Aktenzeichen W 8 S 18.50234
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, § 34a
AufenthG § 60 Abs. 7, § 60a Abs. 2c
Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1 S. 1, Art. 17 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 lit. b
Leitsatz
1. In Spanien sind keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben, dass auch Dublin-Rückkehrer mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. (Rn. 13 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten sind – auch bei psychischen Erkrankungen – in Spanien in ausreichendem Maß verfügbar. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 S. 3 AufenthG). (Rn. 21 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Bundesamt hat in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Antragstellerin bei der Übergabe an diese – soweit medizinisch erforderlich – eine Weiterbehandlung sowie hinreichende ärztliche Versorgung erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren auszuschließen. Des Weiteren sind dem zuständigen Mitgliedsstaat Informationen über die besonderen Bedürfnisse bezüglich der Gesundheit der zu überstellenden Person zu übermitteln (Art. 32 Abs. 1 S. 1 Dublin III-VO). (Rn. 28 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten wird sowohl im vorliegenden Sofortverfahren als auch im Klageverfahren W 8 K 18.50233 abgelehnt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist algerische Staatsangehörige. Sie reiste am 22. März 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein, äußerte am 27. März 2018 ein Asylgesuch und stellte am 4. April 2018 einen förmlichen Asylantrag.
Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte – EURODAC-Treffer – für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens vor. Auf ein Übernahmeersuchen vom 13. April 2018 erklärten die spanischen Behörden am 17. April 2018 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 2 Buchst. b Dublin III-VO.
Mit Bescheid vom 27. April 2018 lehnte die Antragsgegnerin den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Abschiebung nach Spanien wurde angeordnet (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).
Mit Schriftsatz vom „11. April 2018“, eingegangen bei Gericht am 11. Mai 2018, ließ die Antragstellerin im Verfahren W 8 K 18.50233 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben und – neben Prozesskostenhilfe – im vorliegenden Verfahren beantragen,
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des Bescheides der Beklagten vom 27. April 2018 (Geschäftszeichen …) wird angeordnet.
Zur Begründung ließ die Antragstellerin im Wesentlichen vorbringen: Für die Antragstellerin seien die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich Spanien festzustellen. Die Antragstellerin sei aus ihrem Herkunftsland Algerien geflohen, um dem Ehrenmord an ihrer eigenen Person durch ihre Familie zu entgehen. Ihre Familie habe ihr zur Last gelegt, sie habe die Familienehre dadurch beschmutzt, dass sie (ungewollten) außerehelichen Geschlechtsverkehr gehabt habe und schwanger geworden sei. Das Kind habe die Antragstellerin aufgrund der schweren Misshandlungen durch ihre Mutter und ihre Brüder noch in Algerien verloren. In Spanien habe sie einen Telefonanruf ihrer Familie erhalten, die ihr gedroht habe, sie ausfindig zu machen und zu töten. Kurz nach dem Telefonat sei die Tasche der Antragstellerin gestohlen worden. Die Antragstellerin hege die Vermutung, dass es sich bei den Dieben um Freunde der Familie handele. In Spanien drohe der Antragstellerin von der Familie ausfindig gemacht und dem Ehemann zugeführt zu werden. Außerdem drohe die Abschiebung der Antragstellerin von Spanien aus nach Algerien.
Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2018 führte die Bevollmächtigte der Antragstellerin unter Vorlage eines vorläufigen Entlassberichtes des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin Schloss W. vom 20. April 2018 weiter aus: Es bestehe ein Abschiebungshindernis aufgrund der Reiseunfähigkeit der Antragstellerin im weiteren Sinn. Die Antragstellerin habe versucht, sich durch die Einnahme einer Überdosis von NSAR-Tabletten (nicht-steroidale Entzündungshemmer; Schmerzmitel) selbst zu töten, um der angedrohten Abschiebung nach Spanien zu entgehen. Grund für den Suizidversuch sei die Angst gewesen, im Falle einer Abschiebung nach Spanien von Freunden der Familie, von der sie verfolgt werde, dort gefunden und getötet bzw. von Spanien aus unverzüglich nach Algerien abgeschoben zu werden. Momentan bemühe sich die Antragstellerin um einen Therapie Platz mit medikamentöser Behandlung. Aufgrund des schlechten psychischen Gesundheitszustandes und der dringenden fachärztlichen Behandlungsbedürftigkeit sei nicht zu verantworten, die Antragstellerin nach Spanien abzuschieben, zumindest ohne sicherzustellen, dass sie dort unverzüglich in ausreichende ärztliche Behandlung übergeben werde. Bei der Abschiebung werde sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ihr Gesundheitszustand um das Vielfache verschlechtern. Ein weiterer Suizidversuch sei nicht auszuschließen. Durch eine Abschiebung nach Spanien würden eine wesentliche Gesundheitsgefährdung und damit die konkrete und erneute Selbstgefährdung der Antragstellerin generiert.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 18.50233) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO – betreffend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung unter Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides – ist zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 27. April 2018 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung in Nr. 3 rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse der Antragstellerin, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen der Antragstellerseite führt zu keiner anderen Beurteilung.
