Familienrecht

Anspruch auf Unterlassung von Äußerungen des Jugendamts in familiengerichtlichen Verfahren (verneint), Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht (verneint)

Aktenzeichen  M 18 E 21.1454

Datum:
2.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
FamRZ – 2021, 1560
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123, § 99 Abs. 1 S. 1, § 100 Abs. 1 S. 1
SGB VIII § 50

 

Leitsatz

Dem Sachlichkeitsgebot ist Genüge getan, wenn Äußerungen des Jugendamts im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht gem. § 50 SGBVIII in den familiengerichtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht getroffen werden und damit in einem konkreten Bezug zur Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe stehen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Jugendamts des Antragsgegners, bestimmte Äußerungen zu unterlassen und zu widerrufen, sowie die Gewährung umfassender Akteneinsicht.
Die Antragstellerin ist leibliche Mutter zweier Söhne, des am 9. Juli 2010 geborenen F.-E. und des am 15. August 2012 geborenen V. Sie lebt außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Antragsgegners.
Die beiden Kinder leben derzeit bei ihrem leiblichen Vater, dem getrenntlebenden Ehemann der Antragstellerin, der die alleinige elterliche Sorge für die Kinder innehat, im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners.
Die elterliche Sorge bzw. der Umgang mit den Kindern war bereits Gegenstand etlicher familiengerichtlicher Verfahren, u.a. beim Amtsgericht Rosenheim.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim – Familiengericht – vom 2. Juli 2020 wurde im Verfahren 8 F 903/19 der Umgang der Antragstellerin mit den beiden Kindern wie folgt geregelt: Die Antragstellerin habe mit den Kindern alle 14 Tage samstags begleiteten Umgang im Kinderschutzbund R. im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners. Die Umgangsbegleitung erfolge durch den Kinderschutzbund. Der Vater habe den begleiteten Umgang beim Jugendamt zu beantragen. Der erste Umgangstermin sei der … 2020, in der Folge jeweils der Samstag einer geraden Kalenderwoche. Nach Durchführung von zehn begleiteten Umgangsterminen entsprechend diesen Maßgaben fänden alle 14 Tage unbegleitete Umgänge mit der Antragstellerin unter näher bestimmten Maßgaben statt.
Am 31. Juli 2020 beantragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin beim Amtsgericht Rosenheim u.a., dem Kindsvater die elterliche Sorge für die beiden Kinder zu entziehen und die Kinder in die Obhut der Antragstellerin, hilfsweise der Großmutter mütterlicherseits zu geben (8 F 1253/20). Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Kindsvater misshandle seine Kinder. Anders als vom Kindsvater bzw. dessen Bevollmächtigten behauptet, hätten sich die Kinder von einem Feriencamp zur Kindsmutter aufgemacht. Sie befänden sich derzeit im Kinderschutzzentrum des Universitätsklinikums E. und würden nicht zum Vater zurückkehren wollen.
Am 4. August 2020 beantragten die Bevollmächtigten des Kindsvaters beim Amtsgericht Rosenheim, das Umgangsrecht der Antragstellerin mit den beiden gemeinschaftlichen Kindern auszusetzen (8 F 1282/20). Zugleich wurde im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt, das am 8. August 2020 turnusmäßig stattfindende Umgangsrecht gemäß Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 2. Juli 2020 auszusetzen (8 F 1297/20). Zur Begründung wurde ausgeführt, der erste Umgangstermin habe am … 2020 stattgefunden und sei „offensichtlich positiv“ verlaufen. Die Kinder seien am 26. Juli 2020 durch den Kindsvater zu einem Feriencamp verbracht worden. Aus diesem Feriencamp seien sie am 29. Juli 2020 verschwunden. Offensichtlich seien die Kinder durch die Kindsmutter abgeholt worden. Die Kindsmutter habe die Kindesinteressen völlig aus dem Blick verloren. Im Nachgang zum ersten begleiteten Kontakt habe sie die Kinder in einer ganz erheblichen Form einer psychischen Belastung ausgesetzt.
Ebenfalls am 4. August 2020 beantragten die Bevollmächtigten des Kindsvaters beim Amtsgericht Rosenheim den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 1 Gewaltschutzgesetz (8 F 1327/20).
Im Verfahren 8 F 1297/20 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 7. August 2020 der Umgang der Antragstellerin mit den beiden Kindern bis 30. November 2020 ausgeschlossen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Gericht kläre aktuell die Umstände „um das Verschwinden der Kinder aus dem Ferienlager“. Bevor der Sachverhalt zur möglichen Entführung der Kinder nicht weiter aufgeklärt worden sei, erscheine ein Umgang mit den Kindern nicht tragbar. Zudem habe die Mutter sich nicht an die bisherige Umgangsregelung gehalten und gegen diese verstoßen.
Mit Beschluss vom 21. Oktober 2020 wies das Amtsgericht Rosenheim im Verfahren 8 F 1253/20 den Antrag der Antragstellerin auf Entzug der elterlichen Sorge des Kindsvaters und auf Übertragung der elterlichen Sorge zurück. Das Gericht sehe keinen Anlass, dem Vater die elterliche Sorge zu entziehen.
Mit Beschluss vom 4. November 2020 wies das Amtsgericht Rosenheim im Verfahren 8 F 1327/20 den Antrag auf Erlass eines Kontaktverbotes ab und stellte fest, dass Maßnahmen wegen Kindeswohlgefährdung aktuell nicht veranlasst seien. Ein Kontaktverbot gegenüber der Mutter halte das Gericht derzeit weiterhin weder für erforderlich noch für verhältnismäßig.
Im Verfahren 8 F 1282/20 ordnete das Amtsgericht Rosenheim mit Beweisbeschluss vom 4. November 2020 die Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens zur Frage an, ob und wann erneut Umgänge zwischen Mutter und Kindern stattfinden könnten und welche Umgangsregelung angezeigt sei.
Gegen diesen Beweisbeschluss legte die Antragstellerin am 14. November 2020 sofortige Beschwerde ein.
Ebenfalls am 14. November 2020 lehnte die Antragstellerin in etlichen, näher bezeichneten familiengerichtlichen Verfahren die zuständige Richterin am Amtsgericht Rosenheim wegen Befangenheit ab und erweiterte diesen Antrag im weiteren Verlauf auf sämtliche Verfahren.
Im Verfahren 8 F 1297/20 verlängerte das Amtsgericht Rosenheim mit Beschluss vom 17. November 2020 den mit Beschluss vom 7. August 2020 angeordneten Umgangsausschluss bis 28. Februar 2021. Zur Begründung wurde ausgeführt, im Hauptsacheverfahren sei ein Gutachten zur Frage des Umgangs in Auftrag gegeben worden. Derzeit laufe noch ein Strafverfahren wegen Entziehung Minderjähriger gegen die Antragstellerin, dessen Ausgang abzuwarten sei.
Am 3. Dezember 2020 beantragte die Antragstellerin beim Amtsgericht Rosenheim Akteneinsicht unter anderem in den o.g. familiengerichtlichen Verfahren, die ihr im weiteren Verlauf jedenfalls in den Verfahren 8 F 1253/20, 8 F 1297/20 und 8 F 1282/20 gewährt wurde.
Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2020 erhob die Antragstellerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage „auf Unterlassung und Widerruf“ und stellte einen „Antrag auf Akteneinsicht gemäß § 100 VwGO“ wegen „amtsbezogener Äußerungen in familiengerichtlichen Verfahren Umgang und Sorgerecht“. Über die unter dem Az. M 18 K 20.6726 geführte Klage ist noch nicht entschieden. Im Einzelnen beantragte die Antragstellerin Folgendes:
„1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, sich in Bezug auf die Klägerin wörtlich oder sinngemäß wie folgt zu äußern und/oder äußern zu lassen und/oder solche Äußerungen zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:
(A) Die Klägerin sei psychisch krank.
(B) Die Klägerin sei strafrechtlich in Erscheinung getreten.
(C) Die Mutter manipuliere die Kinder.
(D) Ausschließlich die Klägerin und nicht der Vater und nicht der Beklagte belaste ihre Kinder, indem sie sie in den Elternkonflikt einbeziehe, und sei alleine für den Loyalitätskonflikt der Kinder zu ihren Eltern verantwortlich und sei somit Kindeswohl gefährdend.
