Europarecht

Sofortige Vollziehbarkeit einer wasserrechtlichen Anordnung – Wasserrechtliche Plangenehmigung für  einen bereits errichteten Steinwall

Aktenzeichen  8 CS 20.1435

Datum:
14.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 32760
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 1, Abs. 5 S. 1, 146 Abs. 4
BayWG Art. 20, Art. 67 Abs. 1
WHG § 36, § 67 Abs. 2 S. 3, § 68 Abs. 1 u. 2 S. 1
WHG n.F. § 78a Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Zum Begriff der Deich- und Dammbauten sowie zur Beeinflussung des Hochwasserabflusses im Sinn von § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG. (Rn. 16 – 17)
1. Deiche sind künstliche Erderhöhungen, die dazu dienen, ein bestimmtes Gebiet vor Hochwasser zu schützen. Dämme, also  künstliche Erhöhungen, die auch beliebig anderen Zwecken dienen können, sind Deichen gleichgestellt, soweit sie ebenfalls den Hochwasserabfluss beeinflussen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Legalisierungsanordnung im Plangenehmigungsverfahren zur Prüfung der Genehmigungsfähigkeit eines Steinwalls   aus wasserwirtschaftlicher Sicht stellt für die Eigentümerin das mildere Mittel gegenüber einer Beseitigungsanordnung dar. (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 2 S 20.1462 2020-05-22 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer wasserrechtlichen Anordnung, mit der sie verpflichtet wird, die wasserrechtliche Plangenehmigung für einen bereits errichteten Steinwall zu beantragen und die hierfür erforderlichen, im Einzelnen aufgeführten Unterlagen vorzulegen.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. … Gemarkung A…, das mit mehreren Gebäuden bebaut ist und teilweise innerhalb des mit Verordnung des Landratsamts F… vom 4. Mai 2011 festgesetzten Überschwemmungsgebiets für den S…bach (Gewässer 3. Ordnung) liegt. Die Gesellschafter der Antragstellerin errichteten 2016 auf dem Grundstück einen parallel zum S…bach verlaufenden, etwa 40 m langen und zwischen 30 und 40 cm hohen, mit Erdaushub hinterfüllten Steinwall.
Das Wasserwirtschaftsamt M… teilte dem Landratsamt F… am 18. Mai 2017 mit, dass der Wall im festgesetzten Überschwemmungsgebiet liege und ohne die dafür erforderliche Genehmigung errichtet worden sei. Aus der weiteren fachlichen Stellungnahme vom 29. August 2017 geht hervor, dass dieser den Hochwasserabfluss, den Hochwasserstand und die Hochwasserrückhaltung wesentlich beeinflussen könne. Es seien nachteilige Auswirkungen zu erwarten. Wesentliche Beeinträchtigungen der Nachbargrundstücke könnten nicht ausgeschlossen werden. Aussagen zur Genehmigungsfähigkeit seien aber erst nach Vorlage und Prüfung eines hydraulischen Nachweises möglich.
Die Antragstellerin kam den wiederholten Aufforderungen zur Beseitigung nicht nach. Daraufhin verpflichtete sie das Landratsamt mit Bescheid vom 24. Februar 2020 dazu, anhand im einzelnen beschriebener Unterlagen die Durchführung des nach § 68 i.V.m. § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG erforderlichen wasserrechtlichen Plangenehmigungsverfahrens für den Steinwall zu beantragen. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 3. April 2020 erhobenen Klage sowie mit dem zugleich gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht München hat den Antrag mit Beschluss vom 22. Mai 2020 abgelehnt. Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung ausreichend begründet ist (dazu unter 1.) und dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Anordnung das Suspensivinteresse der Antragstellerin überwiegt, weil die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 24. Februar 2020 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird (dazu unter 2.).
1. Die Vollziehungsanordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die von der Antragstellerin erhobenen Einwendungen überzeugen nicht.
Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO wird nicht schon dann genügt, wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird. Es bedarf vielmehr einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im jeweiligen Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Betroffenen am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (BVerwG, B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26.01 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 15.2.2019 – 8 CS 18.2411 – NuR 2019, 787 = juris Rn. 8; B.v. 22.2.2019 – 8 AS 19.40002 – juris Rn. 15, jew. m.w.N.). An das Begründungserfordernis sind aber inhaltlich keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2019 – 9 CS 18.2659 – juris Rn. 13; B.v. 16.10.2019 – 11 CS 19.1434 – juris Rn. 20). So ist es unerheblich, ob die angeführten Gründe die Vollziehungsanordnung auch tatsächlich rechtfertigen und ob eine besondere Eilbedürftigkeit erschöpfend dargetan wurde (BayVGH, B.v. 15.2.2019 – 8 CS 18.2411 – a.a.O.; B.v. 22.2.2019 – 8 AS 19.40002 – a.a.O., jew. m.w.N.). Soweit eine häufig wiederkehrende Sachverhaltsgestaltung zugrunde liegt, bei der ein Überwiegen des Vollzugsinteresses typischerweise gegeben ist, kann es ausreichen, diese aufzuzeigen und zu verdeutlichen, dass sie nach Auffassung der Behörde im konkreten Fall einschlägig ist (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2019 – 11 CS 19.1434 – juris Rn. 20 m.w.N.).
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung ausreichend begründet wurde. Das Beschwerdevorbringen, die Ausführungen seien allgemein gehalten und es sei nicht auf den speziellen Fall abgestellt worden, erweist sich als unbehelflich. Das Landratsamt hat in den Gründen nachvollziehbar und auf den zugrundeliegenden Sachverhalt bezogen ausgeführt, warum bei der Abwägung die Interessen der Antragstellerin hinter der Notwendigkeit der Gefahrenabwehr zurücktreten müssen. Es hat dargelegt, dass hier ein Abwarten bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung zur Folge hätte, dass bei einem eintretenden Hochwasser der ausgeuferte Hochwasserabfluss in eine bestimmte Richtung gelenkt werden kann und dass die Höhe des Wasserstandes sowie die Hochwasserrückhaltung nachteilig beeinflusst werden können. Demgegenüber wurde der Eingriff in die Eigentumsfreiheit als nicht so schwerwiegend angesehen. Die Begründung enthält daher nicht nur abstrakte Ausführungen. Vielmehr wurden die wesentlichen Erwägungen schlüssig, auf den konkreten Fall bezogen und substantiiert dargelegt.
Der Einwand der Antragstellerin, die Begründung stelle nicht auf den speziellen Fall ab, überzeugt ebenfalls nicht. Zwar mag es zutreffen, dass gleichartige Erwägungen auch bei anderen, vergleichbaren Anlagen in einem Überschwemmungsgebiet angestellt werden können, darauf kommt es aber nicht an. Die Erwägungen sind deshalb nicht als lediglich formelhafte Ausführungen zu bewerten, die dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht genügen würden (vgl. Buchheister in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 80 Rn. 25). Hier wurden die maßgeblichen Umstände des Einzelfalls sowie die fachliche Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts zum konkreten Fall nachvollziehbar zugrunde gelegt und den Interessen der Antragstellerin gegenübergestellt. Dass es eine Vielzahl anderer Fallgestaltungen geben mag, in denen die Interessen bei der Errichtung von Wallanlagen ohne Genehmigung in gleicher Weise zu beurteilen sind, spricht schon deshalb nicht gegen die Einzelfallbezogenheit, weil andernfalls eine Behörde regelmäßig dadurch am Erlass einer Vollziehungsanordnung gehindert wäre, dass es eine Anzahl vergleichbarer Fälle gibt.
Ebenso wenig kann sich die Antragstellerin mit Erfolg darauf berufen, dass die Ausführungen zur sofortigen Vollziehbarkeit inhaltlich unzutreffend seien. Im Zusammenhang mit dem Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist nicht zu prüfen, ob die angeführten Gründe die Vollziehungsanordnung auch tatsächlich rechtfertigen. Im Übrigen setzt die Antragstellerin im Ergebnis lediglich ihre eigene Auffassung an die Stelle der Einschätzung der zuständigen Fachbehörden, ohne diese substanziiert in Frage zu stellen (vgl. dazu unter 2.1).
2. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt das gegenläufige Suspensivinteresse der Antragstellerin, weil ihre hiergegen gerichtete Anfechtungsklage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der angegriffene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in Art. 67 Abs. 1 BayWG, § 68 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG. Danach kann die zuständige Behörde verlangen, dass ein Antrag auf Plangenehmigung (oder auch Planfeststellung) gestellt wird, wenn Deich- oder Dammbauten, die den Hochwasserabfluss beeinflussen, ohne Planfeststellung oder Plangenehmigung errichtet wurden.
