Europarecht

Kürzung einer Ausgleichszulage im Rahmen einer Cross-Compliance-Sanktion

Aktenzeichen  6 ZB 21.110

Datum:
9.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 4347
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AEUV Art. 267 Abs. 3
VO (EU) Nr. 1306/2013 Art. 91 Abs. 1, Art. 92 S. 1, Art. 93 Abs. 1 lit. b, Art. 97, Art. 99, Anh. II
RL 2008/71/EG Art. 4 Abs. 1
ViehVerkV § 25, § 42

 

Leitsatz

1. Eine Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bei Zweifeln über die Auslegung von Unionsrecht trifft nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nur letztinstanzliche Gerichte; dazu zählt ein Verwaltungsgericht nicht, da gegen sein Urteil mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung ein Rechtsmittel des innerstaatlichen Rechts im Sinn des Art. 267 Abs. 3 AEUV gegeben ist. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es ist auch Aufgabe der erstinstanzlichen Verwaltungsgerichte, in den bei ihnen anhängigen Verfahren das vorrangige Unionsrecht in eigener Verantwortung auszulegen und anzuwenden. Lediglich dann, wenn das nicht letztinstanzliche nationale Gericht eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die gestellte Frage zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält, eröffnet Art. 267 AEUV für dieses Gericht ein Vorlageermessen; ernstliche Zweifel können sich aus einer unterbliebenen Vorlage eines nicht letztinstanzlichen Gerichts an den Europäischen Gerichtshof daher nur dann ergeben, wenn hinsichtlich der Vorlageentscheidung ein Ermessen des Verwaltungsgerichts eröffnet und insoweit eine Ermessensreduzierung auf Null eingetreten war. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Pflicht zur Führung und Aufbewahrung eines aktuellen und chronologisch geführten Bestandsregisters geht es nicht lediglich um die Dokumentation der Förderhöhe pro Tier; die Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht gehört vielmehr deshalb zu den Grundanforderungen an die Betriebsführung, damit Tierverbringungen zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr schnell und zuverlässig ermittelt werden können. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Kürzung der Direktzahlungen wird zwar in Art. 97 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 als Sanktion bezeichnet, sie dient jedoch als eine spezifische Handhabe der Verwaltung allein der Erreichung des dem System der Kürzungen des Gesamtbetrages der Direktzahlungen und des Ausschlusses von deren Bezug zugrunde liegenden Ziels, nämlich der Integration der grundlegenden Anforderungen des Umweltschutzes, der Lebensmittelsicherheit, der Tiergesundheit und des Tierschutzes sowie der Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand in die gemeinsamen Marktorganisationen; die Sanktionen stellen damit einen unselbständigen Teil der Beihilferegelungen dar, ohne dass hiermit ein Strafcharakter verbunden wäre. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 8 K 20.564 2020-10-12 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 12. Oktober 2020 – W 8 K 20.564 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 100,89 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers‚ die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen‚ bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO wurden nicht ausreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) oder liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Mit der diesem Verfahren zugrundeliegenden Klage wendet sich der Kläger gegen die Kürzung der für das Antragsjahr 2019 gewährten Ausgleichszulage gemäß Art. 31 und 32 VO (EU) Nr. 1305/2013 im Rahmen einer Cross-Compliance-Sanktion.
Er ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs. Für diesen Betrieb hat er am 8. Mai 2019 beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Karlstadt einen sogenannten Mehrfachantrag für das Förderjahr 2019 gestellt, mit dem er die Basisprämie durch Aktivierung der Zahlungsansprüche und Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (Greeningprämie), die Umverteilungsprämie für aktivierte Zahlungsansprüche, die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten und die Auszahlung für das Kulturlandschaftspflegeprogramm (KULAP) und das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP/EA) beantragte.
Mit Bescheid des AELF Karlstadt vom 3. Dezember 2019 (dem Kläger zugestellt am 1.4.2020) wurde dem Kläger eine Ausgleichszulage in Höhe von 1.020,11 € gewährt; dabei wurde eine Kürzung in Höhe von 9% vorgenommen. Im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle des klägerischen Betriebs am 18. Juli 2019 durch das Veterinäramt sei festgestellt worden, dass das vorgelegte Bestandsregister (Schweine) vom 2. Februar 2018 nicht vollständig, aktuell und chronologisch geführt sei. Dies stelle einen Verstoß gegen die Grundanforderungen an die Betriebsführung im Rahmen von Cross Compliance (CC) dar, wobei es keine Rolle spiele, dass der Kläger die Schweinehaltung zum 31. Januar 2018 aufgegeben habe. Denn gemäß § 25 Abs. 3 ViehVerkV sei das (ordnungsgemäße) Bestandsregister im Anschluss an die Zeit seiner Verwendung drei Jahre lang aufzubewahren. Diese Frist ende vorliegend erst mit Ablauf des 31. Dezember 2021. Nachdem der Kläger bereits im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle im Jahr 2017 nur ein unvollständiges, nicht aktuell und chronologisch geführtes Bestandsregister vorgelegt habe, handele es sich um einen wiederholten Verstoß.