Spanien ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (§§ 34a, 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG i.V.m. der Dublin III-VO). Spanien hat auf das Übernahmeersuchen vom 13. April 2018 am 17. April 2018 seine Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 2 Buchst. b Dublin III-VO ausdrücklich erklärt. Aus dem in der Behördenakte befindlichen EURODAC-Treffer sowie aufgrund der Angaben der Antragstellerin wird zudem ersichtlich, dass die Antragstellerin illegal in Spanien eingereist ist, so dass Spanien auch gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO zuständig ist.
Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, liegen nicht vor.
Die Überstellung nach Spanien ist nicht rechtlich unmöglich (vgl. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG) im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO. Diese Vorschrift entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (z.B. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 u. a. – NVwZ 2012, 417). Danach ist eine Überstellung eines Asylsuchenden an einen anderen Mitgliedsstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 Grundrechte-Charta (GR-Charta) zur Folge hätte.
Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass in Spanien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die hier relevante Gruppe der Dublin-Rückkehrer (vgl. zuletzt etwa VG Würzburg, B.v. 3.5.2018 – W 8 S 18.50200; G.v. 22.2.2018 – W 2 K 18.50017; B.v. 4.10.2017 – W 3 S 17.50558 sowie VG München, B.v. 22.2.2018 – M 2 S 18.50431 – juris; VG Köln, B.v. 19.12.2017 – 14 L 3557/17.A – juris; VG Cottbus, B.v. 27.9.2017 – 5 L 570/17.A – juris; jeweils m.w.N.), zumal die Antragstellerseite nichts Gegenteiliges substanziiert vorgebracht hat.
Sofern Dublin-Rückkehrer einen (weiteren) Asylantrag stellen, wird in Spanien ein Asylverfahren durchgeführt. Dublin-Rückkehrer können ein eventuelles Asylverfahren in Spanien fortsetzen bzw. einen neuen Asylantrag stellen. Spanien verfügt zudem über ein rechtsstaatliches Asylsystem mit administrativen und gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. Außerdem ist der Zugang zur Versorgung, wie er auch anderen Asylbewerbern offen steht, garantiert. Asylbewerber, die über keine finanziellen Mittel verfügen, haben das Recht auf Unterbringung und Versorgung zur Deckung ihrer grundlegenden Bedürfnisse. Sie haben auch rechtlich vollen Zugang zu öffentlicher medizinischer Versorgung wie spanische Staatsbürger, darunter auch zu psychologischer Betreuung für Opfer von Folter, Misshandlung und anderer Traumatisierung. Asylbewerber haben Zugang zu allgemeiner und spezialisierter medizinischer Hilfe, die kostenlos durch den Staat gewährleistet wird. Spezialisierte Mitarbeiter überwachen die psychische und physische Gesundheit. Geschulte Psychologen kümmern sich um Asylbewerber mit psychischen Problemen (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt Spanien vom 14.9.2016 m.w.N.). Infolgedessen ist gewährleistet, dass Asylbewerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten. Dies umfasst auch die medizinische oder sonstige Hilfe für Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen (vgl. etwa VG München, B.v. 22.2.2018 – M 2 S 18.50431 – juris; VG Köln, B.v. 19.12.2017 – 14 L 3557/17.A – juris; VG Cottbus, B.v. 27.9.2017 – 5 L 570/17.A – juris sowie ferner VG Würzburg, B.v. 3.5.2018 – W 8 S 18.50200; G.v. 22.2.2018 – W 2 K 18.50017; B.v. 4.10.2017 – W 3 S 17.50558).
Individuelle außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung eines Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO notwendig machen, liegen ebenso wenig vor wie inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse.
