Europarecht

Widerruf von Förderbescheiden, Förderung waldbaulicher Maßnahmen nach dem WALDFÖPR 2018, Ausfallen von 40, 50% der Anpflanzungen, Entfallen des Förderzwecks

Aktenzeichen  AN 16 K 20.01237

Datum:
20.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 1038
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2a

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Klage, über die aufgrund der Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist zulässig, jedoch unbegründet.
1. Die Widerrufsbescheide des Beklagten vom 12. September 2019 und der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2020 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Widerrufsbescheide ist Art. 49 Abs. 2a BayVwVfG (nachfolgend Ziff. 1.1). Die Widerrufsbescheide sind auch formell (nachfolgend Ziff. 1.2) und materiell (nachfolgend Ziff. 1.3) rechtmäßig.
1.1 Die Widerrufsbescheide vom 12. September 2019 finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG. Ob der Widerruf der Förderbescheide daneben auch auf Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG gestützt werden kann, kann vorliegend dahinstehen, da jedenfalls die Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG vorliegen (siehe unten Ziffer 1.3). Es spricht vorliegend jedoch viel dafür, dass die Förderung auch nach Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG wegen eines Auflagenverstoßes durch den Kläger widerrufen werden kann. Gemäß Ziffer 3.1 der Förderbescheide sind die im Arbeits- und Kulturplan enthaltenen Vorgaben einzuhalten. Aus diesem ergibt sich, dass eine Nachbesserung bei mehr als 20% Ausfall der geförderten Pflanzen stattzufinden hat. Diese Auflage dürfte unabhängig von einer „Abnahme“ der Pflanzen gelten und mit dem Zugang des Förderbescheids beim Kläger Anwendung finden. Die vom Kläger herangezogene Ziffer 3.2 dürfte nicht die Frage erläutern, ab wann eine Auflage des Zuwendungsbescheides greift, sondern lediglich die zeitliche Bindung für fünf Jahre regeln.
1.2 Die Widerrufsbescheide sind formell rechtmäßig.
Insbesondere wurde der Kläger vor Erlass der Widerrufsbescheide ausreichend angehört im Sinne des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG.
Die Anhörung des Betroffenen kann auch mündlich erfolgen. Im vorliegenden Fall wurde dem Kläger im Rahmen der Revierbegehung vom 25. Januar 2019 und insbesondere im Rahmen des Ortstermins vom 15. Februar 2019 ausreichend Gelegenheit gegeben, sich zu der für den Widerruf erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Beklagtenvertreter haben während dieser Ortstermine dem Kläger gegenüber ausreichend deutlich gemacht, dass erhebliche Mängel, insbesondere bei der Anpflanzung, sowie auch beim Zaunbau vorhanden sind, die einer Förderung entgegenstehen. Zudem wurde der Kläger ausreichend auch auf die Rechtsfolgen seiner Weigerung der Nachbesserung und Neuanpflanzung hingewiesen. Nachdem ihm mitgeteilt wurde, dass der Anteil der Neuanpflanzung bei ca. 50% liegen werde, erklärte der Kläger ausdrücklich, dass er zu einer solchen Neuanpflanzung nicht bereit sei. Ausweislich des Aktenvermerks der Beklagten vom 15. Februar 2019 wurde dem Kläger deutlich gemacht, dass aufgrund der bestehenden Mängel eine Abnahme der Pflanzung als Teil der Fördermaßnahme nicht möglich ist und damit auch der Zuschuss nicht ausbezahlt werden kann. Damit wurde dem Kläger verdeutlicht, dass er eine Neuanpflanzung vornehmen muss oder ihm der Widerruf der Förderung droht. Dass der Kläger sich dessen auch bewusst war, zeigt seine Einlassung in der Klagebegründung, dass er im Rahmen des Ortstermins am 15. Februar 2019 vom Beklagtenvertreter aufgrund dessen Äußerung dann einen Bescheid verlangt habe.
Damit liegt eine ausreichende Anhörung im Sinne des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG vor.
1.3 Die Widerrufsbescheide sind auch materiell rechtmäßig.