Die am 22. April 2020 gegen die Kürzung der Zulage erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 12. Oktober 2020 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte sei zutreffend von einem Verstoß gegen die Vorgaben der Cross-Compliance ausgegangen und habe diesen ermessensfehlerfrei als mittleren Verstoß und in Kombination mit einem vorangegangenen Verstoß aus dem Jahr 2017 als wiederholten Verstoß mit der Folge einer Kürzung der streitgegenständlichen Förderung um 9% bewertet.
Die vom Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO.
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würden (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642 m.w.N.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B.v. 15.2.2018 – 6 ZB 17.2521 – juris Rn. 4). Das ist hier nicht der Fall.
a) Das Verwaltungsgericht hat die Vorlageanträge nach Art. 267 Abs. 3 AEUV an den Europäischen Gerichtshof nicht in rechtswidriger Weise übergangen.
Eine Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bei Zweifeln über die Auslegung von Unionsrecht trifft nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nur letztinstanzliche Gerichte. Dazu zählt das Verwaltungsgericht nicht, da gegen sein Urteil mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung ein Rechtsmittel des innerstaatlichen Rechts im Sinn des Art. 267 Abs. 3 AEUV gegeben ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.10.2018 – 15 ZB 17.30545 – juris Rn. 32 m.w.N.; B.v. 2.5.2013 – 11 ZB 11.3034 – juris Rn. 3 m.w.N.).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist es selbstverständlich auch Aufgabe der erstinstanzlichen Verwaltungsgerichte, in den bei ihnen anhängigen Verfahren das vorrangige Unionsrecht in eigener Verantwortung auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerfG, B.v. 21.11.2011 – 2 BvR 516/09, 2 BvR 535/09 – juris Rn. 28 zur vergleichbaren eigenverantwortlichen Auslegungsverpflichtung des letztinstanzlichen Hauptsachegerichts). Lediglich dann, wenn das nicht letztinstanzliche nationale Gericht eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die gestellte Frage zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält, eröffnet Art. 267 AEUV für dieses Gericht ein Vorlageermessen. Ernstliche Zweifel können sich aus einer unterbliebenen Vorlage eines nicht letztinstanzlichen Gerichts an den Europäischen Gerichtshof daher nur dann ergeben, wenn hinsichtlich der Vorlageentscheidung ein Ermessen des Verwaltungsgerichts eröffnet und insoweit eine Ermessensreduzierung auf Null eingetreten war (vgl. BVerwG, B.v. 14.12.1992 – 5 B 72.92 – juris). Der Zulassungsantrag zeigt dies nicht auf. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, von einer Vorlage des Rechtsstreits an den Europäischen Gerichtshof abzusehen, kann vielmehr vorliegend schon aus dem Grund nicht ermessensfehlerhaft sein, weil es aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Verwaltungsgerichts einer Klärung von Fragen in Bezug auf die Auslegung von Gemeinschaftsrecht durch den Europäischen Gerichtshof bei objektiver Betrachtung nicht bedurfte (vgl. OVG LSA, B.v. 9.12.2004 – 3 L 5/12 – juris Rn. 102). Das ergibt sich ohne weiteres aus den Ausführungen des Erstgerichts, die sich mit dem auf das Gemeinschaftsrecht bezogenen Vorbringen ausführlich auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, dass die gestellten Vorlagefragen aus Sicht des Verwaltungsgerichts entweder nicht entscheidungserheblich sind oder dieses bei der Auslegung des vorliegend anzuwendenden Unionsrechts keine vernünftigen Zweifel hegte.
b) Dass dem Verwaltungsgericht bei der Auslegung des anzuwendenden EU-Rechts Fehler unterlaufen wären, zeigt der Zulassungsantrag nicht auf.
