 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) – Außenstelle München einen Asylantrag gestellt hat. Sie habe in keinem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt (was nicht stimmt, vgl. z.B. Bl. 36 der Bundesamtsakte, wo ein Dublin-„1er“-Treffer für die Antragstellerin nachgewiesen ist).
Am 27. Februar 2017 fand das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens – Zweitbefragung statt. Dort gab die Antragstellerin an, sie wolle mit ihrer Familie (Vater und Schwester) in Deutschland leben. Auf die Frage, ob sie Beschwerden, Erkrankungen, Gebrechen u.a. habe, gab die Antragstellerin nichts an. Auf die Niederschrift im Übrigen wird Bezug genommen (Bl. 47 – 49 bzw. Bl. 58 – 60 der Bundesamtsakten).
Ebenfalls am 27. Februar 2017 fand außerdem noch eine Anhörung gemäß § 25 AsylG statt. Auf die Niederschrift über die Anhörung wird Bezug genommen (Bl. 41 – 45 bzw. Bl. 51 – 55 der Bundesamtsakten).
Für die Antragstellerin folgen aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgang zwei Eurodac-Treffer für Italien (* … und …, Bl. 36 bzw. Bl. 61 der Bundesamtsakte).
Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 3. März 2017 an Italien erfolgte keine Reaktion.
Mit Bescheid vom 20. März 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Die Nr. 4 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.
Ausweislich der in der Bundesamtsakte enthaltenen Kopie der Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid – nach einem gescheiterten Zustellversuch – schließlich am 3. April 2017 zugestellt.
Die Antragstellerin ließ hiergegen mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 6. April 2017, beim Verwaltungsgericht München eingegangen per Telefax am selben Tag, Klage erheben (Az.: M 9 K 17.51038) mit dem Antrag, den Bescheid vom 20. März 2017 aufzuheben.
Außerdem wurde mit weiterem Schriftsatz ebenfalls vom 6. April 2017 beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 2 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Zur Begründung der Rechtsbehelfe wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sich eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin bereits aus Art. 9 Dublin III-VO ergebe. Habib A. … sei der leibliche Vater der Antragstellerin, er sei mithin ein Angehöriger. Er sei vor zwölf Jahren aus Eritrea nach Deutschland geflüchtet und er sei anerkannter Flüchtling. Mit Telefax vom 14. Februar 2017 habe der Vater den schriftlichen Wunsch an das Bundesamt gerichtet, dass sich die Zuständigkeit des Asylverfahrens seiner Tochter nach Maßgabe von Art. 9 Dublin III-VO bestimme. Die Antragsgegnerin sei außerdem deswegen für das Asylverfahren der Antragstellerin zuständig, weil diese den Asylantrag als Minderjährige gestellt habe. Habe ein Asylbewerber in mehreren Mitgliedstaaten einen Asylantrag gestellt, sei der Mitgliedstaat zuständig, in dem sich der Minderjährige aufhalte, nach dem er dort einen Asylantrag gestellt habe. Die Antragsgegnerin gehe zudem zu Unrecht davon aus, dass die Antragstellerin im Zeitpunkt der Stellung ihres Asylgesuchs/ ihres Asylantrags bereits volljährig gewesen sei. Die Antragsgegnerin gehe irrtümlich davon aus, dass die Antragstellerin ihren Asylantrag erst am 19. Januar 2017 in Deutschland gestellt habe. Die Antragstellerin habe sich am 30. Juli 2016 bei der Erstaufnahmeeinrichtung als Asylsuchende gemäß § 22 Abs. 1 AsylG gemeldet. Der förmliche Asylantrag gemäß § 23 Abs. 1 AsylG sei dagegen erst am 19. Januar 2017 aufgenommen worden. Da das Übernahmeersuchen erst am 3. März 2017 an Italien gerichtet worden sei, sei außerdem die Frist gemäß § 23 Abs. 2 Dublin III-VO überschritten. Auch aus diesem Grund sei die Zuständigkeit auf die Antragsgegnerin übergegangen. Im Übrigen wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor und äußerte sich auf entsprechende Aufforderung des Gerichts mit Schreiben vom 18. Juni 2018, auf das Bezug genommen wird, zu den Rechtsbehelfen. Hierauf replizierte der Antragstellerbevollmächtigte mit Schreiben vom 22. Juni 2018, auf das ebenfalls Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Klageverfahren und der Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Für das Gericht ist hinsichtlich der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG).
