Europarecht

Vorläufiger Rechtsschutz, Widerruf der Erlaubnis zum Betrieb einer Teststation, Sofortvollzug, Unzuverlässigkeit, wiederholte Verstöße gegen Hygieneanforderungen, Ermessen, Verhältnismäßigkeit

Aktenzeichen  Au 9 S 22.434

Datum:
10.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6494
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1
TestV § 4a
TestV § 6 Abs. 1 Nr. 2
TestV § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2
TestV § 6 Abs. 2 S. 3
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen den für sofort vollziehbar erklärten Widerruf der Erlaubnis zum Betrieb einer Teststelle zur Feststellung einer Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 (Bürgertestung im Sinne des § 4a der Coronavirus-Testverordnung vom 21.9.2021 – TestV – BAnz AT 21.09.2021 V1 – gültig vom 11.10.2021 bis zum 31.03.2022).
Der Antragsteller wurde durch den Antragsgegner am 9. Mai 2021 formlos und in der Folgezeit mit Bescheiden vom 5. Juli 2021 sowie vom 26. Oktober 2021 als weiterer Leistungserbringer für Testungen auf das Vorliegen des Corona-Virus beauftragt. Aufgrund dieser Gestattung betreibt der Antragsteller derzeit eine Teststation – Bürgertestung – auf dem Gebiet des Antragsgegners.
Eine Begehung des Antragsgegners am 17. Juni 2021 ergab folgende Mängel beim Betrieb der Teststelle:
– Erneutes Testen von positiven Probanden nach einem positiven Ergebnis
– Desinfizieren von dafür nicht geeigneten Handschuhen
– Handschuhe ohne DIN-Nr.
– Desinfektionsmittel in Sprühflaschen
– Umfüllen von Desinfektionsmittel
– Desinfektionsmittel ohne ausreichende Desinfektionswirkung
– Sieben Desinfektionsmittel ohne Anbruchdatum
– Lagerung von Lebensmitteln im Testbereich
– Verwendung von nicht flüssigkeitsdichten Kitteln
– Bodenlagerung von Müllsäcken im Testraum
– Oberflächen mit offenen Holzteilen
– Beschädigter Fußbodenbelag
– Keine Toiletten und keine Handwaschmöglichkeit in Reichweite
Der Antragsteller wurde aufgefordert, die vom Antragsgegner aufgelisteten Mängel sofort bzw. baldmöglichst zu beseitigen.
Am 24. November 2021 wurde der Antragsgegner im Rahmen einer Beschwerde darüber informiert, dass zwischen den Wartenden keine Abstände eingehalten worden seien, drei Wartende keine Maske getragen hätten, Ausweise nicht kontrolliert worden seien und Mitarbeitende nicht kontrollieren konnten, ob die korrekte Person in das jeweilige Röhrchen gespuckt habe.
Bei einer weiteren Begehung des Hygienekontrolldienstes am 27. November 2021 wurden weitere Mängel festgestellt:
– Die Mindestabstände wurden nicht eingehalten. Während ein Besucher einen Spucktest gemacht habe, habe sich der nächste direkt dahinter ohne Abstand in die Anmeldeliste eingetragen.
– Nicht alle Besucher hätten eine FFP2-Maske getragen.
– Am Stehtisch hätten die Besucher die gleichen Kugelschreiber zum Ausfüllen der Anmeldung benutzt.
– Personen seien ohne Zuordnung ihrer Bescheinigung mit ganzem Namen ohne Berücksichtigung des Datenschutzes aufgerufen worden.
– Ein für die Zuordnung der Proben zuständiger Mitarbeiter habe seine FFP2-Maske nicht korrekt getragen.
Unter dem 27. Januar 2022 stellte der Hygienekontrolldienst des Antragsgegners folgende Mängel fest:
– Bodenlagerung von Kartons im Lagerraum
– Schlecht zu reinigende Tische
– Desinfektionsmittel ohne Anbruchdatum
– Verwendung mehrerer verschiedener, nicht gelisteter Hände- und Flächendesinfektionsmittel
– Desinfektionsmittel in Sprühflaschen
– Verschmutzter Fußboden im Lager-/ Pausenraum
– Fehlende Handwaschmöglichkeiten in den Sanitärräumen
Ein ausreichender hygienischer Zustand konnte nicht festgestellt werden.
