Europarecht

Zuwendungsrecht

Aktenzeichen  M 31 K 20.6092

Datum:
1.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 19887
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
Richtlinie über die Gewährung eines Bonus für Pflege- und Rettungskräfte in Bayern (Corona-Pflegebonusrichtlinie – CoBoR)

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten (vgl. Schreiben vom 7.12.2020 und 9.2.2021) kann das Gericht über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten den von ihr geltend gemachten Anspruch, sinngemäß gerichtet auf Verpflichtung zur Gewährung und Auszahlung des beantragten Corona-Pflegebonus, nicht inne (§ 113 Abs. 5 VwGO). Vielmehr erweist sich der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 28. Oktober 2020 als rechtmäßig.
1. Bei Zuwendungen der vorliegenden Art handelt es sich um freiwillige Maßnahmen des Beklagten. So wird in der Vorbemerkung der Corona-Pflegebonusrichtlinie ausdrücklich klargestellt, dass der Bonus eine freiwillige Leistung ist und nach Maßgabe der Richtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Freistaats Bayern als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird.
Eine Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.
Der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris Rn. 18; U.v. 24.4.1987 – 7 C 24.85 – juris Rn. 12) ist zunächst bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Subventionen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Norm- und Richtliniengeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (stRspr; vgl. z.B. BVerfG, U.v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99 – juris Rn. 61; ebenso etwa Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 255).
Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (aktuell z.B. BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris Rn. 6; vgl. ferner BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.3.2020 – 6 ZB 18.2102 – juris Rn. 9; VG München, U.v. 27.1.2020 – M 31 K 19.4697 – juris Rn. 22; U.v. 28.8.2019 – M 31 K 19.203 – juris Rn. 15).
Ein Anspruch auf Förderung kann daher im Einzelfall dann bestehen, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Zuwendungsgebers auch gefördert werden (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26; vgl. auch VG München, U.v. 28.8.2019 – M 31 K 19.203 – juris Rn. 15; im Zusammenhang der Corona-Pflegebonusrichtlinie aktuell z.B. VG München, U.v. 23.3.2021 – M 31 K 20.4082 – juris Rn. 19).
2. Nach den dargelegten Grundsätzen steht der Klägerin kein Anspruch auf Gewährung des Corona-Pflegebonus zu. Weder die Richtlinie selbst noch ihr hier zur Ablehnung führender Vollzug sind vorliegend zu beanstanden. Dies gilt insbesondere für die – hier letztlich entscheidende – ständige Förderpraxis des Beklagten zur Feststellung und Abgrenzung zuwendungsfähiger Tätigkeiten und Einrichtungen.
2.1 Die Abgrenzung des zuwendungsberechtigten Personenkreises in der durch die Corona-Pflegebonusrichtlinie vorgenommenen Art und Weise, namentlich durch eine Beschränkung auf bestimmte Einrichtungen einerseits und eine tätigkeitsbezogene Komponente andererseits, begegnet zunächst schon grundsätzlich keinen Bedenken, sondern erscheint vielmehr sachgerecht.
Der Kreis der durch die Corona-Pflegebonusrichtlinie begünstigten Personen ist in Nr. 2 CoBoR näher umrissen. Begünstigte im Sinne der Richtlinie sind danach Pflegende in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, stationären Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie ambulanten Pflegediensten. Ebenso begünstigt sind tatsächlich in der Pflege Tätige, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist. In stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen sind alle Beschäftigten begünstigt, die körperlich eng an und mit Menschen mit Behinderung arbeiten. Auch Rettungssanitäter, Rettungsassistenten, Notfallsanitäter und nichtärztliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst sind Begünstigte. Eine beispielhafte Auflistung der Begünstigten findet sich in den Anlagen 1, 2 und 3 zur Richtlinie. Begünstigt sind insbesondere neben den in den Anlagen benannten staatlich anerkannten Berufsgruppen auch Auszubildende, die sich aktuell in einer diesbezüglichen Ausbildung befinden.
