Familienrecht

Wohnstatusregelung des Kindes im Rahmen des paritätischen Wechselmodell

Aktenzeichen  M 13 E 18.1027

Datum:
22.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 54533
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 2, § 123
BMG § 12, § 22
BayEUG Art. 42 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerinnen begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die Berichtigung des Melderegisters dahingehend, dass die Wohnung der Antragstellerin zu 2 in der A* … … in … als Nebenwohnung eingetragen wird.
Die Antragstellerin zu 2 ist das minderjährige Kind der Antragstellerin zu 1 und deren geschiedenen Ehemann. Die Eltern haben das gemeinsame Sorgerecht. Vor dem Amtsgericht München haben die Eltern am 1. Dezember 2015 ein nahezu paritätisches Betreuungsmodell für ihre gemeinsame Tochter, die Antragstellerin zu 2, vereinbart. Danach werden die Betreuungszeiten des Kindes, das derzeit einen Kindergarten in München besucht, im Vierwochenturnus folgendermaßen geregelt: In der ersten Woche übernimmt die Mutter die Betreuung von Montag bis Donnerstagvormittag und der Vater von Donnerstagnachmittag bis Montagvormittag. In der zweiten Woche betreut die Mutter das Kind von Montagnachmittag bis Mittwochvormittag, der Vater von Mittwochnachmittag bis Freitagvormittag und die Mutter von Freitagnachmittag bis Donnerstagvormittag der dritten Woche. Von Donnerstagnachmittag der dritten Woche bis Montagvormittag der vierten Woche übernimmt der Vater die Betreuung. In der vierten Woche wird das Kind von Montagnachmittag bis Mittwochvormittag von der Mutter, von Mittwochnachmittag bis Freitagvormittag vom Vater sowie von Freitagnachmittag bis Montagvormittag von der Mutter betreut. Die Ferienzeiten werden so aufgeteilt, dass die Mutter in fünf Ferienwochen und der Vater in neun Ferienwochen die alleinige Betreuung des Kindes übernimmt.
Bis zur Trennung der Eltern im Oktober 2013 lebte die Antragstellerin zu 2 mit ihren Eltern in der gemeinsamen Ehewohnung in der A* … … in … Zum 15. Dezember 2013 wurde die Antragstellerin zu 2 in der N* … Straße … in München und zum 1. Mai 2015 in der S* … … in … angemeldet, jeweils gemeinsam mit ihrer Mutter, der Antragstellerin zu 1. Am 17. November 2016 wurde die Antragstellerin zu 2 gemeinsam mit ihrer Mutter, der Antragstellerin zu 1, zum Einzugsdatum 8. November 2016 mit einziger Wohnung in der F* … 6 in … … … angemeldet.
Der Vater der Antragstellerin zu 2 beantragte am 13. Januar 2017 bei der Antragsgegnerin, die Antragstellerin zu 2 unter dem Einzugsdatum 8. November 2016 mit Hauptwohnung in seiner Wohnung in der A* … … in … anzumelden. Die Gemeinde … … … teilte der Antragstellerin zu 1 mit Schreiben vom 17. Januar 2017 mit, sie sei gemeinsam mit der Antragsgegnerin zu dem Ergebnis gekommen, dass die A* … … in … die vorwiegend benutzte Wohnung der Antragstellerin zu 2 sei. Die F* … * in … … … werde zur Nebenwohnung. Die Melderegister seien dahingehend berichtigt worden.
Die Antragstellerin zu 2, vertreten durch ihre Mutter, die Antragstellerin zu 1, beantragte mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 20. November 2017 bei der Antragsgegnerin, die Eintragung der Hauptwohnung unter der Anschrift A* … … in … mit Einzugsdatum 8. November 2016 zum Anmeldedatum 13. Januar 2017 auf den Wohnungsstatus Nebenwohnung zu berichtigen. Der Vater der Antragstellerin zu 2 nahm hierzu mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 7. Februar 2018 Stellung.
