Familienrecht

Unterhaltsvorschussgesetz, Klage des Elternteils, bei dem das Kind lebt, im eigenen Namen, Ausschluss von Unterhaltsleistungen, Pflicht zur Erteilung von Auskünften, Mitwirkung bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils, Zumutbarkeit, behauptete Drohungen durch den Kindsvater, Beistand, Ausschluss anderer Sozialleistungen

Aktenzeichen  W 3 K 20.716

Datum:
23.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 46993
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
UVG § 1 Abs. 1
UVG § 1 Abs. 3
UVG § 2 Abs. 1
UVG § 4
UVG § 7
UVG § 9 Abs. 1
BGB § 1712

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. 

Gründe

Streitgegenstand der Klage ist das Begehren, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 3. Dezember 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken vom 22. April 2020 zu verpflichten, der Klägerin von Oktober 2019 bis April 2020 für das Kind A. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums folgt antragsgemäß aus § 4 UVG. Danach wird die Unterhaltsleistung rückwirkend längstens für den letzten Monat vor dem Monat gezahlt, in dem der Antrag bei der zuständigen Stelle oder einer der bezeichneten Stellen eingegangen ist; dies gilt nicht, soweit es an zumutbaren Bemühungen des Berechtigten gefehlt hat, den bezeichneten Elternteil zu Unterhaltszahlungen zu veranlassen. Die Klägerin hat nach der bestandskräftigen Ablehnung des Antrags vom 31. Oktober 2018 am 25. Oktober 2019 erneut Unterhaltsleistungen für ihren Sohn beantragt. Der Klageantrag ist dementsprechend auf die Verpflichtung zur Gewährung von Unterhaltsleistungen ab Oktober 2019 gerichtet.
Streitgegenständlich ist der Zeitraum bis zur letzten Behördenentscheidung, hier der Widerspruchsentscheidung vom 22. April 2020. Dies folgt daraus, dass Unterhaltsleistungen nach § 2 Abs. 1 UVG monatlich zu zahlen sind (vgl. BVerwG, U.v. 18.12.2017 – 5 C 36/16 – juris Rn. 13 ff.; Gruber, UVG, 2. Aufl. 2020, Einl. Rn. 103 ff., 110).
Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig.
Statthafte Klageart ist die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO).
Die Klägerin ist aus § 9 Abs. 1 UVG befugt, einen Anspruch ihres Sohnes auf Unterhaltsleistungen nach § 1 Abs. 1 UVG im eigenen Namen geltend zu machen (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2014 – 12 C 13.2488 – juris Rn. 7 ff.; VG Würzburg, U.v. 7.7.2011 – W 3 K 11.170 – juris Rn. 35 ff.; Gruber, UVG, 2. Aufl. 2020, § 9 Rn. 2 m.w.N.).
Die Klagefrist aus § 74 Abs. 1 VwGO ist gewahrt. Der Widerspruchsbescheid vom 22. April 2020 wurde am 23. April 2020 gegen Empfangsbekenntnis versandt. Nach dem Vorbringen des Bevollmächtigten der Klägerin wurde der Widerspruchsbescheid vom 22. April 2020 am 27. April 2020 zugestellt. Ein früherer Zugang ist nicht ersichtlich. Die Klage wurde daher am 26. Mai 2020 innerhalb der Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO erhoben.
2. Die Klage ist aber unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Unterhaltsleistungen.
Rechtsgrundlage für den begehrten Anspruch ist § 1 Abs. 1 UVG. Nach § 1 Abs. 1 UVG hat Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, wer (1.) das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, (2.) im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten oder Lebenspartner dauernd getrennt lebt, und (3.) nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil mindestens in der bezeichneten Höhe erhält.
Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 UVG liegen dem Grunde nach vor. Der Sohn der Klägerin hat das 12. Lebensjahr im streitgegenständlichen Zeitraum nicht vollendet und lebt im Geltungsbereich des Unterhaltsvorschussgesetzes bei einem Elternteil, der ledig ist. Nach den Angaben der Klägerin im Antrag vom 25. Oktober 2019 sowie in der mündlichen Verhandlung erhält ihr Sohn auch keinen Unterhalt durch den anderen Elternteil.
