Europarecht

Schadensersatz, Fahrzeug, Berufung, Revision, Annahmeverzug, Sittenwidrigkeit, Staatsanwaltschaft, Software, Haftung, PKW, Frist, Geschwindigkeit, Anspruch, Kommission, Die Fortbildung des Rechts, Fortbildung des Rechts, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung

Aktenzeichen  1 U 90/20

Datum:
20.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 28927
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

31 O 437/19 2020-03-02 Endurteil LGBAYREUTH LG Bayreuth

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Bayreuth vom 02.03.2020, Az. 31 O 437/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Dieses Urteil und das in Ziffer 1 genannte Endurteil des Landgerichts Bayreuth sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einem Fahrzeugkauf geltend.
Am 21.07.2016 kaufte der Kläger einen gebrauchten PKW T. zum Preis von 25.700,00 € bei einem km-Stand von 5.500 km. In dem PKW ist der von der Beklagten entwickelte und hergestellte Dieselmotor des Typs EA 288 verbaut.
Ein Rückruf seitens des KBA ist nicht erfolgt. Ebenso wurde für das streitgegenständliche Fahrzeug kein Software-Update im Zusammenhang mit Abgasproblemen angeboten.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte ihm auf Schadensersatz gem. § 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 823 Abs. 2 BGB i. V.m. § 27 EG-FGV und gem. § 831 BGB. Er hat behauptet, das Fahrzeug sei vom sog. Abgasskandal betroffen. Der Motor EA 288 sei ebenso wie der Motor EA 189 mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form der sog. Akustikfunktion versehen. Darüber hinaus sei das Fahrzeug zur unzulässigen Abgasregulierung mit einem SCR-Katalysator mit Ad-BlueEinspritzung, einem On-Board-Diagnosesystem (OBD), einer Lenkwinkelerkennung, einer Temperaturerkennung, einer Zeiterfassung und einem Thermofenster ausgestattet, worüber der Kläger getäuscht worden sei. Das Fahrzeug sei von der Beklagten bewusst und willentlich unter Verschweigen der den Organen der Beklagten bekannten gesetzeswidrigen Softwareprogrammierung in den Verkehr gebracht worden und drohe mangels Erfüllung der Vorschriften über die EG-Typengenehmigung stillgelegt zu werden. Vor diesem Hintergrund hat der Kläger erstinstanzlich klageweise die Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zahlung von Delikts- und Prozesszinsen Zug um Zug gegen Rückgabe und Übergabe des erworbenen Fahrzeugs (ohne Anrechnung einer Nutzungsentschädigung) geltend gemacht, ferner die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten sowie vorgerichtliche Anwaltskosten.
Die Beklagte hat erstinstanzlich bestritten, dass es sich bei dem Fahrzeug des Klägers um ein solches handelt, das vom Abgasskandal betroffen sei, und darauf hingewiesen, dass in dem Fahrzeug nicht der Motor EA 189 verbaut sei, sondern der mit diesem nicht identische Motor EA 288, der nicht die gleiche Software enthalte wie der Motor EA 189. Das Fahrzeug weise keine unzulässige Abschalteinrichtung auf. Das Kraftfahrbundesamt (KBA) habe den streitgegenständlichen Motor im Hinblick auf die bei den EA 189 – Fahrzeugen monierte Umschaltlogik überprüft und festgestellt, dass keine unzulässige Umschaltlogik zum Einsatz komme. Weitere unzulässige Abschalteinrichtungen seien in dem Fahrzeug nicht verbaut. Die Beklagte hat darüber hinaus die Angaben zum Vorsatz der Organe der Beklagten bestritten. Zuvor hatte sie – noch im Hinblick auf die falsch vorgelegten Unterlagen des Klägers – die Einrede der Verjährung erhoben.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 02.03.2020 hat der Beklagtenvertreter keinen Antrag gestellt. Daraufhin hat der Klägervertreter den Erlass eines Versäumnisurteils beantragt.
Das Landgericht hat die Klage durch Endurteil abgewiesen und dies damit begründet, die Klage sei unschlüssig. Daher könne sogar ein unechtes Versäumnisurteil ergehen. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte den hier verbauten Motor mit einer dem Motor EA 189 gleichartigen Umschalteinrichtung versehen habe. Das Landgericht schließe sich der Rechtsprechung des 8. Zivilsenats des OLG Bamberg an, wonach in den Fällen des X.-DieselSkandals eine deliktische Haftung der Beklagten für Gebrauchtfahrzeuge ausscheide. Insoweit verweist sie auf ein Urteil vom 06.11.2019 (Az. 8 U 73/19).