Die Antragsgegnerin teilte der Bevollmächtigten der Antragstellerin zu 2 sowie deren Vater mit Schreiben vom 6. Februar 2018 mit, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe der Meldebehörde sei, über den Haupt- und Nebenwohnsitz meldepflichtiger Personen zu entscheiden. Vielmehr registriere die Meldebehörde die tatsächlichen Wohnverhältnisse der Einwohner. Würden die Personensorgeberechtigten eines minderjährigen Einwohners dauerhaft getrennt leben und würde ihnen das Sorgerecht gemeinsam zustehen, sei die Hauptwohnung des Kindes die vorwiegend benutzte Wohnung. Da im vorliegenden Fall die Eltern das sogenannte paritätische Wechselmodell vereinbart hätten, sei grundsätzlich davon auszugehen, dass das Kind keine der elterlichen Wohnungen vorwiegend benutze, sondern beide Wohnungen gleichermaßen. Eventuelle Aufenthalte außerhalb der Wohnungen (z.B. Urlaubsreisen) hätten auf die Wohnung im Sinne des Bundesmeldegesetzes keinen Einfluss. Geringfügige periodische Abweichungen von der paritätischen Vereinbarung in der Vergangenheit seien ebenfalls nicht maßgeblich. Konkrete Hinweise auf einen Schwerpunkt der Lebensbeziehungen beim einen oder anderen Elternteil seien dem bisherigen Sachvortrag nicht zu entnehmen. Die Geburt eines Geschwisterkindes allein begründe jedenfalls keinen Schwerpunkt der Lebensbeziehungen. Es obliege den gemeinsamen Sorgeberechtigten, die Wohnung des Kindes im gegenseitigen Einvernehmen festzulegen. Daher werde dringend angeraten, die Frage der Haupt- und Nebenwohnung in dem bevorstehenden familiengerichtlichen Termin zu klären. Im Falle einer entsprechenden Mitteilung würden die Meldedaten des Kindes dann aufgrund der einvernehmlichen Festlegungen angepasst werden.
Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 2. März 2018, bei Gericht eingegangen am selben Tag, stellten die Antragstellerinnen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung mit dem Antrag,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, gemäß Berichtigungsantrag vom 20. November 2017 die Wohnung der Antragstellerin zu 2 zum Anmeldedatum 13. Januar 2017 mit Einzugsdatum 8. November 2016 auf den Wohnungsstatus Nebenwohnung einzutragen und das Melderegister zu berichtigen.
Zugleich wurde ein Antrag gestellt, die Gemeinde … … … im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, gemäß Berichtigungsantrag vom 21. November 2017 die Hauptwohnung der Antragstellerin zu 2 gemäß Anmeldung vom 17. November 2016 zum Einzugsdatum 8. November 2016 auf den Wohnungsstatus Hauptwohnung einzutragen. Dieser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO wird unter Aktenzeichen M 13 E 18.1024 geführt.
Zur Begründung führt die Bevollmächtigte der Antragstellerinnen im Wesentlichen aus, das Melderegister gebe derzeit die Wohnungsdaten der Antragstellerin zu 2 unrichtig wider. Die Antragstellerin zu 2 benutze in der überwiegenden Zeit ihres Lebens vorwiegend die Wohnung der Mutter, der Antragstellerin zu 1, so dass die Wohnung in der F* … * in … die Hauptwohnung sei. Die Wohnung des Vaters in der A* … … in … sei Nebenwohnung. Die Anrufung des Familiengerichts scheide aus, weil die Bestimmung der Hauptwohnung nicht von erheblicher Bedeutung für das Kind sei. Ein Anordnungsgrund liege vor, da die Antragstellerin zu 2 im kommenden Schuljahr der Schulpflicht unterliege und die Schuleinschreibung am 11. April 2018 stattfinde. Zu diesem Zeitpunkt sei die Antragstellerin zu 2 an der Sprengelgrundschule an dem Ort einzuschreiben, an welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt habe. Den gewöhnlichen Aufenthalt habe die Antragstellerin zu 2 an dem Ort, an welchem sie sich die überwiegende Zeit aufhalte, d.h. an welchem ihr Hauptwohnsitz sei. Die derzeit bestehende fehlerhafte Meldeeintragung des Hauptwohnsitzes der Antragstellerin zu 2 würde in Kürze zu einer unzumutbaren Belastung führen, da die Antragstellerin zu 1 die Antragstellerin zu 2 vorwiegend während der Schulzeit betreue und diese im Falle einer Einschulung in … täglich von ihrem Wohnort in … in die Schule nach … bringen und dort abholen müsste. Zwar werde mit der Anordnung der Berichtigung des Melderegisters die Hauptsache vorweggenommen, dies sei aber im vorliegenden Fall zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes gerechtfertigt. Selbst bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens würden die Interessen der Antragstellerinnen überwiegen.
