Aktenzeichen I ZB 75/10
Verfahrensgang
vorgehend BPatG München, 1. Februar 2010, Az: 27 W (pat) 87/09, Beschluss
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Markeninhabers wird der Beschluss des 27. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 1. Februar 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
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I. Für den Markeninhaber ist seit dem 25. April 2007 die am 29. Dezember 2006 angemeldete Wort-/Bildmarke Nr. 306 79 701
für die Dienstleistungen “Werbung; Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten; Styling (industrielles Design)” eingetragen.
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Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke beantragt, weil der Markeninhaber bei der Anmeldung bösgläubig gewesen sei.
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Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Löschung der Marke angeordnet.
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Die Beschwerde des Markeninhabers hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen (BPatG, ZUM-RD 2010, 652).
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Hiergegen wendet sich der Markeninhaber mit seiner nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er die Versagung rechtlichen Gehörs rügt.
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II. Das Bundespatentgericht hat die Auffassung vertreten, die Marke sei im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG bösgläubig angemeldet worden. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Der Betreiber des Krystallpalast Varietés habe das in Rede stehende Zeichen zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke im Dezember 2006 bereits seit Jahren als Unternehmenskennzeichen im Geschäftsverkehr verwendet. Die Antragstellerin habe dadurch einen schutzwürdigen Besitzstand an dem Zeichen erlangt. Der Markeninhaber habe durch die Anmeldung der Marke in diesen Besitzstand eingegriffen. Die Anmeldung habe allein bezweckt, finanzielle Forderungen gegen die Antragstellerin geltend zu machen.
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Der Markeninhaber könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Antragstellerin das Zeichen unberechtigt nutze. Dabei komme es nicht auf die von den Parteien wiederholt erörterten Urheberrechtsfragen an. Den Kostenvoranschlägen vom 16. Juni 1997 und vom 30. Juli 1997, der Rechnung vom 17. November 1997 und Ziffer 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der B. KG (im Weiteren: B. KG) lasse sich entnehmen, dass die frühere Betreiberin des Varietés, die Krystallpalast Leipzig GmbH, die Nutzungsrechte an dem Logo von der B. KG erworben habe. Aus dem Veräußerungs-vertrag vom 19. Dezember 1999 ergebe sich, dass die Antragstellerin die Nutzungsrechte von der Krystallpalast Leipzig GmbH erlangt habe. Die Bezeichnung der Antragstellerin in dem Vertrag mit dem Zusatz “Neue” sei unschädlich; ausweislich der vorgelegten Handelsregisterauszüge handele es sich um dieselbe Gesellschaft.
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III. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
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1. Die Statthaftigkeit der form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde folgt daraus, dass ein im Gesetz aufgeführter, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnender Verfahrensmangel gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde beruft sich auf eine Versagung rechtlichen Gehörs (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG) und hat dies im Einzelnen ausgeführt. Für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde kommt es nicht darauf an, ob die Rüge durchgreift (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 9. September 2010 – I ZB 81/09, GRUR 2011, 654 Rn. 9 = WRP 2011, 753 – Yoghurt-Gums).
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2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Verfahren vor dem Bundespatentgericht verletzt den Markeninhaber in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG).
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a) Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit haben, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (BVerfGE 86, 133, 144; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712; BGH, GRUR 2011, 654 Rn. 11 – Yoghurt-Gums).
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b) Die Rechtsbeschwerde rügt mit Erfolg, das Bundespatentgericht habe den Anspruch des Markeninhabers auf rechtliches Gehör verletzt, indem es sein Vorbringen zum Urheberrecht am Logo nicht berücksichtigt habe.
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aa) Der Markeninhaber hat vorgetragen, die B. KG habe der früheren Betreiberin des Varietés und diese sodann der Antragstellerin keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte an dem als Marke eingetragenen Zeichen übertragen können, weil die B. KG nicht Inhabe-rin urheberrechtlicher Nutzungsrechte an diesem Zeichen gewesen sei. Inhaber der urheberrechtlichen Nutzungsrechte sei er selbst gewesen. Die frühere Betreiberin des Varietés habe ihn persönlich mit der Gestaltung des Logos beauftragt. Das Bundespatentgericht hat sich mit diesem unter Beweis gestellten Vorbringen des Markeninhabers nicht auseinandergesetzt.