Mit überzeugender Begründung hat das Verwaltungsgericht dargelegt, dass der Kläger den Kontrolleuren bei der Vor-Ort-Kontrolle im Jahr 2019 kein korrekt geführtes Bestandsregister über die in seinem Betrieb bis zum 31. Januar 2018 gehaltenen Schweine zur Verfügung gestellt hat, und dies in nicht zu beanstandender Weise als wiederholten CCrelevanten Verstoß gegen die Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB 6) angesehen, der gemäß Art. 97 i.V.m. Art. 91 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 mit einer Verwaltungssanktion zu ahnden war.
aa) Der Kläger hat als Begünstigter i.S.v. Art. 92 Satz 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 für den gesamten Betrieb die in Art. 93 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 VO (EU) Nr. 1306/2013 genannten Grundanforderungen an die Betriebsführung und Vorschriften für die Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (Cross-Compliance-Regelungen) zu erfüllen. Dazu gehören nach Anhang II VO (EU) Nr. 1306/2013 im Bereich „Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze“ auch Anforderungen an die Kennzeichnung und Registrierung von Tieren, deren Mindestanforderungen im Hinblick auf die Schweinehaltung in der RL 2008/71/EG des Rates vom 15.7.2008 festgelegt sind. Nach Erwägungsgrund 5 zu dieser Richtlinie sollen die Tierhalter über die im Betrieb gehaltenen Tiere genau Buch führen. Dem folgend ist der Tierhalter nach Art. 4 Abs. 1 RL 2008/71/EG verpflichtet, ein Register zu führen, das Angaben über die Anzahl der in seinem Betrieb vorhandenen Tiere sowie eine von ihm auf dem neuesten Stand gehaltene Übersicht über die bei diesen Tieren zu verzeichnenden Bewegungen (jeder Zu- und Abgang) enthält. Nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. c) RL 2008/71/EG müssen die Mitgliedstaaten darüber hinaus dafür Sorge tragen, dass diese Register im Betrieb verfügbar sind und der zuständigen Behörde während eines von ihr festzulegenden Zeitraums, der mindestens drei Jahre betragen muss, auf Verlangen jederzeit zur Verfügung gestellt werden. Gemäß Art. 93 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1306/2013 gilt die RL 2008/71/EG, die gemäß ihrem Art. 1 Satz 1 lediglich die Mindestanforderungen regelt, so, wie sie von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurde.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass diese Vorschriften auf nationaler Ebene durch die Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr – Viehverkehrsverordnung (ViehVerkV) konkretisiert werden (vgl. amtl. Anmerkung 3 der ViehVerkV; BayVGH, B.v. 22.5.2020 – 6 ZB 19.2344 – juris Rn. 12; B.v. 9.5.2017 – 13a ZB 16.2075 – juris Rn. 5). Nach § 42 Abs. 1 ViehVerkV hat der Tierhalter über seinen Schweinebestand ein Register nach dem Muster der Anlage 12 zu führen. Die so geführten Bestandsregister sind gem. § 42 Abs. 2 i.V.m. § 25 Abs. 3 ViehVerkV im Anschluss an ihre Verwendung drei Jahre lang aufzubewahren.
Dem Einwand des Klägers, die Viehverkehrsverordnung und deren Anlage 12 seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht compliance-relevant, ist nicht zu folgen. Bei der Pflicht zur Führung und Aufbewahrung eines aktuellen und chronologisch geführten Bestandsregisters geht es erkennbar nicht, wie der Kläger meint, lediglich um die Dokumentation der Förderhöhe pro Tier; die Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht gehört vielmehr aus dem Grunde zu den Grundanforderungen an die Betriebsführung, damit Tierverbringungen zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr schnell und zuverlässig ermittelt werden können (s. Erwägungsgrund 5 zur RL 2008/71/EG).
bb) Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass der Kläger im Förderjahr 2019 wiederholt gegen die Grundanforderungen an die Betriebsführung verstoßen hat, da er auch zum maßgeblichen Kontrollzeitpunkt (Juli 2019) kein den Vorgaben entsprechendes Bestandsregister für die bis zum 31. Januar 2018 in seinem Betrieb gehaltenen Schweine vorlegen konnte.
Der Kläger war während der Zeit, in der in seinem Betrieb Schweine gehalten wurden, zur Führung eines Registers für diese Tiere verpflichtet. Die Behauptung, die Haltung der Schweine habe überwiegend zum Eigenverbrauch gedient, so dass gemäß dem Erwägungsgrund 8 der RL 2008/71/EG keine entsprechende Pflicht des Klägers bestanden habe, führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Auffassung des Erstgerichts. Ein Eigenverbrauch ist seitens des Klägers nicht substantiiert vorgetragen worden; in der Klagebegründung wurde lediglich – ohne jedoch hierzu nähere Angaben in irgendeiner Form gemacht zu haben – bemängelt, die Ausgangs- und Widerspruchsbehörde habe die Frage der Haltung der Tiere überwiegend zum Eigenverbrauch unberücksichtigt gelassen. Erstmals im Zulassungsantrag führt der Klägerbevollmächtigte dazu aus, die Betrachtung der Anzahl der (namentlich nicht genannten) näheren Familienmitglieder von 20 Personen und des durchschnittlichen deutschen Schweinefleischverbrauchs spräche augenfällig für den Eigenverbrauch. Unabhängig davon, dass das Vorhandensein zahlreicher Verwandter allein einen tatsächlichen Eigenverbrauch nicht belegen kann, wird die Behauptung auch durch das vom Kläger am 2. Februar 2018 vorgelegte Bestandsregister eindeutig widerlegt, worin im Jahr 2017 ausschließlich Verkäufe (48 Stück) oder der Tod von Tieren (2 Stück) vermerkt wurden.