Die Antragsgegnerin beantragt mit Schreiben vom 19. März 2018,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Berichtigung des Melderegisters abzuweisen.
Zur Begründung führt die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, es bestehe kein Anordnungsanspruch. Die Eltern hätten das sogenannte paritätische Wechselmodell vereinbart, so dass grundsätzlich davon auszugehen sei, dass das Kind keine der elterlichen Wohnungen vorwiegend benutze, sondern beide Wohnungen gleichermaßen. Laut Angaben der Antragstellerin zu 1 verbringe die Antragstellerin zu 2 überwiegend ihre Zeit bei der Mutter in … … …, nach den Informationen des Vaters der Antragstellerin zu 2 verbringe diese faktisch mehr Zeit beim Vater in … Aktuell seien keine konkreten Hinweise auf einen Schwerpunkt der Lebensbeziehungen bei dem einen oder anderen Elternteil gegeben. Zudem bestehe kein Anordnungsgrund. Maßgebend für die Schuleinschreibung sei der gewöhnliche Aufenthalt. Dieser sei nicht mit dem Status der Wohnsitzanmeldung gleichzusetzen. Bei einem gewöhnlichen Aufenthalt innerhalb mehrerer Grundschulsprengel sehe Art. 42 Abs. 1 Satz 2 BayEUG ein Wahlrecht der Erziehungsberechtigten vor. Durch das paritätische Wechselmodell habe die Antragstellerin zu 2 ihren gewöhnlichen Aufenthalt gleichermaßen bei beiden Eltern. Diese hätten für die Schulanmeldung gemeinsam eine Einrichtung zu wählen, die Sprengelschule sei hierüber lediglich zu informieren. Eine Verpflichtung aufgrund des melderechtlichen Status zur Schulanmeldung in München sei somit nicht gegeben. Sofern die Eltern keine Einigung für eine Schulanmeldung erzielen könnten, sei eine Entscheidung durch das Familiengericht herbeizuführen. Da die Hauptwohnung nicht maßgebend für die Schuleinschreibung sei, liege keine Eilbedürftigkeit vor. Die Vorwegnahme der Hauptsache sei daher nicht zulässig.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 5. März 2018 wurde die Antragspartei aufgefordert, bis zum 19. März 2018 die Zustimmung des Vaters als gesetzlichen Vertreter vorzulegen oder im Falle der Weigerung eine familiengerichtliche Entscheidung über die Zustimmung zur Klageerhebung herbeizuführen. Eine solche wurde nicht vorgelegt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
1. Die Anträge der Antragstellerinnen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Melderegister dahingehend zu berichtigen, dass die Antragstellerin zu 2 in der A* … … in … mit Nebenwohnung gemeldet ist, sind unzulässig.
a) Der von der Antragstellerin zu 1 im eigenen Namen gestellte Antrag ist mangels Antragsbefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog unzulässig. Die Antragstellerin zu 1 kann nicht in eigenen Rechten verletzt sein, so dass ein Anspruch der Antragstellerin zu 1 auf Berichtigung des Melderegisters bezüglich der dort gespeicherten Daten ihres Kindes, der Antragstellerin zu 2, nach Auffassung der Kammer ausgeschlossen ist.