Wegen der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das dem Kläger am 10.03.2020 zugestellte Endurteil des Landgerichts Bayreuth hat er am 17.03.2020 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist am 10.06.2020 begründet.
Der Kläger trägt im Berufungsverfahren vor, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Vortrag des Klägers unschlüssig gewesen sei. Das Erstgericht hätte auf die seiner Ansicht nach unschlüssige Klage zuvor hinweisen müssen. Daher hätte ein echtes Versäumnisurteil ergehen müssen. Er verweist darauf, dass in dem Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen zur Prüfstandserkennung verbaut seien. Insoweit macht er Ausführungen zum Thermofenster, SCR-Dosierstrategie, Lenkwinkelerkennung, Temperaturerkennung, OnBoard-Diagnose-System (OBD) sowie zur Zeiterfassung. Das Verhalten der Beklagten sei als sittenwidrig einzustufen, da die Beklagte bewusst getäuscht und die Motoren heimlich manipuliert habe. Die Beklagte habe das KBA über die aufgeführten Abschalteinrichtungen getäuscht. Der Erwerb eines Gebrauchsfahrzeuges stehe dem nicht entgegen. Der mangelnde Rückruf durch das KBA sei irrelevant. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung habe der Kläger davon Kenntnis erlangt, dass ein getesteter X. A. mit einem EA 288-Motor und der Schadstoffklasse 6 unter jeglichen Bedingungen die erforderlichen Grenzwerte nicht einhalte. Insoweit habe das KBA einen verpflichtenden Rückruf erlassen. Es gebe staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen die Beklagte und deren Verantwortliche. Im Übrigen verweist der Kläger auf die sekundäre Darlegungslast der Beklagten und wiederholt bzw. vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren:
Unter Abänderung des Urteils des Landgericht Bayreuth, Az. 31 O 437/17, verkündet am 02.03.2020 und uns zugestellt am 10.03.2020,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerpartei 27.100,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 21.07.2016 bis 05.07.2019 und seither fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz Zugum-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestell-Nr. … zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 06.07.2019 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.077,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.07.2019 zu zahlen.
hilfsweise
Das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Bayreuth, Az.: 31 O 437/19, verkündet am 02.03.2020 und uns zugestellt am 10.03.2020, aufzuheben und zur erneuten Verhandlung zurück zu verweisen.
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Mit Schriftsatz vom 05.03.2021 hat der Kläger hinsichtlich seines Antrages auf Deliktzszinsen teilweise Klagerücknahme erklärt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte macht geltend, der Berufungsbegründung mit den dort enthaltenen Angriffen mangele es an einer eingehenden und individuellen Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil.
Darüber hinaus sei die Berufung unbegründet. Das Landgericht habe etwaige Ansprüche der Klagepartei zutreffend abgelehnt. Der Sachvortrag des Klägers beziehe sich weiterhin nahezu ausschließlich auf den Motor EA 189, ein Bezug zum Motor EA 288 werde nicht hergestellt. Die Beklagte bestreitet weiterhin das Vorhandensein einer unerlaubten Abschalteinrichtung beim streitgegenständlichen Motor, weshalb auch ein Rückruf des KBA betreffend die Fahrzeuge mit einem Motor der Baureihe EA 288 nicht erfolgt sei. Auch das Verkehrsministerium hätte ausdrücklich bestätigt, dass bei den Fahrzeugen mit dem Motor EA 288 die von den Motoren der Baureihe EA 189 bekannte Abschalteinrichtung nicht zum Einsatz komme. Ein Thermofenster sei keine unzulässige Abschalteinrichtung. Außerdem fehle es für einen Anspruch aus § 826 BGB, §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB am subjektiven Tatbestand.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und auf die Sitzungsniederschrift vom 29.04.2021 Bezug genommen.
II.
1. Die Berufung ist zulässig.
a) Die Berufung ist statthaft. Da der Klägervertreter den Erlass eines Versäumnisurteils beantragt hatte und nach Auffassung des Erstgericht die Klage unschlüssig war, hat es die Klage gem. § 331 Abs. 2 Hs. 2 ZPO abgewiesen. Das – gegen den erschienenen Kläger ergehende – klageabweisende Urteil ist ein kontradiktorisches Urteil (sog. „unechtes Versäumnisurteil“), gegen das dem Kläger die auch sonst statthaften Rechtsmittel (Berufung oder Revision) zustehen (BeckOK ZPO/Toussaint, 40. Ed. 1.3.2021, ZPO § 331 Rn. 12).
b) Die Berufung genügt auch noch den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Trotz ersichtlicher Verwendung von Textbausteinen aus Schadensersatzverfahren betreffend mit dem Motor EA 189 ausgestattete Fahrzeuge der Beklagten ist sie hinreichend auf den zur Entscheidung stehenden Streitfall zugeschnitten und lässt erkennen, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil unrichtig sein soll (vgl. Zöller-Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 520 Rdnr. 35).