2. Hilfsweise wird beantragt, dass die Untersagungen gemäß Ziffer 1 nur für den Fall gelten sollen, dass (weiterhin) eine Bewertung durch den Beklagten des gegenwärtigen Vorliegens gewichtiger Anhaltspunkte für eine von der Klägerin angeblich zu verantwortende Gefährdung des Wohls der Kinder bzw. eines Kindes des Klägers sowie die Abschätzung des Gefährdungsrisikos gemäß § 8a SGB VIII nicht erfolgt.
3. Der Beklagte hat die unter Ziffer 1 wiedergegebenen Behauptungen schriftlich sofort, spätestens binnen 2 Wochen zu widerrufen, insbesondere gegenüber dem Familiengericht, und den Vollzug der Klägerin schriftlich glaubhaft zu machen.
4. Die frühzeitige Akteneinsicht in alle Gerichtsakten zu vorliegendem Verfahren inklusive aller Nebenverfahren, sowie sämtliche Originalakten und Korrespondenzen des Beklagten zu allen abgeschlossenen und anhängigen Verwaltungsverfahren (außer zum Kindesunterhalt) und familiengerichtlichen Verfahren der Klägerin, inklusive aller Nebenverfahren und beigezogenen Akten, sowie etwaige Notizen (u.a. in sogenannten Kladden), wird der Klägerin gewährt. Das Gericht ermöglicht die Einsicht in alle o.g. Akten und Korrespondenzen zeitnah an einem Werktag zwischen 9:00 bis 16:00 Uhr, falls aufgrund des Aktenumfangs nötig auch an mehreren Tagen. Sollten dem Gericht nicht alle Teile der o.g. Akten und Korrespondenzen momentan zu Akteneinsicht vorliegen, so ermöglicht das Gericht jeweils Einsicht in die Einzelakte sobald vorliegend und teilt der Klägerin den Termin für die jeweilige Einsichtnahme mit.“
Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kindsvater habe im Mai 2019 auf Anraten des Jugendamts des Antragsgegners den Umgang ausgesetzt. Das Jugendamt habe nie Kontakt mit der Antragstellerin gesucht oder aufgenommen, sondern zulasten der Kinder den Umgang unvermittelt ausgesetzt. Umgang habe letztmalig am 5. Mai 2019 stattgefunden. Die Kinder würden seitdem von der Mutter und der mütterlichen Familie isoliert. Der Antragsgegner habe seit 2019 an mehreren Verfahren vor dem Amtsgericht Rosenheim – Familiengericht – gemäß § 50 SGB VIII mitgewirkt. Dies seien die Verfahren 8 F 845/19, 8 F 1007/19, 8 F 913/19, 8 F 903/19, 8 F 982/19, 8 F 2003/19, 8 F 1012/19, 8 F 1253/20, 8 F 1282/20, 8 F 1297/20, 8 F 1327/20, 8 F 1286/20, 8 F 1636/20 und vor dem OLG München die Verfahren 12 UF 466/20 und 12 UF 151/20. In diesen Verfahren hätten verschiedene – in der Klageschrift namentlich benannte – Mitarbeiter des Antragsgegners die beanstandeten Äußerungen getroffen. Als Beweis für die unter Punkt (A) bis (D) aufgeführten Äußerungen benannte die Antragstellerin insbesondere folgende Unterlagen: für die Äußerung unter Punkt (A) das Schreiben ihres damaligen Bevollmächtigten vom 17. Juni 2019 (Anlage K 5), für die Äußerung unter Punkt (B) die Stellungnahme des Jugendamts vom 7. August 2020 (Anlage K 15), für die Äußerung unter Punkt (C) den Vermerk des Amtsgerichts Rosenheim vom 13. Juni 2019 im Verfahren 8 F 845/19 (Anlage K 12) sowie die Schreiben des Jugendamts vom 10. Juli 2019 (Anlage K 6), vom 17. Juli 2019 (nicht als Anlage beigefügt), vom 21. November 2019 (Anlage K 13) und vom 28. Februar 2020 (Anlage K 14). Der „harte Beweis“, dass es keine Manipulation der Mutter geben könne, sei durch die Kindesanhörung am 12. Dezember 2019 erbracht worden. Für die Äußerung unter Punkt (D) wurde als Beweis die Schreiben des Jugendamts vom 17. Juli 2019, vom 7. August 2020, vom 18. August 2020 (Anlage K 16) und vom 11.11.2020 (Anlage K 18) benannt.
Mit der vorliegenden Klage werde begeht, gegen den Antragsgegner anzuordnen, dass dieser die o.g. Äußerungen wörtlich oder sinngemäß zu unterlassen und zu widerrufen habe, oder hilfsweise das Unterlassen anzuordnen, solange „der Kläger“ – gemeint ist offensichtlich der Beklagte bzw. Antragsgegner – keine Gefährdungseinschätzung gemäß § 8a SGB VIII vorgenommen habe. Die Antragstellerin halte den Präventivrechtsschutz einer gerichtlich angeordneten Unterlassung für notwendig, da sie ansonsten Nachteile in den anhängigen familiengerichtlichen Verfahren am Amtsgericht Rosenheim befürchte, wobei die Verfahren 8 F 1282/20 und 8 F 1297/20 zum Umgang und 8 F 1253/20 zur elterlichen Sorge aufgrund eines Ablehnungsgesuchs ruhten. Der Anspruch auf Unterlassung bzw. Widerruf der Äußerungen ergebe sich aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog. Es lägen amtsbezogene Äußerungen vor, da die Äußerungen von einem Träger öffentlicher Verwaltung bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben – hier nach § 8a SGB VIII, § 50 SGB VIII sowie § 18 SGB VIII – getätigt worden seien. Die Äußerungen des Beklagten griffen in das grundrechtlich geschützte Sorge- und Umgangsrecht der Antragstellerin ein und erwiesen sich als objektiv falsch. Dies ergebe sich aus den Bescheinigungen und Diagnosen der Fachärzte, den sachverständigen Aussagen der hinzugezogenen diplomierten und staatlich anerkannten Sozialpädagogen sowie weiteren als Anlagen beigefügten Gutachten. Eine eingehende Begründung bzw. Erweiterung der Klage behielt sich die Antragstellerin für die Sichtung der Akten vor. Im Einzelnen begehre sie auch Einsicht „in alle Vorgänge des Beklagten zu den oben genannten anhängigen familiengerichtlichen Verfahren sowie weiterhin in die o.g. zurückliegenden und abgeschlossenen familiengerichtlichen Verfahren.“ Insbesondere für die Ermittlung einer unterlassenen Gefährdungseinschätzung sei „nicht nur die Einsicht in Akten zu neuen Vorgängen beim Beklagten in Bezug auf den begleiteten Umgang und dem Umgangsausschluss, sondern auch die Einsicht des Klägers in alle Vorgänge des Beklagten zu allen Kindeswohlgefährdungsmeldungen der Großmutter und Dritter beim Beklagten erforderlich.“ Der Klageschrift als Anlagen beigefügt waren u.a. ein Vermerk des Amtsgerichts Rosenheim vom 13. Juni 2019 im Verfahren 8 F 845/19, die oben als Anlagen genannten Schreiben des Antragsgegners sowie offenbar von der Antragstellerin eingeholte Stellungnahmen von Ärzten (vgl. Anlagen K 22 und K 23), Sozialpädagogen (vgl. Anlagen K 2 bis K 4) sowie Psychologen (Anlagen K 24 und K 25).
Mit Schreiben vom 7. Januar 2021 wies das Gericht die Antragstellerin darauf hin, dass über die Klage voraussichtlich nicht zeitnah entschieden werden könne. Sie müsse daher gegebenenfalls zusätzlich einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes stellen und kurz darlegen, aus welchen Gründen Eilbedürftigkeit bestehe.
Daraufhin stellte die Antragstellerin am 3. Februar 2021 beim Verwaltungsgericht München einen „Antrag auf Eilantrag“. Hintergrund sei der, dass der Umgang seit zweieinhalb Jahren nicht stattfinde und das Jugendamt des Antragsgegners weiter – wie in der Klage vorgetragen – haltlos vortrage (M 18 E 21.583).