Der Kläger kann auch nicht damit durchdringen, das Herkunfts- und Informationssystem für Tiere (HI-Tier) sei ausreichend im Sinne der Förderbedingungen. Er führt dazu aus, Art. 4 Abs. 1 RL 2008/71/EU verlange zwar ein Bestandsregister, schreibe aber dabei ausdrücklich keine Form vor, und schon gar nicht, wer dieses führe. Auch mehrere Stellen oder Personen könnten gleichzeitig eines führen. Alle Abnehmer, Mäster und Tierkörperbeseitigungseinrichtungen hätten jeden Zugang über die HI-Tier Datenbank zu melden, so dass dieses System in seiner Gesamtheit alle Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 1 RL 2008/71/EG erfülle. Das trifft jedoch nicht zu. Vielmehr ergibt sich aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften (Art. 4 RL 2008/71/EG; § 42 Abs. 1 ViehVerkV) eindeutig, dass jeder Tierhalter nach dem Muster in Anlage 12 der ViehVerkV selbst ein – eigenes – Register über die in seinem Betrieb vorhandenen Schweine zu führen hat, das eine stets auf dem neuesten Stand zu haltende Übersicht über die bei diesen Tieren zu verzeichnenden Bewegungen (jeder Zu- und Abgang inkl. Geburten oder Todesfälle im eigenen Betrieb) umfasst. Dieses Register kann zwar entweder manuell oder auch digital geführt werden (vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 ViehVerkV); allerdings ergibt sich bereits daraus, dass ein Empfänger von Fördermitteln die Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB 6) selbst erfüllen muss, dass der Tierhalter die genannten Daten selbst in das von ihm geführte Register einzutragen und dieses auf dem neuesten Stand zu halten hat.
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, das „Altbestandsregister“ von 2017 sei nicht falsch gewesen, so dass es denknotwendig in 2019 auch keinen Wiederholungsverstoß geben könne. Insoweit übersieht er, dass ein den gesetzlichen Vorgaben entsprechendes Schweine-Bestandsregister für das Jahr 2017 zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrolle am 27. November 2017 unstreitig nicht vorgelegt wurde, sondern nur ein nicht ausgefülltes Register ohne irgendwelche Nachweise über Ver- oder Zukäufe. Dieser (erste) CCrelevante Verstoß hatte die Verwaltungssanktion der Kürzungen der Zulagen für das Förderjahr 2017 zur Folge, ohne dass die erst am 2. Februar 2018 nachträglich vorgelegte überarbeitete Fassung des Registers – selbst wenn sie, wie nicht, nunmehr den gesetzlichen Vorgaben entsprochen hätte – daran etwas hätte ändern können (vgl. Art. 97 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013; Senatsbeschluss Az. 6 ZB 21.137). Die Rüge, der Kläger sei weder während der Kontrolle 2017 noch später aufgefordert worden, das Bestandsverzeichnis unverzüglich zu vervollständigen, führt nicht weiter. Zum einen ist die Frage, ob der Kläger zur Beibringung eines korrekten Registers aufgefordert worden ist, nicht entscheidungserheblich, da ein zum maßgeblichen Kontrollzeitpunkt festgestellter CCrelevanter Verstoß die Sanktion auslöst und dies durch eine nachträgliche Korrektur nicht mehr beseitigt werden kann (Art. 97 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013: „zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt“). Ungeachtet dessen trifft die Rüge auch nicht zu: Nach unbestritten gebliebenem Vortrag des Beklagten war damals die Ehefrau des Klägers mit dessen Zustimmung bei der Kontrolle der Schweinehaltung anwesend, um eine zügige Kontrolle beider Betriebsstätten des Klägers zu ermöglichen. Sie fungierte damit insoweit als Vertreterin des Klägers, der sich daher die nach unbestrittenem Vorbringen des Beklagten ihr gegenüber ausgesprochene Aufforderung zur unverzüglichen Vorlage eines den Vorschriften der ViehVerkV entsprechenden Bestandsverzeichnisses zurechnen lassen muss (vgl. EuGH, U.v. 16.6.2011 – C-536/09 – juris Rn. 40 zum – vergleichbaren – Begriff des Vertreters in Art. 23 Abs. 2 der VO EG Nr. 796/2004).