2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Der Kläger hat in Hinblick auf den streitgegenständlichen Fahrzeugkauf keinen deliktsrechtlichen Anspruch gegenüber der Beklagten.
Zwar teilt der Senat nicht die Auffassung des Erstgerichts, dass bei einem Gebrauchtfahrzeug generell keine deliktsrechtliche Haftung des Autoherstellers in den sog. Abgasfällen in Betracht kommt.
Die tatsächlichen Voraussetzungen einer deliktischen Haftung der Beklagten nach § 826 BGB sind von der Klagepartei jedoch nach wie vor nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Der Behauptung des Klägers, das streitgegenständliche Fahrzeug sei mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung wie bei den EA 189-Motoren ausgestattet, fehlt es an Substanz. Im Hinblick auf das Thermofenster fehlt es an der Sittenwidrigkeit. Die Behauptung, das Fahrzeug enthalte weitere unzulässige Abschalteinrichtungen, ist unsubstantiiert.
Andere Anspruchsgrundlagen greifen ebenfalls nicht.
a) Der Kläger hat gegenüber den Beklagten keinen Anspruch aus § 826 i.V.m. § 831 BGB.
aa) Das Erstgericht hätte die Klage zwar nicht bereits deshalb als unschlüssig ansehen dürfen, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um ein Gebrauchtfahrzeug handelt. Denn nach der inzwischen ergangenen Rechtsprechung des BGH kann Sittenwidrigkeit im Sinne von § 826 BGB auch vorliegen, wenn es sich um den Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs handelt (vgl. grundlegend BGH, Urteil v. 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19).
bb) Gleichwohl hat das Erstgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Dafür, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit dem Motor EA 288 eine Abschalteinrichtung aufweist, die mit derjenigen des Motors EA 189 identisch ist bzw. dieser entspricht (Umschaltlogik/Akustikfunktion), zeigt der Klägervortrag keine hinreichenden Anhaltspunkte auf. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich.
(1) Zwar ist es einer Partei grundsätzlich nicht verwehrt, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Umstände zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich hält. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie sich – wie hier der Kläger – nur auf vermutete Tatsachen stützen kann, weil sie mangels Sachkunde und Einblick in die Produktion des von der Gegenseite hergestellten und verwendeten Fahrzeugmotors einschließlich des Systems der Abgasrückführung oder -verminderung keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben kann. Eine Behauptung ist erst dann unbeachtlich, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufgestellt worden ist. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur beim Fehlen jeglicher Anhaltspunkte gerechtfertigt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 28.01.2020, Az. VIII ZR 57/19, Rdnr. 8). Gleichwohl ist von dem Kläger zu fordern, dass er greifbare Umstände anführt, auf die er den Verdacht gründet, sein Fahrzeug weise eine oder mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen auf. Greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung sind jedenfalls nicht erst dann gegeben, wenn das KBA eine Rückrufaktion angeordnet hat (BGH a.a.O., Rdnr. 10, 13).
(2) Auch bei eingehender Auseinandersetzung mit dem klägerischen Sachvortrag unter Beachtung dieser vom BGH aufgestellten Maßstäbe verbleibt es bei der Bewertung, dass der Klägervortrag konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das streitgegenständliche Fahrzeug eine Abschalteinrichtung aufweist, die mit derjenigen des Motors EA 189 identisch ist bzw. dieser entspricht, nicht aufzeigt und diese auch sonst nicht ersichtlich sind.
Ein Rückruf des KBA liegt für das streitgegenständliche Fahrzeug unstreitig nicht vor. Es ist auch nicht Aufgabe des Gerichts, beim KBA nachzufragen, ob das streitgegenständliche Fahrzeug über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügt. Dies hätte dem Kläger (im Rahmen seiner primären Darlegungslast) oblegen.
Soweit der Kläger argumentiert, ein Software-Update sei zur Beseitigung des Schadens ungeeignet, wurde von der Beklagten bestritten, dass für das streitgegenständliche Fahrzeug ein Software-Update zur Entfernung einer angeblichen unzulässigen Abschalteinrichtung überhaupt angeboten wurde. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
Es trifft auch nicht zu, dass die Beklagte den Einbau einer Umschaltlogik im streitgegenständlichen Fahrzeug zugestanden hätte. Soweit sich die Beklagte in der Klageerwiderung auf Dieselmotoren der Klasse EU6 bezieht, betrifft dies ausschließlich Fahrzeuge mit dem Motor EA 189 und nicht EA 288.