Der Antrag ist zwar zulässig, insbesondere ist er fristgerecht gestellt, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat voraussichtlich keinen Erfolg.
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. März 2017, auf den im Sinne von
§ 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird, ist voraussichtlich rechtmäßig.
Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.
1. Italien ist als Mitgliedstaat, über dessen Grenze die Antragstellerin aus einem Drittstaat illegal eingereist ist, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die – wie hier – nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.
Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist ohne weiteres Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Das ist auch nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin Italien; das wird auch belegt durch den für die Antragstellerin erzielten Eurodac-Treffer mit der Kennzeichnung „IT2“ – die Ziffer „2“ steht für Drittstaatsangehörige, die beim illegalen Überschreiten einer Außengrenze aufgegriffen wurden (Art. 24 Abs. 4 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26.6.2013 (Neufassung) (EURODAC-VO)). Unabhängig davon hat die Antragstellerin ausweislich des weiteren Eurodac-Treffers mit der Kennzeichnung „IT1“ in Italien auch einen Asylantrag gestellt. Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen. Damit ist vorliegend Italien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat.
Da die italienischen Behörden auf das Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin nicht reagiert haben, ist gemäß Art. 22 Abs. 7 bzw. Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO).
An diesem Ergebnis ändert sich durch die in der Begründung des Rechtsbehelfs vorgebrachten Umstände nichts. Weder besteht eine (vorrangige) Zuständigkeit nach Art. 9 Dublin III-VO (nachfolgend unter a)), noch besteht eine Zuständigkeit auf Grund einer geltend gemachten Minderjährigkeit der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Asylantragstellung (nachfolgend unter b)), noch ist schließlich die Zuständigkeit der Antragsgegnerin auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 3 Dublin III-VO eingetreten (nachfolgend unter c)).
a) Eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin auf der Grundlage von Art. 9 Dublin III-VO besteht nicht. Die im Schreiben des Gerichts an die Behörde der Antragsgegnerin vom 14. März 2018 geäußerte vorläufige Rechtsauffassung wird ausdrücklich nicht aufrechterhalten.
Entgegen der nicht näher begründeten Auffassung des Antragstellerbevollmächtigten ist Art. 9 Dublin III-VO auf einen Fall wie den vorliegenden nicht anwendbar. Die Vorschrift könnte eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin nur dann begründen, wenn die Antragstellerin zum maßgeblichen Zeitpunkt minderjährig gewesen wäre, was nicht der Fall ist.
Art. 9 Dublin III-VO begründet eine Zuständigkeit des Mitgliedstaats, in dem ein Familienangehöriger (ungeachtet des Umstands, ob die Familie bereits im Herkunftsland bestand) des Antragstellers als Begünstigter internationalen Schutzes aufenthaltsberechtigt ist, sofern die betreffenden Personen diesen Wunsch schriftlich kundtun. Unabhängig davon, ob die letztgenannte Voraussetzung zum Zeitpunkt der Bundesamtsentscheidung vorlag, fehlt es bereits daran, dass der geltend gemachte Vater der Antragstellerin als Familienangehöriger im Sinne der Vorschrift von vorneherein nicht in Betracht kommt. Denn selbst wenn es sich dabei um den Vater der Antragstellerin handeln würde, was nicht nachgewiesen ist (dazu sogleich), kommt eine Zuständigkeitsbegründung für die Antragstellerin auf dieser Grundlage nicht in Betracht.