Entgegen der Auffassung des Klägers hatte er unbeschadet der Tatsache, dass er im Jahr 2019 keine Schweine mehr in seinem Betrieb gehalten hat, auch noch in diesem Jahr die Pflicht, den Kontrolleuren auf das entsprechende Verlangen im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle am 18. Juli 2019 ein ordnungsgemäßes Bestandsregister über die bis zum 31. Januar 2018 im klägerischen Betrieb gehaltenen Schweine zur Verfügung zu stellen (§ 42 Abs. 2 i.V.m. § 25 Abs. 3 ViehVerkV). Gegen diese Pflicht hat er verstoßen. Denn auch das zu diesem Zeitpunkt vorgelegte Bestandsregister vom 2. Februar 2018 enthielt nicht die nach Art. 4 Abs. 1 RL 2008/71/EG i.V.m. § 42 Abs. 1 ViehVerkV erforderlichen Angaben über die im klägerischen Betrieb vorhanden gewesenen Tiere: Der letzte Abgang war hier auf den 8. Dezember 2017 datiert; die Gesamttierzahl nach diesem letzten Eintrag wurde mit 20 Schweinen angegeben. Da während der Kontrolle nur für vier dieser Tiere eine Rechnung vom 15. Januar 2018 vorgelegt werden konnte (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 ViehVerkV), über den Verbleib der übrigen 16 Tiere jedoch keine Nachweise beigebracht werden konnten, liegt ein Verstoß gegen die Bereithaltung eines ordnungsgemäßen Schweine-Bestandsregisters vor, der mit dem Verwaltungsgericht auch als Wiederholungsverstoß anzusehen ist.
Den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts tritt der Kläger mit dem Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen. Der Begriff des „wiederholten Verstoßes“ ist in Art. 38 Abs. 1 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 legal definiert. Darunter ist „die Nichteinhaltung derselben Anforderung oder desselben Standards mehr als einmal innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Kalenderjahren“ zu verstehen, „sofern der Betriebsinhaber auf den vorangegangenen Verstoß hingewiesen wurde und er je nach Fall die Möglichkeit hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung des vorangegangenen Verstoßes zu ergreifen“. Diese Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise bejaht.
Der Einwand, ein Wiederholungsverstoß könne deshalb nicht vorliegen, weil das Führen eines Bestandsregisters und die Aufbewahrung desselben „etwas anderes“ sei, ist nicht geeignet, ernstliche Richtigkeitszweifel zu wecken. Wie sich aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. c RL 2008/71/EG und § 42 Abs. 1 und 2, § 25 Abs. 3 ViehVerkV eindeutig ergibt, besteht die hierin normierte Anforderung an den Betriebsinhaber im Sinn von Art. 38 Abs. 1 Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 nicht nur darin, ein Register mit Angaben über die in seinem Betrieb gehaltenen Schweine stets auf dem neuesten Stand zu halten („Führen). Dieses Bestandsregister muss daneben auch im Betrieb verfügbar sein, um es der zuständigen Behörde während der Zeit seiner Verwendung und im Anschluss daran während einer dreijährigen Aufbewahrungszeit auf Verlangen jederzeit zur Verfügung stellen zu können (Aufbewahren). Diese beiden Aspekte bilden gemeinsam dieselbe Anforderung. Nur so kann der Zweck der Richtlinie, über die Kennzeichnung und Registrierung von Schweinen (Nr.2008/71/EG) die schnelle und zuverlässige Ermittlung von Tierverbringungen (tierseuchenrechtliche Rückverfolgbarkeit) zu gewährleisten, erreicht werden. Da der Kläger sowohl im Jahr 2017 als auch im Jahr 2019 jeweils gegen seine aus Art. 4 Abs. 2 Buchst. c RL 2008/71/EG i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2, § 25 Abs. 3 ViehVerkV resultierende Verpflichtung verstoßen hat, der Behörde jederzeit ein vollständiges, chronologisches, auf dem neuesten Stand gehaltenes Bestandsregister über seinen (ehemaligen) Schweinebestand zur Verfügung zu stellen, liegt zweifellos ein wiederholter Verstoß vor. Ob es sich dabei um ein derzeit zu führendes oder um ein aufzubewahrendes Register handelt, ist dabei ohne Belang.
Die Ausführungen des Klägers, der angebliche Wiederholungsverstoß stelle eine mitbestrafte Nachtat dar, gehen an der Sache vorbei. Der Kläger verkennt, dass es hier nicht um eine „Haupttat“ im Jahr 2017 und eine mit dieser mitbestrafte Nachtat im Jahr 2019 im Sinn des Strafrechts geht, sondern um zwei selbständige, jeweils verschiedene Förderjahre betreffende Verstöße gegen dieselbe Cross-Compliance-Vorschrift, die gemäß den Vorgaben des europäischen Rechts jeweils Auswirkungen auf die für das jeweilige Jahr beantragten Zulagen/Beihilfen haben. Denn die Gewährung von Zulagen für bestimmte Förderjahre sind jeweils an die Einhaltung bestimmter anderweitiger Verpflichtungen in dem Jahr geknüpft, für das der Betriebsinhaber Fördermittel beantragt.
