Europarecht

Lieferung von Energieerzeugnissen an Angehörige der US-Streitkräfte

Aktenzeichen  VII R 17/19

Datum:
26.5.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2020:U.260520.VIIR17.19.0
Normen:
§ 2 Abs 2 S 1 TrZG
Art 67 Abs 3 Buchst a Ziff i NATOTrStatZAbk
Spruchkörper:
7. Senat

Leitsatz

1. Bei dem Auftrag der amtlichen Beschaffungsstelle i.S. von Art. 67 Abs. 3 Buchst. a Ziff. i NATOTrStatZAbk handelt es sich um eine materielle Voraussetzung der Abgabenvergünstigung.
2. Der Beschaffungsauftrag muss im Zeitpunkt der Lieferung der Energieerzeugnisse vorliegen und kann nicht rückwirkend erteilt werden.

Verfahrensgang

vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 27. März 2019, Az: 3 K 1018/17, Urteil

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts des Saarlandes vom 27.03.2019 – 3 K 1018/17 aufgehoben, soweit der Klage stattgegeben wurde.
Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.
1
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) belieferte im Zeitraum von November 2007 bis Dezember 2008 Angehörige der Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika (US) in der Bundesrepublik Deutschland mit verbrauchsteuerpflichtigen Energieerzeugnissen, insbesondere mit nachweislich versteuertem Heizöl. Für diese Lieferungen beantragte sie mit monatlichen Energiesteueranmeldungen eine Steuerentlastung für insgesamt … Liter Heizöl in Höhe von insgesamt … €, die der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt –HZA–) zunächst noch nicht in vollem Umfang ausbezahlte.
2
Nach einer Außenprüfung erließ das HZA unter dem 12.10.2009 einen Steuerbescheid, mit dem es die Energiesteuerentlastung für den Zeitraum von November 2007 bis Dezember 2008 auf … € für eine entlastungsfähige Menge Heizöl von nur … Litern festsetzte. Die Differenz war laut Prüfungsbericht darauf zurückzuführen, dass mehrere Lieferungen außerhalb des auf den Beschaffungsaufträgen angegebenen Verfallsdatums durchgeführt worden waren (Tz. 3.2.5 des Prüfungsberichts vom 11.09.2009). Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
3
Das Finanzgericht (FG) urteilte, der angefochtene Energiesteuerbescheid sei insoweit rechtswidrig, als das HZA die Energiesteuerentlastung auch für solche Heizöllieferungen versagt habe, bei denen der Lieferzeitpunkt vor dem in den Beschaffungsaufträgen genannten Datum gelegen habe. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die Lieferverträge seien mit einer amtlichen Beschaffungsstelle der US-Streitkräfte geschlossen und somit von dieser in Auftrag gegeben worden. Der Angehörige der Streitkräfte handele im Verhältnis zum Lieferanten als Stellvertreter der Beschaffungsstelle. Die Bevollmächtigung erfolge durch die Erteilung des Beschaffungsauftrags und die Übergabe des entsprechenden Formulars an den Angehörigen der Streitkräfte. Da der Beschaffungsauftrag bei der Bestellung des Heizöls wegen der befristeten Geltung noch nicht bzw. nicht mehr wirksam gewesen sei, seien die im Außenprüfungsbericht aufgeführten Personen gegenüber der Klägerin als Vertreter ohne Vertretungsmacht aufgetreten. Das jeweilige Rechtsgeschäft sei jedoch durch das Value Added Tax (VAT)-Office der US-Army nachträglich genehmigt worden. Dies sei lediglich in den Fällen ausgeschlossen, in denen die Lieferung erfolgt sei, nachdem das Gültigkeitsdatum abgelaufen gewesen sei.
4