Dass keine wirksame EG-Typengenehmigung vorliege, wurde von der Beklagten bestritten. Dem ist der Kläger ebenfalls nicht substantiiert entgegengetreten. Es ist daher davon auszugehen (§ 138 Abs. 2 ZPO), dass das Fahrzeug den Bestimmungen der Euro 6 – Normen entspricht.
Soweit der Kläger zur Funktionsweise der Umschaltlogik vorträgt, betreffen die Ausführungen lediglich den Motor EA 189. Warum diese Ausführungen auf den Motor EA 288 und das streitgegenständliche Fahrzeug übertragbar sein sollen, wird nicht substantiiert dargelegt, sondern lediglich vermutet, da es sich um das Nachfolgemodell handele. Dies reicht nicht aus.
Allein der Umstand, dass der Kläger vorträgt, entgegen der Behauptung der Beklagten seien auch zu Motoren der Reihe EA 288 Rückrufe erfolgt und hierbei auf ein Urteil des LG Bonn (Az. 9 O 114/19) verweist, stellt keinen hinreichenden Anhaltspunkt dar, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug eine Umschaltlogik verbaut worden ist. So stellt das dortige Urteil bereits nicht auf die Umschaltlogik ab. Auch auf den Rückruf eines X.-Modells A. mit dem Motor EA 288 kann sich der Kläger nicht erfolgreich berufen. Es ist gerichtsbekannt, dass das KBA selbst bei Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 nicht sämtliche Fahrzeuge mit diesem Motortyp zurückgerufen hat. Erst recht nicht kann davon ausgegangen werden, dass wenn ein Motor der Reihe EA 288 von einem amtlichen Rückruf betroffen ist, gleich sämtliche Fahrzeuge mit einer Umschaltlogik ausgestattet sein könnten. Dies verbietet sich schon aufgrund der jeweiligen technischen Unterschiede in vielfacher Hinsicht. Zu einer Vergleichbarkeit in diesem Zusammenhang fehlt es an konkretem Vortrag.
Soweit sich der Kläger insoweit auf ein Schreiben der X. AG an das KBA vom 29.12.2015 stützt, geht aus diesem hervor, dass die in den Motorsteuerungsgeräten (MSG) hinterlegte Fahrkurve, mit welcher die Optimierung der NOx-Emissionen bei dem bezeichneten Aggregat vorgenommen wurde, zwar auch in dem Nachfolgeaggregat EA 288 enthalten ist, „hier aber nicht zu einer Optimierung der NOx-Emissionen im Prüfstandsbetrieb eingesetzt wurde“. Die Behauptung, auch in dem Motor der Baureihe EA 288 sei eine Umschaltlogik eingebaut, wird durch das vorgelegte Schreiben damit nicht gestützt. Aus dem Schreiben ergibt sich im Gegenteil, dass bei Fahrzeugen mit EA 288 Motor in der Motorsteuerungssoftware keine Optimierung der Emissionen im Prüfstandsbetrieb vorgenommen wurde.
Der Kläger trägt weiter vor, bei allen EA 189-Fahrzeugen sei die sog. „Akustikfunktion“ (= Prüfstandsmodus) auch auf die EA 288 Fahrzeuge übertragen worden. Der Kläger beruft sich insoweit insbesondere auf die „Applikationsanweisung Diesel, Fahrkurven EA 288 NSK“, in der ausgeführt wird:
„Anwendungsbeschreibung:
NSK: Bedatung, Aktivierung und Nutzung der Fahrkurven zur Erkennung des Precon und des NEFZ um die Abgasnachbehandlungsevents (DeNOx-/DESOx-Events) nur streckengesteuert zu platzieren. Im normalen Fahrbetrieb strecken- und beladungsgesteuerte Platzierung der Events; Beladungssteuerung als führende Größe“.
Hieraus meint der Kläger ableiten zu können, dass auch Fahrzeuge mit einem Motor der Baureihe EA 288 mit einer Manipulationssoftware ausgerüstet seien, die auf dem Prüfstand andere Abgaswerte messe als im realen Betrieb auf der Straße. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere aus der zitierten Passage der Anwendungsbeschreibung, indes nicht. Die zitierte Applikationsanweisung enthält lediglich Anweisungen bezüglich der Durchführung der Fahrzyklen Precon und NEFZ. Bezüglich des Vorhandenseins einer Umschaltlogik in der Motorsteuerungssoftware hat die zitierte Passage keine Aussagekraft. Auch aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen ergeben sich entgegen der Auffassung des Klägers keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass bei Fahrzeugen mit einem EA 288 Motor die Abgasreinigung im Prüfmodus auf dem Rollenprüfstand anders arbeitet als auf im realen Betrieb auf der Straße.