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bb) Das vom Bundespatentgericht unberücksichtigt gelassene Vorbringen des Markeninhabers ist entscheidungserheblich. Falls die B. KG nicht Inhaberin urheberrechtlicher Nutzungsrechte am Logo war, konnte sie solche Nutzungsrechte nicht auf die frühere Betreiberin des Varietés übertragen und diese derartige Nutzungsrechte nicht auf die Antragstellerin weiterübertragen. Sollte die Antragstellerin durch die Nutzung des Logos ein daran bestehendes Urheberrecht des Markeninhabers verletzt haben, könnte sie sich – jedenfalls gegenüber dem Markeninhaber – nicht auf einen schutzwürdigen Besitzstand berufen. In diesem Fall wäre die Markenanmeldung nicht als bösgläubig anzusehen (vgl. zu den Voraussetzungen einer bösgläubigen Markenanmeldung BGH, Beschluss vom 24. Juni 2010 – I ZB 40/09, GRUR 2010, 1034 Rn. 13 = WRP 2010, 1399 – LIMES LOGISTIK, mwN).
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cc) Die Rechtsbeschwerdeerwiderung wendet ohne Erfolg ein, die Rechtsbeschwerde äußere sich nicht dazu, dass der Markeninhaber im Schreiben seines Unternehmens “T. ” vom 20. November 2000 selbst davon ausgegangen sei, dass die Rechte am Logo bei der B. KG gelegen hätten. Diese habe die Rechte daher – vertreten durch den Markeninhaber und somit mit seiner Zustimmung – auf die vormalige Betreiberin des Varietés übertragen können. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung schließt dies die Entscheidungserheblichkeit des Gehörverstoßes nicht aus. Es ist nicht auszuschließen, dass das Bundespatentgericht, wenn es das von ihm bislang nicht gewürdigte Vorbringen des Markeninhabers in Erwägung zieht, auch unter Berücksichtigung seines Schreibens vom 20. November 2000 nicht festzustellen vermag, dass die B. KG zum Zeitpunkt der Übertragung der urheberrechtlichen Nutzungs-rechte auf die frühere Betreiberin des Varietés Inhaberin dieser Nutzungsrechte war und der Markeninhaber als Urheber einer Weiterübertragung dieser Rechte zugestimmt hat (§ 34 Abs. 1 UrhG).
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3. Soweit die Rechtsbeschwerde weitere Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt, sind diese Rügen allerdings unbegründet.
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a) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Bundespatentgericht habe den Einwand des Markeninhabers übergangen, die Antragstellerin habe nicht schlüssig dargelegt, dass das in Rede stehende Zeichen Verkehrsgeltung erlangt habe. Das Bundespatentgericht hat seine Annahme, die Antragstellerin habe einen schutzwürdigen Besitzstand an dem Zeichen erlangt, mit der Erwägung begründet, der Betreiber des Krystallpalast Varietés habe das in Rede stehende Zeichen zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke im Dezember 2006 bereits seit Jahren im Geschäftsverkehr als Unternehmenskennzeichen (§ 5 Abs. 2 MarkenG) verwendet. Vom Standpunkt des Bundespatentgerichts kam es daher nicht darauf an, ob das Zeichen durch die Benutzung im geschäftlichen Verkehr als Marke Verkehrsgeltung erworben hat (§ 4 Nr. 2 MarkenG). Das Bundespatentgericht hat demnach insoweit kein von seinem Standpunkt aus entscheidungserhebliches Vorbringen des Markeninhabers übergangen.
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b) Die Rechtsbeschwerde rügt ferner vergeblich, das Bundespatentgericht habe den Vortrag des Markeninhabers nicht berücksichtigt, die B. KG habe der früheren Betreiberin des Varietés nicht die Nutzungsrechte am Logo, sondern nur das Nutzungsrecht an der Gestaltung der teilweise mit dem Logo versehenen – Werbematerialien übertragen. Das Bundespatentgericht hat dieses Vorbringen des Markeninhabers zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Es hat allerdings angenommen, den Kostenvoranschlägen vom 16. Juni 1997 und vom 30. Juli 1997, der Rechnung vom 17. November 1997 und Ziffer 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der B. KG lasse sich entnehmen, dass die Krystallpalast Leipzig GmbH als frühere Betreiberin des Varietés die Nutzungsrechte an dem Logo von der B. KG erworben habe. Soweit die Rechts-beschwerde dem entgegenhält, dies lasse sich den Kostenvoranschlägen und der Rechnung nicht entnehmen, wendet sie sich lediglich gegen die Beurteilung des Bundespatentgerichts, ohne dabei eine Verletzung des Anspruchs des Markeninhabers auf rechtliches Gehör aufzuzeigen.
