Familienrecht

Erfolgloses Beschwerdeverfahren gegen die Versagung von PKH wegen fehlender Darstellung des Streitverhältnisses

Aktenzeichen  L 11 AS 642/16 B PKH

Datum:
26.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 117 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Fordert das Gericht im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Bewilligung von PKH eine Darstellung des Streitverhältnisses unter Angabe der Beweismittel an und wird diese Anfrage vom Kläger nicht beantwortet, obwohl er diese bereits bei Antragstellung angekündigt, im Wesentlichen dann aber lediglich um Fristverlängerungen gebeten hat, kann die Bewilligung von PKH wegen nicht hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt werden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Die Antragstellerin (ASt) begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein erstinstanzliches Verfahren.
Für die am 05.01.2016 zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobene Klage hat die ASt am 14.04.2016 die Bewilligung von PKH begehrt und den Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zuletzt am 28.04.2016 erneut übersandt. Anträge und eine Begründung hat sie lediglich angekündigt, dann aber im Wesentlichen nur um Fristverlängerungen gebeten. Auf Nachfrage zum Stand des Bewilligungsverfahrens hat das SG die ASt um Darstellung des Streitverhältnisses unter Angabe der Beweismittel gebeten. Am 13.07.2016 hat die ASt das Verfahren für erledigt erklärt, später allerdings diese Erledigterklärung angefochten. Das SG hat aufgrund der Erledigterklärung das ursprüngliche Verfahren (S 13 AS 4/16) als erledigt ausgetragen und hinsichtlich der Anfechtung ein neues Verfahren eingetragen (S 13 AS 610/16).
Mit Beschluss vom 21.07.2016 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH hinsichtlich des am 13.07.2016 für erledigt erklärten Verfahrens S 13 AS 4/16 abgelehnt. Zum Zeitpunkt der frühestmöglichen Entscheidung über die Bewilligung von PKH sei das Verfahren bereits für erledigt erklärt gewesen. Eine frühere Entscheidung des SG sei mangels Darstellung des Streitverhältnisses unter Angabe der Beweismittel nicht möglich gewesen.
Dagegen hat die ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig, aber unbegründet. Mangels hinreichender Erfolgsaussicht besteht kein Anspruch auf die Bewilligung von PKH.
Nach § 73a Abs. 1 SGG i. V. m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 – B 13 RJ 83/97 R – SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. § 73a Rn.7ff.) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH- Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 – 1 BvR 1523/92 – NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als “schwierig” erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 – 2 BvR 94/88 – BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 – 1 BvR 1807/07 – NJW 2008, 1060ff).
Maßgebend für die Beurteilung der Erfolgsaussichten sind grundsätzlich die Verhältnisse und der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Beschwerde (Peters/Sauter/Wolff, SGG, 4.Aufl., § 176 Rdnr. 4). Ein früherer Zeitpunkt kommt allenfalls in Betracht, wenn sich die Entscheidung über den PKH-Antrag verzögert hat und eine Änderung zum Nachteil des Antragstellers eingetreten ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11.Aufl., § 73a Rdnr. 7b; vgl. dazu auch bereits: Beschluss des Senates vom 30.10.2008 – L 11 B 741/08 AS PKH).
Vorliegend ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen, denn ein früherer Zeitpunkt der Entscheidung war dem SG nicht möglich. Zwar haben dem SG die Stellungnahme und Akten des Antraggegners sowie der Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen spätestens am 28.04.2016 vorgelegen. Das SG hat aber, nachdem die Auswertung des Fragebogens am 27.05.2016 erfolgt war, die Frage der ASt nach der Bewilligung von PKH (Schreiben vom 25.05.2016) dahingehend beantwortet, dass es noch an der Darstellung des Streitverhältnisses unter Angabe der Beweismittel zu einer Entscheidung über die Bewilligung von PKH fehle (§ 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Diese Nachfrage ist bis heute nicht von der ASt beantwortet worden. Eine vorherige Aufforderung durch das SG zur Darstellung war nicht angezeigt gewesen, denn die ASt hatte mit der Klageerhebung sowohl die Antragstellung als auch die Begründung in Aussicht gestellt, im Wesentlichen dann aber lediglich um Fristverlängerungen gebeten.
Somit ist auf die Erfolgsaussichten zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senates abzustellen. Solche sind hier nicht ersichtlich, zumal die ASt das Verfahren für erledigt erklärt hat und damit die erhobene Klage mit Schreiben vom 13.07.2016 zurückgenommen hat.
Nach alledem war die Beschwerde zu verwerfen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


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