2.1 Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass es sich bei dem Steinwall um einen Damm im Sinn des § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG handelt, der nicht nur unerhebliche Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss hat.
Nach § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG stehen Deich- und Dammbauten, die den Hochwasserabfluss beeinflussen, dem Gewässerausbau gleich. Deiche sind künstliche Erdaufhöhungen, die dazu dienen, ein bestimmtes Gebiet vor Hochwasser (Überflutungen) zu schützen (Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 67 Rn. 43; Reinhardt, ZfW 2003, 193/19, jew. m.w.N.; vgl. auch Maus in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 67 Rn. 61; Schenk in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, Stand August 2019, § 67 Rn. 35). Dämme, also künstliche Erhöhungen, die auch beliebig anderen Zwecken als dem Hochwasserschutz dienen können (Czychowski/Reinhardt, a.a.O.; Maus, a.a.O.; Schenk a.a.O.) und die auch aus anderen Materialien als Erde bestehen können (Maus, a.a.O.; Schenk a.a.O.), sind den Deichen gleichgestellt, soweit sie ebenfalls den Hochwasserabfluss beeinflussen. Aufgrund der gesetzlichen Schutzziele darf der Begriff des Damms und des Deichs nicht zu eng ausgelegt werden (Riese in Landmann/Romer, Umweltrecht, Stand Febr. 2020, § 67 WHG Rn. 91). Sinn und Zweck der Regelung ist es, Deich- und Dammbauten, die den Hochwasserabfluss beeinflussen, in gleicher Weise unter Kontrolle zu halten wie der Ausbau eines Gewässers, aufgrund der Erkenntnis, dass sie in ihren Auswirkungen auf den Wasserhaushalt von ähnlicher Bedeutung sind wie die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers (BayVGH, U.v. 30.8.2011 – 8 B 11.172 – BayVBl 2012, 468 = juris Rn. 29; Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 67 Rn. 45). Angesichts der gleichen Zielsetzung und der rechtlichen Gleichbehandlung erübrigt sich regelmäßig eine genaue Abgrenzung zwischen Deichen und Dämmen (Schenk, a.a.O.; Spieth, in BeckOK Umweltrecht, § 67 WHG Rn. 26).
Eine Beeinflussung des Hochwasserabflusses liegt vor, wenn der Deich oder Damm etwa den Hochwasserabfluss hemmt oder ihn beschleunigt (Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 67 Rn. 43; Maus, a.a.O., § 67 Rn. 62, jew. m.w.N.). Eine negative Beeinflussung ist nicht erforderlich (vgl. auch OVG NW, U.v. 4.6.1984 – 20 A 1283/83 – ZfW 1985/86, S. 187/188; Schenk, a.a.O., § 67 Rn. 36), was bereits aus dem Wortlaut folgt (Riese, a.a.O., § 67 Rn. 94).
Das Verwaltungsgericht hat die Voraussetzungen des § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG unter Berufung auf die Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts, dessen gutachterlicher Tätigkeit eine besondere Bedeutung zukommt (stRspr, vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 15.2.2019 – 8 CS 18.2411 – NuR 2019, 787 = juris Rn. 14 m.w.N.), zu Recht bejaht. So geht vor allem aus dessen Stellungnahmen vom 29. August 2017 (Behördenakte S. 22) und vom 29. April 2020 (Behördenakte S. 240) hervor, dass der Steinwall eine künstliche Erhöhung darstellt, die ungeachtet der Tatsache, dass sie nicht quer zur Fließrichtung des Wassers bei Überschwemmungen verläuft, geeignet ist, den Hochwasserabfluss, den Hochwasserstand und die Hochwasserrückhaltung wesentlich zu beeinflussen. Aus fachlicher Sicht sind nachteilige Auswirkungen zu erwarten und wesentliche Beeinträchtigungen der Nachbargrundstücke können nicht ausgeschlossen werden aufgrund der wesentlichen Verengung des Hochwasserabflussquerschnitts (verbunden mit einer Erhöhung der Abflussgeschwindigkeit im verengten Querschnitt), des wesentlichen Verlusts an bestehendem Retentionsraum (etwa 1000 m² mit einer maximalen Wassertiefe von bis zu 0,5 m) sowie aufgrund von Behinderungen beim Zurückfließen des ausgeuferten Wassers nach Ablauf eines entsprechend großen Hochwasserereignisses. Nach der zusammenfassenden Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts wird der Hochwasserabfluss des S…bachs und die Fließrichtung des Wassers durch den Steinwall wesentlich verändert (Behördenakte S. 241), so dass eine Beeinflussung im Sinn des § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG gegeben ist. In seinen Stellungahmen hat das Wasserwirtschaftsamt auch nachvollziehbar dargelegt, dass die beschriebenen Auswirkungen des Vorhabens auf das Abflussgeschehen bereits ohne Vorlage eines hydraulischen Nachweises bestätigt werden können, dass sich detaillierte Aussagen dazu aber erst anhand weiterer Berechnung treffen lassen.