Durch die Verwendung des Begriffs Familienangehöriger nimmt Art. 9 Dublin III-VO die Legaldefinition dieses Begriffs in Art. 2 lit. g Dublin III-VO in Bezug. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Art. 9 Dublin III-VO einen hiervon abweichenden Begriff des Familienangehörigen meint. Soweit dem Normgeber eine Modifizierung erforderlich erschien, hat er sie im Wortlaut des Art. 9 Dublin III-VO umgesetzt, indem er darauf verzichtet, wie sonst zu fordern, dass die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat. Gerade dadurch zeigt die systematische Auslegung des Art. 9 Dublin III-VO, dass die Vorschrift ansonsten, d.h. soweit sie nicht modifiziert, den Familienangehörigen i.S.d. Legaldefinition des Art. 2 lit. g Dublin III-VO meint. Dieses Verständnis entspricht übrigens auch der allgemeinen Rezeption der Vorschrift (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Art. 9, Anm. K1). Der Vater ist im Falle eines nicht minderjährigen Antragstellers jedoch nicht dessen Familienangehöriger im Sinne der Dublin III-VO, was sich aus Art. 2 lit. g tir. 3 und tir. 4 Dublin III-VO ergibt.
Unabhängig davon fehlt es außerdem daran, dass die Antragstellerin keinen Familienangehörigen im Bundesgebiet nachgewiesen hat, der Begünstigter internationalen Schutzes ist. Soweit auf den behaupteten Vater der Antragstellerin verwiesen wird, übersieht der Antragstellerbevollmächtigte, dass die Vaterschaft von Habib A. … zur Antragstellerin nicht belegt ist. Vielmehr ist sie nur behauptet. Die vorgelegten Unterlagen belegen die geltend machte Vaterschaft gerade nicht. Dabei ist es im Ergebnis sehr wohl Sache der Antragstellerin, diesen Beleg zu führen. Die allgemeine Berufung auf den Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 86 Abs. 1 VwGO führt nicht dazu, dass sich die Antragstellerin dieser Obliegenheit entledigen kann. Denn der Grundsatz der Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen ergibt hier gerade keinen Beleg für die geltend gemachte verwandtschaftliche Beziehung der Antragstellerin zum behaupteten Vater. Weder aus der vorgelegten Behördenakte noch aus dem Vortrag der Antragstellerin folgt ein Nachweis dafür. Andere Erkenntnisquellen als die Angaben der Beteiligten gibt es jedoch nicht. Insofern übersieht der Antragstellerbevollmächtigte grundsätzlich, dass § 86 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 VwGO die Beteiligten für die Erforschung des Sachverhalts heranzieht. Wenn es wie hier um einen Umstand geht, der ausschließlich aus der Sphäre der Antragstellerin stammt – auch die Antragsgegnerin hat nicht von sich aus Unterlagen vorrätig, die die rechtliche Tochter-Vater-Beziehung belegen – gibt es ohne die Mitwirkung der Antragstellerin naturgemäß überhaupt keine Möglichkeit, diesen Umstand zu belegen. Jedoch hat die Antragstellerin weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren taugliche oder überhaupt Nachweise für die Abstammung vom geltend gemachten Vater vorgelegt, etwa eine legalisierte Geburtsurkunde oder einen entsprechenden Registerauszug aus dem Heimatland oder, wobei das nicht einmal vorgebracht wurde, Belege dafür, warum das nicht zu erhalten ist.
Auch der im letzten Schriftsatz des Antragstellerbevollmächtigten erwähnte Umstand, dass der Landeshauptstadt, Sozialreferat/ Stadtjugendamt UMF usw. Name, Geburtsdatum und Anschrift des behaupteten Vaters der Antragstellerin bekannt seien, hilft nicht weiter, da das ja auch nur die Daten sind, welche im Verwaltungsstreitverfahren angegeben wurden, die aber gerade keinen Beleg dafür geben, dass die Antragstellerin wirklich von dem geltend gemachten Vater abstammt.