Dem Antrag auf Beiziehung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Braunschweig, Az. 411 Js 49032/15 und 411 Js 46675/15 war nicht nachzukommen, denn es ist nicht dargetan, inwieweit die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig für das vorliegende Verfahren von Bedeutung sein könnten. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen betrafen gerichtsbekannt den Motor der Baureihe EA 189. Dass auch die Motoren der Nachfolgegeneration EA 288 Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen sind, wurde nicht vorgetragen. Aus ihren Ausführungen ergibt sich vielmehr, dass die Klagepartei aus den Ermittlungsakten erst Erkenntnisse für einen weiteren Sachvortrag gewinnen will. Dass auch Motoren der Generation EA 288 Gegenstand der strafrechtlichen Ermittlungen sind, wurde klägerseits nicht behauptet.
Der Vortrag, das Fahrzeug des Klägers würde außerhalb des Prüfstandes alle gesetzlichen Grenzwerte um mindestens das 4,7-fache übersteigen, ist ebenfalls unbehilflich. Der Kläger hat dies unter Beweis gestellt durch Erholung eines Sachverständigengutachtens. Das zum Beweis angebotenen Sachverständigengutachten war gleichwohl nicht zu erholen, weil es darauf für die Entscheidung nicht ankommt. Aus einer Überschreitung der Grenzwerte auf der Straße, die der Kläger behauptet, folgt noch nicht das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form der Umschaltlogik. Es ist gerichtsbekannt, dass Emissionswerte branchenweit im normalen Fahrbetrieb höher sind als unter Prüfbedingungen, insbesondere im NEFZ – Prüfzyklus. Für die Frage des Vorhandenseins einer Umschaltlogik in der Motorsteuerungssoftware hat dieser Umstand keine Aussagekraft.
Nach alledem erweist sich Betroffenheit des klägerischen Fahrzeugs vom Dieselskandal in gleicher Weise wie der Motor EA 189 bei allem schriftsätzlichen Volumen als bloße Vermutung ohne Tatsachengrundlage (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 18.06.2019, 3 U 416/19)
cc) Auch die Behauptung der Klagepartei, das Fahrzeug sei mit einem als unzulässige Abschalteinrichtung anzusehenden sog. Thermofenster ausgestattet, begründet keinen Anspruch aus § 826 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB gegen die Beklagte, denn es fehlt jedenfalls an der hinreichenden Begründung eines entsprechenden sittenwidrigen Verhaltens bzw. subjektiven Tatbestands.
(1) Objektiv sittenwidrig ist nach der Rechtsprechung ein Verhalten, das nach Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, das heißt mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2013 – VI ZR 336/12, NJW 2014, 383, Rn. 9; Teilversäumnis- und Endurteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15, NJW 2017, 250, Rn. 16). Dass das Verhalten gegen vertragliche Pflichten oder das Gesetz verstößt, unbillig erscheint oder einen Schaden hervorruft, genügt nicht. Insbesondere die Verfolgung eigener Interessen bei der Ausübung von Rechten ist im Grundsatz auch dann legitim, wenn damit eine Schädigung Dritter verbunden ist (vgl. BGH, Urteil vom 19.10.1987 ‒ II ZR 9/87, NJW 1988, 700). Hinzutreten muss eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eintretenden Folgen ergeben kann (BGH, Urteil vom 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NJW 2012, 1800, Rn. 28; Urteil vom 03.12.2013 – XI ZR 295/12, NJW 2014, 1098; Urteil vom 15.10.2013 – VI ZR 124/12, NJW 2014, 1380; vgl. insgesamt Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl. 2019, § 826 Rn. 4 m.w.N.).
(2) Nach der Rechtsprechung des BGH kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) selbst beim Motor EA 189 als besonders verwerflich angesehen werden kann. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass eine derartige temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren ist. Der darin liegende – unterstellte – Gesetzesverstoß reicht aber nicht aus, um das Gesamtverhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren. Hierfür bedürfte es vielmehr weiterer Umstände im Zusammenhang mit der Entwicklung und Genehmigung des Software-Updates, an denen es im Streitfall fehlt.