Der Europäische Gerichtshof hat wiederholt festgestellt, dass es sich bei der im Fall der Nichteinhaltung der anderweitigen Verpflichtungen anzuwendenden Sanktion in Regelungen der gemeinsamen Agrarpolitik, wie die Kürzung oder der Ausschluss von Beihilfen, um ein spezielles Instrument der Verwaltung handelt, das integraler Bestandteil des Systems der Landwirtschaftsbeihilfen ist und die Einhaltung dieser Verpflichtungen fördern soll (EuGH, U.v. 13.12.2012 – C-11/12 – juris Rn. 2), aber keinen strafrechtlichen Charakter besitzt (vgl. EuGH, U.v. 11.7.2002 – C-210/00 – Käserei Champignon Hofreiter, juris Rn. 36 m.w.N.). Das System der Kürzungen oder des Ausschlusses von Direktzahlungen stellt eine Verwaltungsmaßnahme dar, die mit den Anreizen in Form von Direktzahlungen verbunden ist.
Nichts spricht dafür, dass diese Frage in Bezug auf die in Art. 97 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 vorgesehene Sanktion anders zu beantworten wäre. Das Instrument der Cross-Compliance knüpft die Auszahlung von Agrarsubventionen an die Bedingung der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen in den Bereichen Gesundheits-, Umwelt- und Tierschutz. Landwirte, die die Vorschriften der Cross Compliance mit den darin enthaltenen Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) oder die Erhaltung von Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ) nicht befolgen, sollen auch nicht oder nicht in voller Höhe finanziell gefördert werden (vgl. Ölfke, Die Ökologisierung der GAP, in: Martinez (Hrsg.), Göttinger Onlinebeiträge zum Agrarrecht, S. 11). Die Kürzung der Direktzahlungen wird zwar in Art. 97 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 als Sanktion bezeichnet; sie dient jedoch als eine spezifische Handhabe der Verwaltung allein der Erreichung des dem System der Kürzungen des Gesamtbetrages der Direktzahlungen und des Ausschlusses von deren Bezug zugrunde liegenden Ziels, nämlich der Integration der grundlegenden Anforderungen des Umweltschutzes, der Lebensmittelsicherheit, der Tiergesundheit und des Tierschutzes sowie der Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand in die gemeinsamen Marktorganisationen (vgl. EuGH, U.v. 12.12.2012 – C-11/12 – juris Rn. 40). Die Sanktionen stellen damit einen unselbständigen Teil der Beihilferegelungen dar, ohne dass hiermit ein Strafcharakter verbunden wäre (vgl. auch Art. 3 VO (EU) Nr. 640/2014, wo ausdrücklich zwischen der Anwendung der in dieser Verordnung vorgesehenen Verwaltungssanktionen und der Anwendung von nach nationalem Recht etwa vorgesehenen strafrechtlichen Sanktionen unterschieden wird). Zu berücksichtigen ist bei dieser Einordnung insbesondere, dass der Landwirt sich aus freien Stücken dafür entscheidet, eine Beihilfe im Bereich der Landwirtschaft in Anspruch zu nehmen (in diesem Sinne: EuGH, U.v. 18.11.1987 – C-137/85 – juris Rn. 13). Vor dem Hintergrund dieser Freiwilligkeit ist ein Strafcharakter der Beihilfekürzungen aufgrund der Nichterfüllung der Bedingungen abzulehnen (vgl. EuGH, U.v. 11.7.2002 – C-210/00 – a.a.O., Rn. 41).
Der Senat teilt auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Verstöße sowohl im Jahr 2017 als auch in 2019 dem Kläger als Betriebsinhaber im Sinn von Art. 97 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 unmittelbar anzulasten und damit kürzungsrelevant sind. Mit der Verwendung des Begriffs „anzulasten“ wird auf eine dem Betriebsinhaber unmittelbar zuzuschreibende vorsätzliche oder fahrlässige Handlung oder Unterlassung verwiesen (vgl. VG München, U.v. 28.11.2015 – M 12 K 14.5539 – juris Rn. 20 m.w.N.). Aus seinem Mehrfachantrag für das Förderjahr 2017 ergab sich ohne Zweifel, dass im klägerischen Betrieb in diesem Jahr Schweine gehalten wurden. Das hat der Kläger letztlich selbst eingeräumt. Als Betriebsinhaber ist der Kläger für diese Tiere verantwortlich und damit als Halter anzusehen (Art. 2 Buchst. c RL 2008/71/EG). Der Verstoß ist im vorliegenden Fall – zumindest – auf eine Fahrlässigkeit des Klägers zurückzuführen. Unter Fahrlässigkeit ist eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei gleichzeitiger Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit des Erfolgs zu verstehen. Die objektiven Sorgfaltspflichten im Rahmen der Schweinehaltung sind durch Art. 4 RL 2008/71/EG und § 25 und 42 ViehVerkV ausgestaltet.
