Familienrecht

Einstweilige Anordnung, Unterlassung und Widerruf angeblicher ehrverletzender Äußerungen des Jugendamtes in Verwaltungsverfahren und familiengerichtlichen Verfahren, kein Rechtschutzbedürfnis, Schmähung, Kindeswohlgefährdung, Loyalitätskonflikt, begleiteter Umgang

Aktenzeichen  B 10 E 21.228

Datum:
23.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 18064
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1004
VwGO § 123

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des Eilrechtschutzes, dem Antragsgegner vorläufig zu untersagen, bestimmte Äußerungen zu tätigen, sowie diese zu widerrufen.
Der Antragsteller ist leiblicher Vater von …, geboren am … (im Folgenden E.). Mutter von E. ist … (im Folgenden S.), der das Amtsgericht … – Familiengericht – mit Beschluss vom 17.7.2017 das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen hat (Az. …). Diese Entscheidung wurde mit Beschluss des OLG … vom 2.5.2018 bestätigt (Az. …). Im Verfahren … vor dem Amtsgericht … haben sich die Elternteile am 18.9.2019 auf einen Verbleib von E. bei der Mutter verständigt; gleichzeitig wurde das Umgangsrecht des Vaters ausgedehnt und es wurde die Beantragung eines Erziehungsbeistands für E. vereinbart. Die Erziehungsbeistandschaft wurde zum 15.10.2020 beendet.
Am 19.1.2021 sendete S. dem Antragsgegner eine Gefährdungsmitteilung bezüglich E. Daraufhin fand in Amtshilfe durch das Jugendamt … eine Befragung von E. statt, die sich zu dieser Zeit beim Antragsteller befand. Zudem sprach S. am 25.1.2021 persönlich beim Antragsgegner vor.
Mit Bescheid vom 25.1.2021 ordnete das Landratsamt … die Inobhutnahme von E. an und verbrachte sie in eine Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aufgrund der durch die Eltern wechselseitig erhobenen Gefährdungsmeldungen, welche zum aktuellen Zeitpunkt nicht ausgeräumt werden könnten, E. in Obhut zu nehmen sei. Gegen die Inobhutnahme wendet sich der Antragsteller in Parallelverfahren vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth (Az. B 10 E 21.280 und B 10 K 21.281; beide anhängig gemacht am 16.3.2021).
Mit Beschluss vom 10.2.2021 (Az. …) entzog das Amtsgerichts … – Familiengericht – S. vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Umgangsrecht; es übertrug beide Rechte dem Jugendamt … und ordnete die Ergänzungspflegschaft an. Dagegen legte der Antragsteller Beschwerde beim OLG … ein (Az. …), die dort wohl noch anhängig ist.
Mit Beschluss vom 25.2.2021 hat das Amtsgericht … – Familiengericht – ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten darüber in Auftrag gegeben, ob triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe vorliegen, die eine Änderung der Sorgerechtsentscheidung erforderlich machen (Az. …). Für die Erstattung des Gutachtens wurden der Sachverständigen neun Monate Zeit eingeräumt.
Der Antragsteller erhob am 2.3.2021 beim Verwaltungsgericht Bayreuth Klage (B 10 K 21.229) mit folgenden Anträgen:
„1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, sich in Bezug auf den Kläger wörtlich oder sinngemäß wie folgt zu äußern und/oder äußern zu lassen und/oder solche Äußerungen zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:
– Vom Kläger gehe eine Kindeswohlgefährdung aus
– Der Kläger könne das Kind nur im begleiteten Umgang sehen
– Der Kläger belaste sein Kind, indem er es in einen Loyalitätskonflikt bringt
2. Hilfsweise wird beantragt, dass die Untersagungen gemäß Ziffer 1 für den Fall gelten sollen, dass (weiterhin) eine Bewertung durch den Beklagten des gegenwärtigen Vorliegens gewichtiger Anhaltspunkte für eine vom Kläger angeblich zu verantwortende Gefährdung Wohls eines Kindes des Klägers sowie die Abschätzung des Gefährdungsrisikos gemäß § 8a SGB VIII nicht erfolgt.