Die Antragsgegnerin hat in ihrem streitgegenständlichen Bescheid schon zu Recht darauf hingewiesen, dass die spanischen Behörden die Wiederaufnahme nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO erklärt haben. Dies deutet darauf hin, dass sich der Asylantrag der Antragstellerin in Spanien noch in der Prüfung befinde. Unabhängig davon ist davon auszugehen, dass der spanische Staat der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Prüfung des Asylbegehrens einschließlich des Vorliegens möglicher Abschiebungshindernisse auch im Hinblick auf die Europäische Menschenrechtskonvention und die Grundrechte-Charta nachkommt. Eine parallele oder zusätzliche (Zweit-)Prüfung eines Abschiebungshindernisses etwa nach § 60 Abs. 5 AufenthG mit Blick auf Algerien durch die deutschen Behörden kommt nach der vorliegenden Systematik im Dublin-Verfahren nicht in Betracht. Vielmehr ist die Antragstellerin gehalten, ihre administrativen, rechtlichen und auch gerichtlichen Möglichkeiten in Spanien auszuschöpfen. Letzteres hat sie unterlassen und ist stattdessen nach Deutschland weitergereist.
Auch soweit die Antragstellerin bei einem Aufenthalt in Spanien eine Bedrohung und Gefährdung ihrer Person befürchtet, ist sie darauf zu verweisen, sich an die spanischen Behörden und Sicherheitskräfte zu wenden, um dort um Schutz nachzusuchen. Die Antragstellerin hat bei ihrer Bundesamtsanhörung am 10. April 2014 ausdrücklich angegeben, sich in Spanien bislang nicht an die Polizei gewandt zu haben (Bl. 72 der BA-Akte). Das Gericht hat keine Erkenntnisse, dass die persönliche Sicherheit von Asylbewerbern in Spanien nicht gewährleistet wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Spanien im Allgemeinen willens und in der Lage ist, Asylbewerber ebenso wie seine eigenen Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, wenn auch ein lückenloser Schutz naturgemäß nicht möglich ist.
Schließlich ist noch anzumerken, dass sich das Vorbringen der Antragstellerin in ihrer Klage- und Antragsbegründung, sie habe die begründete Vermutung, dass es sich bei den Dieben ihrer Tasche um Freunde der Familie handele, die schon geraume Zeit in Spanien lebten und die Antragstellerin dort ausfindig gemacht hätten, nicht mit ihren bisherigen Angaben im behördlichen Verfahren deckt. Denn dort hatte die Antragstellerin ausdrücklich angegeben, nicht erst nach dem Diebstahl ihrer Tasche nach Deutschland geflüchtet zu sein. Vielmehr hat sie vorgebracht, dass der Verlust bzw. der Diebstahl der Tasche während ihrer Reise von Spanien nach Deutschland erfolgt sei. Bei ihrer Anhörung durch die Zentrale Ausländerbehörde Unterfranken am 17. April 2018 hat die Antragstellerin ausdrücklich angegeben (Bl. 96 der BA-Akte), sie habe die Dokumente bis Deutschland in einer Tasche bei sich gehabt. Sie sei mit dem Bus und einem Schleuser von Spanien nach Deutschland gereist. Dort habe sie die Tasche abgenommen bekommen. Sie habe die Tasche im Kofferraum des Busses gehabt. Als sie sie habe holen wollen, sei sie weg gewesen. Des Weiteren gab die Antragstellerin bei dieser Anhörung auch, an sie habe kein Handy (Bl. 98 der BA-Akte). Insofern ist auch nicht nachvollziehbar, wie die Antragstellerin – ohne ihr eigenes Zutun – Drohanrufe von ihrer Familie erhalten will. Auch bei ihrer Anhörung am 10. April 2018 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erklärte die Antragstellerin, ihre sämtlichen Dokumente seien auf dem Weg von Spanien nach Deutschland mit dem Bus verloren gegangen (Bl. 64 der BA-Akte).
Auch sonst liegen bei der Antragstellerin weder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG – bezogen auf Spanien – noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse vor.
Insbesondere sind keine gewichtigen Erkrankungen – vorgebracht wurde insbesondere: psychische Erkrankung (PTBS); Selbstmordversuch; Selbstmordgefahr – ersichtlich, die in Spanien nicht behandelt bzw. weiter behandelt werden könnten. Die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten sind – auch bei psychischen Erkrankungen, wie bereits ausgeführt – in Spanien wie generell in der EU in ausreichendem Maß verfügbar. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Auch sonst ist unschädlich, dass das Versorgungsniveau in Spanien womöglich geringer ist als in Deutschland.
