Europarecht

Prozesskostenhilfe, Leistungen, Bescheid, Verwaltungsakt, Frist, Auslegung, Ablehnung, Obdachlosigkeit, Eilantrag, Wohngeld, Klage, Landratsamt, Anmeldung, Antragsgegner, Ablehnung von Prozesskostenhilfe, Begehren der Antragstellerin, keinen Erfolg

Aktenzeichen  RN 12 E 22.640

Datum:
6.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 12102
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RN 12 E 22.641 2022-04-06 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wandte sich mit Schreiben – wohl entsprechend eines Formblattes der Sozialgerichtsbarkeit – vom 18.02.2022, beim Sozialgericht Landshut eingegangen am 22.02.2022, an dieses. In dem Schreiben wurden als „Beklagte“ die … GmbH … (Geschäftsführer/Vorstände), das Landratsamt Rottal-Inn (Landrat Michael Fahmüller, Büroleiter …, Sachbearbeiter/in …, …, …und andere Verantwortliche) und die Stadt Pfarrkirchen (Erster Bürgermeister … und andere Verantwortliche) genannt. Unter „wegen“ finden sich u.a. die folgenden Ausführungen: „Leistungs-/Zahlungsanspruch, Verpflichtung/Herausgabe öffentlich geförderte Ersatzwohnung (Räumung 19.01.22, Obdachlosigkeit) bis 28.02.22, Schadenersatz, Schmerzensgeld, dauerhaft strafbewehrte Unterlassung v. Untätigkeit/Falschberatung/Falschbescheiden (Wiederholungstatbestand je Ordnungsgeld 5.000 €/Ersatzhaft 6 Monate)“. Darüber hinaus beantragte die Antragstellerin vorsorglich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. In der Begründung des Schreibens wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin seit 19.01.22 aus ihren Wohnräumen zur Unzeit unverschuldet hinaus gedrängt und geräumt werde und obdachlos sei. Die Beklagten seien seit über einem Jahr informiert. Den übrigen Ausführungen lassen sich Hinweise auf verschiedene wohl ergangene Bescheide über die Gewährung von Lastenzuschuss, die Erteilung von Wohnberechtigungsscheinen, Anträge auf Grundsicherung mit Wohnkostenübernahme, dauerhafte Rundfunkbeitragsbefreiung, Zuteilung einer öffentlich geförderten (Sozial-)Wohnung, Umzugskostenübernahme und Wohngeld in Form von Mietzuschuss ab Wohnungsbezug entnehmen. Die Antragstellerin sei „mit allen Entscheidungen, Untätigkeit, schuldhaft vorsätzlich verletzter nicht erfolgter Beratung, Beratungspflicht zu ihrem erheblichen Nachteil aus den genannten Bescheiden, Untätigkeit, fehlender Information, Vormerkung, Ersatzwohnraumzuteilung“ nicht einverstanden. Die Beklagten seien zur Bereitstellung einer öffentlich geförderten Sozial-/Ersatzwohnung in Pfarrkirchen Stadtmitte bis spätestens 28.02.2022 für die Antragstellerin samtverbindlich zu verurteilen. Die Antragstellerin sei durch die schuldhaft vorsätzlich verantwortliche Untätigkeit, Falschberatung mit Falschaussagen der Beklagten, der Vorenthaltung wesentlicher, entscheidungserheblicher Tatsachen, „Gewährung von Ansprüchen“, schikanierender Ausnutzung ihrer Hilflosigkeit durch verfassungs-/rechtswidrige, ihre Menschenwürde, „unfair rechtliches Gehör“, verletzendes Fehlverhalten aller Beklagten „willkürlich-rechtsmissbräuchlich“ um ihre beanstandeten Ansprüche und Rechte betrogen worden und dadurch finanziell und existenziell massiv geschädigt und obdachlos. Da die beklagte Wohnungsbau rechtswidrig falsche Adressen online angebe, per Post nicht erreichbar sei, auf Schreiben der Antragstellerin nicht reagiere, auf der Internetseite entgegen der Anbieterkennzeichnungspflicht keinen Verantwortlichen erreichbar ausweise und somit den Postzugang für Wohnberechtigungsscheine vereitle, die Antragstellerin nicht rechtzeitig auf die Vormerkliste gesetzt habe und niemand telefonisch erreichbar gewesen sei, die Sache seit 30.10.2020 untätig unbearbeitet liegen geblieben sei, und aufsichtsrechtlich das Landratsamt und die Stadt untätig geblieben seien, bestehe erheblicher Rechtfertigungsdruck für das Eilverfahren. Dem Schreiben beigefügt waren E-Mails der Antragstellerin bzw. ihres Sohnes an die Stadt Pfarrkirchen (Erster Bürgermeister) und das Landratsamt Rottal-Inn (Landrat und …*), sowie eine E-Mail von Herrn … (Leiter des Büros des Landrats, Landkreis Rottal-Inn).