3. Der Beklagte hat die unter Ziffer 1 wiedergegebenen Behauptungen schriftlich sofort, spätestens binnen zwei Wochen zu widerrufen, insbesondere gegenüber dem Familiengericht, und den Vollzug dem Kläger schriftlich glaubhaft zu machen.“
Inhalt von Ziffer 4. des Klageantrags ist die Gewährung von Akteneinsicht in alle Gerichts- und Verwaltungsakten. Mit Ziffer 5. wird beantragt, die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen.
Zeitgleich mit der Klage beantragte der Antragsteller zusätzlich, eine einstweilige Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Einen konkreten Antrag formulierte der Antragsteller hinsichtlich der einstweiligen Anordnung nicht. Hinsichtlich des Eilantrags stützt sich der Antragsteller vollumfänglich auf die Ausführungen im Hauptsacheverfahren. Diesbezüglich führt er u.a. aus: In den familiengerichtlichen Verfahren …, …, …, … hätten folgende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Antragsgegners die hier beanstandeten und somit streitgegenständlichen mündlichen und schriftlichen, amtsbezogenen Äußerungen getätigt: A. Der Antragsteller gefährde das Kindeswohl. B. Der Vater könne das Kind nur im begleiteten Umgang sehen, da (konkludent) eine Kindeswohlgefährdung bestehe. C. Das Kind E. befinde sich in einem Loyalitätskonflikt. D. Vom Vater gehe eine Kindeswohlgefährdung aus; im Rahmen einer Gefährdungsüberprüfung hätten die gegenseitigen Vorwürfe der Kindeseltern … nicht ausgeräumt werden können.
Der Antragsteller habe den Antragsgegner zweimal aufgefordert, die oben genannten Äußerungen zu unterlassen bzw. detailliert zu erläutern, auf welcher Grundlage sie erfolgt seien. Bis zum heutigen Tag sei dazu keine Antwort erfolgt. Der Antragsteller halte den Präventivrechtsschutz einer gerichtlich angeordneten Unterlassung für notwendig, da ansonsten Nachteile im Verfahren vor dem Amtsgericht … bzw. vor dem OLG … zu befürchten seien. Die beanstandeten Äußerungen verstießen nicht nur gegen das Sachlichkeitsgebot, sondern seien auch geeignet, den Ruf und die Ehre des Antragstellers zu schädigen. Das klägerische Begehren sei daher auf Unterlassung und Widerruf der Äußerungen gerichtet.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 5.3.2021, den Antrag abzulehnen.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei zwar zulässig, aber unbegründet. Seitens beider Sorgeberechtigten stünden seit geraumer Zeit gegensätzliche Gefährdungsvorwürfe bezüglich E. im Raum. Der Antragsteller vermute eine körperliche Misshandlung des Kindes durch S., dem Antragsteller würden von S. Manipulation und psychische Misshandlung unterstellt. E. selbst habe diesbezüglich gegenüber dem Kreisjugendamt … und anderen beteiligten Behörden wiederholt widersprüchliche Aussagen getätigt. Die Gefährdungsmitteilung sei im Rahmen einer Gefährdungsüberprüfung gemäß § 8a SGB VIII bearbeitet worden. Unter Beachtung der Gesamtumstände komme der Träger der öffentlichen Jugendhilfe im höchsten Maße seinen Aufgaben zur Klärung einer möglichen Kindeswohlgefährdung nach. Das Familiengericht … teile die Bedenken und habe hierzu die Erstellung eines Sachverständigengutachtens in Auftrag gegeben. Dem sei Rechnung zu tragen. Zu keiner Zeit sei von einer einseitigen Kindeswohlgefährdung durch den Kläger ausgegangen worden, vielmehr habe eine Kindeswohlgefährdung bei beiden Elternteilen nicht ausgeräumt werden können. Dies sei entsprechend kommuniziert worden. Beim Antragsgegner sei aktuell kein Antrag auf Akteneinsicht gestellt worden; ein diesbezügliches Begehren gemäß § 100 VwGO könne hinter § 25 SGB X zurückgestellt werden.