Am 5. Februar 2021 nahm die Antragstellerin ihren Eilantrag zurück. Daraufhin wurde das Verfahren M 18 E 21.583 mit Beschluss vom 5. Februar 2021 eingestellt.
Mit Schriftsatz vom 2. März 2021 übersandte der Antragsgegner dem Gericht einen „Abriss des Fallverlaufs“, ein Schreiben des Antragsgegners an die Antragstellerin vom 7. Januar 2019 sowie zwei Aktenordner, in denen sich Unterlagen des Antragsgegners zu den beim Amtsgericht Rosenheim geführten familienrechtlichen Verfahren befinden. In dem „Fallverlauf“ heißt es, im Herbst 2018 seien beim Jugendamt neun Gefährdungsmeldungen eingegangen, die von der Kindesmutter, den Großeltern oder dem Umfeld der Kindesmutter stammten. Den Meldungen sei jeweils in standardisierten Verfahren nachgegangen worden. Eine akute Gefährdung der Kinder habe jeweils ausgeschlossen werden können. Die dazu bestehenden Dokumentationen unterlägen dem besonderen Sozialdatenschutz, da es sich um Daten mit Drittbezug handle. Ein Antrag auf Akteneinsicht der Antragstellerin vom Januar 2019 sei mit dem beigefügten Schreiben vom 7. Januar 2019 abgelehnt worden. Auf die „14 Verfahren in der Familiensache in den beiden Akten in der Anlage“ werde verwiesen. Neben „den beiden familiengerichtlichen Akten in der Anlage“ existiere eine sozialpädagogische Akte, in der die Erhebungen im Rahmen der Gefährdungsmeldungen dokumentiert seien. In der „Verwaltungsakte“ sei lediglich ein Umgangstermin beim Kinderschutzbund R. dokumentiert.
Am 15. März 2021 stellte die Antragstellerin erneut einen „Antrag auf Eilantrag“ beim Verwaltungsgericht München. Dem Gericht liege ein Antrag zur Hauptsache vor. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen sei nun ein Eilantrag notwendig. Dieser stütze sich vollumfänglich auf die Ausführungen im Hauptsacheverfahren. Der Anspruch auf eine zeitnahe verwaltungsgerichtliche Entscheidung basiere auf der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung. Insoweit verwies die Antragstellerin auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 21. November 2018 (W 3 E 18.1262). Die Eilbedürftigkeit ergebe sich u.a. aus den folgenden Umständen: Der Umgang sei seit dem … 2020 ausgesetzt gewesen. Das Amtsgericht Rosenheim habe mitgeteilt, dass ab März 2021 wieder Umgang stattfinde. Das Jugendamt habe den Termin am 13. März 2021 nicht zustande kommen lassen. Der Antragsgegner bestimme gegenüber dem Amtsgericht Rosenheim aufgrund möglicher fehlerhafter oder fehlender Angaben über das Umgangsrecht und verwehre den Kindern den Kontakt zu ihrer Mutter. Der Antragsgegner habe ausgeführt, von der Antragstellerin gehe eine Kindeswohlgefährdung aus und es sei nur begleiteter Umgang möglich. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsgegner angesichts des Antrags der Antragstellerin an das Amtsgericht Rosenheim vom 15. März 2021 kurzfristig weitere Stellungnahmen an das Familiengericht abgebe, die diese Aussagen wiederholten. Es werde bezweifelt, dass der Antragsgegner ohne eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung „von der Wiederholung der in Ziffern A, B, C und D absehen wird“. Es werde gebeten, auch die zeitnahe Akteneinsicht in die Jugendamtsakten zu veranlassen. Dem Antrag an das Verwaltungsgericht München beigefügt war u.a. ein Schreiben der Antragstellerin an das Amtsgericht Rosenheim vom 15. März 2021, mit dem sie dieses aufforderte, zum Wohl ihrer Kinder ab sofort unbegleiteten Umgang anzuordnen.
Mit Schreiben vom 17. März 2021 gab das Gericht der Antragstellerin gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO analog auf, dem Gericht umgehend mitzuteilen, was genau sie mit ihrem Antragsschriftsatz vom 15. März 2021 erreichen wolle. In dem genannten Schriftsatz beziehe sie sich unter anderem auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 21. November 2018, der die Mitwirkung des Jugendamts an einem begleiteten Umgang zum Gegenstand habe. Zugleich bezweifle sie, dass der Antragsgegner ohne gerichtliche Entscheidung „von der Wiederholung der in Ziffer A, B, C und D absehen wird“. Was genau die Antragstellerin mit ihrem Antrag begehre, lasse sich für das Gericht auch im Wege der Auslegung nicht ermitteln. Die Antragstellerin werde gebeten, den genauen Gegenstand ihres Antrags dem Gericht umgehend mitzuteilen.
Am 18. März 2021 teilte die Antragstellerin dem Gericht mit, dass der Kinderschutzbund R. den begleiteten Umfang abgesagt habe. Auch daraus ergebe sich die Dringlichkeit für ihren Antrag.
Mit Schreiben vom 20. März 2021 teilte die Antragstellerin dem Gericht zu dessen Schreiben vom 17. März 2021 mit, dass sie den Hauptsacheantrag vom 14. Dezember 2020 als Eilsache behandelt wissen wolle. Sie gehe zunächst davon aus, dass der Antrag so ausreichend sei. Vor dem Hintergrund, dass während des „Ablehnungsverfahrens“ ein neuerlicher Antrag beim Amtsgericht Rosenheim gestellt werden habe müssen, und aufgrund der neuerlichen Entwicklungen in Sachen Umgang habe sie sich auch an das Verwaltungsgericht wenden müssen, um einstweiligen Rechtsschutz gegen weitere Äußerungen des Antragsgegners zu erlangen. Aufgrund von Äußerungen des Antragsgegners, insbesondere einer seiner Mitarbeiterinnen, sei zwei Kindern nun fast zwei Jahre lang die Mutter genommen worden. Die Äußerungen der Mitarbeiterin seien „auf der Hand liegend falsch und/oder Schmähkritik oder Schmähung“. Zu den Äußerungen des Jugendamts werde auf den Vermerk des Amtsgerichts Rosenheim vom 13. Juni 2019 in den Verfahren 8 F 903/19, 8 F 913/19, 8 F 982/19 und 8 F 1007/19 verwiesen. In dem Vermerk des Amtsgerichts Rosenheims sei unter dem Punkt „Stellungnahme Kreisjugendamt“ u.a. Folgendes festgehalten: Die Antragstellerin „habe bereits im Jahr 2013 die Empfehlung erhalten, sich psychologisch betreuen zu lassen“. „Das Kreisjugendamt […] habe dem Vater bereits im Januar empfohlen, dass Umgänge nur noch begleitet stattfinden sollen, da das Jugendamt eine psychische Kindeswohlgefährdung durch die Umgänge mit der Mutter gegeben sah“. Diese Behauptungen würden bestritten. Die Klage und der Eilantrag sollten daher „um diesen Punkt E erweitert werden“. Dem Schreiben beigefügt waren u.a. der Klageschriftsatz vom 14. Dezember 2020 und der Vermerk des Amtsgerichts Rosenheim vom 13. Juni 2019 in den Verfahren 8 F 903/19, 8 F 913/19, 8 F 982/19 und 8 F 1007/19 in Auszügen.
Am 23. März 2021 wurde der Antragstellerin auf ihren Antrag hin beim Verwaltungsgericht Akteneinsicht in die vom Antragsgegner vorgelegten Akten gewährt.
Mit Schriftsatz vom 24. März 2021 teilte die Antragstellerin dem Gericht mit, es seien nur Teile der Akten von Mitte 2019 bis Februar 2021 übermittelt worden. Wesentliche Inhalte fehlten, zudem die Akten aus den Jahren 2013 bis 2019. Es sei vollständige Akteneinsicht beantragt worden. Wie das Jugendamt zu seinen Äußerungen über die Antragstellerin komme, könne nicht nachvollzogen werden. Es könne nicht angehen, dass das Jugendamt der Antragsgegnerin nur Teile von Akten übermittle, die ihm gerade ins Konzept passten. Es werde beantragt, das Jugendamt des Antragsgegners zu verpflichten, die Akteneinsicht zu gewähren und die Akten herauszugeben.