Weiter ist zu den von der Antragstellerin geltend gemachten Erkrankungen anzumerken, dass diese Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat mittlerweile ausdrücklich klargestellt, dass eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 und 3 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien für die Gesundheitsgefahren, die im Übrigen auf eine bestehende Rechtsprechungslinie aufbauen, hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG – ebenfalls angelehnt an entsprechende Rechtsprechung – ausdrücklich auch prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substanziierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt, die bei der Feststellung von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen anwendbar sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2018 – 10 ZB 18.30105 – juris; OVG NW, B.v. 9.10.2017 – 13 A 1807/17.A – NVwZ-RR 2018, 207; OVG LSA, B.v. 28.9.2017 – 2 L 85/17 – NVwZ-RR 2018, 244 sowie Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409; jeweils m.w.N. zur Rechtsprechung). Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Daran fehlt es hier.
Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen enthalten entgegen § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG insbesondere keine Aussage zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung auf die krankheitsbedingte Situation für die Antragstellerin voraussichtlich ergeben. Der Befürchtung der Bevollmächtigten der Antragstellerin, bei einer Abschiebung drohe eine konkrete und erneute Selbstgefährdung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, fehlt insofern die qualifizierte ärztliche Grundlage.
Dem vorgelegten vorläufigen Entlassbericht des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin Schloss Werneck vom 20. April 2018 ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Der Entlassbericht vom 20. April 2018 enthält weder eine Diagnose noch die Methode der Tatsachenerhebung oder den Schweregrad der Erkrankung noch die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, und auch keine Aussage zu einer möglichen Reiseunfähigkeit. Vielmehr ist im Entlassbericht vom 20. April 2018 ausdrücklich ausgeführt, dass sich die Antragstellerin zeitnah nach Aufnahme glaubhaft von den Suizidabsichten distanziert habe. Eine medikamentöse Therapie sei nicht initiiert worden. Zur Weiterbehandlung sei eine ambulante psychiatrische Vorstellung empfohlen worden. Die Antragstellerin sei im stabilen psychischen Allgemeinzustand und ohne akute Eigen- und Fremdgefährdung in die Häuslichkeit entlassen worden.
Weitergehende ärztliche Atteste wurden indes nicht vorgelegt, geschweige denn solche, denen zu entnehmen wäre, dass die Behandlung bzw. Weiterbehandlung der Erkrankungen der Antragstellerin gerade und nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen könnte und nicht auch in Spanien möglich wäre.
Ausgehend von dieser Rechtslage ist gerade im Hinblick auf die geltend gemachten Erkrankungen der Antragstellerin festzustellen, dass – wie bereits oben ausgeführt – entsprechende Behandlungsmöglichkeiten auch in Spanien existieren. Die Antragstellerin ist von Rechts wegen gehalten, alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohlichen Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des zur Verfügung stehenden spanischen Gesundheitssystems zu begegnen und die dortigen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren und ihnen die Spitze zu nehmen.
Zudem liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen und schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach Abschiebung in den Zielstaat eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18/05 – BVerwGE 127, 33). Für die Annahme einer solchen Gefahr fehlen greifbare Anhaltspunkte. Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist, wie bereits ausgeführt, die Behandlung von Erkrankungen in Spanien hinreichend gewährleistet. Das Gericht hat keine gegenteiligen Erkenntnisse, dass es gerade bei den Krankheiten der Antragstellerin anders sein sollte.
Des Weiteren geht das Gericht davon aus, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden im vorliegenden Einzelfall – soweit erforderlich – geeignete Vorkehrungen zum Schutz der Antragstellerin treffen werden. Auf die Verpflichtung aus Art. 29 Abs. 1 UA 2 Dublin III-VO wird hingewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es in Einzelfällen geboten sein, vor einer Rückverbringung mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufzunehmen, den Sachverhalt zu klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 1795/14 – Asylmagazin 2014, 341 m.w.N.). Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG LSA, B.v. 20.6.2011 – 2 M 38/11 – InfAuslR 2011, 390, 392).
So liegt es auch im vorliegenden Fall. Das zuständige Bundesamt hat in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass insbesondere die Antragstellerin bei der Übergabe an diese – soweit medizinisch erforderlich – eine Weiterbehandlung sowie hinreichende ärztliche Versorgung erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren auszuschließen.