Das Verwaltungsgericht hat die Behördenakten und die Gerichtsakten des OLG … beigezogen. Der Antragsteller hat darin am 10. und 11.3.2021 Einsicht genommen.
Mit richterlichem Hinweis vom 12.3.2021 äußerte der Berichterstatter unter Bezugnahme auf diesbezügliche ober- und höchstgerichtliche Rechtsprechung Zweifel am Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses und der Zulässigkeit des Antrags. Er äußerte ferner, dass die Aussage zur Kindeswohlgefährdung so bisher weder belegt worden sei, noch in den Akten nachvollzogen werden könne. Der Berichterstatter gab dem Antragssteller Gelegenheit zur Äußerung.
Mit Schriftsatz vom 19.3.2021 legte der Antragsteller eine eigene Eidesstattliche Versicherung vom 19.3.2021 vor, wonach Frau … (Mitarbeiterin des Landratsamts …) im gerichtlichen Termin vor dem Amtsgericht … – Familiengericht – am 5.2.2021 ausgeführt habe, „Der Vater begehe eine Kindeswohlgefährdung …“. Darüber hinaus gab er an, es sei diesbezüglich auch ein Antrag auf Protokollberichtigung beim Amtsgericht … – Familiengericht – gestellt worden, der jedoch abgelehnt worden sei. Wenn ein Jugendamt – allgemein betrachtet – den Begriff „Kindeswohlgefährdung“ verwende, werde damit zwangsläufig die annähernd höchste Gefährdungsstufe impliziert, in der sich ein Kind befinden könne. Der Begriff sei ein Codewort für eine erhebliche Gefährdung und verschiedene gesetzliche Verstöße, so i.S.d. § 8a SGB VIII und gegen §§ 171, 174, 176, 176a, 176 b, 180, 182, 184, 225 StGB – neben den allgemeinen Grundsätzen aus Art. 6 GG, §§ 1631,1666 BGB. Die Wirkung auf den Adressaten sei ähnlich wie wenn ein TÜV-Gutachter im Zusammenhang mit einem Atomkraftwerk von einem Mangel spreche. In diesem Sinne verstanden, seien die Äußerungen von Frau … auf der Hand liegend falsch. Es habe kein abgeschlossener Prozess einer Gefährdungseinschätzung stattgefunden. Die formalen Voraussetzungen, insbesondere das Controlling der Entscheidung unter Hinzuziehung von psychologisch besonders ausgebildeten Fachkräften, seien aber offensichtlich nicht beachtet worden. Die Äußerungen stellten auch eine unzulässige Schmähung dar. Durch sie werde der Antragsteller entsprechend der oben genannten Strafvorschriften als Verbrecher abgestempelt. Darin liege unzweifelhaft eine Schmähung, die eine Ehrverletzung bedeute. Nur auf der Grundlage der präzise verwendeten Fachsprache einschließlich des Begriffs Kindeswohlgefährdung sei der Informationsaustausch zwischen Fachbehörde und Gericht erfolgt. Die Rechtsfolgen einer unscharfen Kommunikation würden ganz tief in die Grundrechte der betroffenen Personen eingreifen. Aufgrund der beim Verwaltungsgericht genommenen Akteneinsicht sei Ziffer 4 des einstweiligen Rechtsschutzantrags hinfällig geworden.
II.