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c) Die Rechtsbeschwerde rügt des weiteren ohne Erfolg, die Annahme des Bundespatentgerichts, aus dem Veräußerungsvertrag vom 15. Dezember 1999 ergebe sich, dass die Antragstellerin die Nutzungsrechte von der Krystallpalast Varieté Leipzig GmbH erworben habe, beruhe auf einer Verletzung des Anspruchs des Markeninhabers auf rechtliches Gehör. Das Bundespatentgericht hat den Einwand des Markeninhabers berücksichtigt, in dem Veräußerungsvertrag sei als Erwerber nicht die Antragstellerin, also die Krystallpalast Varieté Leipzig GmbH & Co. KG, sondern eine andere Gesellschaft, nämlich die Neue Krystallpalast Varieté Leipzig GmbH & Co. KG, aufgeführt. Das Bundespatentgericht hat diesen Einwand allerdings als unbeachtlich angesehen. Es hat angenommen, die Bezeichnung der Antragstellerin in dem Veräußerungsvertrag mit dem Zusatz “Neue” sei unschädlich, weil sich aus den vorgelegten Handelsregisterauszügen ergebe, dass es sich um dieselbe Gesellschaft handele.
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Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Bundespatentgericht habe damit das Vorbringen des Markeninhabers übergangen, aus den Handelsregisterauszügen ergebe sich nicht die Identität der Gesellschaften, weil im Handelsregister ausweislich der Auszüge keine Neue Krystallpalast Varieté Leipzig GmbH & Co. KG, sondern allein die Krystallpalast Varieté Leipzig GmbH & Co. KG eingetragen sei. Das Bundespatentgericht hat auch diesen Einwand des Markeninhabers berücksichtigt. Es hat sich zur Begründung seiner Entscheidung in zulässiger Weise den Ausführungen der Markenabteilung angeschlossen. Diese hatte ihre Auffassung, aus den Handelsregisterauszügen ergebe sich die Identität der Gesellschaften, damit begründet, dass die Krystallpalast Varieté Leipzig GmbH & Co. KG (ausweislich der Handelsregisterauszüge) und die Neue Krystallpalast Varieté Leipzig GmbH & Co. KG (ausweislich des Veräußerungsvertrags) von derselben persönlich haftenden Gesellschafterin, der Neue Krystallpalast Varieté Leipzig Verwaltungs GmbH, vertreten werde. Die Antragstellerin habe in dem Veräußerungsvertrag nur deshalb als “Neue” Krystallpalast Varieté Leipzig GmbH & Co. KG firmiert, weil das Recht zur Firmenfortführung erst mit dem Veräußerungsvertrag übertragen worden sei. Nach seinem Abschluss sei die Antragstellerin ohne den Zusatz “Neue” im Handelsregister eingetragen worden.
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d) Die Rechtsbeschwerde macht ebenfalls ohne Erfolg geltend, das Bundespatentgericht habe sich nicht mit dem Vortrag des Markeninhabers auseinandergesetzt, die vermeintlichen Nutzungsrechte seien durch den Veräußerungsvertrag nicht auf die Antragstellerin übergegangen, weil die Antragstellerin nach diesem Vertrag nur in die darin aufgeführten Verträge der früheren Betreiberin des Varietés eingetreten sei und die Nutzungsrechte dort nicht erwähnt seien. Das Bundespatentgericht hat angenommen, aus dem Veräußerungsvertrag ergebe sich, dass die Antragstellerin die Nutzungsrechte von der Krystallpalast Leipzig GmbH erlangt habe. Nach § 2 des Veräußerungsvertrages wird das gesamte Aktivvermögen der früheren Betreiberin des Varietés veräußert. Dazu gehören auch die Nutzungsrechte.
23
e) Die Rechtsbeschwerde rügt schließlich ohne Erfolg, das Bundespatentgericht habe nicht geprüft, ob der Markeninhaber das Nutzungsrecht wirksam zurückgerufen habe, weil ihm eine unentgeltliche Übertragung des Nutzungsrechts auf die Antragstellerin nicht zumutbar gewesen sei. Das Bundespatengericht ist von einer entgeltlichen Übertragung des Nutzungsrechts an dem Logo ausgegangen. Von seinem Standpunkt aus war das von der Rechtsbeschwerde als übergangen gerügte Vorbringen des Markeninhabers daher nicht entscheidungserheblich. Es stellt deshalb keine Verletzung des Anspruchs des Markeninhabers auf rechtliches Gehör dar, dass sich das Bundespatentgericht mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt hat.
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IV. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen (§ 89 Abs. 4 Satz 1 MarkenG).
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