In Ansehung dieses Umstands trägt die Antragstellerin selbstverständlich die sog. materielle Beweis- oder Feststellungslast der nicht erwiesenen Umstände, da es sich um einen Umstand handelt, der für die von der Antragstellerin behauptete Rechtsposition günstig ist.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass es außerdem noch daran fehlt, dass Belege für die von der Antragstellerin geltend gemachte Identität vorliegen. Diese wären aber zusätzlich zum Nachweis der Abstammung erforderlich, um belegen zu können, dass die Antragstellerin die Person ist, die mit dem geltend gemachten Vater verwandt ist. Identitätsnachweise wurden jedoch lediglich für den geltend gemachten Vater, nicht aber für die Antragstellerin vorgelegt.
b) Eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin auf Grund einer Minderjährigkeit der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Asylantragstellung besteht nicht.
Das kommt schon deshalb nicht in Frage, weil die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Stellung des Asylantrags, genauer gesagt, zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf internationalen Schutzes i.S.v. Art. 20 Abs. 1 Dublin III-VO, nicht mehr minderjährig war. Dabei geht das Gericht davon aus, dass entscheidend hierfür der Zeitpunkt der Antragstellung bei der Antragsgegnerin ist.
Ausschlaggebend für den Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz ist dabei nicht der förmliche Asylantrag, sondern – klargestellt spätestens seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juli 2017 (Az. C-670/16 – juris Rn. 75ff.) – bereits der Zeitpunkt des Eingangs einer Meldung als Asylsuchender im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO; das ist vor dem Hintergrund der Regelung zur Stellung des Antrags auf internationalen Schutz i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO konsequent, weil den Regelungen der Dublin III-VO die Unterscheidung zwischen Asylgesuch und förmlicher Asylantragstellung im deutschen Asylrecht fremd ist.
Jedoch lässt sich der vorgelegten Bundesamtsakte nicht entnehmen, dass bereits vor der förmlichen Asylantragstellung am 19. Januar 2017 eine Meldung als Asylsuchender gemäß Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO stattgefunden hat. In der Praxis lässt sich der relevante Zeitpunkt in der Regel durch den Zeitpunkt der Ausstellung der BüMA oder auch des Aufnahmescheins nachvollziehen (vgl. hierzu im Einzelnen VG München, B.v. 25.8.2017 – M 9 S 16.51291). Beides liegt hier nicht vor, obwohl es der Antragstellerin ohne weiteres hätte möglich sein müssen, insofern vorzutragen und zu belegen. Stattdessen wird geltend gemacht, sie hätte sich am 30. Juli 2016 bei der zuständigen Erstaufnahmeeinrichtung als Asylsuchende gemeldet. Hierfür fehlt allerdings jeglicher Nachweis. Weder geht das aus der vorgelegten Bundesamtsakte hervor (insofern besteht nur der AZR-Eintrag, in den das Gericht Einsicht genommen hat, und die Meldebescheinigung, Bl. 37 der Bundesamtsakte; aus beiden folgt kein Asylgesuch) noch führt die Antragstellerin einen Nachweis hierfür. Somit trägt die Antragstellerin die Folgen der Nicht-Erweislichkeit dieser Behauptung. Anhaltspunkte dafür, dass die Bundesamtsakte unvollständig ist, hat das Gericht nicht; unabhängig hat die Antragstellerin auch die Durchschrift, die sie bei der Meldung in der zuständigen Erstaufnahmeeinrichtung erhalten hätte, nicht vorgelegt.
c) Schließlich ist die Antragsgegnerin auch nicht gemäß § 23 Abs. 3 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags der Antragstellerin zuständig geworden.
Das Wiederaufnahmegesuch an die italienischen Behörden ist rechtzeitig, d.h. innerhalb der in § 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO gestellt worden.
Maßgeblich ist hier – mangels Nachweis für ein früheres Datum, siehe soeben unter b) – der förmliche Asylantrag vom 19. Januar 2017. Gerechnet ab diesem Datum ist die Stellung des Wiederaufnahmeersuchens am 3. März 2017 rechtzeitig.