Am 21. April 2021 bat die Antragstellerin das Gericht per E-Mail um Mitteilung, ob noch ein gesonderter Antrag zur vollständigen Akteneinsicht notwendig sei.
Hierauf teilte das Gericht der Antragstellerin unter dem 21. April 2021 mit, ein erneuter Antrag auf Akteneinsicht sei nicht notwendig. Die Entscheidung, welche Akten entscheidungserheblich seien und daher vom Antragsgegner angefordert würden, treffe das Gericht. Über den Eingang von Akten werde sie informiert.
Mit Schriftsatz vom 29. April 2021 beantragte der Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei unbegründet. Ein Anordnungsgrund liege nicht vor, weil keine besondere Eilbedürftigkeit bestehe. Es würden zwar aktuell laufende familiengerichtliche Verfahren am Amtsgericht Rosenheim geführt, jedoch seien diese aufgrund von Befangenheitsanträgen durch die Antragstellerin gegenüber den zuständigen Richtern ruhend gestellt. Daran habe sich bis zum heutigen Zeitpunkt nichts geändert. Insoweit werde auf die Verfügung des Amtsgerichts Rosenheim vom 21. April 2021 verwiesen. Somit bestehe in nächster Zeit keine Wiederholungsgefahr der angegriffenen angeblichen Äußerungen des Antragsgegners in einem familiengerichtlichen Verfahren. Überdies fehle es auch an einem Anordnungsanspruch. Zu Nr. 1 des Hauptsacheantrags wurde zu Punkt (A) Folgendes ausgeführt: Der Antragsgegner habe die Antragstellerin in der Gerichtsverhandlung am „16.06.2019“ nicht als psychisch krank bezeichnet. Die Aussage werde mit Nichtwissen bestritten. Das Schreiben des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 17. Juni 2019 in Anlage 5 beweise eine angeblich im Verfahren geäußerte Aussage nicht. Zu Punkt (B) wurde ausgeführt, aus den Anlagen der Antragstellerin selbst ergebe sich, dass lediglich das Ergebnis der polizeilichen Ermittlung abgewartet werde. Es werde in keiner Weise behauptet, dass die Antragstellerin strafrechtlich in Erscheinung getreten sei. Die Tatsache, dass ein Ermittlungsverfahren gegen die Antragstellerin laufe, sei zu diesem Zeitpunkt allen Beteiligten im familienrechtlichen Verfahren bekannt gewesen. Zu Punkt (C) heißt es, die Sachbearbeiterin des Kreisjugendamtes beziehe sich auf die Aussagen der Fachkräfte, welche die Kinder aufgrund ihrer Tätigkeit sehr gut kennen würden. Die fachliche Einschätzung beruhe auf den Aussagen der Therapeutin telefonisch und per E-Mail jeweils am 27. Februar 2019. In Anlage 9 bestätige die Therapeutin lediglich, dass sie keine Aussage vor Gericht getätigt habe. Dies sei auch nicht behauptet worden. Ebenfalls seien die Kindertagesstätte am 22. Mai 2019 und die sozialpädagogische Fachkraft der Schule telefonisch am 17. Oktober 2019 befragt worden. Die beigefügten Anlagen 10 und 11 zeigten lediglich auf, dass die Fachkräfte keine personenbezogenen Daten bezüglich der Antragstellerin weitergegeben hätten. Es habe aber ein Austausch im zulässigen Rahmen zwischen den Fachkräften über das Verhalten der Kinder der Antragstellerin stattgefunden. Aus sämtlichen Schreiben gehe hervor, dass sich die Sachbearbeiterin des Kreisjugendamtes immer auf die Aussagen der Fachstellen berufe. Es entspreche dem gängigen Vorgehen, sowohl die Einschätzungen der Fachkräfte als auch den persönlichen Eindruck von den Kindern als Empfehlung dem Familiengericht mitzuteilen. Es werde auch nur die Empfehlung abgegeben, die Umgänge mit den Kindern in begleiteter Form zu gestalten. Es werde von einem Verdacht der Manipulation aufgrund der eingeholten Eindrücke der Fachkräfte gesprochen, nicht davon, dass die Antragstellerin die Kinder manipuliere. Hinsichtlich Punkt (D) werde auf die Ausführungen zu Punkt (C) verwiesen. Von einer alleinigen Verantwortung oder Schuld der Antragstellerin sei nie gesprochen worden. Zu Nr. 2 des Hauptsacheantrags wurde auf die Ausführungen zu Nr. 1 verwiesen. Im Zusammenhang mit dem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren gegen die Antragstellerin im Sommer 2020 seien die begleiteten Umgänge der Mutter mit ihren Kindern faktisch ausgesetzt worden. Die Kinder lebten bei ihrem allein sorgeberechtigten Vater. Eine Gefährdungsüberprüfung der Antragstellerin im Sinne des § 8a SGB VIII durch den Antragsgegner sei in diesem Zusammenhang nicht angezeigt (gewesen). Zu Nr. 3 des Hauptsacheantrags heißt es, ein Widerruf werde aufgrund der oben genannten Punkte nicht erfolgen. Zu Nr. 4 des Hauptsacheantrags wird ausgeführt, die Akteneinsicht sei nicht zu gewähren. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf Akteneinsicht in die familiengerichtlichen und sozialpädagogischen Akten des Kreisjugendamtes. In einem anhängigen familiengerichtlichen Verfahren obliege es allein dem zuständigen Familiengericht, ob und inwieweit Akteneinsicht gewährt werde (BayVGH, B.v. 2.12.2011 – 12 ZB 11.1386). Hinsichtlich der Akten des allgemeinen Sozialdienstes mit den betreffenden Gefährdungsmitteilungen – hier die zahlreichen Gefährdungsmeldungen bezüglich des Vaters der Kinder – stehe der Einsichtnahme in diese Akten der besondere Sozialdatenschutz nach § 25 Abs. 3 SGB X in Verbindung mit § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII entgegen. Dem Schriftsatz als Anlage beigefügt ist eine Verfügung des Amtsgerichts Rosenheim zum Verfahren 8 F 424/21 vom 21. April 2021 in der festgehalten wird, das Gericht könne nach § 54 Abs. 4 FamFG derzeit keine Abänderung in der einstweiligen Sache treffen, da die Antragstellerin Beschwerde eingelegt habe, über welche noch nicht entschieden worden sei. Somit könne auch kein Anhörungstermin stattfinden. Zudem bestünden Bedenken hinsichtlich der Frage, ob es sich um eine unabsehbare Handlung gemäß § 47 ZPO handle. Eine Entscheidung über eine Aufhebung der begleiteten Umgänge müsste in einem neuen Verfahren getroffen werden. Hierzu sei die Richterin während der noch weiterhin anhängigen Befangenheitsverfahren nicht befugt. Eine unaufschiebbare Handlung gemäß § 47 ZPO könne hierin nicht gesehen werden. Das Jugendamt werde aufgefordert, eine neue Umgangsbegleitung zu bestimmen.
Unter dem 6. Mai 2021 ergänzte der Antragsgegner seine Ausführungen zu Punkt (A) dahingehend, dass nun davon ausgegangen werde, dass sich die Antragstellerin mit ihrem Punkt (A) des Hauptsacheantrags auf den Vermerk des Amtsgerichts Rosenheim vom 13. Juni 2019 zu den Verfahren 8 F 903/19, 8 F 913/19, 8 F 982/19 und 8 F 1007/19 beziehe. Jedoch könne aus diesem Vermerk nicht herausgelesen werden, dass die Sachbearbeiterin des Kreisjugendamts des Antragsgegners die Antragstellerin in der Verhandlung als psychisch krank bezeichnet hätte. Die Sachbearbeiterin weise lediglich darauf hin, dass 2013 der Antragstellerin eine psychologische Betreuung empfohlen worden sei. Dies sei nicht durch das Kreisjugendamt des Antragsgegners geschehen. Die Sachbearbeiterin sei zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in den Fall involviert gewesen, da erst ab 2017 Amtshilfe für das damals zuständige Jugendamt geleistet worden sei. Die Aussage stelle daher eine reine Wiedergabe der damaligen Aktenlage und keine Meinungsäußerung der Sachbearbeiterin dar. Zudem werde von einer psychologischen Betreuung gesprochen und nicht von einer diagnostizierten psychischen Erkrankung.
