Aktenzeichen 9 B 31/09
§ 280 Abs 1 BGB
§ 311 Abs 2 BGB
§ 54 VwVfG
Verfahrensgang
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 23. Januar 2009, Az: 7 A 4361/05, Urteil
Gründe
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Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
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1. Eine Zulassung der Revision wegen Abweichung von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) kommt nicht in Betracht. Insoweit genügt die Beschwerde bereits nicht den Darlegungsanforderungen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Zwar führt sie zwei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und darin aufgestellte Rechtssätze an, wonach öffentlich-rechtliche Verträge in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB auszulegen seien (Urteil vom 19. Januar 1990 – BVerwG 4 C 21.89 – BVerwGE 84, 257 ) und dass das Schriftformerfordernis des öffentlich-rechtlichen Vertrages erfüllt sei, wenn sich im Text der Vertragsurkunde ein Anhaltspunkt finde, aufgrund dessen im Zusammenhang mit den Umständen des Vertragsabschlusses die Gegenleistung und ihr Zweck durch Auslegung ermittelt werden können (Urteil vom 16. Mai 2000 – BVerwG 4 C 4.99 – BVerwGE 111, 162 ). Eine Divergenz dazu wäre aber nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde diesen Rechtssätzen einen gleichermaßen abstrakten und damit in Widerspruch stehenden Rechtssatz entgegensetzen würde, den das Oberverwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil aufgestellt hätte (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Ein solcher ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Dass das Berufungsgericht in der von der Beschwerde angeführten Passage der Klägerin vorhält, wenn sie eine verbindliche Obergrenze für ihre Kostenerstattungsverpflichtung gewollt hätte, “wäre es an ihr gewesen, eine entsprechend klare und eindeutige Regelung in den Vertrag aufzunehmen”, reicht dafür nicht aus. Auch die weiteren Ausführungen der Beschwerdebegründung erschöpfen sich in der Art eines zulassungsfreien oder zugelassenen Rechtsmittels in einer Kritik an der Vertragsauslegung des Oberverwaltungsgerichts, mithin an dessen tatrichterlicher Würdigung im Streitfall, ohne ihr abstrakte Rechtssätze des Berufungsurteils zu entnehmen, die denjenigen der erwähnten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts widersprächen.
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2. Die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Die Beschwerde hält folgende Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig:
“Welche Schadensersatz begründenden Nebenpflichten hat die öffentlich-rechtliche Körperschaft oder Behörde im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gegenüber dem privaten Vertragspartner einzuhalten?”
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Ergänzend fragt sie,
“ob die von der öffentlichen Hand einzuhaltenden Nebenpflichten urkundlich im öffentlich-rechtlichen Vertrag festgehalten werden müssen”
und in Verbindung beider Fragen,
“ob die Nebenpflichten der öffentlichen Hand ausdrücklich in dem Vertragstext aufgenommen werden müssen und unter welchen Voraussetzungen dem privaten Unternehmen ein Schadensersatzanspruch zusteht.”
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Keine dieser Fragen rechtfertigt die Zulassung der Revision. Zum einen geht die Beschwerde selbst unter Hinweis auf von ihr zitierte Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass die nunmehr in § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB kodifizierten Grundsätze über eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo) auch auf die Anbahnung von öffentlich-rechtlichen Verträgen anwendbar sind (Urteil vom 29. Mai 1973 – BVerwG 7 C 2.72 – Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 125 S. 65), dass dasselbe für das in § 280 BGB kodifizierte Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung gelte (Urteil vom 26. Januar 1995 – BVerwG 3 C 22.93 – Buchholz 418.61 TierKBG Nr. 11 S. 12 f.) und dass sich aus einem Verwaltungs(vollstreckungs)rechtsverhältnis als Nebenpflicht eine Mitteilungspflicht der Behörde über eine voraussehbare wesentliche Kostenüberschreitung ergeben kann (Urteil vom 13. April 1984 – BVerwG 4 C 31.81 – Buchholz 345 § 10 VwVG Nr. 4 S. 8 f.).
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Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass der vorliegende Rechtsstreit über die damit bereits gegebene Antwort auf die erste der vorstehenden Fragen Gelegenheit zu weiterer verallgemeinerungsfähiger – und sich nicht lediglich in den Einzelheiten des Streitfalls erschöpfender – Klärung bietet. Die Frage, ob solche Nebenpflichten ausdrücklich in einer Vertragsurkunde festgehalten sein müssen, kann ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden, und zwar im verneinenden Sinne. Denn es liegt auf der Hand und ergibt sich auch aus den von der Beschwerde selbst zitierten Entscheidungen, dass Nebenpflichten nicht notwendig in der Vertragsurkunde niedergelegt sein müssen, sondern sich auch – unter anderem – aus einer entsprechenden Anwendung der oben angeführten Rechtsinstitute ergeben können.