Der Anspruch auf Unterhaltsleistung ist aber nach § 1 Abs. 3 UVG ausgeschlossen.
Nach § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG besteht ein Anspruch auf Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nicht, wenn der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, sich weigert, die Auskünfte, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich sind, zu erteilen oder bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken.
Keine Mitwirkungspflicht an der Feststellung der Vaterschaft besteht, wenn die Vaterschaft feststeht (vgl. § 1592 BGB); dann besteht die Pflicht zur Mitwirkung an der Feststellung des Aufenthaltsortes.
Die Mitwirkung der Klägerin ist echte Anspruchsvoraussetzung (Gruber, UVG, § 1 Rn. 117 ff., 132). Die Vorschrift des § 1 Abs. 3 UVG ist eine Sonderregelung zu §§ 66, 67 SGB I, §§ 37, 68 Nr. 14 SGB I (vgl. Nr. 1.11.3, 1.11.10 Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes [VwUVG 2021] in der ab 1.1.2021 geltenden Fassung; Gruber, a.a.O., § 1 Rn. 119 ff.).
Dieser Ausschlusstatbestand, der die Zurechnung eines Verhaltens des alleinerziehenden Elternteils im Verwaltungsverfahren erlaubt, dient der Sicherung des Rückgriffanspruchs gegen den keinen Unterhalt leistenden Unterhaltsverpflichteten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG, dessen Geltendmachung voraussetzt, dass die Person des Unterhaltsverpflichteten den Behörden bekannt ist (vgl. BayVGH, B.v. 18.4.2019 – 12 C 18.1893 – juris Rn. 21 m.w.N.). Zu dieser Mitwirkung bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils gehören grundsätzlich auch Angaben zur Bestimmung der Person des Vaters (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 5 C 28/12 – juris Rn. 11). In der Regel sind zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes alle Auskünfte oder Tatsachen erforderlich, die zur Feststellung des Anspruchs auf Unterhaltsleistung oder zur Geltendmachung des nach § 7 UVG kraft Gesetzes auf die öffentliche Hand übergehenden Unterhaltsanspruches benötigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.1991 – 5 C 13.87 – juris Rn. 16) und die die öffentliche Hand in die Lage versetzen, von dem zahlungspflichtigen Elternteil die vorgeleisteten Gelder nach § 7 UVG zurückzufordern (vgl. VG Berlin, U.v. 21.5.2019 – 21 K 982.18 – juris Rn. 15 m.w.N.). Dazu gehören insbesondere Identität und Aufenthaltsort des Kindsvaters oder, falls diese nicht bekannt sind, Angaben wie z.B. zu Aussehen, Alter, Beruf, Wohnort, Telefonnummer, Kommunikation (insbesondere E-Mails, Chats usw.) und Fotos, die eine Identifizierung der als Kindesvater infrage kommenden Person(en) ermöglichen können (vgl. VG Berlin, a.a.O., Rn. 15). Die Vorschrift soll in erster Linie den Rückgriff auf den barunterhaltspflichtigen Elternteil ermöglichen.