2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden.
Die Zuständigkeit ist nicht gem. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragstellerin im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wäre.
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v.14.05.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 -, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den jeweiligen Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v.19.03.2014 – 10 B 6.14 -, juris).
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U.v.28.2.2014 – 13a B 13.30295 -, juris; OVG NRW, B.v. 16.2.2017 – 13 A 316/17.A – juris Rn. 3 – 5; U.v.22.9.2016 – 13 A 2248/15.A -, juris Rn. 72ff.; U.v.18.7.2016 – 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 54ff.; U.v.24.4.2015 – 14 A 2356/12.A -, juris; U.v. 7.3.2014 – 1 A 21/12.A -, juris; NdsOVG, U.v. 4.4.2018 – 10 LB 96/17 – juris; VGH BW, U.v.16.4.2014 – A 11 S 1721/13 -, juris; OVG Rh-Pf, U.v.21.2.2014 – 10 A 10656/13.OVG -, juris; OVG LSA, U.v.2.10.2013 – 3 L 645/12 -, juris; OVG Berlin-Bbg, B.v.17.6.2013 – OVG 7 S 33.13 -, juris; NdsOVG, B.v.30.1.2014 – 4 LA 167/13 -, juris; U.v.25.6.2015 – 11 LB 248/14 -, juris; VG Osnabrück, B.v. 8.8.2017 – 5 B 212/17 – juris; vgl. auch BVerfG, Kammerb.v.17.9.2014 – 2 BvR 732/14 -, juris). Danach verfügt Italien unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. Obwohl sich in Teilbereichen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus erhebliche Mängel und Defizite feststellen lassen, werden diese, weder für sich genommen noch insgesamt, als so gravierend bewertet, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NRW, U.v.07.03.2014, a.a.O, Rn 132; OVG Rh-Pf, U.v. 21.02.2014, a.a.O, Rn 45 f.).
Das Gericht schließt sich damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 – Hussein u.a../.Niederlande und Italien, Nr. 27725/10 -, ZAR 2013, 336; B.v.18.06.2013 – Halimi./.Österreich und Italien, Nr. 53852/11 -, ZAR 2013, 338). Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber zwar einige Mängel aufweisen mögen, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen würden. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars wiesen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigten übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten seien. Diese Rechtsauffassung hat der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U.v.04.05.2011 – 2 BvR 2333/08 -, juris), durch seine Entscheidung vom 10. September 2013 (Nr. 2314/10 – HUDOC) ausdrücklich bestätigt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Az. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff.). Der EGMR hat hier lediglich entschieden, dass die Schweizer Behörden die Abschiebung einer Familie nach Italien nicht vornehmen dürfen, ohne vorher individuelle Garantien von den italienischen Behörden erhalten zu haben, dass die Antragsteller in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammenbleiben darf. Das Urteil beinhaltet damit keine Aussage zu eventuellen systemischen Mängeln in Italien, sondern lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien nach Italien. Zudem hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. ./. Niederlande (Az. 51428/10) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des sog. Dublin-Verfahrens zu verbieten. Unabhängig davon sind die Umstände des streitgegenständlichen Falles der Antragstellerin mit denjenigen in der Entscheidung des EGMR nicht vergleichbar.
Auch aus neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA – Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Dezember 2015 (abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 62 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asylbewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben und die Zahl von Unterbringungsplätzen nur unzureichend war. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der italienische Staat hiergegen erfolgsversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Zum einen werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. S. 63f. des Berichts). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich dem AIDA-Bericht nicht entnehmen. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann daher auch für die Personengruppe, der die Antragstellerin angehört, nicht angenommen werden.