Mit Bescheid vom 14. Februar 2022 wurden die Beauftragungen des Antragstellers aus den Bescheiden vom 5. Juli 2021 und vom 26. Oktober 2021 sowie der formlosen Beauftragung vom 9. Mai 2020 (richtigerweise 2021), als weiterer Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 TestV mit sofortiger Wirkung für die Zukunft widerrufen (Nr. 1 des Bescheids). In Nr. 2 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung der Nr. 1 gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet.
Zur Begründung des Bescheids ist ausgeführt, dass die Nr. 1 des Bescheids sich auf Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 2 der TestV stütze. Die Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG seien im vorliegenden Fall gegeben. Die Beauftragungen aus dem Bescheid des Landratsamts … vom 26. Oktober 2021 und dem 5. Juli 2021 stellten Begünstigungen für den Teststellenbetreiber dar. Die Beauftragung könne aufgehoben werden, wenn die Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen, medizinprodukterechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen und eine ordnungsgemäße Erbringung der Leistungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TestV nicht mehr gewährleistet seien. Nach Einschätzung des Ärztlichen Dienstes würden vom Antragsteller diese Anforderungen zum Betrieb einer Teststelle nicht eingehalten werden. Überdies stütze sich der Bescheid auf Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BayVwVfG. Demnach könne ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn der Widerruf im Verwaltungsakt vorbehalten sei. Dies sei im Bescheid vom 26. Oktober 2021 erfolgt. Aufgrund der bei den Kontrollen vom 17. Juni 2021, vom 27. November 2021 und vom 27. Januar 2022 festgestellten hygienischen Mängeln sei nach Einschätzung des Ärztlichen Dienstes davon auszugehen, dass sich eine Vielzahl von Personen im Rahmen des Besuches der Teststation mit dem Corona-Virus infizieren würden. Die Gestattung könne auch aufgehoben werden, wenn die für die Erteilung der Beauftragung erforderliche Zuverlässigkeit nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 TestV nicht vorgelegen habe oder nachträglich entfallen sei. Die erforderliche Zuverlässigkeit eines Betreibers einer Teststelle fehle insbesondere dann, wenn der Betreiber der Teststelle in der Vergangenheit vorsätzlich, wiederholt oder in erheblichem Maße unrichtige Zeugnisse oder Testzertifikate ausgestellt habe, Archivierungs- oder Abrechnungspflichten nach der Verordnung nicht eingehalten habe oder andere Gründe erkennbar würden, die nach § 35 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) eine Gewerbeuntersagung rechtfertigen würden. Bereits bei der ersten Kontrolle vom 17. Juni 2021 seien mehrere Verstöße gegen Hygieneregelungen festgestellt worden. Eine dauerhafte Abhilfe sei nicht erfolgt. Der Widerruf sei auch erforderlich, da keine milderen Mittel zur Abwehr der Gefährdungslage ersichtlich seien. Auch sei der Widerruf angemessen. Die Entscheidung sei verhältnismäßig. Das Interesse der Gemeinschaft, Infektionsgefahren, die von der Teststelle ausgingen, durch die Einstellung des Testbetriebs soweit als möglich auszuschließen, überwiege das Interesse, kostenlose Testungen anzubieten und gegenüber der KVB abzurechnen. Die sofortige Vollziehung werde gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet, da hieran ein öffentliches Interesse bestehe. Zur Bewältigung der Corona-Pandemie sei es entscheidend, dass das Infektionsrisiko möglichst gering gehalten werde. Aufgrund der wiederholt festgestellten Mängel gehe der Ärztliche Dienst des Landratsamts von einem überproportionalen Infektionsrisiko in der Teststelle des Antragstellers aus. Das öffentliche Interesse an der Schließung der Teststation bestehe daher, um eine weitere Belastung des Gesundheitssystems zu vermeiden und die Infektionslage im Landkreis zu stabilisieren bzw. zu senken. Ein Zuwarten bis zur Bestandskraft des Bescheids wäre bei der vorliegenden schnellen Infektionsdynamik bei der Ausbreitung des Virus und dem erneuten Auftreten neuer besorgniserregender Virusvarianten nicht zu rechtfertigen.
Auf den weiteren Inhalt des Bescheids vom 14. Februar 2022 wird ergänzend verwiesen.
Der Antragsteller hat gegen den Bescheid mit Schriftsatz vom 24. Februar 2022 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben (Az.: Au 9 K 22.433), über die noch nicht entschieden worden ist.