Das HZA begründet seine Revision damit, dass die Beschaffungsstelle dem Truppenangehörigen vor Bestellung und Lieferung des Heizöls einen Beschaffungsauftrag erteilen müsse, mit dem das Truppenmitglied dann den Heizölhändler beauftragen dürfe. Werde die amtliche Beschaffungsstelle erst eingeschaltet, nachdem der Truppenangehörige das Heizöl bereits bestellt und erhalten habe, liege keine Auftragsvergabe durch die Beschaffungsstelle vor der Leistungsausführung vor. Eine Steuerentlastung komme daher in den streitigen Fällen nicht in Betracht, weil die für eine steuerfreie Belieferung notwendigen Beschaffungsaufträge und Abwicklungsscheine erst im Nachhinein durch den Angehörigen der US-Streitkräfte bei der zuständigen amtlichen Beschaffungsstelle, dem VAT-Office der US-Army, eingeholt worden seien. Das Liefergeschäft sei zwischen dem Heizöllieferanten und dem Truppenangehörigen selbst geschlossen worden. Durch die nachträgliche Auftragsunterzeichnung seitens des VAT-Office sei es, soweit dies überhaupt rechtlich wirksam erfolgt sei, allenfalls zu einem nachträglichen Tausch der Vertragspartner gekommen, der ebenfalls nicht zu einer Entlastung berechtige. Es sei auch nicht nur ein bereits vorhandener Beschaffungsauftrag nachgereicht, sondern ein zunächst nicht vorhandener Beschaffungsauftrag erst nachträglich erstellt worden. Es gehe vorliegend nicht um die Frage eines formellen Nachweises für den Entlastungsanspruch, weshalb die vom FG angewandte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Umsatzsteuer nicht auf den Streitfall übertragen werden könne. Die Beauftragung durch die amtliche Beschaffungsstelle sei vielmehr eine materielle Entlastungsvoraussetzung. Rechtsfehlerhaft sei auch die Heranziehung des § 177 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die rein zivilrechtlichen Rechtswirkungen der nachträglichen Genehmigung seien für das Vorliegen des steuerrechtlichen Entlastungsanspruchs nicht maßgeblich. Die Vorschriften des BGB als nationales Recht seien ohnehin nicht einschlägig.
5
Darüber hinaus rügt das HZA die Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und der Sachaufklärungspflicht. So nehme das FG auf Angaben einer nicht näher bezeichneten Quelle der US-Streitkräfte Bezug. Im Übrigen sei zu bezweifeln, dass seitens der amtlichen Beschaffungsstelle tatsächlich eine nachträgliche Genehmigung i.S. von § 177 Abs. 1 BGB erteilt worden sei, weil dies im Widerspruch zu den amtlichen Erläuterungen des VAT-Office stehe. Würden verbrauchsteuerpflichtige Waren ohne Beschaffungsauftrag steuerfrei ausgeliefert, wäre dies zudem einem Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung gleichzusetzen, weil gemäß § 9 Abs. 1 des Truppenzollgesetzes (TrZollG) i.d.F. vom 19.05.2009 Gemeinschaftswaren, die North Atlantic Treaty Organization (NATO)-Streitkräften verbrauchsteuerfrei oder unter Vergütung der Verbrauchsteuer geliefert würden, mit der Übergabe an die NATO-Streitkräfte in die Truppenverwendung übergingen und wie Nichtgemeinschaftswaren behandelt würden. Der Beschaffungsauftrag diene ferner auch dem Schutz der beteiligten Unternehmen. Der Angehörige der Streitkräfte handele als amtlicher Einkaufsbeauftragter der US-Streitkräfte.
6
Das HZA beantragt,die Vorentscheidung insoweit aufzuheben, als das FG unter Änderung des Steuerbescheids über Energiesteuer vom 12.10.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.12.2016 für die Zeit vom 01.11.2007 bis zum 31.12.2008 eine weitere Energiesteuerentlastung in Höhe von … € für weitere … Liter Heizöl festgesetzt hat, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
7
Die Klägerin beantragt sinngemäß,die Revision zurückzuweisen.
8
Die Beschaffungsstelle habe selbstverständlich durch eine nachträgliche Ausstellung eines Auftrags mitgewirkt. Durch den engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang sei gewährleistet, dass die konkrete Lieferung von dieser nachträglichen Auftragserteilung umfasst sei. Auch in der Lebenswirklichkeit sei es so, dass das Mitglied der NATO-Streitkräfte den Auftrag persönlich erteile. Eine Auftragslage könne nachträglich genehmigt werden. Die Vorentscheidung sei daher ohne Rechtsfehler zustande gekommen.


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