1. Der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist vorliegend zwar eröffnet, weil Äußerungen von Behörden und öffentlichen Amtsträgern im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen sind und deshalb hier eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit gegeben ist. Der Antrag auf einstweilige Anordnung bezüglich Ziffern 1 bis 3 der bei Gericht am 2.3.2021 eingegangenen Klage- und Antragsschrift ist aber unzulässig, weil ihm das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, U.v. 28.2.2012 – VI ZR 79/11 – NJW 2012, 1659), der sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof – auch vor dem Hintergrund des Untersuchungs- bzw. Amtsermittlungsgrundsatzes – angeschlossen hat (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2012 – 12 ZB 11.467 – unveröffentlicht, GA Bl. 113 ff. Rn. 4 ff.; B.v. 8.1.1996 – 7 CE 95.3311 – BeckRS 1996, 15564), können Äußerungen, die der Rechtverfolgung oder -verteidigung in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren dienen, in aller Regel nicht mit gesonderten sog. Ehrenschutzklagen abgewehrt werden. Das Verfahren soll nämlich nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden. Es ist mit der rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar, wenn die Beteiligten eines Verfahrens verurteilt werden könnten, Erklärungen zu widerrufen oder zu unterlassen, die sie mit Bezug zum Ausgangsverfahren abgegeben haben. Damit würde in unerträglicher Weise in die Führung des Verfahrens eingegriffen. Die Beteiligten eines Gerichts- oder Verwaltungsverfahrens müssen alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung ihrer Aufgaben und Rechte für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Interessen eines anderen oder dessen Ehre berührt werden. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Mit den schutzwürdigen Belangen Betroffener und mit den Erfordernissen eines sachgerechten Funktionierens der Rechtspflege ist es unvereinbar, wenn die Kompetenzen des Gerichts oder der Verwaltungsbehörde des Ausgangsverfahrens durch die Möglichkeit einer Geltendmachung von Abwehransprüchen in einem gesonderten Prozess vor einem (anderen) Gericht unterlaufen werden könnten.
Diese Rechtsprechungsgrundsätze beanspruchen auch im vorliegenden Fall Geltung. Der Antragsteller und der Antragsgegner sind an den jeweiligen familiengerichtlichen bzw. verwaltungsbehördlichen Ausgangsverfahren beteiligt. Der Antragsteller kann bzw. konnte sich jeweils dort zur Wehr setzen, zumal auch dort jeweils der Untersuchungs- bzw. Amtsermittlungsgrundsatz gilt (vgl. § 26 FamFG, Art. 24 BayVwVfG, § 20 SBG X).
b) Die aufgezeigten Rechtsprechungsgrundsätze gelten allerdings nicht schrankenlos. Lässt sich etwa ein Bezug der betreffenden Äußerungen zum Ausgangsverfahren nicht erkennen, sind diese auf der Hand liegend falsch oder stellen sie sich als eine unzulässige Schmähung dar, ist die gesonderte Ehrenschutzklage durchaus als zulässig anzusehen (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2012 – 12 ZB 11.467 – unveröffentlicht, GA Bl. 113 ff. Rn. 8 ff.). Diese engen Ausnahmevoraussetzungen liegen bei den Äußerungen, deren Unterlassung bzw. Widerruf der Antragsteller begehrt, nicht vor.
aa) Die angegriffenen (angeblichen) Aussagen sind im bzw. mit Bezug zum jeweiligen Ausgangsverfahren erfolgt, namentlich dem familiengerichtlichen Verfahren, dem Verwaltungsverfahren der Inobhutnahme bzw. dem Verwaltungsverfahren der Umgangsgewährung. Dies stellt der Antragsteller selbst in seiner bei Gericht am 2.3.2021 eingegangenen Klage- und Antragsschrift so dar. Sie sind mithin in diesen Ausgangsverfahren zu überprüfen.
bb) Die angegriffenen (angeblichen) Aussagen sind auch nicht auf der Hand liegend falsch. Dies ergibt sich bereits aus den Gründen des Beschlusses des Amtsgerichts … – Familiengericht – vom 10.2.2021 (Az. …) sowie aus dessen Beschluss vom 25.2.2021 zur Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens (Az. …). So heißt es im Beschluss vom 10.2.2021 u.a.: „Das Wohl des Kindes ist zur Überzeugung des Gerichts gefährdet. […] E. befindet sich in einem extremen Loyalitätskonflikt. Sie liebt beide Eltern. Sie versucht beide Elternteile zu unterstützen und findet Entschuldigungen für die Verhaltensweisen der Eltern. […] E. wird extrem beeinflusst durch beide Elternteile. Der Vater setzt die verschiedensten Personen ein um Einfluss zu nehmen und stellt den Konflikt in öffentliche Medien.“
Im Übrigen enthalten die angegriffenen (angeblichen) Aussagen letztlich Wertungen bzw. Einschätzungen des Antragsgegners. Ein Widerrufsverlangen wäre auch deshalb nicht gerechtfertigt, da niemand im Wege der Zwangsvollstreckung gezwungen werden kann, eine Überzeugung aufzugeben oder eine Würdigung zurückzunehmen (vgl. BVerfG, B.v. 7.5.1997 – 1 BvR 1805/92 – juris Orientierungssatz 1; BayVGH, U.v. 29.9.2008 – 5 B 08.677 – juris Rn. 14). Auch insbesondere die umfangreichen, beigezogenen Behördenakten legen nicht den Schluss nahe, dass die angegriffenen Aussagen schlicht aus der Luft gegriffen bzw. die ihnen zu Grunde liegenden tatsächlichen Umstände augenscheinlich unzutreffend sind. Zudem hat bzw. hatte der Antragsteller in den Ausgangsverfahren die Möglichkeit der Gegendarstellung.