Welche konkreten Mitwirkungspflichten von demjenigen Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, zur Feststellung der Vaterschaft erforderlich sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Eine Einschränkung des Anspruchsausschlusses nach § 1 Abs. 3 UVG dahin, dass dieser nicht eintritt, wenn die Auskunftserteilung oder Mitwirkung dem in der Vorschrift als auskunfts- und mitwirkungspflichtig bezeichneten Elternteil nicht zugemutet werden kann, ist im Unterhaltsvorschussgesetz zwar nicht ausdrücklich vorgesehen. Die Mitwirkungspflicht nach § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG trifft die Kindsmutter aber grundsätzlich nur im Rahmen des Zumutbaren (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 5 C 28/12 – juris Rn. 11; B.v. 5.1.1989 – 5 B 197/88; U.v. 5.5.1983 – 5 C 112/81 zum BSHG; BayVGH, B.v. 18.4.2019 – 12 C 18.1893 – juris Rn. 21; Gruber, UVG, § 1 Rn. 129, 155 ff. m.w.N.; vgl. Nr. 1.11.1 und 1.11.10 VwUVG 2021). Dies ergibt sich auch aus der Begründung des Unterhaltsvorschussgesetzes: „Da die neue Leistung in erster Linie eine wirtschaftliche Entlastung des alleinerziehenden Elternteils bedeutet – er braucht sein Einkommen nicht mehr für den Unterhalt der Kinder einzusetzen -, ist es angemessen, die Leistung zu versagen, wenn der alleinerziehende Elternteil nicht das seinerseits Mögliche und Zumutbare tut, um den Unterhaltsanspruch der Kinder gegen den anderen Elternteil festzusetzen und durchsetzen zu lassen.“ (BT-Drs. 8/1952 S. 7).
Nach der Rechtsprechung sind, soweit die Reichweite des § 1 Abs. 3 UVG durch das Erfordernis der Zumutbarkeit der Auskunfts- und Mitwirkungspflicht eingeschränkt ist, die Interessen des nach § 1 Abs. 3 UVG Auskunfts- und Mitwirkungspflichtigen an der Zurückhaltung der von der zuständigen Stelle gewünschten Informationen mit dem Informationsinteresse dieser Stelle – unter Würdigung auch der Belange des unterhaltsbedürftigen Kindes – abzuwägen. Dies hat unter Berücksichtigung aller Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls zu geschehen. Dabei kann die Frage der Zumutbarkeit nicht generell, sondern nur individuell für den jeweiligen Betroffenen beurteilt werden, da es allein darauf ankommt, ob dem Betroffenen ganz persönlich die Mitwirkung zumutbar ist (vgl. BVerwG, B.v. 5.1.1989 – 5 B 197/88 – juris Rn. 4; U.v. 5.5.1983 – 5 C 112/81 – juris Rn. 23 zum BSHG).
Es ist insofern eine Frage des Einzelfalls, ob die Nennung des Vaters nach den Umständen des Einzelfalls zumutbar ist und der Anspruch aus § 1 Abs. 1 UVG durch § 1 Abs. 3 UVG ausgeschlossen ist (VG Stuttgart, U.v. 23.2.2006 – 13 K 53/06 – juris; VG Frankfurt, U.v. 7.4.2005 – 3 E 4610/03, Rn. 20; VG Berlin, U.v. 21.5.2019 – 21 K 982.18, Rn. 17; VG Düsseldorf, B.v. 29.5.2013 – 21 L 635/13).
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin vorprozessual vorgetragen, dass der Vater des Kindes von ihr während der Schwangerschaft (im August 2009) verlangt habe, dass sie das Kind abtreibe. Der Kindsvater habe gedroht, dass er der Klägerin und dem Kind etwas antun werde, wenn sie das Kind bekomme und ihn als Vater angebe. Nach Angaben des Bevollmächtigten der Klägerin sei ihre Freundin, die Zeugin Frau P … (P.), zugegen gewesen, als die Klägerin in ganz erheblichem Maße bedroht worden sei, für den Fall, dass sie ihr Kind nicht abtreiben lasse. Der Vater des Kindes der Klägerin sei ein fanatischer Islamist. Der Bevollmächtigte der Klägerin habe seine Facebook-Seiten im Jahr 2019 eingesehen. Die Klägerin sei umgezogen und habe die Telefonnummer geändert. Die Klägerin habe keine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz beantragt, da diese befristet sei. Die Gefahr durch den Kindsvater realisiere sich erst bei einer entsprechenden Mitteilung.
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung erfüllen die gegebenen Umstände für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht die Voraussetzungen für das Vorliegen einer die Unzumutbarkeit begründenden Konfliktlage. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Ergebnis der informatorischen Anhörung der Klägerin und der Vernehmung der Zeugin P.