In der E-Mail der Antragstellerin bzw. ihres Sohnes finden sich wiederum Ausführungen wohl bezüglich behaupteter Beratungspflichtverletzungen, falscher Aussagen, fehlender Führungs-, Organisations-, Sozial-, Handlungs- und Fachkompetenz und Forderungen nach der Prüfung eines Berufsverbot für Verantwortliche für einige Jahre. Abschließend wurde ein gemeinsames Gespräch mit allen Verantwortlichen von Landratsamt, … GmbH zentral im Münchner Sozialministerium unter dessen Führung und Moderation vorgeschlagen.
Der E-Mail von Herrn … lässt sich entnehmen, dass der Antragstellerin zweimal ein Wohnberechtigungsschein erteilt worden sei und ihr bekannt gewesen sei, dass sie sich eigenverantwortlich um eine Wohnung kümmern müsse und dass im Landkreis Rottal-Inn kein Benennungsverfahren stattfinde. Darüber hinaus sei der Antragstellerin bereits im November 2020 mit den Antragsunterlagen eine Liste der im Landkreis Rottal-Inn vorhandenen, geförderten Wohnungen mit Kontaktdaten der Vermieter zugeschickt worden. Darüber hinaus finden sich Ausführungen zu gewährtem Lastenzuschuss, Beratungen zu Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), einer möglichen Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht die aber nicht im Landratsamt, sondern in den Städten und Gemeinden verortet sei.
Die Antragstellerin legte des Weiteren eine Terminsbestimmung des Amtsgerichts Landshut über die öffentliche Versteigerung eines bebauten Grundstücks in … (* …weg 5) vor. Dieser lässt sich entnehmen, dass wohl am 17.01.2022 der Zuschlagbeschluss für einen Herrn … ergangen ist. Diese Terminsbestimmung war wohl darüber hinaus auch an zwei Faxnummern in Pfarrkirchen [so jedenfalls der Vorwahl zu entnehmen] gesendet worden. Es findet sich darauf auch der Vermerk: „Anmeldung von Eilbedürftigkeit zum Berechtigungsschein wegen unmittelbar drohender Obdachlosigkeit von Frau …, …weg 5, …, wegen Räumung ab Mi 19.01.2022“.
Das Sozialgericht Landshut hat sich mit Beschluss vom 25.02.2022 für „örtlich und sachlich“ unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das „örtlich und sachlich zuständige“ Verwaltungsgericht Regensburg verwiesen, da die Antragstellerin vorrangig im Hinblick auf Leistungen nach dem Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) und dem Wohngeldgesetz (WoGG) Klage erhoben habe und ein konkreter Bezug zu Entscheidungen eines Sozialleistungsträgers, für deren Überprüfung die Sozialgerichte zuständig wären, nicht erkennbar sei.