Es handelt sich hierbei im Sinne der oben dargelegten Anforderungen der Rechtsprechung um eine Abgrenzung des Kreises der Begünstigten nach sachlichen Gesichtspunkten, die insbesondere auch vom Zweck der freiwilligen Leistung getragen wird. Gemäß Nr. 1 Satz 2 CoBoR geht es dem Zuwendungsgeber darum, das überdurchschnittliche Engagement der in Bayern in der professionellen Pflege, im Rettungsdienst und in den stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe Tätigen gerade im Hinblick auf die aktuelle Corona-Pandemie – auch für die Zukunft – besonders zu würdigen und anzuerkennen. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege als Richtliniengeber hat dies weitergehend wie folgt präzisiert und ergänzt: „Der Corona-Pflegebonus erkennt das Engagement der Pflegekräfte an, die in besonderer Weise dauerhaft und intensiv mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie konfrontiert waren. Die Pflegekräfte mussten hierbei insbesondere versuchen, die Präsenz von Angehörigen zu ersetzen, die wegen Besuchsverboten in den begünstigten Einrichtungen nicht emotional und sozial für die Betroffenen sorgen konnten. Vor allem auch dieses besondere menschliche Engagement sollte mit dem Bonus des Freistaates gewürdigt werden“ (Antwort des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege auf eine Schriftliche Anfrage des Abg. Krahl, LT-Drs. 18/11079 vom 15.1.2021, S. 2).
Es steht im Einklang mit dieser Zielsetzung, dass der Richtliniengeber den Kreis der Begünstigten anhand bestimmter Einrichtungen und näher umrissener Qualifikationen bzw. Berufsbilder abgrenzt, die er mit Blick auf diese für besonders relevant erachten durfte. Bei den nach der Richtlinie begünstigten stationären Einrichtungen, namentlich Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken, stationären Alten-‍, Pflege- und Behinderteneinrichtungen handelt es sich sämtlich um solche, in denen der vorgenannte Grundgedanke einer Substitution der Präsenz naher Angehöriger in der Zeit pandemiebedingter, umfassender Besuchseinschränkungen ohne weiteres greift. Es ist ferner eine von sachlichen Gründen getragene Wertung des Richtliniengebers, dass er in den Kreis der Einrichtungen, in denen eine Begünstigung der Pflegenden in Betracht kommt, auch die ambulanten Pflegedienste einbezieht. Nach der Corona-Pflegebonusrichtlinie relevant sind ansonsten – vom Rettungsdienstwesen abgesehen – lediglich stationäre Einrichtungen. Die durch den Pflegebonus verfolgte Zielsetzung, besonders den „Ersatz“ persönlicher Kontakte zu würdigen, ist indessen auch im Fall ambulanter Pflegedienste gegeben. Auch insoweit handelt es sich um eine Situation, in der die Pflegekräfte häufig die wesentlichen oder sogar einzigen Ansprechpartner gerade solcher Pflegebedürftiger waren, die altersbedingt einer Risikogruppe angehören und daher von Besuchseinschränkungen besonders betroffen waren.
Dass der Richtliniengeber damit die ansonsten in der Richtlinie verfolgte Beschränkung auf stationäre Einrichtungen durchbricht, zeigt, dass bei der Abgrenzung des begünstigten Personenkreises nicht schematisch, sondern nach sachbezogenen Kriterien vorgegangen wird. Das hier insbesondere relevante, ergänzende Kriterium, wonach tatsächlich in der Pflege Tätige, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist, ebenso begünstigt sind (Nr. 2 Satz 2 CoBoR), zeugt ebenso von einer sachgerechten und in Grenzen auch der Einzelfallgerechtigkeit verpflichteten Festlegung des begünstigten Personenkreises. Insgesamt ist daher der sehr weite Spielraum des Richtliniengebers, den Kreis der Begünstigten der finanziellen Zuwendung nach sachlichen Gesichtspunkten abzugrenzen, nicht überschritten. Der Richtliniengeber und mit ihm die Vollzugsbehörde sind daher insbesondere auch befugt, die mit der Zuwendung in besonderer Weise zu würdigende soziale Substitutionsfunktion der Pflegenden gerade auch typisierend-einrichtungsbezogen und weiterhin an bestimmten Qualifikationen orientiert zu erfassen und darauf in ihrer Abgrenzung der Zuwendungsberechtigten abzustellen.