§ 9 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 12 Bundesmeldegesetz (BMG) räumt dem Betroffenen gegenüber der Meldebehörde ein subjektiv-öffentliches Recht auf Berichtigung des Melderegisters ein, wenn die dort gespeicherten Daten unrichtig oder unvollständig sind. Die Antragstellerin zu 1 ist nicht Betroffene im Sinne dieser Regelung. Der Begriff des Betroffenen in den melderechtlichen Regelungen zur Berichtigung von unrichtigen oder unvollständigen Daten des Melderegisters umschreibt aufgrund der Bezogenheit dieses Berichtigungsanspruchs auf das Datenschutzrecht und das dort verbürgte Recht auf informationelle Selbstbestimmung stets die bestimmte oder bestimmbare natürliche Person, über deren persönliche oder sachliche Verhältnisse die in Frage stehenden Daten Einzelangaben enthalten, also die Bezugsperson der personenbezogenen Daten des Melderegisters (BVerwG, U.v. 30.9.2015 – 6 C 38/14 – juris; VG Freiburg, U.v. 28.11.2016 – 7 K 2044/15 – juris Rn. 24 m.w.N.). Im vorliegenden Fall geht es um die Meldedaten des Kindes der Antragstellerin zu 1, nicht um die eigenen Daten der Antragstellerin zu 1 (BVerwG, U. v. 30.9.2015 – 6 C 38/14 – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.9.2017 – OVG 5 N 14.16 – juris; VG Ansbach, U.v. 26.1.2012 – AN 5 K 11.01169 – juris; VG Freiburg, U.v. 28.11.2016 – 7 K 2044/15 – juris; VG Berlin, U.v. 24.8.2011 – 23 K 242.09 – juris).
Eine Antragsbefugnis kann die Antragstellerin zu 1 auch nicht aus ihrem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 1 und 2 Grundgesetz herleiten. Nach diesen Vorschriften steht die Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung; Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Ungeachtet seines individualrechtlichen Charakters kann das Elternrecht im Falle eines gemeinsamen Sorgerechts nur von beiden Elternteilen gemeinsam und einvernehmlich ausgeübt werden. Bei gemeinsamem Sorgerecht ist daher ein Elternteil nur dann antragsbefugt, wenn eine Einverständniserklärung oder Vollmacht des anderen Elternteils für das Verfahren vorliegt oder das Familiengericht eine solche Einverständniserklärung ersetzt hat (VG Berlin, U.v. 24.8.2011 – 23 K 242.09 – juris; VG Freiburg, U.v. 28.11.2016 – 7 K 2044/15 – juris). Im vorliegenden Fall hat der Vater der Antragstellerin zu 2 eine solche Einverständniserklärung nicht abgegeben, auch liegt eine diese ersetzende Entscheidung des Familiengerichts nicht vor.
Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, U.v. 19.12.2013 – 5 BV 12.721 – juris) einem Elternteil die Berechtigung zur Berichtigung des Melderegister im Rahmen einer gesetzlichen Prozessstandschaft für das Kind einräumt, ist diese Rechtsprechung überholt, da sie auf der Regelung des Art. 13 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 Bayerisches Meldegesetz (BayMeldeG) beruht, die zum 1. November 2015 außer Kraft getreten ist. Diese Regelung wurde weder direkt noch analog in das nunmehr geltende BMG übernommen. Auf den nunmehr geltenden § 17 Abs. 3 Satz 1 BMG, nach dem die Verpflichtung zur An- oder Abmeldung von Personen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr unabhängig von der Personensorge dem Wohnungsinhaber obliegt, dessen Wohnung diese Personen beziehen oder aus dessen Wohnung sie ausziehen, ist die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht übertragbar. Diese Regelung begründet lediglich die Verpflichtung des Wohnungsinhabers zur Meldung der konkreten Wohnverhältnisse von melderechtlich nicht handlungsfähigen Personen, nicht jedoch eine eigene Rechtsposition des Meldepflichtigen oder gar des – mit dem Meldepflichtigen nicht zwingend identischen – Elternteils oder Personensorgeberechtigten (vgl. VG Freiburg, U.v. 28.11.2016 – 7 K 2044/15 – juris; VG Berlin, U. v. 24.08.2011 – 23 K 242.09 – juris).