Die Antragstellerin wurde vom Verwaltungsgericht Regensburg mit Schreiben vom 03.03.2022 darauf hingewiesen, dass die Antragsschrift nicht den Anforderungen des § 82 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hinsichtlich Bezeichnung von Antragsteller, Antragsgegner und Gegenstand des Antragsbegehrens entspreche. Es sei völlig offen, welches Begehren der Antragstellerin mit welchem der drei genannten „Beklagten“ zu verknüpfen sein solle. Es bleibe insgesamt völlig offen, welche Handlungen bzw. welchen Bescheid die Antragstellerin nun begehre. Der Antrag sei deshalb schon wegen dieser Unbestimmtheit unzulässig. Die Antragstellerin wurde deshalb gem. § 82 Abs. 2 VwGO aufgefordert bis spätestens 18.03.2022 darzulegen, welche konkrete Behördenhandlung Gegenstand der Klage sein solle und gegen welchen Antragsgegner sich der Eilantrag richten solle. Nach Ablauf der Frist sei beabsichtigt den Eilantrag als unzulässig abzuweisen. Außerdem wurde die Antragstellerin bezüglich des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe aufgefordert, die (beigefügte) Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auszufüllen und ebenfalls bis zum 18.03.2022 zurückzusenden. Es wurde darauf hingewiesen, dass eine Ablehnung von Prozesskostenhilfe allein mangels Vorlage des Nachweises innerhalb der gesetzten Frist erfolgen könne.
Die Antragstellerin reagierte darauf mit einem Schreiben in dem im Wesentlichen der bisherige Vortrag wiederholt wurde und darüber hinaus eine Körperverletzung durch Untätigkeit, Psychoterror und Verletzung der Verkehrssicherungspflicht – wohl hinsichtlich eines erlittenen Verkehrsunfalls – als Klagegrund angegeben wurden. Es werde samtverbindliche Verurteilung/Kostenauferlegung der Beklagten entsprechend dem bisher vorgetragenen Sachverhalt, Anträgen und Beweisen beantragt. Die Beklagten seien deutlich lesbar und verständlich in der Klage bestimmt.
Ergänzend wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Eilantrag hat keinen Erfolg, weil er schon nicht zulässig ist (1.). Aufgrund fehlender hinreichender Erfolgsaussichten des Eilantrags war der Antragstellerin auch nicht Prozesskostenhilfe zu gewähren (2.).
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist bereits unzulässig. Es fehlt an der nötigen Bestimmtheit. Aus der Antragsschrift und den beigefügten Unterlagen ergibt sich nicht und lässt sich auch durch Auslegung nicht ermitteln, was die Antragstellerin mit ihrem Antrag erreichen möchte und von welcher Behörde oder welchem Amtsträger sie ein Recht oder eine Handlung begehrt.
Gem. § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der auch auf Eilanträge entsprechend anzuwenden ist, muss eine Klage- bzw. Antragsschrift den Kläger/Antragsteller, den Beklagten/Antragsgegner und den Gegenstand des Klage- bzw. Antragsbegehrens bezeichnen. Das Klage- bzw. Antragsbegehren ist dann hinreichend bezeichnet, wenn sich aus dem Schriftsatz oder den diesem beigefügten Unterlagen oder anderen genau bezeichneten Schriftstücken erkennen lässt, um was es dem Kläger bzw. Antragsteller geht. So genügt etwa der Hinweis, dass ein bestimmter (nach Datum, erlassender Behörde und Verfahrensgegenstand umschriebener oder in Abschrift anliegender) Verwaltungsakt aufgehoben werden soll. Die Angabe des Gegenstands des Klagebegehrens ist im Wesentlichen deshalb erforderlich, damit das Gericht in die Lage versetzt wird, die Beiziehung der richtigen Verwaltungsakten zu veranlassen. Es geht mit anderen Worten um die Angabe des Sachverhalts, über den das Gericht entscheiden soll. Wird der Gegenstand des Klagebegehrens nicht benannt und lässt er sich auch nicht durch Auslegung ermitteln, ist die Klage unzulässig (vgl. zum Ganzen Eyermann/Hoppe, 15. Aufl. 2019, VwGO § 82 Rn. 7 m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird das Schreiben der Antragstellerin auch bei einer Auslegung unter Heranziehung der mit vorgelegten weiteren Schriftstücke nicht gerecht.