Am 19. Mai 2021 wurde der Antragstellerin erneut Akteneinsicht beim Verwaltungsgericht München gewährt.
Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2021 monierte die Antragstellerin gegenüber dem Gericht unter Hinweis auf ihren bereits am 24. März 2021 gestellten Antrag auf Akteneinsicht, dass der Antragsgegner erneut nur unvollständige Akten vorgelegt habe. Der von der Antragstellerin angeforderte fehlende Teil sei wieder nicht dabei gewesen. Gemäß DSG-VO habe jeder Betroffene das Recht auf Einsicht, Korrektur und Löschung. Die – dem Schriftsatz als Anlagen beigefügten – vierzehn Beiträge auf der Internet-Plattform „Freifam.de“ würden vollumfänglich zum Gegenstand des Sachvortrags gemacht. Aufgrund der vorgenommenen Akteneinsicht könne nicht nachvollzogen werden, wie das Jugendamt des Antragsgegners zu seiner „Schmähkritik“ und „auf der Hand liegenden falschen Äußerungen hinsichtlich Antragstellerin“ komme. Das Jugendamt habe entgegen § 18 SGB VIII die Eltern und Kinder beim Umgang nicht unterstützt, sondern das Gegenteil getan, nämlich den Kindern zwei Jahre lang die Mutter genommen. Man bediene sich beim Jugendamt kontinuierlicher Lügen hinsichtlich der Antragstellerin. Ein abgeschlossener Prozess einer Gefährdungsabschätzung habe nicht stattgefunden. Mit dem unsubstantiierten Vorbringen des Antragsgegners, von der Antragstellerin gehe eine Kindswohlgefährdung aus, werde die Mutter als „Verbrecherin“ abgestempelt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und in den Verfahren M 18 K 20.6726 und M 18 E 21.583 sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
Der Antrag ist nach § 88, § 122 Abs. 1 VwGO dahingehend auszulegen, dass im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung unter Strafandrohung die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners begehrt wird, die von der Antragstellerin in ihrem Klageschriftsatz vom 14. Dezember 2020 unter (A) bis (D) und ihrem Schriftsatz vom 20. März 2021 unter (E) genannten Äußerungen künftig zu unterlassen, hilfsweise diese Äußerungen zu unterlassen, solange keine Gefährdungseinschätzung gemäß § 8a SGB VIII vorgenommen wird (1.), sowie die unter (A) bis (E) genannten Äußerungen zu widerrufen (2.). Der Antrag ist zudem dahingehend zu verstehen, der Antragsgegner möge dem Gericht gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO sämtliche beim Jugendamt geführten Akten vorlegen und das Gericht der Antragstellerin gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 VwGO Einsicht in diese Akten sowie die bei Gericht geführten Akten gewähren (3.).
Das Gericht hat hingegen davon abgesehen, den Antrag auch dahingehend auszulegen, dass die Antragstellerin Einsicht in die beim Amtsgericht Rosenheim – Familiengericht – geführten Akten begehrt. Für einen derartigen Antrag wäre der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht eröffnet. Vielmehr wäre ein solcher Antrag bei dem insoweit zuständigen Amtsgericht Rosenheim zu stellen (vgl. § 13 GVG i.V.m. § 13, § 111 Nr. 2, § 151 FamFG; BayVGH, B.v. 2.12.2011 – 12 ZB 11.1386 – juris Rn. 10) bzw. ein beim Verwaltungsgericht bereits gestellter Antrag an das zuständige Amtsgericht Rosenheim zu verweisen (vgl. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG). Hierfür besteht vorliegend jedoch keine Veranlassung, weil die Antragstellerin – soweit aus den Akten des Antragsgegners ersichtlich – beim Amtsgericht Rosenheim bereits Einsicht in die dort geführten Akten beantragt und inzwischen auch erhalten hat. Im Übrigen wäre es der Antragstellerin unbenommen, in den beim Amtsgericht Rosenheim anhängigen Verfahren unmittelbar Akteneinsicht gemäß § 13 FamFG zu beantragen.
Der so ausgelegte Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete streitige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Grundsätzlich dient die einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses. Mit der von dem Antragsteller begehrten Entscheidung wird die Hauptsache aber – bezogen auf den Anspruch auf Unterlassung bzw. Widerruf zumindest in zeitlicher Hinsicht und bezogen auf die Gewährung von Akteneinsicht faktisch vollständig – vorweggenommen. In einem solchen Fall sind an die Prüfung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch qualifizierte Anforderungen zu stellen, d.h. der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur in Betracht, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache jedenfalls dem Grunde nach spricht und der Antragsteller ohne die einstweilige Anordnung unzumutbaren Nachteilen ausgesetzt wäre (BayVGH, B.v. 18.3.2016 – 12 CE 16.66 – juris Rn. 4).
1. Soweit die Antragstellerin die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, vorläufig, d.h. bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, die in ihren Schriftsätzen vom 14. Dezember 2020 und 20. März 2021 unter (A) bis (E) genannten Äußerungen zu unterlassen, fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch liegen nicht vor.
Ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Unterlassung einer amtsbezogenen Äußerung setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Betroffenen erfolgt ist und die konkrete Gefahr der Wiederholung droht. Dabei müssen amtliche Äußerungen sich an den allgemeinen Grundsätzen für rechtsstaatliches Verhalten in der Ausprägung des Willkürverbots und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes orientieren. Aus dem Willkürverbot leitet sich ab, dass Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen dürfen, d. h. bei verständiger Würdigung auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhen müssen, und zudem den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten dürfen. Dieses sog. Sachlichkeitsgebot verlangt wiederum, dass die Äußerung in einem konkreten Bezug zur Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe steht und nicht leichtfertig getätigt wurde. Wird eine amtliche Äußerung diesen Anforderungen nicht gerecht oder erweist sie sich als ehrverletzend, kann der Betroffene – bei Wiederholungsgefahr – ihre Unterlassung beanspruchen (BayVGH. B.v. 5.6.2020 – 12 C 20.308 – juris Rn. 2 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 11.11.2010 – 7 B 54.10 – juris Rn. 14 ff.).
Diese Voraussetzungen liegen hier hinsichtlich der von der Antragstellerin beanstandeten Äußerungen des Antragsgegners nicht vor.
1.1 Soweit die Antragstellerin die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, künftig die Äußerung zu unterlassen, die Antragstellerin sei „psychisch krank“ (vgl. Punkt (A) ihres Antrags), fehlt es bereits an der Glaubhaftmachung, dass eine solche Äußerung in der Vergangenheit überhaupt gefallen ist.
Die Antragstellerin führt als „Beweis“ für diese Äußerung ein Schreiben ihres damaligen Bevollmächtigten an das Jugendamt des Antragsgegners vom 17. Juni 2019 an, in dem dieser ausführt: „Sie haben gestern bei der Verhandlung der Mutter vorgeworfen sie wäre psychisch krank.“ Vermutlich nimmt der Bevollmächtigte der Antragstellerin in diesem Schreiben auf die öffentliche Sitzung des Amtsgerichts Rosenheim am 13. Juni 2019 in den Verfahren 8 F 903/19, 8 F 913/19, 8 F 982/19 und 8 F 1007/19 Bezug. In dem über diese Sitzung gefertigten Vermerk des Amtsgerichts Rosenheim vom 13. Juni 2019, den die Antragstellerin im vorliegenden Eilverfahren als Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 20. März 2021 selbst vorgelegt hat, heißt es unter der Überschrift „Stellungnahme Kreisjugendamt“, die Antragstellerin „habe bereits im Jahr 2013 die Empfehlung erhalten, sich psychologisch betreuen zu lassen“. Wie der Antragsgegner in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 6. Mai 2021 zu Recht ausführt, lässt sich dem Vermerk nicht entnehmen, die Sachbearbeiterin des Antragsgegners habe die Antragstellerin als psychisch krank bezeichnet. Zum einen legt der Antragsgegner in seiner Stellungnahme nachvollziehbar dar, dass es sich nur um die Wiedergabe der damaligen Aktenlage und nicht um eine eigene Einschätzung der Sachbearbeiterin handle. Denn der Antragsgegner sei im Jahr 2013 mit dem Fall noch gar nicht befasst gewesen. Zum anderen hat die Sachbearbeiterin des Antragsgegners die Antragstellerin ausweislich des Vermerks vom 13. Juni 2019 nicht als „psychisch krank“ bezeichnet, sondern lediglich erläutert, dass der Antragstellerin bereits 2013 eine psychologische Betreuung – mithin die Inanspruchnahme psychologischer Hilfe – empfohlen worden sei. Die Empfehlung einer psychologischen Beratung bzw. Betreuung ist nicht gleichbedeutend mit der Diagnose einer psychischen Erkrankung und setzt eine solche auch nicht voraus. Die von der Antragstellerin unter (A) behauptete Äußerung ist daher nicht glaubhaft gemacht. Hierfür finden sich auch in den von der Antragstellerin vorgelegten zahlreichen weiteren Stellungnahmen des Antragsgegners gegenüber dem Amtsgericht Rosenheim keine Anhaltspunkte.