2.2 Auch die Anwendung der Richtlinie durch den Beklagten begegnet keinen Bedenken. Dies gilt insbesondere auch für die weitgehende Differenzierung zwischen stationären und ambulanten bzw. teilstationären Einrichtungen in der Förderpraxis, die hier letztlich dazu führt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Zuerkennung und Auszahlung des Pflegebonus geltend machen kann.
2.2.1 Maßgeblich folgt nach der schriftsätzlich dargelegten und dem erkennenden Gericht aus einer Vielzahl paralleler bei ihm anhängiger Verfahren bekannten Förderpraxis des Beklagten eine Begünstigung nach der Corona-Pflegebonusrichtlinie aus zwei kumulativ zu erfüllenden Kriterien:
Zum einen müssen pflegende Personen für eine Begünstigung in bestimmten Einrichtungen tätig sein (Nr. 2 Satz 1 CoBoR), zum anderen müssen bestimmte tätigkeitsbezogene Merkmale erfüllt werden, d.h. die Personen müssen – differenziert nach Einrichtungstyp – eine bestimmte Qualifikation aufweisen oder jedenfalls in einem bestimmten Berufsbild konkret tätig sein (Nr. 2 Satz 3 bis 5, Anlagen 1 bis 3 CoBoR). Ergänzend sind gemäß Nr. 2 Satz 2 CoBoR tatsächlich in der Pflege Tätige ebenso begünstigt, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist.
Der Beklagte geht in seiner Förderpraxis davon aus, dass es sich bei den nach der Richtlinie begünstigten Einrichtungen um einen abschließenden Katalog handelt. Er bezieht die vorgenannte, ergänzende Begünstigung von in der Pflege Tätigen, deren ausgeübte berufliche Tätigkeit der Pflege entspricht und mit dieser vergleichbar ist (Nr. 2 Satz 2 CoBoR), ausschließlich auf das Kriterium der Qualifikation bzw. Tätigkeit des Pflegenden. Nicht hingegen wird auf Grundlage dieser „Vergleichbarkeitsregel“ der Kreis der begünstigten Einrichtungen erweitert. Anders gewendet führt nach der Förderpraxis des Beklagten auch eine möglicherweise im Sinne der Richtlinie mit der Pflege vergleichbare berufliche Tätigkeit nicht zu einer Begünstigung, wenn der jeweils Tätige nicht in einer in der Corona-Pflegebonusrichtlinie genannten Einrichtung beruflich eingesetzt ist. Dass die Regelung der Corona-Pflegebonusrichtlinie insoweit gegebenenfalls auch anders verstanden werden könnte, ist unerheblich. Wie ausgeführt, ist keine gerichtliche Auslegung der Richtlinie angezeigt, entscheidend ist allein die Förderpraxis des Beklagten, die im Übrigen nach Auffassung des Gerichts auch vom Wortlaut der Richtlinie ohne weiteres gedeckt ist (VG München, U.v. 17.2.2021 – M 31 K 20.5587 – juris Rn. 26).
Dies führt im Ergebnis dazu, dass der Beklagte in seiner Förderpraxis letztlich – von ambulanten Pflegediensten und dem Bereich des Rettungsdienstwesens abgesehen – nur in stationären Einrichtungen Tätige zum Kreis der Begünstigten zählt.
2.2.2 Diese Förderpraxis des Beklagten begegnet auch im vorliegenden Fall keinen Bedenken; sie hält insbesondere die Grenzen des Willkürverbots ein.