Dem ist die Antragstellerin nicht substanziiert entgegengetreten. Soweit sie geltend macht, dass ein Hochwasser aufgrund der geringfügigen Höhe des Steinwalls von etwa 30 bis 40 cm schon nicht zurückgehalten werden könne und dass es an der wasserrechtlichen Relevanz des Vorhabens fehle, weil es den Hochwasserabfluss nur in geringem Umfang beeinflussen könne, setzt sie lediglich ihre eigene Auffassung an die Stelle der überzeugenden Darlegungen des amtlichen Sachverständigen, ohne diese hinreichend in Zweifel zu ziehen. Gleiches gilt für den Hinweis auf die Fließrichtung des Gewässers sowie auf topographische Gegebenheiten. Es fehlt insofern an einer näheren, fachlich fundierten Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts, dessen fachliche Stellungnahmen auch nicht so verstanden werden können, dass nur pauschal eine mögliche Beeinflussung in Betracht gezogen wird. Zudem bestreitet die Antragstellerin den flächenmäßigen Umfang des Hochwasserschutzes von rund 1000 m² nicht und räumt selbst ein, dass der Steinwall dem Schutz ihres Grundstücks vor Hochwasser zu dienen bestimmt ist. Dass Zweck der Maßnahme nicht die Beeinflussung der „allgemeinen Hochwassersituation“ gewesen sein mag, spielt dagegen keine Rolle. Maßgeblich ist allein die vom Wasserwirtschaftsamt festgestellte tatsächliche Beeinflussung des Hochwasserabflusses in nicht unwesentlichem Umfang.
2.2 Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass die Gleichstellung der Errichtung des Steinwalls mit einem Gewässerausbau zur Folge hat, dass sie plangenehmigungs- bzw. planfeststellungspflichtig ist.
Nach § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG ist ein Dammbau, der den Hochwasserabfluss beeinflusst, einem Gewässerausbau gleichzusetzen. Die Voraussetzungen eines Gewässerausbauvorhabens (gemäß § 67 Abs. 2 Satz 1 und 2 WHG) müssen daher nicht gegeben sein. Das Planfeststellungserfordernis folgt aus § 68 Abs. 1 WHG, wobei unter den Voraussetzungen des § 68 Abs. 2 Satz 1 WHG anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden kann. Die Anforderungen des Hochwasserschutzes sind dann im jeweiligen Verfahren zu prüfen (vgl. § 68 Abs. 3 WHG und dazu BayVGH, U.v. 25.10.2019 – 8 A 16.40030 – juris Rn. 68 ff.).
Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin spielt es keine Rolle, unter welchen Voraussetzungen die Errichtung von Anlagen im Sinn von Art. 20 BayWG i.V.m. § 36 WHG an oberirdischen Gewässern genehmigungsfrei ist. Diesen Regelungen kann ebenso wenig wie bauordnungsrechtlichen Bestimmungen entnommen werden, dass Vorhaben im Sinn des § 68 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 WHG i.V.m. § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG von der Planfeststellungs- oder der Plangenehmigungspflicht ausgenommen wären. Gleiches gilt für die §§ 78 f. WHG (neu gefasst durch das insofern zum 5.1.2018 in Kraft getretene Hochwasserschutzgesetz II – BGBl. I S. 2193 – im Folgenden WHG n.F.), wobei offengelassen werden kann, ob sich die Antragstellerin auf die bis zum 4. Januar 2018 geltende Fassung des Wasserhaushaltsgesetzes berufen kann (im Folgenden WHG a.F.), weil sich aus der früheren Rechtslage nichts Anderes ergibt. Nach § 78a Abs. 1 Satz 2 WHG n.F. (ebenso nach § 78 Abs. 1 Satz 2 WHG a.F.) finden lediglich die Verbote nach Satz 1 (und nicht die §§ 67 f. WHG) für bestimmte Maßnahmen, u.a. solche des Baus von Deichen und Dämmen oder des Hochwasserschutzes, keine Anwendung. Gleiches gilt nach der letzten Alternative des § 78a Abs. 1 Satz 2 WHG n.F. (ebenso § 78 Abs. 1 Satz 2 WHG a.F.) für Handlungen, die für den Betrieb von zugelassenen Anlagen oder im Rahmen zugelassener Gewässerbenutzungen erforderlich sind. Rechtsfolge ist auch insofern wiederum nur, dass die Verbote nach § 78a Abs. 1 Satz 1 WHG n.F. (entsprechend § 78 Abs. 1 Satz 1 WHG a.F.) nicht einschlägig sind, eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach § 68 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 WHG i.V.m. § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG ist damit aber nicht verbunden. Im Übrigen liegt in der Errichtung des Steinwalls – entgegen dem Vortrag in der Zulassungsbegründung – ohnehin keine solche Handlung, die für den Betrieb zugelassener Anlagen erforderlich ist, sondern stattdessen eine Maßnahme des Dammbaus bzw. des Hochwasserschutzes (vgl. oben 2.1).
