Familienrecht

Kindergeld: Persönliche Anspruchsberechtigung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten

Aktenzeichen  V R 25/14

Datum:
23.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2016:U.230816.VR25.14.0
Normen:
§ 62 Abs 1 Nr 1 EStG 2009
§ 64 Abs 2 S 1 EStG 2009
Art 67 S 1 EGV 883/2004
Art 60 Abs 1 S 2 EGV 987/2009
EStG VZ 2010
EStG VZ 2011
Spruchkörper:
5. Senat

Leitsatz

NV: Die Fiktion des Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO Nr. 987/2009 führt dazu, dass der Anspruch auf Kindergeld nicht dem in Deutschland sondern dem im EU Ausland lebenden Elternteil zusteht, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (Anschluss an BFH Urteil vom 4. Februar 2016 III R 17/13, BFHE 253, 134, BStBl II 2016, 612).

Verfahrensgang

vorgehend FG Münster, 4. April 2014, Az: 14 K 3662/11 Kg, Urteil

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 4. April 2014  14 K 3662/11 Kg aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist polnische Staatsbürgerin, die in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) lebt und zunächst nichtselbständig tätig, später arbeitslos war. Ihr 1991 geborener Sohn M lebte im Streitzeitraum von September 2010 bis April 2011 im Haushalt des von der Klägerin geschiedenen Kindsvaters in Polen und besuchte dort eine Hochschule. Am 12. April 2011 zog M nach Deutschland und bewarb sich hier um einen Studienplatz. Der Kindsvater ist nichtselbständig tätig. Polnische Familienleistungen bezog er nicht.
2
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) lehnte einen Antrag der Klägerin auf Kindergeld für M vom Oktober 2010 für den Zeitraum ab September 2010 im Dezember 2010 ab, da der Kindsvater einen vorrangigen Anspruch auf Kindergeld habe. Dem dagegen eingelegten Einspruch half sie im Juli 2011 insoweit ab, als sie Kindergeld für M ab Mai 2011 festsetzte. Für den Zeitraum von September 2010 bis April 2011 wies sie den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 13. September 2011 zurück. Der daraufhin erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 4. April 2014  14 K 3662/11 Kg statt. Dagegen wendet sich die Familienkasse mit der Revision.
3
Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 18. November 2014 bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Trapkowski C-378/14, ausgesetzt. Nach Veröffentlichung des EuGH-Urteils vom 22. Oktober 2015 Trapkowski C-378/14, (EU:C:2015:720, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst –DStRE– 2015, 1501) hat der Senat das Verfahren wieder aufgenommen und den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zu dem EuGH-Urteil zu äußern. Die Familienkasse ist der Auffassung, der EuGH habe ihren Rechtsstandpunkt bestätigt.
4
Die Familienkasse beantragt,das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
5
Die Klägerin beantragt sinngemäß,die Revision zurückzuweisen.
6
Auch die Klägerin sieht sich durch die Entscheidung des EuGH in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. Der EuGH habe festgestellt, dass das Unionsrecht nur eingreife, wenn ein Anspruch sowohl auf deutsche als auch auf polnische Familienleistungen bestehe. Im Streitfall bestehe aber kein Anspruch auf polnische Familienleistungen.


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