Auch aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016 (vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe (https://www.fluechtlingshilfe.ch/…/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen) ergibt sich nichts Anderes. Denn erstens handelt es sich hierbei nicht um das einzig richtige bzw. einzig maßgebliche Erkenntnismittel, vielmehr ergibt eine Berücksichtigung dieses Erkenntnismittels in der Zusammenschau mit den zahlreichen anderen vorhandenen Erkenntnismitteln eben im Ergebnis, dass systemische Mängel im italienischen Asylverfahren nicht vorliegen. Zweitens wäre die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien erst dann überschritten, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Dafür gibt es auch nach dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus dem August 2016 keine Hinweise (vgl. VG Schwerin, U.v.26.09.2016 – 16 A 1757/15 As SN -, juris Rn. 122), auch ansonsten ist das nicht der Fall (vgl. z.B. OVG NRW, U.v.18.07.2016 – 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 103ff.).
Die gegenwärtig hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden (vgl. OVG NRW, U.v.24.04.2015 a.a.O., U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris Rn. 105).
Auch der Umstand, dass sich die Situation der Antragstellerin in Italien u.U. deutlich schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 – a.a.O.).
Auch im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung ergibt sich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. EGMR, U.v.30.6.2015 – 39350/13 – A.S. gegen Schweiz), da Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U.v.11.12.2015 – AN 14 K 15.50316 -, juris Rn. 26 m.w.N.). Auch der bereits erwähnte Bericht von AIDA bestätigt die Gleichstellung von Asylsuchenden und international Schutzberechtigten mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung (vgl. dort S. 84). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert dabei die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B.v.19.09.2015 – Au 7 S 15.50412 – juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B.v.05.11.2014 – M 18 S 14.50356 – juris m.w.N.). Auch bei Überstellung von kranken Personen, deren Asylverfahren in Italien negativ abgeschlossen ist – was bei der Antragstellerin nicht der Fall ist -, besteht damit die Möglichkeit der Behandlung. Es ist daher davon auszugehen, dass die Antragstellerin, die ohnehin keine gesundheitlichen Einschränkungen angegeben hat, in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hat.
Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, liegen nicht vor. Ebenso wenig liegen inlandsbezogene oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vor. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags im Verwaltungssowie im Verwaltungsstreitverfahren ergibt sich kein anderes Ergebnis.
Hinsichtlich der in diesem Verfahren mit zu prüfenden sog. inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen steht der Überstellung der Antragstellerin nach Italien nichts entgegen. Auf die familiären Bindungen, die durch das Grundgesetz, die EMRK und die Grundrechtecharta geschützt sind, kann sich die Antragstellerin deswegen nicht berufen, weil sie die von ihr geltend gemachte Verwandtschaft zu Vater und Schwester nicht belegt hat; im Anschluss an die obigen Ausführungen unter 1. wird noch einmal darauf hingewiesen, dass das Führen des entsprechenden Nachweises Sache der Antragstellerin ist.
Der Vortrag in den Dublin-Anhörungen bezogen auf die Verhältnisse in Italien begründet keine – nach dem oben Gesagten nicht vorliegenden – systemischen Schwachstellen des italienischen Asylverfahrens, unabhängig davon, dass die Antragstellerin nach ihren eigenen Angaben sechs Monate in Italien gelebt hat; im Übrigen unterliegt es gerade nicht der Disposition der Antragstellerin, wo sie ihr Asylverfahren zu durchlaufen hat.
Die Angaben der Antragstellerin im Rahmen der Anhörung nach § 25 AsylG führen ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Hierbei handelt es sich um die Geltendmachung von Umständen, die für die Überstellung der Antragstellerin im Rahmen der Anwendung der Dublin III-Verordnung nicht relevant sind, vielmehr handelt es sich um sog. zielstaatsbezogenes Vorbringen, das zum Asylantrag der Antragstellerin gehört, für den die Antragsgegnerin aber gerade nicht zuständig ist.
Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in den Nummern 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids bestehen daher keine Bedenken, auf die entsprechenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid wird Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.
3. Der Antrag wird daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abgelehnt. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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