Familienrecht

Verletzung des rechtlichen Gehörs

Aktenzeichen  III B 97/16

Datum:
21.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2016:B.211216.IIIB97.16.0
Normen:
Art 103 Abs 1 GG
§ 96 Abs 2 FGO
§ 115 Abs 2 Nr 3 FGO
Spruchkörper:
3. Senat

Leitsatz

NV: Eine Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Finanzgericht seine Rechtsansicht auf eine fehlende Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid stützt, tatsächlich aber eine solche vorlag und der Kläger sich im Klageverfahren auf die vorliegende Rechtsbehelfsbelehrung als Indiz für eine vollständige Bescheidung seines Kindergeldantrags berufen hatte. Mit einer derartigen prozessualen Wendung muss der Kläger nicht rechnen.

Verfahrensgang

vorgehend FG Hamburg, 26. Mai 2016, Az: 6 K 194/14, Urteil

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 26. Mai 2016  6 K 194/14 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Hamburg zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.

Tatbestand

1
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) beantragte für ihre Tochter (T) Kindergeld. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) setzte durch Bescheid vom 29. April 2014 Kindergeld ab März 2013 für T fest. Dagegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch, mit welchem sie geltend machte, ihr stehe auch für die Zeit vor März 2013 Kindergeld zu. Die Familienkasse verwarf den Rechtsbehelf durch Einspruchsentscheidung vom 14. August 2014 als unzulässig. Die Klägerin sei nicht beschwert, weil für die Zeit vor März 2013 keine ablehnende Verwaltungsentscheidung ergangen sei. Außerdem entschied die Familienkasse, dass die im Rechtsbehelfsverfahren entstandenen Aufwendungen der Klägerin nicht erstattet würden. Durch Bescheid vom 3. September 2014 setzte die Familienkasse für den Zeitraum Februar 2009 bis Februar 2013 Kindergeld in gesetzlicher Höhe fest.
2
Die Klägerin erhob Klage mit dem Ziel, die ihr im Einspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen erstattet zu erhalten. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Diese sei zwar ohne ein weiteres Einspruchsverfahren zulässig, sei aber nicht begründet, da der Einspruch gegen den Bescheid vom 29. April 2014 unzulässig gewesen sei. In diesem Bescheid habe die Familienkasse keine Entscheidung für die Zeit vor März 2013 getroffen, es sei lediglich der Kindergeldantrag ab März 2013 positiv beschieden worden. Eine ablehnende Entscheidung für die Zeit vor März 2013 sei dem Bescheid nicht zu entnehmen. Hierfür sei nicht zuletzt die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung ein Indiz. Die Klage sei somit nicht erfolgreich i.S. von § 77 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes gewesen.
3
Gegen das Urteil des FG wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie einen Verfahrensmangel geltend macht (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
4
Zur Begründung des Verfahrensmangels trägt die Klägerin vor, das FG habe die Pflicht zur Sachaufklärung nach § 76 FGO verletzt. Entgegen der Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Urteil habe der Bescheid vom 29. April 2014 eine Rechtsbe-helfsbelehrung enthalten. Die Behauptung, der Bescheid enthalte keine Belehrung, sei erstmals in den Urteilsgründen aufgestellt worden. Letztlich liege auch eine Überraschungsentscheidung vor.


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