Diese Pflichten waren nach zutreffender Auffassung des Verwaltungsgerichts auch vorherzusehen und die Verstöße zu vermeiden, denn auf die jeweiligen Verpflichtungen wird regelmäßig in den Merkblättern und insbesondere in der Cross-Compliance-Broschüre hingewiesen. Darin wird ausführlich dargestellt, welche Regelungen zur Tierkennzeichnung und Tierregistrierung eingehalten werden müssen. Damit kommt die Beklagte ihrer Informationspflicht gemäß Art. 95 VO (EG) Nr. 1306/2013 im erforderlichen Umfang nach. Anhaltspunkte dafür, weshalb die Merkblätter und insbesondere die Cross-Compliance-Broschüre keine ausreichenden Informationen zur Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht der Tiere enthalten sollten, wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Der Kläger hat ausdrücklich bestätigt, dass ihm die Verpflichtungen bekannt gewesen sind. Darüber hinaus war dem Kläger auch durch die Bescheide des AELF Karlstadt vom 23. Juli 2018 bekannt, dass auch das nachgebesserte Bestandsregister vom 2. Februar 2018 nicht den Anforderungen an ein ordnungsgemäß geführtes Register entsprach. Er hat daher auch im Jahr 2019 die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in Bezug auf die Einhaltung der hier in Frage stehenden Grundanforderungen an die Betriebsführung außer Acht gelassen.
cc) Entgegen der Auffassung des Klägers kommt ein Absehen von der Verhängung einer Sanktion im Rahmen des sog. Frühwarnsystems vorliegend nicht in Betracht, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Das gemäß Art. 5 Abs. 3 des Agrarzahlungen-Verpflichtungsgesetz i.V.m. Art. 99 Abs. 2 Unterabsatz 2 VO (EU) Nr. 1306/2013 und Art. 39 Abs. 3 VO (EU) Nr. 640/2014 von den zuständigen Behörden einzurichtende Frühwarnsystem findet nur bei geringen Verstößen Anwendung. Einen solchen hat die Behörde nach den rechtlich nicht zu beanstandenden ausführlichen Darlegungen des Verwaltungsgerichts ermessensfehlerfrei gerade nicht angenommen. Mit der bloßen wiederholten Behauptung, der Verstoß sei falsch bewertet worden, werden keine ernstlichen Zweifel an dieser Feststellung dargelegt.
Der vom Kläger in diesem Zusammenhang erneut ins Feld geführte Umstand, dass es im Bereich der in seinem Betrieb in deutlich größerem Umfang betriebenen Rindermast keine Beanstandungen gegeben hat, kann auch nicht zur Annahme eines nur marginalen Verstoßes des Klägers gegen die Grundanforderungen an die Betriebsführung (hier: GAB 6) führen. Mit den Anforderungen der Cross-Compliance wird ein gesamtbetrieblicher Ansatz verfolgt, wonach die Verpflichtungen jeweils in allen Produktionsbereichen und allen Betriebsstätten einzuhalten sind. Die Verpflichtung, stets ein ordnungsgemäßes Bestandsregister für die im Betrieb befindlichen Schweine zu führen, stellt, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, eine eigenständige, für sich zu betrachtende Verpflichtung des Landwirts dar, deren Nichtbeachtung nach Art. 97 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 zur Verhängung der Verwaltungssanktion führt. Dass sich der Landwirt in anderen Betriebsbereichen an die Grundanforderungen der Betriebsführung hält, kann keine Auswirkungen auf die Bewertung eines Verstoßes in einem anderen – wenn auch kleineren – Betriebszweig haben.
dd) Das Verwaltungsgericht hat ausführlich dargelegt, dass die Ermessensentscheidung hinsichtlich der Höhe der Kürzung der Beihilfen nicht zu beanstanden ist. Die Rüge des Klägers, im streitgegenständlichen Urteils fände sich hierzu nichts, geht daher fehl.