Die Klägerin ist ausweislich der vorgelegten Arbeitgeberbescheinigung bei dem F. gGmbH als Mitarbeiterin in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung tätig. Damit erfüllt die Klägerin das einrichtungsbezogene Kriterium nicht, da es sich insoweit nach der für das Gericht nachvollziehbaren Beurteilung des Beklagten nicht um eine stationäre Behinderteneinrichtung im Sinne der Corona-Pflegebonusrichtlinie bzw. der darauf fußenden Zuwendungspraxis handelt. Nach den Ausführungen des Beklagten zur insoweit entscheidenden Zuwendungspraxis geht dieser nur dann von einer gegebenenfalls begünstigten stationären Behinderteneinrichtung aus, wenn diese nach Zweck und Zielsetzung das „Zuhause“ des jeweiligen Patienten ist, in dem er lebt, schläft und gepflegt wird. Soweit die Einrichtung lediglich für einen Teilbereich zuständig ist, wie etwa die tägliche Arbeit oder nur eine zeitweise Betreuung, geht der Beklagte von einer teilstationären Einrichtung aus. Nach diesen durch den Beklagten angewendeten Kriterien handelt es sich bei der hier inmitten stehenden Werkstatt für behinderte Menschen nicht um eine vollstationäre Einrichtung für Menschen mit Behinderung. Gemäß dem sozialrechtlichen Begriffsverständnis handelt es sich bei einer Werkstatt für behinderte Menschen um eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben (§ 219 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Dies deckt sich mit der im Internet verfügbaren Einrichtungsbeschreibung der Arbeitgeberin der Klägerin. Zweifel an der Einordnung des Tätigkeitsbereichs der Klägerin als jedenfalls nicht vollstationäre Einrichtung für behinderte Menschen (im Sinne der dargelegten Zuwendungspraxis) ergeben sich damit für das Gericht nicht.
Soweit die Klägerin in ihrem schriftsätzlichen Vorbringen – vgl. insbesondere die Klagebegründung vom 7. Dezember 2020 – davon ausgeht, dass ihre Arbeitgeberin (insgesamt) zu den nach dem Wortlaut der Corona-Pflegebonusrichtlinie begünstigten stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderung gehöre, führt dies nicht weiter. Nach der Zuwendungspraxis des Beklagten, die er mit der ergänzenden Stellungnahme vom 15. April 2021 nochmals spezifiziert und näher ausgeführt hat, kommt es in Einrichtungen, die verschiedene Formen der Behindertenhilfe bündeln, auf den konkreten Einsatzbereich des jeweiligen Mitarbeiters an. Zwar handelt es sich offenbar nach den Ausführungen der Klägerin und den im Internet verfügbaren Informationen bei der F. gGmbH um eine solche Einrichtung, die verschiedene Formen der Behindertenhilfe anbietet. Es ist jedoch weder vorgetragen noch insbesondere durch den Arbeitgeber bestätigt, dass die Klägerin im relevanten Zeitraum in einem Bereich des Unternehmens tätig war, der nach den Kriterien des Zuwendungsgebers als vollstationäre Behinderteneinrichtung aufzufassen wäre.
Auch auf die durch die Klägerin im Schriftsatz vom 7. Dezember 2020 thematisierte Frage, ob sie überhaupt in der Einrichtung zum relevanten Stichtag (7.4.2020) beschäftigt war, kommt es damit nicht an. Dies dürfte ohnehin mit Blick auf die vorgelegte Bescheinigung der F. gGmbH vom 2. Juni 2020 sowie die weiteren durch die Klägerin vorgelegten Unterlagen – wie insbesondere den Stundennachweis für April 2020 – ohne Weiteres zu bejahen sein und wird auch wohl durch den Beklagten keineswegs in Abrede gestellt. Die Begründung des ablehnenden Bescheids vom 28. Oktober 2020 hebt – wenn auch möglicherweise in etwas zweideutiger Weise – darauf ab, dass die Klägerin zum Stichtag nicht in einer nach der Corona-Pflegebonusrichtlinie begünstigten Einrichtung tätig war, nicht jedoch darauf, ob sie überhaupt in der Einrichtung beschäftigt war.