Die Applikation einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems ist nicht mit der Verwendung der Prüfstandserkennungssoftware zu vergleichen, die die Beklagte zunächst zum Einsatz im Motor EA 189 gebracht hatte. Während letztere, wie oben ausgeführt, unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abzielte und einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugerwerber in der Bewertung gleichsteht, ist der Einsatz einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems nicht von vornherein durch Arglist geprägt. Sie führt nicht dazu, dass bei erkanntem Prüfstandsbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und der Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert wird, sondern arbeitet in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise. Unter den für den Prüfzyklus maßgebenden Bedingungen (Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit, Geschwindigkeit, Widerstand etc., vgl. Art. 5 Abs. 3 a) der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 i.V.m. Art. 3 Nr. 1 und 6, Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung 715/2007/EG (ABl. L 199 vom 28. Juli 2008, S. 1 ff.) in Verbindung mit Abs. 5.3.1 und Anhang 4 Abs. 5.3.1, Abs. 6.1.1 der UN/ECE-Regelung Nr. 83 (ABl. L 375 vom 27. Dezember 2006, S. 246 ff.) entspricht die Rate der Abgasrückführung im normalen Fahrbetrieb derjenigen auf dem Prüfstand.
Bei dieser Sachlage hätte sich die Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten durch die Implementierung des Thermofensters nur dann fortgesetzt, wenn zu dem – hier unterstellten – Verstoß gegen Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 im Zusammenhang mit der Entwicklung und Genehmigung des Software-Updates weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Dies setzt jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Applikation der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine (weitere) unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (vgl. BGH, Beschluss v. 9.3.2021 – VI ZR 889/20, BeckRS 2021, 4148).
An hinreichenden Anhaltspunkten für ein solches Bewusstsein fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger hat auch nicht schlüssig vorgetragen, dass die Beklagte das KBA im Rahmen des Typengenehmigungsverfahren über das Vorhandensein eines Thermofensters im streitgegenständlichen Fahrzeug absichtlich getäuscht hat. So hat die Beklagte substantiiert vorgetragen, dass dem KBA die EA 288-Aggregate im Rahmen eines Technik-Workshops am 22.01.2016 ausdrücklich vorgestellt worden und vom KBA weder damals noch in der Folgezeit beanstandet worden seien (BB II S. 25). Dies war vor der Erstzulassung des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Dazu, wann das KBA konkret getäuscht worden sein soll, verhält sich der Kläger nicht. Überdies spricht auch der Umstand, dass das KBA auch nach über 5-jähriger Prüfung rund um den Motor EA 288 das streitgegenständliche Fahrzeug nicht zurückgerufen hat, gegen den Umstand, dass es sich hier als getäuscht ansehen würde.
Überdies ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte allenfalls von einer fahrlässigen Verkennung der Rechtslage durch die Beklagte auszugehen. Dann fehlt es aber am notwendigen Schädigungsvorsatz, da dieser das Bewusstsein eines möglichen Gesetzesverstoßes verbunden mit einer zumindest billigenden Inkaufnahme desselben erfordert (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 04.07.2019 – 3 U 148/18, Juris Rn. 6).
dd) Auch der klägerische Sachvortrag zu behaupteten weiteren Manipulationsvorrichtungen vermag der Klage und damit der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen.
(1) Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass das SCR-System und die Ad-Blue-Versorgung unzulässige Abschalteinrichtungen darstellen.
Es ist bereits nicht hinreichend vorgetragen, dass ein SCR-Katalysator im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut ist. Denn der Kläger trägt im Schriftsatz vom 21.02.2020 erst vor, dass bei EA 288-Dieselmotoren die SCR-Technologie Anwendung finde, welche für eine Reduktion von Stickoxiden mit Hilfe eines SCR-Katalysators sorge. Im nächsten Satz heißt es im Gegensatz dazu, dass das streitgegenständliche Fahrzeug über einen SCRKatalysator nicht verfüge. Die Beklagte hat zudem vorgetragen, dass das SCR-System und damit auch die Ad-Blue-Versorgung unabhängig davon arbeite, ob sich das streitgegenständliche Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im realen Straßenbetrieb befinde. Die Ad-Blue-Steuerung werde nicht unterschiedlich angesteuert. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Daher war das angebotene Sachverständigengutachten nicht einzuholen.
(2) Im vorliegenden Fall fehlt es auch an greifbaren Anhaltspunkten dafür, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug mit dem Motor EA 288 eine Lenkwinkelerkennung verbaut ist, welche erkennt, wenn sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet, und nur auf dem Prüfstand in den Fahrmodus schalte, welcher den gesetzlich vorgeschriebenen Abgasgrenzwerte erreiche. Der Kläger behauptet dies vielmehr erkennbar ins Blaue hinein. Die Beklagte hat dies bestritten (Bl. 296). Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Das insoweit angebotene Sachverständigengutachten war daher nicht einzuholen.
Überdies hat die Beklagten unwidersprochen vorgetragen, dass das KBA den Verbau einer Fahrkurvenerkennung nicht als unzulässige Abschalteinrichtung gewertet habe, da auch bei einer Deaktivierung dieser Funktion die Grenzwerte in den Prüfverfahren nicht überschritten worden seien.