1.2 Soweit der Antrag der Antragstellerin darauf gerichtet ist, den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, künftig die Äußerung zu unterlassen, die Antragstellerin sei strafrechtlich in Erscheinung getreten (vgl. Punkt (B) des Antrags), fehlt es ebenfalls an der Glaubhaftmachung, dass eine solche Äußerung überhaupt getroffen wurde.
Als Beleg für diese Äußerung führt die Antragstellerin die Stellungnahme des Antragsgegners gegenüber dem Amtsgericht Rosenheim vom 7. August 2020 in den Verfahren 8 F 1253/20 und 8 F 1282/20 an. Darin spricht das Jugendamt abschließend die Empfehlung aus, die begleiteten Umgänge „bis zum Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen“ auszusetzen. Die Stellungnahme enthält mithin lediglich die Aussage, dass angesichts des Verschwindens der Kinder der Antragstellerin aus dem Ferienlager im Juli 2020 polizeiliche Ermittlungen aufgenommen worden waren. Dies hat die Antragstellerin dem erkennenden Gericht mit ihrem Klageschriftsatz vom 14. Dezember 2020 (vgl. Seite 6) auch selbst mitgeteilt. Dass auf die Strafanzeige der Antragstellerin bzw. aus ihrem Umfeld hin ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, ergibt sich im Übrigen auch aus den dem Gericht übersandten Akten zu den entsprechenden familiengerichtlichen Verfahren, etwa dem psychologischen Bericht des Universitätsklinikums E. vom … 2020 sowie dem Schreiben des damaligen Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 31. Juli 2020 an das Amtsgericht Rosenheim, mit dem dieser u.a. beantragte, dem Kindsvater die elterliche Sorge zu entziehen (8 F 1253/20). Dafür, dass der Antragsgegner sich dahingehend geäußert habe, die Antragstellerin sei strafrechtlich belangt worden, ist hingegen nichts dargetan.
1.3 Soweit die Antragstellerin die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, künftig die Äußerung zu unterlassen, die Antragstellerin manipuliere ihre Kinder (vgl. Punkt (C) des Antrags), besteht kein Anspruch auf Unterlassung dieser Äußerung.
Zwar hat der Antragsgegner im Ergebnis unstreitig eine dementsprechende, von der Antragstellerin allerdings verkürzt wiedergegebene fachliche Einschätzung gegenüber dem Amtsgericht Rosenheim abgegeben. Insbesondere in seinen – von der Antragstellerin als Beleg hierfür angeführten – Stellungnahmen gegenüber dem Amtsgericht Rosenheim vom 10. und 17. Juli 2019 in den Verfahren 8 F 913/19 und 8 F 982/19 äußert der Antragsgegner seine Sorge vor einer manipulativen Beeinflussung der Kinder durch die Antragstellerin. Hierauf nimmt auch das Amtsgericht Rosenheim in den Gründen seines Beschlusses vom 2. Juli 2020 zur Regelung des Umgangs (im Verfahren 8 F 903/19) Bezug.
Soweit die Antragstellerin diese Äußerung allerdings in dem Sinne interpretieren sollte – ihr Hinweis auf die Kindesanhörung vor dem Amtsgericht Rosenheim am 12. Dezember 2019 könnte in diesem Sinn zu verstehen sein -, dass der Wunsch der Kinder, Umgang mit ihrer Mutter zu haben, von Seiten des Jugendamts des Antragsgegners bzw. des Amtsgerichts Rosenheim bezweifelt wird, so kann dem nicht gefolgt werden. Dieser Wunsch der Kinder ist – soweit aus den Akten ersichtlich – weder vom Jugendamt des Antragsgegners noch vom Amtsgericht Rosenheim grundsätzlich in Frage gestellt worden. So heißt es etwa in dem Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 2. Juli 2020 im o.g. Verfahren ausdrücklich, das Gericht habe keinen Zweifel an dem von der Antragstellerin vorgetragenen Wunsch der Kinder auf Umgang mit der Mutter.
Hinsichtlich der vom Antragsgegner geäußerten fachlichen Meinung besteht kein Anspruch auf Unterlassung. Nach den bereits oben näher dargelegten Grundsätzen dürfen Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen. Dies bedeutet, dass sie bei verständiger Würdigung auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhen müssen und zudem den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten dürfen. Diesen Anforderungen genügen hier die von der Antragstellerin beanstandeten fachlichen Äußerungen des Jugendamts.
Wie den zahlreichen Stellungnahmen des Antragsgegners, zuletzt gegenüber dem Verwaltungsgericht München vom 29. April 2021 zu entnehmen ist, beruht die fachliche Einschätzung des Jugendamts, dass die Kinder der Gefahr der (manipulativen) Beeinflussung durch ihre Mutter ausgesetzt seien, auf den hierzu vorliegenden fachlichen Stellungnahmen insbesondere von Schule, Kindertagesstätte und Therapeutin der Kinder. Substantiierte Anhaltspunkte dafür, dass diese (auch mündlichen) Aussagen so nicht gefallen wären, sind weder substantiiert vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Insbesondere die Äußerung der Therapeutin der Kinder ist in dem Telefonvermerk des Amtsgerichts Rosenheim vom 5. Juli 2019 (8 F 913/19) festgehalten, der der Antragstellerin aus dem entsprechenden Verfahren bekannt sein dürfte. Darin heißt es, die Therapeutin habe erklärt, die Kinder seien nach dem Umgang bei der Mutter stark belastet gewesen. So habe insbesondere F. direkt nach dem Mutterwochenende gesagt, „dass sie bei der Mama wohnen wollen und dass das ganz wichtig sei, dass sie das Frau […- der Therapeutin] sagen“. Sie – die Therapeutin – halte begleitete Umgänge für sinnvoll, damit die Beeinflussung durch die Mutter unterbunden werden könne. Vor diesem Hintergrund bestehen aus Sicht des Gerichts kein Anlass für Zweifel daran, dass die fachliche Einschätzung des Jugendamts auf einem vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruht. Daran vermögen auch die von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen, insbesondere die als Anlage K 9 zu ihrem Schriftsatz vom 14. Dezember 2020 vorgelegte Erklärung der Therapeutin vom 13. August 2019, und das als Anlage K 10 vorgelegte Schreiben des Marktes B. als Träger der Kindertagesstätte vom 9. Oktober 2019 nichts zu ändern. Denn diese enthalten keine Aussage dahingehend, dass ein (telefonischer) Austausch mit dem Amtsgericht Rosenheim bzw. Jugendamt nicht stattgefunden habe und eine entsprechende Einschätzung nicht erfolgt sei.