cc) Die angegriffenen (angeblichen) Aussagen stellen auch keine unzulässige Schmähung dar. Eine Äußerung nimmt den Charakter einer Schmähung erst dann an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung einer Person im Vordergrund steht und sie jenseits auch polemischer oder überspitzter Kritik in der Herabsetzung einer Person besteht; eine für den Betroffenen herabsetzende Wirkung reicht nicht aus (vgl. BGH, U.v. 11.12.2007 – VI ZR 14/07 – juris Rn. 22). Diese Voraussetzungen liegen offensichtlich nicht vor. Die angegriffenen Äußerungen beschränken sich im Wesentlichen auf die Verwendung allgemein gebräuchlicher Fachbegriffe („Kindeswohlgefährdung“, „begleiteter Umgang“ und „Loyalitätskonflikt“). Zudem stehen sie im sachlichen Zusammenhang mit den gesetzlichen Rechten und Pflichten des Antragsgegners als Träger der öffentlichen Jugendhilfe. So hat er u.a. den gesetzlichen Auftrag, eine Gefährdungsabschätzung gem. § 8a SGB VIII vorzunehmen und in allen die Person eines Minderjährigen betreffenden familiengerichtlichen Verfahren mitzuwirken (vgl. Bohnert in Hauck, SGB VIII, Stand Januar 2021, § 8a Rn. 35). Dass eine Kindeswohlgefährdung unter Umständen strafrechtliche Konsequenzen hat, wie der Antragsteller meint, vermag keine unzulässige Schmähung zu begründen, zumal die von ihm genannten Strafvorschriften zusätzliche bzw. andere Tatbestandsmerkmale haben.
c) Da der Antrag demnach bereits unzulässig ist, kommt es auf dessen Begründetheit und damit insbesondere darauf, ob die beanstandeten Äußerungen so getätigt wurden, zutreffend sind und eine Vorwegnahme der Hauptsache geboten ist, nicht an.
2. Ziffer 4. der bei Gericht am 2.3.2021 eingegangenen Klage- und Antragsschrift ist so zu verstehen, dass ausschließlich vom Verwaltungsgericht Akteneinsicht in die hiesigen Gerichtsakten und die beigezogenen Akten nach § 100 VwGO begehrt wird. Die Akteneinsicht nahm der Antragsteller am 10. und 11.3.2021 wahr. Sein Begehren in Ziffer 4 ist damit, wie er selbst im Schriftsatz vom 19.3.2021 ausführt, hinfällig geworden.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Das Verfahren ist nicht nach § 188 VwGO gerichtskostenfrei, weil es sich vorliegend nicht um eine Angelegenheit der Jugendhilfe handelt. Nur dadurch, dass die streitgegenständlichen Äußerungen Bezug zum Jugendhilferecht haben bzw. in entsprechenden Verfahren ergangen sein sollen, wird das vorliegende, auf das Unterlassen und den Widerruf dieser Äußerungen nach allgemeinen Vorschriften gerichtete Verfahren, nicht zu einem solchen der Jugendhilfe (vgl. Clausing/Kimmel in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2020, § 188 Rn. 12 m.w.N.).


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