Ebenfalls mit Schriftsatz vom 24. Februar 2022 hat der Antragsteller im Wege vorläufigen Rechtschutzes beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 24. Februar 2022 gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 14. Februar 2022 zum Widerruf der Beauftragung als Leistungserbringer zur Durchführung von Testungen nach §§ 2, 3, 4 und 4a TestV wird wiederhergestellt.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf der Beauftragung als weiterer Leistungserbringer zulässig und begründet sei. Bereits die formellen Voraussetzungen für den Erlass einer Sofortvollzugsanordnung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO seien nicht erfüllt. Insbesondere sei dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht genügt. Nach dieser Vorschrift sei das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Die Begründung des Sofortvollzugs im angefochtenen Bescheid werde diesen Anforderungen nicht gerecht. Der Sofortvollzug sei lediglich formelhaft und ohne konkreten Bezug auf den Einzelfall begründet worden. Der Widerruf der Beauftragung des Antragstellers als weiterer Leistungsbringer sei überdies rechtswidrig und verletze den Antragsteller in seinen Rechten, sodass die aufschiebende Wirkung der Klage vom 24. Februar 2022 wiederherzustellen sei. Das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiege das Vollzugsinteresse des Antragsgegners. Die vom Antragsteller erhobene Anfechtungsklage werde voraussichtlich Erfolg haben. Zunächst sei der gegenständliche Bescheid vom 14. Februar 2022 nicht hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. So sei mit dem gegenständlichen Bescheid unter anderem eine etwaige Beauftragung des Antragstellers als weiterer Leistungsbringer vom 19. Mai 2020 widerrufen worden. Eine solche Beauftragung aus dem Jahr 2020 habe es jedoch tatsächlich nie gegeben. Hinzu komme, dass die Beauftragung vom 9. Mai 2021 bereits mit Bescheid vom 5. Juli 2021 ihre Wirkung verloren habe. Der gegenständliche Verwaltungsakt sei daher in erheblicher Weise in sich widersprüchlich, sodass der Antragsteller als Adressat nicht eindeutig erkennen könne, was in der Sache tatsächlich geregelt werden solle. Auch erweise sich der Widerruf der Beauftragung als rechtswidrig, da die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Jedenfalls fehle es aber an der erforderlichen Verhältnismäßigkeit. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners seien die nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TestV erforderlichen infektionsschutzrechtlichen, medizinprodukterechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen sehr wohl eingehalten und der Antragsteller besitze die zum Betrieb der Teststelle erforderliche Zuverlässigkeit. Seine Prognose sei durchaus positiv. Im Hinblick auf die ersten Beanstandungen vom 17. Juni 2021 habe der Antragsteller Abhilfe geleistet. Er habe auch seine Mitarbeiter noch einmal ausdrücklich auf die einzuhaltenden infektionsschutzrechtlichen Anforderungen hingewiesen und diese zur zuverlässigen Umsetzung aufgefordert. Der Antragsteller habe sich stets erfolgreich darum bemüht, alle Anforderungen, die an ihn als Teststellenbetreiber gestellt würden, umfassend und ordnungsgemäß zu erfüllen. Der Antragsteller habe jegliche Kritik an seiner Teststelle unverzüglich und mit großem Engagement und Erfolg umgesetzt. Dass der Antragsteller nicht willens oder in der Lage sei, einen ordnungsgemäßen Testbetrieb als beauftragter Leistungserbringer in Zukunft zu gewährleisten, sei unzutreffend. Auch dürfe ein Widerruf aufgrund Widerrufsvorbehalt nur aus Gründen erfolgen, die im Rahmen der Zwecke lägen, die in den Rechtsvorschriften vorgezeichnet seien und aufgrund derer der Verwaltungsakt erlassen worden sei. Im Übrigen sei auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, der vorliegend nicht gewahrt sei. Der gegenständliche Widerruf verletze den Antragsteller erheblich in eigenen Rechten. Insbesondere sei die Berufsfreiheit des Antragstellers nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in einer nicht zu rechtfertigenden Weise beeinträchtigt.