Auch dem sog. Sachlichkeitsgebot ist genüge getan. Denn die von der Antragstellerin beanstandeten Äußerungen hat das Jugendamt im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 50 SGB VIII in den familiengerichtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht Rosenheim getroffen und stehen damit in einem konkreten Bezug zur Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe. Die Äußerungen wurden auch nicht leichtfertig, sondern auf der Grundlage der dem Jugendamt vorliegenden fachlichen Stellungnahmen weiterer Fachstellen getroffen. Anhaltspunkte dafür, dass das Jugendamt des Antragsgegners dabei den von § 50 SGB VIII vorgegebenen Rahmen nicht eingehalten hätte, sind weder substantiiert vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
1.4 Soweit die Antragstellerin die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, künftig die Äußerung zu unterlassen, ausschließlich die Antragstellerin – und nicht der Kindsvater und nicht der Antragsgegner – belaste ihre Kinder, indem sie sie in den Elternkonflikt einbeziehe, und sei alleine für den Loyalitätskonflikt der Kinder zu ihren Eltern verantwortlich und sei somit kindeswohlgefährdend (vgl. die im Wesentlichen inhaltsgleichen Punkte (D) und Punkt (E)), fehlt es ebenfalls an einem Anspruch auf Unterlassung dieser Äußerung.
Den von der Antragstellerin als Beleg für diese Äußerungen angeführten Unterlagen, insbesondere dem Vermerk des Amtsgerichts Rosenheim vom 13. Juni 2019 in den Verfahren 8 F 903/19, 8 F 913/19, 8 F 982/19 und 8 F 1007/19 sowie den Stellungnahmen des Jugendamts vom 17. Juli 2019, 7. August 2020 und 18. August 2020 gegenüber dem Amtsgericht Rosenheim ist zwar zu entnehmen, dass das Jugendamt wegen des Verdachts der manipulativen Beeinflussung der Kinder durch die Antragstellerin bereits 2019 lediglich begleitete (anstelle unbegleiteter) Umgänge empfohlen hat und diesen Verdacht aufgrund der Ereignisse im Juli 2020 – des Verschwindens der Kinder aus einem Ferienlager – erneut bestätigt sah. Eine seelische Gefährdung der Kinder, so das Jugendamt in seiner Stellungnahme vom 18. August 2020, könne derzeit daher nicht ausgeschlossen werden.
Den von der Antragstellerin angeführten Belegen lässt sich aber zum einen schon nicht entnehmen, dass der Antragstellerin allein die Verantwortung für den Loyalitätskonflikt angelastet worden wäre. Dass das Verhalten der Antragstellerin in den familiengerichtlichen Verfahren angesichts der gestellten Anträge auf Aussetzung des Umgangsrechts (durch den Kindsvater) bzw. Entziehung des Sorgerechts (durch die Kindsmutter) im Vordergrund stand, liegt in der Natur der Sache und ist letztlich Folge der Übertragung der elterlichen Sorge auf den Kindsvater durch die Familiengerichte.
Zum anderen liegen auch insoweit die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nicht vor. Bei der vom Jugendamt gegenüber dem Amtsgericht Rosenheim vertretenen Auffassung, es bestehe der Verdacht, dass die Antragstellerin ihre Kinder manipulativ beeinflusse, so dass sich unbegleitete Umgänge als kindswohlgefährdend darstellten, handelt es sich – ebenso wie bei der oben unter 1.3 dargestellten Äußerung – um eine fachliche Einschätzung im Rahmen der Mitwirkungspflicht nach § 50 SGB VIII. Substantiierte Anhaltspunkte dafür, dass diese fachliche Meinung nicht auf einem zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruht und den sachlich gebotenen Rahmen überschreitet, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Wie oben bereits dargestellt, ist die Äußerung auch nicht leichtfertig erfolgt, sondern fußt, wie der Antragsgegner zuletzt in seiner Stellungnahme vom 29. April 2021 gegenüber dem Gericht nachvollziehbar aufgezeigt hat, auf den eingeholten Stellungnahmen weiterer Fachstellen. Dass der vom Jugendamt geäußerte Verdacht einer starken Beeinflussung der Kinder zu Gunsten ihrer Mutter nicht „aus der Luft gegriffen“ ist, zeigen im Übrigen – ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme – auch die Gründe des Beschlusses des Amtsgerichts Rosenheim vom 21. Oktober 2020, mit dem der Antrag, dem Kindsvater die elterliche Sorge zu entziehen, abgelehnt wurde (8 F 1253/20). Darin kommt das Gericht insbesondere nach erfolgter Kindesanhörung – also nicht etwa allein aufgrund der Stellungnahme des Jugendamts – zu dem Schluss, es bestehe kein Anlass, dem Kindsvater die elterliche Sorge zu entziehen. Die Kinder hätten beide geschildert, dass die Mutter sie mehrfach im Ferienlager besucht habe. Es sei vereinbart worden, dass der Lebensgefährte der Mutter die Kinder im Wald abholte. Dieser habe die beiden dann zu Mutter gebracht. Die Mutter habe sie von dort ins Krankenhaus gebracht, um irgendwelche Beweise zu sichern. Die Kinder hätten sich dies nicht erklären können. Sie seien weder krank noch verletzt gewesen. Seitens des auf misshandelte Kinder spezialisierten Kinderschutzzentrums des … sei dem Gericht gegenüber erklärt worden, dass man in einem Fachgremium darüber beraten habe, ob die Kinder in die Obhut des Vaters zurückgegeben werden könnten, und dies bejaht habe. Der von den Kindern geschilderte Sachverhalt widerspreche eindeutig den Angaben der Mutter in ihrem Antrag. Die Besuche der Mutter bei den Kindern im Ferienlager entgegen dem Umgangsbeschluss sowie die gemachten Audioaufnahmen widersprächen dem Kindeswohl. Die Kinder seien durch den Elternkonflikt, der nun schon mehrere Jahre und zahlreiche Gerichtsverfahren andauere, stark belastet. Die Mutter habe durch ihre Vorgehensweise die Kinder einer erneuten derartigen Belastung ausgesetzt.
Aus den von der Antragstellerin vorgelegten weiteren Unterlagen, insbesondere den von ihr offenbar eingeholten Stellungnahmen (vgl. insbesondere die Anlagen K 2 bis 4, K 22 bis 25), ergibt sich kein anderes Ergebnis. Denn auch diesen lässt sich nicht entnehmen, dass die vom Jugendamt des Antragsgegners vorgenommene fachliche Bewertung nicht den Anforderungen an amtliche Äußerungen im Rahmen des §§ 50 SGB VIII entspricht. Allein der Umstand, dass sie inhaltlich zu einem anderen, für die Antragstellerin günstigeren Ergebnis kommen, genügt hierfür nicht.
Ein Anspruch auf Unterlassung der von der Antragstellerin beanstandeten Äußerungen des Antragsgegners ist daher insgesamt nicht glaubhaft gemacht.
Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin dadurch auch nicht rechtsschutzlos gestellt ist. Der Antragstellerin ist es unbenommen, ihre Einwendungen gegen (künftige) fachlichen Stellungnahmen des Jugendsamts in den jeweiligen familiengerichtlichen Verfahren geltend zu machen (vgl. auch BayVGH, B.v. 24.9.2013 – 12 CE 13.1656 – juris Rn. 21; B.v. 7.4.2005 – 12 CE 04.3375 – juris Rn. 5). Das Familiengericht hat das Jugendamt gemäß § 162 FamFG anzuhören bzw. zu beteiligen, ist aber an die Stellungnahmen des Jugendamts nicht gebunden, sondern dazu berufen, sich eine eigene Überzeugung zu bilden (vgl. § 37 Abs. 1 FamFG; Dürbeck, NZFam 2020, 786; BVerfG, B.v. 24.3.2014 – 1 BvR 160/14 – juris Rn. 48 ff. zur Entscheidung nach §§ 1666, 1666a BGB). Dementsprechend hat etwa das Amtsgericht Rosenheim im Verfahren 8 F 1327/20 den Antrag des Kindsvaters auf Erlass eines Kontaktverbots entgegen der Empfehlung des Antragsgegners in seinem Schreiben vom 18. August 2020 mit Beschluss vom 4. November 2020 abgelehnt.