2.3 Die Anordnung erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig.
Die Legalisierungsanordnung ist geeignet, rechtmäßige Zustände herzustellen. Es liegt – entgegen dem Vorbringen in der Zulassungsbegründung – kein Fall vor, in dem mit hinreichender Aussicht zu erkennen ist, dass eine genehmigungsfähige Planung von vornherein aussichtslos wäre. So betont die Antragstellerin selbst die Geringfügigkeit der Beeinflussung des Hochwasserabflusses und macht geltend, dass sie zum Ausgleich des Retentionsraumverlusts bereits die Vertiefung einer Fläche am Oberlauf des S…bachs angeboten habe, was ebenfalls für die Genehmigungsfähigkeit sprechen dürfte. Vor allem lässt sich den fachlichen Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts entnehmen, dass die Frage, ob eine genehmigungsfähige Planung in Betracht kommt, nicht von vornherein zu verneinen ist, sondern vielmehr einer näheren Untersuchung bedarf. Die Genehmigungsfähigkeit kann danach aus wasserwirtschaftlicher Sicht erst mit Vorlage der Antragsunterlagen sowie der darin enthaltenen Nachweise abschließend geprüft werden (vgl. Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 27.3.2019, Behördenakte S. 95 f.).
Auch die weiteren Einwände der Antragstellerin überzeugen nicht. Wenn sie vorträgt, die Behörde hätte – im Fall einer negativen Beeinflussung der Hochwassersituation – die Beseitigung der streitgegenständlichen Anlage anordnen müssen, ist sie darauf hinzuweisen, dass die getroffene Anordnung für sie als Eigentümerin das mildere Mittel gegenüber einer Beseitigungsanordnung darstellt. Dass es die Behörde bei Abwägung der Interessen für vertretbar gehalten hat, zunächst (nur) die Vorlage der erforderlichen Genehmigungsunterlagen zu fordern, gereicht der Antragstellerin ausschließlich zum Vorteil, ist aber andererseits angesichts des bestehenden Ermessensspielraums auch nicht geeignet, die tatsächlichen Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Es bleibt der Antragstellerin im Übrigen unbenommen, sich zur Beseitigung des Steinwalls zu entschließen, mit der Folge, dass sich der streitgegenständliche Bescheid erledigt.
In Aufstellung befindliche Hochwasserschutzkonzepte öffentlicher Planungsträger für den S…bach führen ebenfalls nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Anordnung. Nach der fachlichen Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 29. April 2020 (Behördenakte S. 240 f.) sind die entsprechenden Konzepte noch nicht fertiggestellt. Die Realisierung einzelner Maßnahmen ist auch nicht zeitnah zu erwarten. Vielmehr rechnet das Wasserwirtschaftsamt mit einer Verfahrensdauer von mehreren Jahren.
Entgegen dem Vorbringen im Zulassungsverfahren bezieht sich die Anordnung nicht auf die Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens, sondern auf ein wasserrechtliches Plangenehmigungsverfahren nach § 68 Abs. 2 Satz 1 WHG. In den Gründen wird dementsprechend im Einzelnen ausgeführt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtbar ist. Es kann daher dahinstehen, ob und wann die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens in einem solchen Fall angemessen wäre.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG unter Orientierung an Nr. 1.1.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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