Auf die weiteren Ausführungen im Antragsschriftsatz vom 24. Februar 2022 wird ergänzend verwiesen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sei nicht begründet. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei formell rechtmäßig. Dem Begründungserfordernis aus § 80 Abs. 3 VwGO sei Genüge getan. Die Darstellung des Antragstellers würde in weiten Teilen nicht der Wahrheit entsprechen. Die bei der Begehung vom 17. Juni 2021 festgestellte Verwendung von nicht flüssigkeitsdichten Kitteln sei nicht erneut bemängelt worden. Gleiches gelte für die Schäden am Fußbodenbelag. Entgegen der Darstellung des Antragstellers sei die Angabe des Anbruchdatums auf den Desinfektionsmittelbehältnissen erforderlich. Das Verzeichnen des Anbruchdatums auf dem Behältnis diene der Sicherheit, dass das Desinfektionsmittel nicht länger als vom Hersteller angegeben nach Öffnung verwendet würden, da nur in diesem Zeitraum eine Wirkung garantiert werde. Auch bei hohem Desinfektionsmittelverbrauch sei es notwendig, dass das Anbruchdatum vermerkt werde. In der Teststelle des Antragstellers werde nicht nur das Desinfektionsmittel der Firma … verwendet. Auch ein Mittel der Firma … habe Verwendung gefunden. Dieses Desinfektionsmittel sei nicht VAH gelistet und habe keine ausreichende Desinfektionswirkung, da es nur 99,9% aller Keime beseitige. Eine ausreichende Desinfektionswirkung sei erst ab einem Wirkungsgrad von 99,999% gegeben. Im Übrigen stehe auch das Desinfektionsmittel der Firma … nicht auf der Liste des Verbunds für Angewandte Hygiene e.V. (VAH). In Bezug auf fehlerhafte Formulierung „Beauftragung vom 9. Mai 2020“ liege keine Unbestimmtheit vor. Beim Antragsteller bestehe ausweislich seines Antragsschriftsatzes offensichtliche Klarheit über den Behördenwillen. In der Teststelle des Antragstellers seien wiederholt Mängel festgestellt worden. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayVwVfG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 3 TestV seien gegeben. Gleiches gelte für die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BayVwVfG. Der Widerruf der dem Antragsteller gestatteten Leistungserbringung sei vorbehalten worden. Der Widerruf liege auch innerhalb der Zwecke der TestV. Schließlich sei der Widerruf auch verhältnismäßig, insbesondere sei er erforderlich und angemessen.
Auf den weiteren Inhalt des Antragserwiderungsschriftsatzes vom 8. März 2022 wird ergänzend Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und auf die im Verfahren vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Az.: Au 9 K 22.433) hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner am 24. Februar 2022 erhobenen Klage (Az.: Au 9 K 22.433) hinsichtlich der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vom Antragsgegner für sofort vollziehbar erklärten Nr. 1 des Bescheids vom 14. Februar 2022, mit dem die Beauftragungen des Antragstellers als weiterer Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 TestV mit sofortiger Wirkung für die Zukunft widerrufen wurden.
2. Der Antrag ist in der Sache jedoch unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts angeordnet ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den zugrundeliegenden Bescheid ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. in den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs kraft Gesetzes entfällt, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anordnen. Das Gericht prüft bei ersterem, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind, und trifft im Übrigen jeweils eine eigene Abwägungsentscheidung. Bei der im Rahmen dieser Entscheidung gebotenen Interessenabwägung kommt vor allem den Erfolgsaussichten des Verfahrens in der Hauptsache besondere Bedeutung zu. Bleibt das Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, so wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen. Hat der Rechtsbehelf in der Hauptsache hingegen voraussichtlich Erfolg, so ist dessen aufschiebende Wirkung wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Wenn sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage dagegen weder die offensichtliche Rechtswidrigkeit noch die offensichtliche Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung feststellen lässt, hängt der Ausgang des Verfahrens vom Ergebnis einer vom Gericht vorzunehmenden weiteren Interessenabwägung ab (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2015 – 10 CS 14.2244 – juris).
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids ist formell rechtmäßig.
Soweit die Behörde die sofortige Vollziehung ausdrücklich angeordnet hat (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob sich die behördliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung als im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO ausreichend erweist; ist das nicht der Fall, hat das Gericht die Vollziehungsanordnung ohne weitere Sachprüfung aufzuheben, nicht jedoch die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wiederherzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris).
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen der Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei reicht jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55). Es müssen die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt aus § 80 Abs. 1 VwGO auszuschließen (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2000 – 10 CS 99.3290 – juris Rn. 16). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob die angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind.