(3) Auch das vom Kläger behauptete Vorhandensein eines Temperatursensors, der zusätzlich die Temperatur messe und erkenne, dass über einen der Prüfstandsmessung vorausgehenden Zeitraum die Temperatur konstant 20 Grad Celsius betrage (sog. Aufwärmphase), führt nicht zur schlüssigen Begründung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten. Selbst wenn damit eine gleichbleibende Temperatur sichergestellt werden soll, damit im Prüfstandsmodus die jeweiligen Messungen stets unter den gleichen Bedingungen für die Bauteile stattfinden, und es außerhalb des Prüfstandes eine solche gleichbleibende Temperatur nicht gibt, ergibt der diesbezügliche Sachvortrag des Klägers noch nicht, dass es sich bei der Temperaturerkennung um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt und diese von der Beklagten zu manipulativen Zwecken eingesetzt wird. Der Kläger trägt vielmehr selbst vor, dass die gleichbleibende Temperatur auf dem Prüfstand dazu dient, dass vergleichbare Messergebnisse zustande kommen.
(4) Soweit der Kläger vorträgt, dass der Prüfzyklus im NEFZ in der Regel ca. 20 Minuten betrage und auch das streitgegenständliche Fahrzeug mittels einer Zeiterfassung die Dauer der Messung erfasse und für diesen Zeitraum nur für den Prüfstand auf einen scheinbar sauberen Modus umstelle, fehlt es auch insoweit an greifbaren Anhaltspunkten dafür, dass es sich hierbei um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt und dass die geschilderte Zeiterfassung im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut ist.
(5) Die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe in das On-Board-Diagnosesystem (OBD) eingegriffen, damit dieses keine Fehlermeldung bei der unzureichenden Abgasreinigung außerhalb des vorprogrammierten Temperaturfensters anzeigt, und die Schlussfolgerung, dies sei aus Sicht der Beklagten nicht erforderlich, wenn sie von der Zulässigkeit des Thermofensters überzeugt gewesen wäre, beruht auf der Prämisse, dass es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige, zum alleinigen Zweck der Abgasmanipulation mit sittenwidriger Zielrichtung eingebaute Abschalteinrichtung handelt. Hiervon ist, wie oben dargelegt, jedoch nicht ohne weiteres auszugehen.
(6) Auch die vom Kläger ins Feld geführte und zitierte Medien- und Presseberichterstattung begründet keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass auch im Fahrzeug des Klägers eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist. Worin diese konkret bestehen soll, geht aus diesen Berichten nicht hervor.
(7) Der Umstand, dass die gesetzlichen Grenzwerte im Prüfstandsbetrieb eingehalten werden, auf der Straße jedoch nicht, ist kein greifbarer Umstand, aus dem folgt, dass das Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung aufweist. Es ist allgemein- und gerichtsbekannt, dass die Angaben der Hersteller bezüglich Emissionswerte von den realen Werten im Straßenbetrieb abweichen. Daraus folgt indes noch nicht, dass die Beklagte die Motorensteuerungssoftware in manipulativer Absicht so programmiert hat, dass auf dem Prüfstand andere Werte gemessen werden als im Straßenbetrieb, um unberechtigt eine Typengenehmigung zu erhalten.
Die manipulative Absicht der Beklagten beim Motor EA 189 ergab sich daraus, dass die Software, die den Motor steuert, so programmiert war, dass diese erkannte, wann das Fahrzeug im Prüfstandsbetrieb war und dann die Messung automatisch auf einen besonderen Modus umstellte, in dem die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten wurden. Darin lag die unzulässige Manipulation. Eine solche kann nicht durch Messergebnisse bei Fahrversuchen, sondern letztlich nur durch eine Untersuchung des Quellcodes der Motorensteuerungssoftware durch einen Softwarespezialisten festgestellt werden. Die Differenz zwischen den bei Fahrversuchen festgestellten NOx-Werten im Prüfstandsbetrieb und im realen Fahrbetrieb ist insoweit irrelevant, weil sich daraus eine Manipulation nicht herleiten lässt.