Die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG liegen vor. Zudem ist die Jahresfrist des Art. 49 Abs. 2a Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG vorliegend eingehalten worden. Auch sind keine Mängel im Rahmen der Ermessensausübung der Beklagten erkennbar.
1.3.1
Die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG sind vorliegend erfüllt.
Gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nach dem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird.
Ob die ursprünglichen Bewilligungsbescheide der Förderung rechtmäßig waren, kann insoweit dahinstehen, da die Norm jedenfalls erst Recht für rechtswidrige Verwaltungsakte gilt. Die Förderung stellt zudem eine Geldleistung dar.
Im Vorliegenden Fall steht fest, dass der Zuwendungszweck, die durch die Bewilligungsbescheide geförderten waldbaulichen Maßnahmen, nicht erreicht worden ist und auch nicht mehr aufgrund der Weigerung des Klägers, nachzubessern, erreicht werden kann. Die geförderte Maßnahme war vorliegend die Wiederaufforstung durch Pflanzungen. Förderungszweck ist gemäß den Richtlinien für Zuwendungen zu waldbaulichen Maßnahmen im Rahmen eines forstlichen Förderprogramms (WALDFÖPR 2018) gemäß deren Ziffer 1.3, die Waldfläche zu erhalten und zu vermehren, einen standortgemäßen, klimatoleranten und möglichst naturnahen Zustand des Waldes zu bewahren oder herzustellen, die Waldfunktion dauerhaft zu sichern, den Wald nachhaltig zu bewirtschaften, die biologische Vielfalt des Waldes zu erhalten und zu verbessern und einen Ausgleich zwischen den Belangen der Allgemeinheit und der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer herbeizuführen. Dieser Zweck war vorliegend nicht erreicht worden und kann auch nicht mehr erreicht werden. Im Rahmen der Begehungen durch den Kläger und Beklagtenvertreter wurde festgestellt, dass in großem Ausmaß, ca. 30 bis 40% der Pflanzungen ausgefallen sind. Eine Nachbesserung hätte ca. 50% der Pflanzungen betroffen. Es wurde verschiedentlich festgestellt, dass die Pflanzen teilweise nicht richtig eingesetzt worden sind und nur unzureichend Vorkehrungen getroffen waren, um diese vor Wildverbiss zu schützen. Aktenkundiges und zwischen den Beteiligten auch unstreitiges Ergebnis war, dass die eingesetzten Pflanzen bereits in erheblichem Ausmaß ausgefallen sind und mangels Erreichbarkeit der Mineralschichten im Boden und von Wasser auch weiterhin in großem Ausmaß ausfallen werden. Der Kläger hat insbesondere im Rahmen der Begehung am 15. Februar 2019 auch klargestellt, dass er nicht bereit ist, Ersatzpflanzungen und Nachbesserungen vorzunehmen. Insoweit durfte und musste die Beklagte davon ausgehen, dass eben vor dem Hintergrund des erheblichen Ausfalls der Pflanzungen, der Förderzweck der Schaffung eines klimatoleranten Waldes nicht zu erreichen ist.
Für das Gericht steht daher fest, dass der Zuwendungszweck nicht erreicht worden ist. Zuwendungszweck war nicht nur die Pflanzung von einzelnen Bäumen, sondern die Schaffung eines standortgemäßen, klimatoleranten und möglichst naturnahen Zustandes eines gesamten Waldes.
Dabei spielt es rechtlich keine Rolle, auf welche Ursachen zurückzuführen ist, dass die Anpflanzungen in einem so erheblichen Umfang ausgefallen sind. Es ist Sache des Zuwendungsempfängers, während des Bestehens des Förderverhältnisses einer Maßnahme für die ordnungsgemäße Anpflanzung und deren Pflege zu sorgen und sicherzustellen, dass der Erfolg der Fördermaßnahme erreicht wird und auch erhalten bleibt. Die damit verbundenen Risiken und Gefahren gehören zu den üblichen Risiken in der Land- und Fortwirtschaft und sind vom Förderungsempfänger zu tragen. Es ist rechtlich nicht möglich und wäre auch sachlich nicht gerechtfertigt, diese Risiken dem Subventionsgeber aufzubürden, zumal er auf die Durchführung der Maßnahme und die Pflege und Erhaltung des Bestandes in der Regel keinen Einfluss hat. Ausschlaggebend ist allein die objektive Tatsache, dass der Zweck verfehlt worden ist und dieser auch nicht mehr zu erreichen ist. Damit ist der Widerruf der Förderung begründet.