Diesen Vorgaben wird die streitgegenständliche Begründung des Sofortvollzugs gerecht. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist mit einer hinreichenden Begründung versehen, also formell rechtmäßig. Der Antragsgegner hat in der streitgegenständlichen Widerrufsverfügung vom 14. Februar 2022 zur Begründung des Sofortvollzugs ausgeführt, dass hieran ein öffentliches Interesse bestehe. Zur Bewältigung der Corona-Pandemie sei es entscheidend, dass das Infektionsrisiko möglichst gering gehalten werde. Aufgrund der wiederholt festgestellten Mängel gehe der Ärztliche Dienst des Antragsgegners von einem überproportionalen Infektionsrisiko in der Teststelle des Antragstellers aus, sodass ein öffentliches Interesse an der Schließung der Teststation bestehe, um eine weitere Belastung des Gesundheitssystems zu vermeiden und die Infektionslage im Landkreis zu stabilisieren bzw. zu senken. Ein Zuwarten bis zur Bestandskraft des Bescheides wäre bei der schnellen Infektionsdynamik bei der Ausbreitung des Corona-Virus und dem erneuten Auftreten neuer besorgniserregender Virusvarianten nicht zu rechtfertigen.
Die Begründung des Sofortvollzugs ist vorliegend fallbezogen und nicht lediglich floskelhaft erfolgt. Mit Blick darauf, dass an den Inhalt der schriftlichen Begründung des Sofortvollzugs keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind, genügt die Begründung des Sofortvollzugs vorliegend den Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Eine Aufhebung der Anordnung des Sofortvollzugs aus formellen Gründen war daher nicht veranlasst. Der Funktion des Begründungserfordernisses aus § 80 Abs. 3 VwGO, die vor allem darin besteht, der Behörde die besondere Ausnahmesituation bewusst zu machen, wurde jedenfalls ausreichend Rechnung getragen. Ob die behördliche Begründung inhaltlich zutreffend ist, ist im Rahmen der Prüfung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unerheblich.
b) Der streitgegenständliche Widerruf zum Betrieb einer Teststelle durch den Antragsteller ist nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das öffentliche Interesse und das Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung seiner Anordnung überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Der Widerruf der dem Antragsteller formlos unter dem 9. Mai 2021 bzw. mit nachfolgenden Bescheiden vom 5. Juli 2021 und vom 26. Oktober 2021 befristeten Beauftragung zur Durchführung von Bürgertestungen nach § 4a TestV durch den Antragsgegner ist voraussichtlich rechtmäßig.
aa) Rechtsgrundlage für den mit dem Antrag und der Klage angegriffenen Widerruf ist zunächst Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG, wonach ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden darf, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen (Alt. 1) oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist (Alt. 2).
Vorliegend ist der Widerruf durch Rechtsvorschrift in § 6 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 TestV gesetzlich vorgesehen. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 TestV können als weitere Leistungserbringer i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 2 TestV weitere Anbieter nur beauftragt werden, wenn sie unter Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen, medizinprodukterechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Anforderung eine ordnungsgemäße Erbringung der Leistungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TestV gewährleisten (Nr. 1), und die erforderliche Zuverlässigkeit aufweisen, sowie einer Geheimhaltungspflicht nach § 203 des Strafgesetzbuches oder einer vertraglich vereinbarten Geheimhaltungspflicht unterliegen (Nr. 2). § 6 Abs. 2 Satz 3 TestV bestimmt weiter, dass die Beauftragung aufgehoben werden kann, wenn die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 TestV bei der Beauftragung nicht vorgelegen haben oder nachträglich entfallen sind.
bb) Mit dem Antragsgegner ist die Kammer der Auffassung, dass es beim Antragsteller an der für den Betrieb einer Teststelle erforderlichen Zuverlässigkeit i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 TestV mangelt, sodass die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Widerruf, der dem Antragsteller zuletzt am 26. Oktober 2021 erteilten Erlaubnis als weiterer Leistungserbringer i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 TestV, erfüllt sind.
(1) Der Begriff der Zuverlässigkeit bezeichnet ein Instrument sicherheits- und ordnungsrechtlicher Gefahrenabwehr. Zuverlässig ist demnach derjenige, der die Erwartung rechtfertigt, dass er den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ausübung der jeweiligen erlaubnispflichtigen Tätigkeit gerecht werden wird. Diesem Erfordernis genügt, wer keinen Anlass zu der Befürchtung bietet, dass er sich im Rahmen der von ihm angestrebten Betätigung über die zum Schutze der Allgemeinheit oder Einzelner vor Schäden und Gefahren erlassenen Vorschriften hinwegsetzen wird. Ob er bei einer Würdigung seiner Gesamtpersönlichkeit in diesem Sinne vertrauenswürdig ist, hat die Behörde ebenso wie in anderen Fällen die Gefahrenprävention prognostisch zu beurteilen. Dabei ist es der Behörde nicht verwehrt, aus dem bisherigen Verhalten nachteilige Folgerungen für die Zukunft zu ziehen (VGH BW, B.v. 17.4.1989 – 10 S 750/89 – juris Rn. 4).