Der Einwand des Klägers, bei der Berechnung der Höhe der Rückforderung müsse auch berücksichtigt werden, dass die Basisprämie namentlich der Einkommenssicherung der Landwirte diene, führt ebenfalls nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. In den bei der Berechnung der zu verhängenden Verwaltungssanktion zugrunde zu legenden Vorschriften (Art. 99 und Art. 91 VO (EU) Nr. 1306/2013, Art. 39 VO (EU) Nr. 640/2014) werden die zu berücksichtigenden Umstände (Schwere, Ausmaß, Dauer und wiederholtes Auftreten der Verstöße, fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten) abschließend benannt. Mögliche Auswirkungen einer Kürzung oder eines Ausschlusses auf die Einkommenssicherung des Betroffenen finden danach keine Berücksichtigung bei der Berechnung. Das würde im Übrigen auch dem Ziel des europäischen Gesetzgebers widersprechen, mit dem System der Kürzungen und Ausschlüssen für die Betriebsinhaber einen Anreiz zu schaffen, die bereits bestehenden Rechtsvorschriften in den verschiedenen Bereichen der anderweitigen Verpflichtungen zu befolgen.
Inwiefern die vorliegende Kürzung der vom Kläger für das Jahr 2017 beantragten Fördermittel eine dem Erwägungsgrund 55 zur VO (EU) Nr. 1306/2013 widersprechende Ungleichbehandlung von reinen Grünlandbewirtschaftern gegenüber Tierhaltern erzeugen sollte, wird seitens des Klägers nicht dargelegt und ist auch nicht nachvollziehbar.
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, es bestehe keine Wiederholungsgefahr, da er die Schweinehaltung bereits vor Erlass des Kürzungsbescheides aufgegeben habe. Wie sich aus Art. 97 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1306/2013 unzweifelhaft ergibt, wird die Verwaltungssanktion gemäß Artikel 91 dieser Verordnung verhängt, wenn die Cross-Compliance-Vorschriften in einem bestimmten Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt werden. Das Bestehen einer Wiederholungsgefahr spielt bei der Berechnung der Kürzung keine Rolle.
Der vom Kläger genannte Erwägungsgrund 28 zur VO (EU) Nr. 640/2014 ist für den vorliegenden Fall nicht von Bedeutung, da die dort genannten Beihilfe- oder Zahlungsanträge im Rahmen von Beihilferegelungen für Tiere oder tierbezogenen Stützungsmaßnahmen nicht Gegenstand der streitgegenständlichen Bescheide sind.
Substantiierte Einwände gegen die Einordnung des Verstoßes als „mittel“ hat der Kläger nicht dargelegt. Zum Kontrollzeitpunkt war weder ein vollständig, noch ein chronologisch oder ein aktuell geführtes Register vorhanden. Wie das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise festgestellt hat, stellen nach der vom Kläger angesprochene Bewertungsmatrix für das Kontrolljahr 2019 das nicht vollständige sowie das nicht chronologisch geführte Register für sich betrachtet jeweils einen leichten, das nicht aktuell geführte Register einen mittleren Verstoß dar. Bei der Gesamtbewertung erfolgt jedoch keine Addition oder die Bildung eines Mittelwertes aller Werte; vielmehr gilt der am höchsten bewertete Verstoß als die ermittelte Bewertung für das Kriterium insgesamt, so dass die Bewertung des Verstoßes als „mittel“ den Vorgaben der Bewertungsmatrix entspricht.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch daraus ergeben kann, dass bestimmte Fragen in dem zuzulassenden Rechtsmittelverfahren der Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf (vgl. BVerfG, B.v. 19.4.2017 – 1 BvR 1994/13 – juris Rn. 13 m.w.N.; OVG Bremen, B.v. 7.10.2019 – 1 LA 213/19 – juris Rn. 17).
Wird in einem schwebenden gerichtlichen Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts gestellt, muss ein nationales letztinstanzliches Gericht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der Vorlagepflicht nachkommen, es sei denn, die gestellte Frage ist nicht entscheidungserheblich, die betreffende unionsrechtliche Bestimmung war bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof oder die richtige Anwendung des Unionsrechts ist so offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. EuGH, U.v. 6.10.1982 – C-283/81 – juris Rn. 21). Ob daran gemessen eine Vorlagepflicht besteht und daher eine Zulassung des Rechtsmittels zu erfolgen hat, ist im Zulassungsverfahren auf der Grundlage des Vorbringens im Zulassungsantrag zu bewerten (BVerfG, B.v. 19.4.2017 – 1 BvR 1994/13 – juris Rn. 16). Denn das Zulassungsverfahren beruht auf der Obliegenheit der antragstellenden Partei, die Zulassungsgründe im Einzelnen darzulegen. Das gilt auch für die grundsätzliche Bedeutung und die damit zusammenhängenden Vorlagefragen.
Das Zulassungsvorbringen zeigt vorliegend nicht auf, dass von einer Vorlagepflicht im Berufungsverfahren und damit von einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ausgegangen werden muss. Wie oben dargelegt verbleibt nach Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung der Antragsbegründung kein Raum für vernünftige Zweifel an der Auslegung der im vorliegenden Fall einschlägigen unionsrechtlichen Vorschriften, weshalb es der Herbeiführung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht bedarf.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47‚ § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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