Insoweit kam es im folgenden Fall auf den Vortrag des Klägers, dass die entsprechenden Witterungsverhältnisse zum Zeitpunkt einer solchen Pflanzung möglicherweise entgegengestanden haben, nicht an. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, dass der Boden sehr hart und wasserarm gewesen sei. Man hätte mit dem Spaten nicht tief genug graben können. Auch sei nicht absehbar gewesen, dass es in einem solchen Ausmaß wenig Niederschlag in dieser Jahreszeit gegeben hätte. Nach dem oben Gesagten, ist dies jedoch das Risiko des Subventionsempfängers. Dieser hat es in der Hand, Anpflanzungen entsprechend zu planen.
Insoweit ist es gerade nicht Voraussetzung der Rechtsgrundlage, dass ein Verschulden des Zuwendungsempfängers für das Nichtanwachsen der Pflanzungen vorliegt. Maßgeblich ist allein der objektive Umstand, dass der Förderungszweck nicht erreicht worden ist.
Die Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr.1 BayVwVfG liegen demnach vor.
1.3.2
Die Jahresfrist, innerhalb der die Behörde den Widerruf aussprechen kann, gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG ist vorliegend eingehalten. Die Jahresfrist beginnt mit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme, welche den Widerruf rechtfertigen, zu laufen. Im vorliegenden Fall durfte der Beklagte im Zeitpunkt der Ortsbegehungen im Januar und Februar 2019 davon ausgehen, dass der Zuwendungszweck nicht mehr erreicht werden kann. Zu diesem Zeitpunkt wurde festgestellt, dass die Pflanzungen bereits zu einem erheblichen Anteil ausgefallen sind und weitere erhebliche Ausfälle definitiv zu erwarten sind. Auch hat der Kläger in diesem Rahmen mitgeteilt, dass er zu einer Nachbesserung nicht bereit ist. Die Widerrufsbescheide vom 12. September 2019 sind damit innerhalb der Jahresfrist ergangen und dem Kläger auch zugegangen.
1.3.3
Der Widerruf ist auch verhältnismäßig. Dem Ansinnen des Klägers, zumindest für den angewachsenen Teil der Pflanzungen eine anteilige Förderung zu erhalten, musste der Beklagte nicht nachgehen. Insoweit stellte dies kein milderes Mittel dar. Förderungszweck war, wie bereits dargestellt, die Schaffung eines klimatoleranten Waldes und nicht die Pflanzung einzelner Bäume.
1.3.4
Auch die Ermessensausübung des Beklagten ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat zu Recht die beiderseitigen Interessen abgewogen und dem öffentlichen Interesse im Hinblick auf den Grundsatz von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ein hohes Gewicht zugeordnet. Auch hat er einen Vertrauensschutz des Klägers verneint, da diesem mitgeteilt worden sei, dass er, um eine Förderung zu erhalten, im größeren Umfange nachbessern müsse.
In Fällen der Zweckverfehlung bei der Subventionsvergabe ist den finanziellen Interessen des Staates eine hohe Stellung einzuräumen. Es wäre im Grundsatz nicht vertretbar, wenn die Allgemeinheit und der Steuerzahler für Maßnahmen einstehen müssten, die nicht den gewünschten und geförderten Erfolg gebracht haben, auch wenn den Subventionsempfänger kein direktes Verschulden trifft. Dies wäre schon deshalb unbillig, weil Fördermaßnahmen immer eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand sind und die Bereitstellung von Steuermitteln dafür nur gerechtfertigt sein kann, wenn im Gegenzug ein gesamtgesellschaftlicher Nutzen entsteht. Dem entsprechend spielt es im vorliegenden Fall auch keine Rolle, aus welchen Gründen die Pflanzungen nicht erhalten geblieben sind.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.


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