Des Weiteren ist die Antragsgegnerin nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO bei der Überstellung gehalten, dem zuständigen Mitgliedsstaat Informationen über die besonderen Bedürfnisse bezüglich der Gesundheit der zu überstellenden Person zu übermitteln, um es den zuständigen Behörden im zuständigen Mitgliedsstaat gemäß den innerstaatlichen Recht zu ermöglichen, diese Person in geeigneter Weise zu unterstützen – unter anderem die unmittelbar notwendige medizinische Versorgung zu leisten – und um die Kontinuität des Schutzes und der Rechte sicherzustellen, die die Dublin III-VO und andere einschlägige Bestimmungen des Asylrechts gebieten. Dem Zielstaat wird daher im Vorfeld der Rückführung bei Vereinbarung eines Überstellungstermins mitgeteilt, wenn eine Person unmittelbar nach der Ankunft in ärztliche Hände übergeben werden soll. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen, wie etwa psychisch Kranken, keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. Thym, ZAR 2013, 331 mit Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR sowie etwa VG München, U.v. 6.5.2016 – M 12 K 15.50793 – juris; VG Würzburg, B.v. 5.3.2014 – W 6 S 14.30235 – juris).
Infolge der genannten Vorgaben der Dublin III-VO, einschließlich der Übermittlung der Daten mit dem dafür vorgesehenen Formblatt, ist sichergestellt, dass Spanien vom Gesundheitszustand der Antragstellerin im Zuge der Überstellung als staatlich überwachte und organisierte Ausreise des Betreffenden in einen anderen Mitgliedsstaat erfährt (vgl. VG Freiburg, U.v. 4.2.2016 – A 6 K 1356/15 – juris).
Nach alledem bedarf es im konkreten Fall der Antragstellerin – auch unter Berücksichtigung ihrer psychischen Erkrankung und der daraus resultierenden Folgen – keiner zusätzlichen individuellen Garantieerklärung seitens der spanischen Behörden.
Schließlich sind auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, nicht ersichtlich. Eine Reise- oder Transportunfähigkeit wurde von der Antragstellerin nicht substanziiert geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich, insbesondere liegen dazu keine qualifizierten ärztlichen Bescheinigungen vor. Den Ausführungen der Bevollmächtigten der Antragstellerin über eine befürchtete Selbstgefährdung bei einer Abschiebung fehlt insofern die ärztliche Grundlage. Möglichen krankheitsbedingten Gefahren kann und muss – wie schon ausgeführt – gegebenenfalls durch geeignete Maßnahmen sowohl bei der Überstellung als auch bei der Ankunft in Spanien Rechnung getragen werden (vgl. auch VG München, U.v. 6.5.2016 – M 12 K 15.50793 – juris). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine ärztliche Bescheinigung – wie hier – ohne Aussagen zur Reisefähigkeit bzw. zur Reiseunfähigkeit des Betreffenden nicht die Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung nach § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG erfüllt (BayVGH, B.v. 9.5.2017 – 10 CE 17.750 – juris).
Nach einem Vermerk der Antragsgegnerin vom 27. April 2018 (Bl. 105 der BA-Akte) liegen laut Auskunft des Krankenhauses St. Josef vielmehr keine Hinweise auf eine Reiseunfähigkeit vor.
Vor diesem Hintergrund fehlt auch die qualifizierte ärztliche Basis dafür, dass die momentane Suche der Antragstellerin nach einem entsprechenden Therapie Platz mit medikamentöser Behandlung ihres psychischen Gesundheitszustandes ein – zumindest temporäres – Abschiebungshindernis wegen einer Reiseunfähigkeit begründen würde. Darüber hinaus würde eine möglicherweise durch eine stationäre Aufnahme bedingte Reiseunfähigkeit – wenn überhaupt – offenbar nur kurze Zeit bestehen und nach der Entlassung entfallen.
Des Weiteren ist anzumerken, dass es sich bei einer geltend gemachten Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn und einer möglicherweise daraus oder aus den besonderen Belastungen einer Abschiebung resultierenden Selbstmordgefahr um eine Abschiebung regelmäßig nur vorübergehend hindernde Umständen handelt. Auch bei einer nicht völlig auszuschließenden Suizidgefahr liegt nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor, wenn die Abschiebung so gestaltet werden kann, dass der Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann. Denn es besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende Gefährdungen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten und durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung die notwendigen präventiven Vorkehrungen zu treffen (OVG SH, B.v. 26.3.2018 – 4 MB 24/18 – juris; BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 19 CE 17.657 – juris; m.w.N.). Das Gericht hat keine Erkenntnisse, dass die Antragsgegnerin bzw. die von ihr mit der Abschiebung konkret betraute Ausländerbehörde die vorstehend skizzierten Vorgaben – soweit erforderlich – nicht einhalten würde.
Nach alledem ist die Abschiebung der Antragstellerin nach Spanien rechtlich zulässig und möglich.
Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung des Bescheides, so dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Schließlich war – nach den vorstehenden Ausführungen – der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 und § 121 Abs. 2 ZPO). Dies gilt sowohl für das vorliegende Antragsverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 18.50233.