Die Klägerin konnte insofern nicht zur Überzeugung des Gerichts darlegen, dass die Mitteilung des Namens des Kindsvaters unzumutbar ist. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Die Klägerin teilte im Rahmen der informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung mit, dass es während der Beziehung keine Anhaltspunkte für radikal islamistische oder außergewöhnliche Einstellungen des Kindsvaters gegeben habe. Der Kindsvater sei beim ersten Gespräch nach Kenntnis von der Schwangerschaft aggressiv geworden und aufgesprungen. Er habe nicht gewollt, dass seine Eltern die Schwangerschaft mitbekämen. Beim zweiten Gespräch mit dem Kindsvater nach Kenntnis der Schwangerschaft habe dieser gesagt, die Klägerin solle nicht wagen, ihn als Kindsvater zu benennen. Die Klägerin habe Schande über die Familie gebracht. Er wisse nicht, was mit dem Kind passiere.
Die Mitteilungen der Klägerin sind in wesentlichen Teilen widersprüchlich:
Die Klägerin hatte bei der Vorsprache beim Beklagten angegeben, dass sie die Familie des Kindsvaters nie kennengelernt habe. In der mündlichen Verhandlung teilte sie mit, dass sie die Familie einmal besucht habe. Weiterhin hatte die Klägerin gegenüber dem Beklagten zunächst angegeben, dass sie fürchten müsse, dass der Vater ihrem Kind und ihr etwas antue. Im späteren Vortrag stellt die Klägerin in den Mittelpunkt ihrer Aussage, dass die Familie die Beziehung ablehne. Die Klägerin gab zunächst an, dass das zweite Gespräch mit dem Kindsvater nach Feststellung der Schwangerschaft auf dem Gelände der Freundin stattgefunden habe, da die Klägerin dabei nicht habe alleine sein wollen. Anschließend gab die Klägerin an, ihre Freundin sei bei dem Gespräch nicht dabei gewesen, sondern nur in der Nähe. Daher bestehen bereits Zweifel, ob der Aussage der Klägerin insoweit vertraut werden kann.
Der Vortrag in der mündlichen Verhandlung bezieht sich im Wesentlichen auf die als „Schande“ empfundene (uneheliche) Schwangerschaft aus der Beziehung der Klägerin (als Nicht-Muslimin) mit dem Kindsvater und eine befürchtete Reaktion der Eltern. Die wiedergegebene Aussage des Kindsvaters, dass er nicht wisse, was mit dem Kind passiere, stellt jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum über zehn Jahre nach dem Gespräch keine Bedrohung durch den Kindsvater mehr dar, die zu einer die Mitwirkungspflicht ausschließenden Konfliktlage führen könnte.
Etwas anderes lässt sich auch nicht den von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Facebook-Seiten des Kindsvaters entnehmen. Die Klägerin teilte in der mündlichen Verhandlung mit, dass sie die Posts aus den Jahren 2016/2017 im Jahr 2019 im zeitlichen Zusammenhang mit dem Kontakt mit dem Bevollmächtigten eingesehen habe. Die Seiten hätten Waffen und Bombenanschläge zum Inhalt gehabt.
Die Klägerin hatte sich bereits vor Einsicht der Facebook-Seiten geweigert, den Namen des Kindsvaters mitzuteilen. Die Seiten waren insofern auch nach ihrem eigenen Vortrag zunächst nicht der Grund für die Weigerung der Klägerin, den Namen des Kindsvaters preiszugeben. Dass sich die Facebook-Seiten – wie vom Beklagten ausgeführt – dem Kindsvater nicht eindeutig zuordnen lassen, lässt sich zwar mit dem (anonymisierten) Ausdruck der Seiten erklären. Den Seiten lässt sich aber kein Bezug zur Klägerin und zur Vaterschaft entnehmen. Dass der Kindsvater der Klägerin oder dem gemeinsamen Sohn etwas antun könnte, lässt sich den Seiten allein nicht entnehmen.