Ausweislich der Begründung zur TestV fehlt es an der Zuverlässigkeit insbesondere, wenn der Betreiber der Teststelle in der Vergangenheit vorsätzlich, wiederholt oder in erheblichem Maße unrichtige Zeugnisse oder Testzertifikate ausgestellt hat, Archivierungs- oder Abrechnungspflicht nach dieser Verordnung nicht eingehalten hat oder andere Gründe erkennbar werden, die nach § 35 Abs. 1 GewO eine Gewerbeuntersagung rechtfertigen würden.
(2) Nach diesem Maßstab fehlt es dem Antragsteller aller Voraussicht nach an der erforderlichen Zuverlässigkeit. Während des knapp einjährigen Betriebs der Teststelle des Antragstellers (Beginn der Tätigkeit im Mai 2021) ist es wiederholt bei vom Antragsgegner durchgeführten Hygienekontrollen zu erheblichen Mängeln beim Betrieb der streitgegenständlichen Teststelle gekommen. Bereits kurze Zeit nach Eröffnung der Teststelle im Mai 2021 kam es bereits bei der ersten Kontrolle am 17. Juni 2021 zur Feststellung von 13 insgesamt nicht unerheblichen Mängeln. Insbesondere war festzustellen, dass der Antragsteller beim Betrieb der Teststelle Desinfektionsmittel in Sprühflaschen und Desinfektionsmittel ohne ausreichende Desinfektionswirkung verwendet hat. Ebenfalls war zu diesem frühen Zeitpunkt bereits festzustellen, dass der Antragsteller Desinfektionsmittel ohne entsprechend vermerktes Anbruchdatum eingesetzt hat. Bei der letzten Hygienekontrolle am 27. Januar 2022 unmittelbar vor Bescheidserlass wurde wiederum festgestellt, dass in der Teststelle des Antragstellers Desinfektionsmittel ohne Anbruchdatum, mehrere verschiedene nicht gelistete Hände- und Flächendesinfektionsmittel sowie Desinfektionsmittel in Sprühflaschen verwendet wurden. In Anbetracht des vergangenen Zeitraums zwischen dem 17. Juni 2021 (erste Hygienekontrolle) und dem 27. Januar 2022 ist durch Übereinstimmung der Mängel davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht lediglich um Einzelfälle handelt, sondern dass sich der Antragsteller dauerhaft und beharrlich über die beim Betrieb einer Teststelle strikt einzuhaltenden Hygienevorschriften hinwegsetzt. Gravierend fällt dabei insbesondere ins Gewicht, dass der Antragsteller wiederholt nicht vom Verbund für Angewandte Hygiene e.V. (VAH) gelistete Desinfektionsmittel mit dem entsprechenden Wirkungsgrad verwendet hat. Sowohl das vom Antragsteller benannte Desinfektionsmittel der Firma … als auch das verwendete Mittel der Firma … weist keine ausreichende Desinfektionswirkung auf. Schwer wiegt auch der in der Sache berechtigte Vorwurf, dass der Antragsteller wiederholt bei den verwendeten Desinfektionsmitteln die Angabe des Anbruchdatums unterlassen hat. Das Verzeichnen des Anbruchdatums auf dem Behältnis dient der Sicherheit, dass das Desinfektionsmittel nicht länger als vom Hersteller angegeben nach Öffnung verwendet wird, um eine ausreichende Wirksamkeit zu gewährleisten. Auch insoweit handelt es sich nicht um einen geringfügigen Verstoß, der vom Antragsgegner beim Betrieb der Teststelle mehrfach beanstandet wurde.
Darüber hinaus kam es auch während des Betriebs der Teststelle zu mehreren Beschwerden bezüglich der Kontrolle von Personalausweisen, die Einhaltung von Mindestabständen zwischen den Wartenden und der Durchsetzung der Maskenpflicht bei Besuchern bzw. auch dem angestellten Personal.