Die dargelegte Beschränkung des Kreises der Begünstigten auf Pflegende in bestimmten, in der Corona-Pflegebonusrichtlinie genannten Einrichtungen, wie sie in Nr. 2 Satz 1, 3 und 9 CoBoR insbesondere zum Ausdruck kommt, ist durch sachliche Unterschiede gerechtfertigt. Nach der dem Gericht aus anderen Verfahren bereits bekannten Förderpraxis und den schriftsätzlichen Darlegungen (vgl. insbesondere die ergänzende Stellungnahme vom 15.4.2021) geht der Beklagte von den Erwägungen des Richtliniengebers aus, nach denen der Pflegebonus nicht als Gefahrenzulage konzipiert ist, sondern vielmehr an dem Umstand ansetzt, dass Pflegekräfte in dem relevanten Zeitraum vielfach versuchen mussten, die Präsenz von Angehörigen zu ersetzen, die wegen Besuchsverboten in den begünstigten Einrichtungen nicht emotional und sozial für die Betroffenen sorgen konnten (vgl. auch Antwort des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege auf eine Schriftliche Anfrage des Abg. Krahl, a.a.O.). Entscheidend für eine Begünstigung sind somit weniger die konkreten „technischen“ Erschwernisse und Herausforderungen, denen sich die in der Pflege Tätigen aufgrund der Pandemiesituation gegenübersahen und -sehen, wie etwa die erhöhten Hygieneanforderungen und Vorsichtsmaßnahmen. In erster Linie nimmt die Förderung durch den Pflegebonus vielmehr typisierend eine bestimmte Situation der zu pflegenden Patienten in den Blick, die durch die zusätzlich zu leistende Substitution sozialer Kontakte zu erhöhten menschlichen Anforderungen führt. Mit anderen Worten setzt der Corona-Pflegebonus nicht an den unmittelbaren Folgen der COVID-19-Pandemie für die Pflegekräfte an, sondern an den für sie entstandenen zusätzlichen Aufgaben und Herausforderungen, die sich aus den sozialen Auswirkungen der Beschränkungsmaßnahmen auf die Patienten und deren Bewältigung durch die Pflegekräfte während des ersten „Lockdown“ ergaben.
Vor diesem Hintergrund ist es sachlich begründet, den Kreis der Begünstigten in einem ersten Schritt durch einen abschließenden Kanon von Einrichtungen abzugrenzen, in dem der Zuwendungsgeber diese zusätzlichen Aufgaben für in besonderer Weise gegeben erachtet. Es erscheint insoweit nachvollziehbar, dass im Schwerpunkt der Bereich stationärer Einrichtungen begünstigt wird, da sich hier die Besuchsverbote und damit der Verlust sozialer Kontakte für die zu Pflegenden der Natur der Sache nach am stärksten manifestierten. Dass der Zuwendungsgeber in seiner Bewilligungspraxis eine dergestalt typisierende Betrachtung der Pflegsituation zur Abgrenzung des Kreises der Begünstigten heranzieht, ist nicht zu beanstanden und von sachlichen Gründen getragen.