Den eingereichten Unterlagen können zwar verschiedenen angedeutete Begehren und auch drei „Beklagte/Antragsgegner“ entnommen werden. Es erschließt sich aber in keiner Weise, welches Begehren sie gegen welchen der Antragsgegner geltend machen will und gegen welche Bescheide, Handlungen oder Unterlassungen dieser sich die Antragstellerin „wehren“ möchte bzw. welche Bescheide, Handlungen oder Unterlassungen sie von diesen erwartet. Es ist für das Gericht nicht ersichtlich und auch nicht durch Auslegung zu ermitteln, was die Antragstellerin von diesem zugesprochen oder geregelt haben möchte.
So nennt die Antragstellerin als Begehren einen „Leistungs-/Zahlungsanspruch, Verpflichtung/Herausgabe öffentlich geförderte Ersatzwohnung (…) bis 28.02.22, Schadenersatz, Schmerzensgeld, dauerhaft strafbewehrte Unterlassung v. Untätigkeit/Falschberatung/Falschbescheiden (Wiederholungstatbestand je Ordnungsgeld 5.000 €/Ersatzhaft 6 Monate)“. Was damit nun tatsächlich gerichtlich zugesprochen werden soll und inwiefern die Antragstellerin von den genannten „Antragsgegnern“ falsch beraten oder diese untätig geblieben sein sollen und woraus sich wiederum ein Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld ergeben soll, ist aber nicht ersichtlich. Auch ist nicht ersichtlich, wie sich aus der Gewährung von Wohngeld einer etwaigen Befreiung von Rundfunkbeiträgen, der Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins, der Gewährung von Grundsicherung mit Wohnkostenübernahme oder gar einer etwaigen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten im Straßenverkehr die Möglichkeit einer Zuteilung einer Wohnung ergeben soll. Darüber hinaus ist auch nicht klar, ob es sich nicht vielmehr um ein finanzielles Begehren handelt, nachdem die Antragstellerin auch Schadenersatz und Schmerzensgeld aufzählt.
Zwar hat das Sozialgericht angenommen, dass die Antragstellerin ihr Begehren auf Leistungen nach dem WoFG und dem WoGG richten würde. Dies ist dem Schreiben aber nach Ansicht der erkennenden Kammer nicht zu entnehmen. Zumal die Antragstellerin, wie sich aus der beigefügten E-Mail des Leiters des Büros des Landrats ergibt, wohl bereits Wohngeld in Form eines Lastenzuschusses bezieht und ihr auch schon zweimal ein Wohnberechtigungsschein erteilt wurde.
Darüber hinaus werden im Rahmen der Aufzählung der Antragsgegner auch mehrere Einzelpersonen benannt, sodass nicht klar ist, ob die Antragstellerin auch gegen diese persönlich ein Verfahren richten möchte, oder sie diese „nur“ in ihrer beruflichen/amtlichen Funktion beigezogen haben möchte bzw. verantwortlich macht. Die Nummerierung der „Antragsgegner“ mit den Ziffern 1-3 spricht zwar für Letzteres, die Forderung bzw. Erwähnung von Ordnungsgeld (ersatzweise Erzwingungshaft von sechs Monaten), Berufsverbot über fünf Jahre gegen die „Verantwortlichen“ spricht aber dafür, dass die Antragstellerin sich auch gegen die Einzelpersonen wenden möchte. Da damit aber nicht ermittelt werden kann, gegen wen die Antragstellerin sich nun tatsächlich wendet, ist auch der bzw. sind die Antragsgegner nicht ordnungsgemäß benannt.
Der Antrag war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Zugunsten der Antragstellerin wurde davon ausgegangen, dass es sich im Kern um Streitgegenstände handeln sollte, die unter § 188 VwGO fallen und dass deshalb Gerichtskosten nicht anfallen. Eine Streitwertfestsetzung entfällt deshalb.
2. Mangels hinreichender Erfolgsaussichten hat die Antragstellerin deshalb auch keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe (vgl. § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO), ohne dass es noch darauf ankommt, ob die Antragstellerin aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch außerstande ist, die zu erwartenden Kosten des Prozesses ganz, zum Teil oder in Raten zu bestreiten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 18.03.2022 eine Fristverlängerung für die Vorlage der Nachweise über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragen wollte. Diese Unterlagen sind für die vorliegende Entscheidung aufgrund der fehlenden hinreichenden Erfolgsaussichten nicht relevant.


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