Ebenfalls schwer wiegt die fehlende Ausstattung der Teststelle mit entsprechend geeigneten Handwaschmöglichkeiten in den Sanitärräumen. Dies wurde ebenfalls bereits bei der ersten Hygienekontrolle am 17. Juni 2021 beanstandet, aber auch bei der Kontrolle am 27. Januar 2022 als fortbestehender Mangel festgestellt. Nach Nr. 4.1.1 (1) „Mindestschutzmaßnahmen – Handwaschplatz“ der TRBA 250 – Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege (BGW – Regeln), sind den Beschäftigten leicht erreichbare Handwaschplätze mit fließendem warmen und kalten Wasser, Spendern für Hautreinigungsmittel und Einmalhandtücher zur Verfügung zu stellen. Insoweit ist es nicht ausreichend, dass die Mitarbeiter der Teststelle die Sanitärräume eines nahegelegenen Baumarktes mitbenutzen können. Insoweit verlässt sich der Antragsteller im Hinblick auf den zu wahrenden Hygienezustand der Teststelle auf die qualitative Ausstattung eines vom Betreiber unabhängigen Dritten, was so nicht hinnehmbar ist. Auch dieser Umstand spricht letztlich für einen angesichts der hoch ansteckenden Infektionskrankheit COVID-19 nicht mehr angemessenen Umgang mit geltenden Hygienevorschriften.
Auch wenn die einzelnen, festgestellten Verstöße für sich betrachtet wohl nicht ausreichend wären, um den vom Antragsgegner ausgesprochenen Widerruf zum Betrieb einer Teststelle nach § 4a TestV zu rechtfertigen, so ist doch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller beim Betrieb der Teststelle im Zeitraum zwischen Mai 2021 und Januar 2022 mehrfach auffällig geworden ist und einzelne Verstöße bereits im Juni 2021 Grund zur Beanstandung gaben, bei der letzten Hygienekontrolle am 27. Januar 2022 aber erneut festgestellt wurden. Bei der im Rahmen des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 3 TestV erforderlichen Prognose und der hierbei gebotenen Gesamtschau kommt es auf das bisherige Verhalten des Antragstellers und dessen Umgang mit den maßgeblichen Hygienevorschriften an. Diese Verstöße können dabei einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblichem Gewicht sein. Auch eine Vielzahl kleinerer Verstöße rechtfertigt den Widerruf, wenn aus ihnen der Hang zur Missachtung der Betreiberpflichten ersichtlich wird. Ausgehend von seinem bisherigen Verhalten muss der Antragsteller willens und in der Lage zur einwandfreien Führung seines Gewerbes und hier der eingerichteten Teststelle sein (vgl. VGH BW, B.v. 8.6.2021 – 6 S 506/21 – juris Rn. 7).
Vorliegend zeigen insbesondere die Feststellungen der Hygienekontrollen des Antragsgegners, die hierbei gefertigten und sich in der Akte befindlichen Lichtbilder und die Beschwerden von dritter Seite hinlänglich, dass der Antragsteller nicht die Erwartung rechtfertigt, dass er den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Durchführung von Bürgertestungen gerecht wird. Auch bleibt zu Lasten des Antragstellers zu berücksichtigen, dass sich dessen Verstöße in dem als äußert sensibel zu beurteilenden Bereich der Feststellung von Infektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 bewegen, bei der insbesondere die Einhaltung der maßgeblichen Hygienevorschriften beim Betrieb einer Teststelle unerlässlich ist. Aufgrund der Häufigkeit der Verstöße, die in der Gesamtschau den Kernbereich der Pflichten des Antragstellers als Betreiber einer Teststation betreffen, kommt die Kammer in Übereinstimmung mit dem Antragsgegner zu der Prognose, dass der Antragsteller nach dem Gesamtbild seines Verhaltens derzeit keine Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß zu betreiben. Eine Einsicht in das eigene bisherige Fehlverhalten des Antragstellers lässt die Antragsbegründung in wesentlichen Punkten vermissen. Der Antragsteller gibt vielmehr dadurch, dass er die Vorgänge herunterspielt, zu erkennen, dass er letztlich nicht geeignet ist, eine Teststelle i.S.v. § 4a TestV in Zukunft zuverlässig zu führen.