Ergänzend rechtfertigt sich die – weitgehende – Differenzierung zwischen dem ambulanten (teilstationären) und dem stationären Bereich auch durch weitere grundsätzliche Erwägungen. Der Zuwendungsgeber bezweckt mit der Gewährung des Corona-Pflegebonus eine besondere Würdigung und Anerkennung für das überdurchschnittliche Engagement der in Bayern in der professionellen Pflege, im Rettungsdienst und in den stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe Tätigen. Die Leistung soll dabei überobligatorische Anstrengungen, auf die das Gemeinwesen im Zuge der Corona-Pandemie dringend angewiesen ist, belohnen und zu weiterem entsprechenden Verhalten anspornen (Nr. 1 Satz 2 bis 4 CoBoR). Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn die Richtlinie und der Beklagte in seinem Vollzug zwischen stationären Einrichtungen einerseits und teilstationären und ambulanten Einrichtungen andererseits differenziert. Eine solche Differenzierung verstößt nicht gegen das Willkürverbot. Vielmehr erscheint es dem erkennenden Gericht nachvollziehbar und von sachbezogenen Gesichtspunkten getragen, wenn der Zuwendungsgeber eine Differenzierung gerade daran festmacht, ob der Zuwendungsempfänger in solchen Bereichen während der Corona-Pandemie tätig war, auf die das Gemeinwesen in besonderer Weise und dringend angewiesen ist. Dies ist in nachvollziehbarer Weise gerade dann und dort der Fall, wo für das Gesundheitswesen eine besondere Systemrelevanz besteht. Gerade die stationäre Versorgung und der ebenso begünstigte Bereich des Rettungsdienstes weist eine solche Systemrelevanz auf. Des Weiteren ist die mit dem Corona-Pflegebonus verfolgte Anreizwirkung, die über die besondere Würdigung und Anerkennung hinaus auch ein entsprechendes weiteres Verhalten anspornen will und insbesondere das Ziel verfolgt, weitere potentielle Kräfte für die benötigten Tätigkeiten zu gewinnen (Nr. 1 Satz 5 CoBoR), in besonderer Weise gerade bei stationären Einrichtungen gegeben.
Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV gebieten, wie bereits ausgeführt, eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 32). Dabei steht dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder gegebenenfalls sogar bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt mithin nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. z.B. VG Würzburg, U.v. 14.12.2020 – W 8 K 20.862 – juris Rn. 51 m.w.N.).
Das ist nach Überzeugung des Gerichts hier nicht der Fall. Der Beklagte geht in seiner Förderpraxis bei der Abgrenzung des begünstigten Personenkreises wie ausgeführt von einer typisierend betrachteten, klassisch-physischen Pflegesituation aus. Er hält die maßgebliche Zielsetzung der Förderung, nämlich die Würdigung des Ersatzes von Angehörigenkontakten durch solche Pflegekräfte in der Zeit pandemiebedingter Kontaktbeschränkungen, in einem Kanon bestimmter Einrichtungen für in besonderer Weise gegeben und beschränkt den Kreis der Begünstigten folglich auf Pflegende, die in solchen Einrichtungen tätig sind.
Diese bereits an sich nicht zu beanstandende Vorgehensweise begegnet auch konkret mit Blick auf den aus dieser Praxis folgenden Ausschluss der Betreuung von Menschen mit Behinderung im teilstationären oder ambulanten Einrichtungen keinen Bedenken. Der Beklagte kann sich jedenfalls auf einen sachlichen Grund berufen, wenn er davon ausgeht, dass sich die für die Gewährung des Pflegebonus relevante Pflegesituation im Bereich der ambulanten oder teilstationären Betreuung von behinderten Menschen typischerweise so nicht ergibt. Wenngleich ohne Zweifel – wie auch aus dem klägerischen Vortrag ersichtlich – auch in diesem Bereich erheblicher Einsatz gefordert ist, der gerade in Zeiten der Corona-Pandemie nochmals erhöhte Anforderungen mit sich bringt, findet die klassische körperliche Pflegetätigkeit bzw. die körperlich enge Arbeit an und mit Menschen mit Behinderung in der ambulanten oder teilstationären Behindertenbetreuung regelmäßig nicht in der gleichen Dauerhaftigkeit und einer die Beschäftigungssituation prägenden Weise statt, wie dies insbesondere in den stationären Einrichtungen der Fall ist. Auch wenn in der konkreten Anwendungssituation der Betreuung davon auszugehen ist, dass in diesem Zeitraum auch eine pflegerisch-physiche Versorgung entsprechend disponierter Patienten erforderlich sein kann, so handelt es sich doch insgesamt um eine nur zeitweise stattfindende Maßnahme mit dem Ziel der Teilhabe und Unterstützung. Ziel der von der Klägerin verrichteten Betreuung ist gerade nach ihrem Vortrag weniger die körperlich-pflegerische Versorgung der Patienten, vielmehr handelt es sich um Maßnahmen zum Erhalt der Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Menschen mit Behinderung.