Da die Antragstellerin bereits einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat, braucht hier auch nicht entschieden zu werden, ob es darüber hinaus auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes fehlt. Insbesondere die Frage, ob angesichts der derzeit (zumindest faktisch) ruhenden familiengerichtlichen Verfahren sowie des vom Amtsgericht Rosenheim im dem Verfahren 8 F 1282/29 angeordneten familienpsychologischen Gutachtens – und der damit für die Antragstellerin bestehenden Möglichkeit, die aus Sicht des Jugendamts bestehenden Zweifel auszuräumen – überhaupt eine Wiederholung der Äußerungen des Jugendamts aus den Jahren 2019 und 2020 droht und die Antragstellerin daher ohne eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung unzumutbaren Nachteile ausgesetzt wäre, kann daher offenbleiben. Im Übrigen ergibt sich auch aus dem – von der Antragstellerin in Bezug genommenen – Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 21. November 2018 (W 3 E 18.1262 – juris) nichts anderes. In dem dortigen Verfahren hat das Verwaltungsgericht für den Fall einer noch fehlenden familiengerichtlichen Umgangsregelung – und damit in einer anderen Sachverhaltskonstellation – einen Anordnungsanspruch, den es für eilbedürftig angesehen hat, bejaht und deshalb dem Eilantrag stattgegeben.
Auch der von der Antragstellerin hilfsweise gestellte Antrag auf Unterlassung – der mangels Erfolglosigkeit des Hauptantrags zu prüfen ist – bleibt ohne Erfolg. Aus den oben dargelegten Gründen fehlt es an einem Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerungen. Wie bereits dargelegt, stehen die Äußerungen des Antragsgegners in einem konkreten Bezug zu Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe – hier der Mitwirkung in den Verfahren vor dem Familiengericht nach § 50 SGB VIII – und erfolgten nicht leichtfertig. Die vorherige Durchführung eines Verfahrens nach § 8a SGB VIII ist für die Mitwirkung nach § 50 SGB VIII, etwa die Abgabe einer vom Familiengericht erbetenen Stellungnahme, keine zwingende Voraussetzung. Im Übrigen kann die Antragstellerin mit ihrem Ansinnen auch deshalb nicht durchdringen, weil § 8a SGB VIII den Eltern bzw. – wie hier – einem Elternteil keinen subjektiv-individuellen Anspruch auf Einschätzung des Gefährdungsrisikos verschafft und eine Gefährdungsanalyse nicht einklagbar ist (vgl. OVG NW, B.v. 15.1.2014 – 12 A 2078/13 – juris Rn. 19 m.w.N.; Winkler in BeckOK, Sozialrecht, SGB VIII, 60. Ed. Stand 1.3.2021, § 8a Rn. 6; Bringewat in LPK-SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 8a Rn. 62).
2. Soweit die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zum Widerruf seiner unter Punkt (A) bis (E) genannten Äußerungen zu verpflichten, fehlt es ebenfalls an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
Die Äußerungen des Jungendamts erfolgten in Erfüllung der Mitwirkungspflicht gegenüber dem Familiengericht und stellen aus den oben bereits dargestellten Gründen keinen rechtswidrigen Eingriff in subjektive Rechte der Antragstellerin dar. Ob fachliche Einschätzungen überhaupt einem Widerruf zugänglich sind (ablehnend VG München, U.v. 10.11.2010 – M 18 K 08.4361 – juris Rn. 46) braucht daher vorliegend nicht entschieden zu werden.
3. Soweit die Antragstellerin mit ihrem Antrag die Gewährung umfassender Akteneinsicht begehrt, bleibt ihr Antrag ebenfalls ohne Erfolg.
Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung umfassender Akteneinsicht ist dahingehend auszulegen, dass er darauf abzielt, der Antragstellerin bei Gericht gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 VwGO Einsicht in die zu dem vorliegenden Verfahren geführten Gerichtsakten sowie die vom Antragsgegner hierzu – möglichst umfassend – vorgelegten Behördenakten zu gewähren (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 VwGO: Die Beteiligten können die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen). Hierfür spricht nicht nur der Wortlaut ihres Antrags vom 14. Dezember 2020 („Antrag auf Akteneinsicht gemäß § 100 VwGO“), sondern auch dessen Begründung, wonach sich die Antragstellerin eine eingehende Begründung und ggf. Erweiterung ihrer Klage bzw. Antrags nach Sichtung der Akten vorbehält (vgl. Seite 27 des Schriftsatzes vom 14.12.2020). Auch der Schriftsatz vom 24. März 2021, mit dem die Antragstellerin im vorliegenden Eilverfahren nochmals unter ausdrücklicher Bezugnahme auf ihren in der Hauptsache gestellten Antrag Gewährung von Akteneinsicht beantragt, spricht dafür, dass es der Antragstellerin darum geht, dass der Antragsgegner dem Gericht sämtliche die Antragstellerin und ihre Kinder betreffenden Akten, insbesondere auch diejenigen, die die Gefährdungsmeldungen sowie den Umgang mit ihren Kindern betreffen (vom Antragsgegner als sozialpädagogische und Verwaltungsakte bezeichnet), vorlegt, damit die Antragstellerin dann bei Gericht Einsicht in diese Akten nehmen kann. Nichts anderes ergibt sich aus dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 22. Mai 2021, mit dem sie erneut moniert, ihr sei durch das Gericht keine umfassende Akteneinsicht gewährt worden.
Der so verstandene Antrag bleibt erfolglos. Der Antragstellerin wurde bei Gericht bereits zweimal Einsicht in die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Behördenakten gewährt. Ein darüberhinausgehender Anspruch auf Akteneinsicht, insbesondere auf Einsicht in sämtliche, die Antragstellerin und ihre Kinder betreffenden Akten besteht dagegen nicht.
Einen Anspruch auf Vorlage sämtlicher Akten an das Gericht kann die Antragstellerin insbesondere nicht aus § 99 Abs. 1 Satz 1, § 100 Abs. 1 Satz 1 VwGO (i.V.m. mit dem in Art. 103 Abs. 1 GG garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör) herleiten. Denn die Vorlagepflicht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird (erst) durch eine Anforderung seitens des Gerichts begründet. Die Anregung eines Beteiligten – wie hier der Antragstellerin – löst die Verpflichtung der Behörde nicht aus. Wie das Gericht der Antragstellerin bereits mit Schreiben vom 22. April 2021 mitgeteilt hat, entscheidet das Gericht – und nicht die Beteiligten – nach pflichtgemäßem Ermessen darüber, welche Unterlagen für das streitgegenständliche Verfahren als entscheidungserheblich angesehen werden und daher von der Behörde vorzulegen sind (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019 § 99 Rn. 6 f. m.w.N.). Vorliegend konnte das Gericht über den in der Sache geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung bzw. Widerruf der von der Antragstellerin beanstandeten Äußerungen auch ohne Vorlage der von der Antragstellerin für notwendig erachteten weiteren Akten entscheiden. Zur Begründung wird auf die Ausführungen oben unter 1. und 2. verwiesen. Auch aus dem Amtsermittlungsgrundsatz ergibt sich kein anderes Ergebnis. Gemäß § 86 Abs. 1 VwGO erforscht zwar das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Daraus folgt jedoch keine Pflicht des Gerichts, bei der Behörde auch solche Akten anzufordern, die – wie hier – nicht entscheidungserheblich sind. Eine solche Pflicht ergibt sich auch nicht aus der Europäischen Datenschutzgrundverordnung. Ein Anspruch darauf, dass das Jugendamt sämtliche, die Antragstellerin und ihre Kinder betreffenden Akten dem Gericht vorzulegen und das Gericht der Antragstellerin sodann Einsicht in diese Akten zu gewähren hätte, besteht vielmehr nicht.
Im vorliegenden Verfahren ist hingegen nicht darüber zu entscheiden, ob ein von der Antragstellerin bei dem Antragsgegner gestellter Antrag auf Akteneinsicht rechtswidrig abgelehnt wurde. Die Antragstellerin hat insoweit bereits nicht vorgetragen, dass ein solcher Antrag von ihr beim Antragsgegner gestellt und abgelehnt worden sei. Für eine entsprechende gerichtliche Überprüfung der Ablehnung eines solchen Antrags auf Akteneinsicht bei der Behörde (vgl. VG München, B.v. 2.10.2020 – M 18 E 20.3970 – juris) besteht daher vorliegend kein Raum.
Der Antrag ist daher vollumfänglich abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.


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