Aus den dargestellten Gründen liegen damit aber auch die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BayVwVfG i.V.m. dem Widerrufsvorbehalt aus dem zuletzt maßgeblichen Bescheid des Antragsgegners vom 26. Oktober 2021 vor. Insbesondere liegt der Widerruf auch im Rahmen der Zwecke, die in der der Beauftragung zugrundeliegenden Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 TestV vorgezeichnet sind. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 können als weitere Leistungserbringer nur solche Anbieter beauftragt werden, die unter Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen, medizinproduktrechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen eine ordnungsgemäße Erbringung der Leistung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TestV gewährleisten und überdies die erforderliche Zuverlässigkeit aufweisen. Gerade dies ist nach den bisherigen Ausführungen beim Antragsteller aufgrund der gebotenen prognostischen Beurteilung nicht der Fall.
c) Schließlich mangelt es dem Bescheid auch nicht an der erforderlichen Bestimmtheit i.S.d. Art. 37 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Der ausgesprochene Widerruf der dem Antragsteller zuletzt am 26. Oktober 2021 erteilten Gestattung zum Betrieb einer Teststation verdeutlicht dem Antragsteller mit genügender Klarheit und Vollständigkeit, dass die ihm erteilte Erlaubnis für die Zukunft mit sofortiger Wirkung widerrufen wird. Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, dass der Tenor des Bescheids den fehlerhaften Hinweis auf eine formlose Beauftragung des Antragstellers vom „9. Mai 2020“ aufweist. Zum einen handelt es sich hierbei um eine offensichtliche Unrichtigkeit i.S.d. Art. 42 BayVwVfG, die vom Antragsgegner jederzeit berichtigt werden kann. Zum anderen beruht die im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses dem Antragsteller erteilte Gestattung zum Betrieb der Teststation auf dem Bescheid vom 26. Oktober 2021, der die vormaligen Gestattungen für die Zukunft ersetzt hat. Von einer Unbestimmtheit bzw. Widersprüchlichkeit des Bescheids kann deshalb nicht ausgegangen werden.
d) Der Antragsgegner hat überdies das ihm durch Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 3 TestV bzw. Nr. 1 Alt. 2 BayVwVfG eingeräumte Ermessen über den Widerruf ermessenfehlerfrei, insbesondere entsprechend dem Zweck der Ermächtigung (§ 114 Satz 1 VwGO) ausgeübt und dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet. Bei der dem Gericht gem. § 114 VwGO nur beschränkt möglichen Überprüfung der Ermessensentscheidung ist der Widerrufsbescheid vom 14. Februar 2022 nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat insbesondere den Rahmen, der durch die Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 3 TestV und insbesondere die Qualifikationsanforderungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 TestV an den Betrieb einer Teststation gezogen wurden, eingehalten, den Sachverhalt vollständig ermittelt und sich bei der Beurteilung an allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot und das Gebot des Vertrauensschutzes nicht verletzt.
Auf Vertrauensschutzgesichtspunkte kann sich der Antragsteller nicht berufen. Die Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 TestV liegt ebenso wie der Regelung des Art. 49 Abs. 2 BayVwVfG der Gedanke zugrunde, dass in den Widerrufsfällen der Nrn. 1 bis 5 das öffentliche Interesse an der Beseitigung oder Änderung des Verwaltungsakts im Allgemeinen schwerer wiegt als das Interesse des Betroffenen am Bestand des Verwaltungsaktes und das entsprechende Vertrauensinteresse.
Auch ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist nicht ersichtlich. Der Widerruf erfolgte vorliegend nämlich zum Schutz der Allgemeinheit beim Betrieb einer Teststelle im sensiblen medizinischen Sektor. Sind diese Voraussetzungen – wie vorliegend – erfüllt, so ist es nicht unverhältnismäßig dem Schutzzweck aus § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 TestV Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen zu geben, seine derzeitige Existenzgrundlage beibehalten zu können (vgl. BVerwG, B.v. 9.3.1994 – 1 B 33.94 – juris). Diese Erwägungen gelten erst Recht, für einen Widerruf des erlaubnispflichtigen Betriebs einer Teststation auf der Grundlage des § 4a TestV. Jedenfalls stellen die mit dem Widerruf verbundene Aufgabe des Gewerbes und der damit einhergehende wirtschaftliche Verlust keinen singulären Ausnahmefall dar, sondern sind regelmäßige Folgen des Widerrufs. Aus diesem Grund ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner in seiner Ermessensentscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Widerruf das einzig verhältnismäßige Mittel darstellt, die Allgemeinheit zu schützen.
3. Nach alldem erscheint nach summarischer Prüfung ein Erfolg der Klage des Antragstellers gegen die Widerrufsverfügung des Antragsgegners vom 14. Februar 2022 als nicht hinreichend wahrscheinlich. Daher war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Sonderbeilage BayVBl. Januar 2014). Der in der Hauptsache gebotene Streitwert in Höhe von 5.000 EUR (§ 52 Abs. 2 GKG) war im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.


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