Es ist auch nicht erkennbar, dass solch eine Bedrohung – in diesem zeitlichen Abstand – von den Eltern des Kindsvaters ausgehen könnte. Die Klägerin teilte am 30. November 2018 zur Niederschrift des Beklagten mit, dass sie die Familie des Kindsvaters nie kennengelernt habe. In der mündlichen Verhandlung am 23. September 2021 teilte die Klägerin mit, dass sie die Familie des Kindsvaters nur einmal – etwa zehn Jahre vor der Schwangerschaft – getroffen habe. Die Klägerin hat insofern keine Vorbehalte der Familie benannt.
Etwas anderes lässt sich auch nicht dem Vortrag der Klägerin, dass der Kindsvater der Zeugin P. gesagt habe, dass die Eltern für ihn eine türkische Frau suchten, entnehmen. Dem von der Klägerin vorgetragenen Verhalten des Kindsvaters lässt sich nur entnehmen, dass der Kindsvater offenbar nicht zur Beziehung mit der Klägerin und der Vaterschaft stehen wollte. Eine Bedrohung, die die Mitwirkungspflicht entfallen ließe, lässt sich dem Vortrag dagegen nicht entnehmen.
Insofern lässt sich bereits den Angaben der Klägerin keine unerträgliche Konfliktlage entnehmen.
Die Konfliktlage wird auch nicht durch die Aussagen der Zeugin P. bestätigt. Die Klägerseite hatte Frau P. als Zeugin benannt, die zugegen gewesen sei, als die Klägerin im Jahr 2009 schwanger gewesen sei und durch den Kindsvater in ganz erheblichem Maße bedroht worden sei, für den Fall, dass sie das Kind nicht abtreiben lassen würde. Die Zeugin konnte insoweit nicht dazu beitragen, die Aussagen der Klägerin zu verifizieren.
Die Zeugin hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, der Kindsvater habe ihr gesagt, dass sie die Klägerin überzeugen müsse, dass sie das Kind abtreibe. Er wisse nicht, wie seine Eltern reagieren würden, wenn sie dies erführen. Der Kindsvater sei einer anderen Frau versprochen. Wenn seine Eltern von der Schwangerschaft erführen, werde dies ein Problem sein. Er habe gesagt, dass die Eltern aktiv werden könnten und zu allem fähig seien. Die Zeugin hatte indes keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kindsvater, den sie einige Male zusammen mit der Klägerin getroffen habe, gewalttätig gewesen sei. Zu einer von der Klägerin vorgetragenen Bedrohung durch den Kindsvater konnte sie keine näheren Angaben machen.
Dem Gespräch der Zeugin mit dem Kindsvater im Jahr 2009 lässt sich insofern im Hinblick auf den streitgegenständlichen Zeitraum keine Bedrohung durch den Kindsvater bzw. seine Eltern entnehmen.
Die Zeugin konnte das von der Klägerin behauptete Treffen der Klägerin mit dem Kindsvater auf dem Grundstück der Zeugin nicht bestätigen. Die Klägerin hatte zwar in der mündlichen Verhandlung entgegen ihrer ursprünglichen Darstellung behauptet, dass die Zeugin bei dem Gespräch auf dem Gelände der Zeugin (dem Autohandel der Zeugin und des Bruders der Zeugin) nicht anwesend gewesen sei, sondern nur in der Nähe gewesen sei. Die Zeugin konnte jedoch lediglich von einem Anruf des Kindsvaters in der Firma berichten. Der Anruf sei nach dem Treffen mit der Klägerin, das wohl bei dem Kindsvater zu Hause stattgefunden habe, erfolgt. Von einem weiteren Treffen wisse die Zeugin nichts. Ein Treffen der Klägerin mit dem Kindsvater bei der Zeugin habe vor der Schwangerschaft stattgefunden. Die Aussagen der Klägerin über das zweite Treffen konnten insofern nicht bestätigt werden. Auch wenn die Zeugin bei dem Treffen auf dem Gelände der Zeugin nicht dabei gewesen ist, wäre zu erwarten gewesen, dass dies Treffen auf dem Gelände der Zeugin mit entsprechender vorheriger Absprache stattfand bzw. dass die Klägerin der Zeugin vor oder zumindest nach dem Treffen hiervon berichtet hätte.