Mit dieser durch den Beklagten vorgenommenen Grenzziehung, die letztlich gezielt nur die klassische körperlich-pflegerische Tätigkeiten und institutionelle Einsatzfelder begünstigt, nicht aber Pflege- und Versorgungstätigkeiten, die gleichsam anlässlich oder im Zuge anderweitiger (ambulanter) therapeutischer Behandlungen oder wie hier der Teilhabe, Unterstützung oder Eingliederung erbracht werden, liegt jedenfalls eine durch sachliche Gründe gerechtfertigte Differenzierung vor. Bildet – wie hier – die Willkürgrenze den gerichtlichen Prüfungsmaßstab, kommt es nicht darauf an, ob es zu der festgestellten Verwaltungspraxis Alternativen gibt. Willkür ist vielmehr bereits dann zu verneinen, wenn sich die Behörde überhaupt von sachlichen Erwägungen hat leiten lassen (OVG MV, U.v. 27.6.2001 – 2 L 39/99 – juris Rn. 31). Das ist nach Auffassung des Gerichts mit den o.g. Erwägungen hier der Fall.
3. Der Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass, wie von ihr vorgebracht, möglicherweise andere Antragsteller der gleichen Einrichtung mit vergleichbarer Tätigkeit rechtswidrig begünstigt wurden. Denn Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV begründen keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Verhältnis zu solchen Personen, denen rechtswidrige Vergünstigungen zugewandt werden. Es würde umgekehrt auf eine unzulässige rechtswidrige Bevorzugung hinauslaufen, wenn die Klägerin allein im Hinblick auf derartige Vergleichsfälle einen Anspruch auf einen Bonus erlangen würde (VGH BW, U.v. 21.8.1990 – 10 S 1389/89 – juris Rn. 26; vgl. auch BVerwG, U.v. 23.4.2003 – 3 C 25/02 – juris Rn. 17; eingehend VG Regensburg, GB v. 20.1.2021 – RO 6 K 20.1523 – BeckRS 2021, 705 Rn. 27 f.). Eine Gleichbehandlung „im Unrecht“ kann die Klägerin mithin nicht beanspruchen. Mit einer in Einzelfällen unrichtigen Sachbehandlung hat der Beklagte zudem auch keine abweichende Verwaltungspraxis konstituiert. Für die Annahme einer kraft behördlicher Selbstbindung beachtlichen neuen Verwaltungspraxis bedarf es einer aus den Umständen des Einzelfalls erkennbar werdenden Absicht, zukünftig vergleichbare Fälle ebenso zu behandeln. Eine solche Praxis setzt dabei bewusst und gewollt dauerhaft geänderten Vollzug voraus, der sich aus einer im Nachhinein als fehlerhaft erkannten Rechtsanwendung des Beklagten gerade nicht ergibt. Es ist indes nicht erkennbar, dass das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege als Urheber der Richtlinie und/oder das Landesamt als zuständige Bewilligungsbehörde (vgl. Nr. 5.1 Satz 3 CoBoR) in der vorliegenden Fallgestaltung eine Abweichung in ständiger Vollzugspraxis dulden oder billigen. Eine lediglich irrtümliche Abweichung in Einzelfällen begründet, wie ausgeführt, hingegen gerade keine Änderung der Verwaltungspraxis (NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – juris Rn 29 f.; VG Würzburg, U.v. 26.4.2021 – W 8 K 20.2093 – juris Rn. 43; VG München, U.v. 23.3.2021 – M 31 K 20.4082 – juris Rn. 42) und damit auch keinen Anspruch der Klägerin. Der Beklagte hat die – im Übrigen auch in Nr. 8 CoBoR ausdrücklich vorgesehene – Möglichkeit, in solchen Fällen von den Aufhebungsvorschriften der Art. 48 ff. BayVwVfG, namentlich der Rücknahmebefugnis des Art. 48 BayVwVfG, Gebrauch zu machen, damit rechtswidrige Bewilligungen des Corona-Pflegebonus rückgängig zu machen und entsprechende Auszahlungen zurückzufordern (Art. 49a BayVwVfG).
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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