b) Der Antrag der Antragstellerin zu 2 ist unzulässig, da die Antragstellerin zu 2 nicht ordnungsgemäß vertreten ist. Die elterliche Sorge steht den Eltern ausweislich der vorgelegten Unterlagen nach §§ 1626, 1629 Abs. 1 BGB gemeinschaftlich zu. Die Antragstellerin zu 1 kann die Antragstellerin zu 2 bei der Stellung des Antrags nicht alleine vertreten. Vielmehr bedarf es für eine wirksame Vertretung der Zustimmung des Vaters der Antragstellerin zu 2 oder eine diese ersetzende Entscheidung des Familiengerichts. Eine solche liegt nicht vor.
2. Auch wenn es auf die Begründetheit der Anträge nicht mehr ankommt, sei darauf hingewiesen, dass sich ein Anspruch aus § 9 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 12 BMG auf Berichtigung des Melderegisters in der Sache nur ergibt, wenn die Antragspartei nachweisen kann, dass die im Melderegister gespeicherten Daten unrichtig sind und die Daten, die stattdessen gespeichert werden sollen, zutreffend sind. Für die Unrichtigkeit des Melderegisters trägt der Betroffene die volle Beweislast (BayVGH, U.v. 19.12.2013 – 5 BV 12.721 – juris; Böttcher/Ehmann, Pass-, Ausweis- und Melderecht in Bayern, Art. 10 MeldeG Rn. 15).
Gemäß § 22 Abs. 2 BMG ist Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners bei getrennt lebenden Personensorgeberechtigten die von dem minderjährigen Einwohner vorwiegend benutzte Wohnung. Hält sich ein Minderjähriger nach dem paritätischen Wechselmodell zeitlich genau gleichviel in den Wohnungen seiner getrennt lebenden Eltern auf, steht fest, dass er keine der beiden Wohnungen vorwiegend benutzt. Daher muss in diesen Fällen versucht werden, seine Hauptwohnung nach dem Hilfskriterium des Schwerpunkts der Lebensbeziehungen zu bestimmen (vgl. BVerwG, U.v. 30.9.2015 – 6 C 38/14 – juris). Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin zu 2 in einer der Wohnungen ihren Schwerpunkt der Lebensbeziehungen hat.
Die Aufgabe, den Schwerpunkt der Lebensbeziehungen festzulegen, tragen die Eltern im Falle eines gemeinsamen Sorgerechts gemeinsam, da damit auch das Recht und die Pflicht zur Bestimmung des Aufenthalts des Kindes verknüpft ist. Wenn sich nunmehr Mutter und Vater – aus welchen Gründen auch immer -weigern, eine gemeinsame Sorgerechtsentscheidung bezüglich des Schwerpunktes der Lebensbeziehungen ihres Kindes zu treffen, haben sie diese Entscheidung gegebenenfalls durch das Familiengericht ersetzen zu lassen. Das Melderegister bildet lediglich die tatsächlichen Gegebenheiten ab. Es ist zumindest nicht Aufgabe der Meldebehörde bzw. des Verwaltungsgerichts, sorgerechtliche Entscheidungen zu treffen (vgl. VG Wiesbaden, U.v. 17.8.2015 – 6 K 633/15. WI – juris; BayVGH, U.v. 19.12.2013 – 5 BV 12.721 – juris).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. den Nummern 1.1.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs.


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