Die Einsicht der Klägerin in die Facebook-Seiten des Kindsvaters können durch die Aussagen der Zeugin ebenfalls nicht bestätigt werden. Die Zeugin hat in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, dass die Klägerin ihr mitgeteilt habe, dass sie wohl eine Seite zum Kennenlernen gesehen habe. Auf den Partnerschaftsseiten habe die Klägerin wohl Bilder des Kindsvaters gesehen. Hierbei handelt es sich um etwas anderes als um Facebook-Seiten, auf denen jedenfalls nicht nur partnerschaftliche Kontakte erfolgen. Die Zeugin hat auch nichts zu gewaltverherrlichenden Bildern berichtet, die auf einem Dating-Portal auch weniger zu erwarten waren. Diese Mitteilung sei vor fünf bis sieben Jahren, also deutlich vor dem streitgegenständlichen Zeitraum, gewesen. Da die Zeugin die Klägerin auch beim Termin beim Beklagten am 30. November 2018 begleitet hat, wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägerin der Zeugin, mit der sie befreundet ist, über den Inhalt der Facebook-Seiten berichtet hätte.
Die Angaben der Klägerin, als wahr unterstellt, reichen insofern schon nicht aus, um eine entsprechende Konfliktlage anzunehmen; darüber hinaus erscheint das Vorbringen der Klägerin nicht glaubhaft, dies aufgrund deren eigenen widersprüchlichen Vorbringens und aufgrund der Zeugenaussage.
Eine unerträgliche Konfliktlage, durch die die Mitwirkungsplicht der Klägerin entfallen könnte, lässt sich weder den Aussagen der Klägerin noch der Zeugin entnehmen.
Der Klägerin ist mithin im Hinblick auf den infrage stehenden Zeitraum zumutbar, den Namen des Kindsvaters mitzuteilen.
Den Interessen der zuständigen Stelle kommt daher auch unter Berücksichtigung der Belange des unterhaltsbedürftigen Kindes Vorrang vor den Interessen der Klägerin an der Zurückhaltung der von der zuständigen Stelle gewünschten Informationen zu.
Der Beklagte hatte im Verwaltungsverfahren bereits mitgeteilt, dass zur Feststellung der Vaterschaft ein Beistand nach § 1712 BGB bestellt werden kann (vgl. VG Frankfurt, U.v. 7.4.2005 – 3 E 4610/03 – juris Rn. 19).
Die Klägerin ist im Übrigen nicht rechtlich verpflichtend und mit Zwangsmitteln durchsetzbar, sondern nur mittelbar gezwungen, den Namen des Kindsvaters bekanntzugeben. Es handelt sich insofern, wie der Beklagte und die Regierung von Unterfranken zutreffend feststellen, um eine Obliegenheit (vgl. VG Frankfurt, U.v. 7.4.2005 – 3 E 4610/03 – juris Rn. 22; VG Düsseldorf, B.v. 29.5.2013 – 21 L 635/13, Rn. 48; Gruber, UVG, § 1 Rn. 119).
Eine mögliche Kürzung eines Anspruchs auf Grundsicherung für Arbeitssuchende ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die fehlende Mitwirkung führt nach der Rechtsprechung im Übrigen auch nicht unmittelbar zu einem Ausschluss der Gewährung anderer Sozialleistungen für das betroffene Kind (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 5 C 28/12 – juris Rn. 32; VGH BW, B.v. 23.7.2018 – 12 S 1365/18 – juris Rn. 15; Gruber, UVG, § 1 Rn. 122).
Der Anspruch auf Unterhaltsleistung nach § 1 Abs. 1 UVG ist daher nach § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG ausgeschlossen.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO abzuweisen.


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