Europarecht

Rückzahlungsansprüche im Zusammenhang mit Luftbeförderungsverträgen

Aktenzeichen  3 C 2841/18

Datum:
2.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 22105
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Erding
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 362, § 407, § 648 S. 2, § 812 Abs. 1 S. 1, § 812 Abs. 1 S. 2
ZPO § 339, § 340
GVG § 184

 

Leitsatz

1. Die im Flugpreis enthaltenden Steuern, Gebühren und Entgelte einschließlich eines Treibstoffzuschlags sind von der Fluggesellschaft zu erstatten, wenn der Flug vom Passagier nicht angetreten wird (Rn. 31). (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Fluggesellschaft muss sich im Rückforderungsprozess an der Höhe der Steuern festhalten lassen, die in den von ihr bestätigten Buchungen ausgewiesen sind (Rn. 32). (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Einwand der Erfüllung durch Zahlung an die Reisenden greift nach § 407 BGB nicht mehr durch, wenn diese erfolgte, nachdem die Abretung des Anspruchs angezeigt wurde (Rn. 34). (redaktioneller Leitsatz)
4. Da die Gerichtssprache nach § 184 GVG Deutsch ist, können in spanischer Sprache eingereichte Dokumente nicht berücksichtigt werden (Rn. 35). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Erding vom 06.05.2019 bleibt aufrechterhalten.
2. Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheit in gleicher Höhe fortgesetzt werden.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 677,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Einspruch der Beklagten ist zulässig. Er erfolgte insbesondere form- und fristgerecht (§§ 339, 340 ZPO).
Der Einspruch hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, so dass das Versäumnisurteil vom 06.05.2019 aufrechtzuerhalten war.
I. Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Rückforderungsanspruch in Höhe von 677,00 € aus §§ 398, 648 S. 2, 812 Abs. 1 S. 1, S. 2 Alt. 2 BGB.
Die im Flugpreis enthaltenen Steuern, Gebühren und Entgelte einschließlich eines Treibstoffzuschlages sind von der Fluggesellschaft zu erstatten, wenn der Flug vom Passagier nicht angetreten wird, vgl. Führich, Reiserecht, 7. Auflage 2015, § 35 Rn. 46.
Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten bestätigten Buchungen der jeweiligen Reisenden, sind für die von den Zedenten gebuchten Flüge Steuern in Höhe von insgesamt 677,00 € ausgewiesen. Daran muss sich die Beklagte festhalten lassen. Dies gilt auch für die Buchung der Reisenden Angelika B., die ausweislich der Anlage K 25 auch von der Beklagten selbst bestätigt wurde.
Soweit die Beklagte sich weiter damit verteidigt, Frau Sara M2. sei gesagt worden, sie solle ihre Ansprüche über den jeweiligen Reiseveranstalter geltend machen, so vermochte auch dieser Einwand das Gericht nicht zu überzeugen. Denn ausweislich der Anlage K 1 handelte es sich bei der von Frau M2. gebuchten Reise nicht um eine Pauschalreise, sondern um einen (über ein Reisebüro) bei der Beklagten gebuchten Flug. Gleiches gilt für die Passagiere W. (K 13) und W2. (K 22).
Soweit die Beklagte Erfüllung (§ 362 BGB) einwendet, konnte auch dieser Einwand nicht durchgreifen. Denn zum einen legt sie keinen entsprechenden Nachweis vor bzw. bietet kein Beweismittel an. Zum anderen sollen die behaupteten Zahlungen zu einem Zeitpunkt erfolgt sein, als die Abtretungen der Beklagten bereits angezeigt waren. Somit konnte die Beklagte wegen § 407 BGB nicht mehr mit schuldbefreiender Wirkung an die jeweiligen Passagiere leisten.
Der Einwand, hinsichtlich des Passagiers Gökhan Ö. sei eine Klage in Spanien anhängig, überzeugte im Ergebnis ebenfalls nicht. Denn trotz Anforderung des Gerichts wurde eine beglaubigte Übersetzung der in spanischer Sprache eingereichten Dokumente nicht vorlegt. Das Gericht hat mehrfach darauf hingewiesen, dass gem. § 184 GVG die Gerichtssprache Deutsch ist. Dies wurde von der Beklagtenvertreterin im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 01.07.2019 unter Hinweis auf die mit einer Übersetzung verbundenen Kosten zurückgewiesen. Die Beklagte ist damit beweisfällig geblieben.
Durch Vorlage der Anlage K 25 steht weiter zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Buchung durch die Reisende Angelika B. ordnungsgemäß erfolgt ist. Die Beklagte hat die Buchung sogar selbst bestätigt. Das diesbezügliche pauschale Bestreiten der Beklagten war daher nicht weiter zu beachten.
Gleiches gilt auch für den Einwand der Beklagten, die mit einer Rückerstattung der Buchung der Reisenden Sch. verbundenen Kosten seien höher als der Erstattungsbetrag. Konkrete Zahlen wurden von der Beklagten nicht vorgetragen, so dass der Einwand als unsubstantiiert zurückzuweisen war.
II. Die Verurteilung zur Zahlung der Zinsen gründet sich auf §§ 286, 288 BGB. Zinsen wurden im Termin vom 06.05.2019 ab Rechtshängigkeit beantragt, so dass offen bleiben kann, ob die von der Klagepartei gesetzten Fristen angemessen waren.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 ZPO.
IV. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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