(8) Der Vortrag der Klagepartei führt auch nicht zu einer sekundären Darlegungslast der Beklagten zu den technischen Gegebenheiten der mit dem Motor EA 288 ausgestatteten Fahrzeuge. Grundsätzlich trägt der Geschädigte, der sich auf einen Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB beruft, die volle Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 33. Aufl., vor § 284 Rdnr. 34). Die Annahme einer sekundären Darlegungslast setzt voraus, dass der darlegungs- und beweisbelasteten Partei die nähere Darlegung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während die gegnerische Partei alle wesentlichen Tatsachen kennt oder es ihr zuzumuten ist, nähere Angaben zu machen. Die Voraussetzungen für eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten sind hier nicht erfüllt. Um eine Ausforschung zu vermeiden, muss der unstreitige oder zu beweisende Vortrag des Beweispflichtigen greifbare Anhaltspunkte für seine Behauptung liefern (vgl. Zöller, a.a.O., m.w.N. aus der Rechtsprechung). Daran fehlt es hier. Der Sachvortrag des Klägers erschöpft sich in der Behauptung, dass auch in der Motorsteuerung der Baureihe EA 288 eine Umschaltlogik enthalten sei. Konkrete Anhaltspunkte für diese Behauptung hat der Kläger nicht geliefert. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.
ee) Zudem sind auch die subjektiven Haftungsvoraussetzungen nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger hat jedenfalls ein vorsätzliches Handeln der Beklagten nicht offengelegt. Sofern die Klagepartei zur Behauptung der unzulässigen Abschalteinrichtung auf den von den EA 189- Motoren bekannten Sachverhalt verweist, genügt dies nicht zur Darlegung des Vorsatzes der Beklagten, denn es handelt sich dabei um eine andere Motorenbaureihe. Die Ausführungen des Klägers beziehen sich auf die Baureihe der EA 189-Motoren und sind nicht ohne weiteres auf die Nachfolgemotoren der EA 288-Generation übertragbar. Da die Klagepartei bereits keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer Abschalteinrichtung auch bei den Motoren der Baureihe EA 288 vorbringt, konnte sie auch keine substantiellen Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten behaupten.
ff) Abschließend ist festzustellen, dass hinsichtlich des klägerischen Fahrzeuges – anders als bei den Fahrzeugen mit EA 189 – Motor – zu keinem Zeitpunkt die konkrete Gefahr einer Zulassungsentziehung oder Betriebsuntersagung bestand, weil ein behördliches Einschreiten seitens des KBA hier nicht erfolgt ist. Es ist daher auch nicht erkennbar, inwiefern der Vertragsschluss über das konkrete Fahrzeug für den Kläger nachteilig gewesen sein soll.
b) Auch unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten steht dem Kläger gegenüber der Beklagten kein Anspruch zu.
aa) Ansprüche des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB sind nicht gegeben. Diese würden jeweils den Nachweis eines deliktischen Handelns bzw. einer vorsätzlichen Täuschungshandlung voraussetzen. Dieser ist – wie oben dargelegt – dem Kläger nicht gelungen. Im Übrigen scheitert dieser Anspruch bereits am Fehlen der Bereicherungsabsicht und der in diesem Zusammenhang erforderlichen Stoffgleichheit des erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils mit einem etwaigen Vermögensschaden. Der subjektive Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB setzt die Absicht voraus, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Dabei müssen der vom Täter erstrebte Vermögensvorteil und der verursachte Vermögensschaden einander „spiegelbildlich“ entsprechen. Einen Vermögensschaden hat der Käufer dann erlitten, wenn das von ihm erworbene Fahrzeug im Hinblick auf die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung und etwaige damit verbundene Risiken den vereinbarten und bezahlten Kaufpreis nicht wert war. Zwischen dieser etwaigen Vermögenseinbuße mit den denkbaren Vermögensvorteilen, die ein verfassungsmäßiger Vertreter der Beklagten (§ 31 BGB) für sich oder einen Dritten, etwa den Fahrzeughändler, erstrebt haben könnte, besteht jedoch keine Stoffgleichheit (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020, Az. VI ZR 5/20).
bb) Dem Kläger steht auch kein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 VO 715/2007/EG zu. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV bzw. Art. 5 VO 715/2007/EG stellen keine Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar, da das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, nicht im Aufgabenbereich dieser Normen liegt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber mit den genannten Vorschriften (auch) einen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit und speziell des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts der einzelnen Käufer bezweckte und an die (auch fahrlässige) Erteilung einer inhaltlich unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigung einen gegen den Hersteller gerichteten Anspruch auf (Rück-)Abwicklung eines mit einem Dritten geschlossenen Kaufvertrags hätte knüpfen wollen (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020, Az. VI ZR 5/20 und Urteil vom 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19).
c) Nachdem Schadensersatzansprüche des Klägers bereits dem Grunde nach nicht gegeben sind, konnte die Frage der Verjährung offen bleiben.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
Die Feststellungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Frage des hinreichend substantiierten Sachvortrags einer Partei ist eine Frage des Einzelfalls. Die vom BGH hierzu aufgestellten Maßstäbe hat der Senat beachtet.

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