Handels- und Gesellschaftsrecht

Berufung, Rechtsmittel, Auslegung, Sicherung, Bedeutung, Anlage, Feststellung, Rechtsstreit, Schriftsatz, Widerrufsfolgen, Rechtssache, Information, Vollstreckbarkeit, Verhandlung, Fortbildung des Rechts, Aussicht auf Erfolg, Die Fortbildung des Rechts

Aktenzeichen  17 U 6817/19

Datum:
19.6.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 45779
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

22 O 4198/19 2019-11-07 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 07.11.2019, Aktenzeichen 22 O 4198/19, wird zurückgewiesen, soweit die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 59.126,07 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Senat nimmt gemäß § 522 Abs. 2 S. 4 ZPO Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts.
Zum Sachvortrag im Berufungsrechtszug verweist der Senat ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und bezüglich der Berufungsanträge auf die Schriftsätze des Klägers vom 27.02.2020 (dort S. 1/3, Bl. 104/106 d.A.) und vom 04.05.2020 (dort S. 1/2, Bl. 152/153 d.A.) sowie der Beklagten vom 12.12.2019 (Bl. 99 d.A.) und vom 27.05.2020 (Bl. 167 d.A.).
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 07.11.2019, Aktenzeichen 22 O 4198/19, ist – soweit die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
III.
Auf die Gründe des Beschlusses des Senats vom 05.03.2020 (Bl. 137/140 d.A.), den Klägervertretern zugestellt am 05.03.2020, wird Bezug genommen. Der Schriftsatz der Klägerin vom 04.05.2020 (Bl. 152/165 d.A.) enthält keine Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten.
1. Die Teilerledigungserklärung mit Antragsanpassung der Klägerin im Schriftsatz vom 04.05.2020 (dort S. 1/2, Bl. 152/153 d.A.) steht einer Sachbehandlung nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht entgegen, da die Erwägungen für eine einseitige Erledigungserklärung (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 522 Rn. 37; OLG München Beschluss vom 24.01.2011 – 5 U 4010/10, NJW 2011, 1088) für die hier vorliegende übereinstimmende Teilerledigungserklärung (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 27.05.2020, Bl. 167 d.A.) erst recht gelten.
2. Nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 2 EGBGB war der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag anzugeben. Dem ist die Beklagte mit 3,24 EUR (vgl. Anlage K 1 S. 2) nachgekommen. Der Senat hält daran fest, dass die Auffassung der Klägerin, nur eine Angabe mit 0,00 EUR sei rechtmäßig, nicht zutrifft und sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.11.2019 ergibt: Die nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 2 EGBGB mitzuteilende Angabe eines zu zahlenden Zinsbetrags in der Information über die Widerrufsfolgen ist auch dann klar und verständlich, wenn sie mit 0,00 Euro angegeben wird (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18, NJW 2020, 461 unter II 2 insb. juris Rn. 25).
2. Ohne dass es mangels Verstoßes der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung gegen die gesetzlichen Anforderungen noch darauf ankäme, würde der Beklagten auch die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterbelehrung gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB zugutekommen. Diesbezüglich nimmt der Senat zunächst auf seine Ausführungen im Beschluss vom 05.03.2020 (dort unter Ziffer 1 d, Bl. 138/139 d.A.) Bezug. Soweit die Klägerin nunmehr meint, es fehle an der hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Die Widerrufsinformation ist besonders stark umrandet und schattiert hinterlegt, weshalb sie bei der gebotenen Aufmerksamkeit nicht übersehen werden kann. Im Übrigen wird auf die Ausführungen oben unter Ziffer 1 verwiesen.
3. Der Bundesgerichtshof hat vergleichbare Widerrufsinformationen mit Urteil vom 05.11.2019 einer Überprüfung unterzogen (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18, NJW 2020, 461). Danach sind die Widerrufsinformationen vollständig und beanstandungsfrei.
Da der Bundesgerichtshof ohne konkrete Rügen eine Widerrufsinformation in einem Verbraucherdarlehensvertrag in vollem Umfang zu überprüfen hat (vgl. BGH, Urteil vom 20.06.2017 – XI ZR 72/16, NJW-RR 2017, 1197 unter II 2 c insb. juris Rn. 28), kommt es zudem auf einzelne Rügen der Klägerin hierzu nicht an.
4. Auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26.03.2020 (C-66/19, NJW 2020, 1423) steht einer Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht entgegen.
a. Die Richtigkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB in Verbindung mit Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB ist einer unionsrechtskonformen Auslegung entgegen ihrem Wortlaut (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 05.09.2019 – C-331/18, WM 2019, 2008 Rn. 56) nicht zugänglich (BGH, Beschluss vom 19.03.2019 – XI ZR 44/18, NJW-RR 2019, 867 unter II 2 b insb. juris Rn. 16 und 17; bestätigt nunmehr durch BGH, Beschluss vom 31.03.2020 – XI ZR 198/19, WM 2020, 838 unter II insb. juris Rn. 11/14). Ob also das deutsche Gesetzesrecht Art. 10 Abs. 2 p der RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG des Rates (künftig: RLEG 48/08) entspricht oder nicht, ist für den vorliegenden Rechtsstreit daher nicht entscheidungserheblich. Jedenfalls genügt Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und bleibt daher selbst dann wirksam, wenn sie gegen Unionsrecht verstößt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.02.2020 – 2 BvR 739/17, EuZW 2020, 324 unter B II 3 insb. juris Rn. 114/115).
b. Darüber hinaus ergibt sich aus Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass ein Verweis in der Widerrufsinformation auf § 492 Abs. 2 BGB ausreichend ist. Mehr als der Gesetzeswortlaut vorsieht, braucht die Beklagte in Hinblick auf die Widerrufsinformation nicht zu leisten (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2017 – XI ZR 586/15, NJW 2017, 2340 unter II 2 b insb. juris Rn. 23). Auch insoweit ist eine unionsrechtskonforme Auslegung aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts nicht möglich.
5. Insgesamt hält der Senat deshalb nach nochmaliger Überprüfung an seiner im Beschluss vom 05.03.2020 dargelegten Auffassung fest.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 91 a Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 708 Nr. 10 analog und 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


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