Aktenzeichen XII ZR 133/13
Leitsatz
1. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter für die Berechnung der Höhe des – auch für den Elternunterhalt einzusetzenden – Taschengeldanspruchs im Regelfall eine Quote von 5% des bereinigten Familieneinkommens zugrunde legt.
2. Ebenso wenig ist es zu beanstanden, wenn der Tatrichter beim Elternunterhalt als Taschengeldselbstbehalt im Regelfall einen Anteil in Höhe von ebenfalls 5% vom Familienselbstbehalt ansetzt und dem Unterhaltspflichtigen zusätzlich die Hälfte des darüber hinausgehenden Taschengeldes belässt (im Anschluss an Senatsurteil vom 12. Dezember 2012, XII ZR 43/11, BGHZ 196, 21, FamRZ 2013, 363 und Senatsbeschluss vom 5. Februar 2014, XII ZB 25/13, FamRZ 2014, 538).
Verfahrensgang
vorgehend OLG Braunschweig, 16. Juli 2013, Az: 2 UF 161/09, Urteilvorgehend BGH, 12. Dezember 2012, Az: XII ZR 43/11, Urteilvorgehend OLG Braunschweig, 29. März 2011, Az: 2 UF 161/09vorgehend AG Wolfsburg, 10. September 2009, Az: 17 F 3114/09
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 16. Juli 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt für die Zeit von November 2007 bis Februar 2009 geltend.
2
Die zwischenzeitlich verstorbene Mutter der Beklagten lebte in einer Alten- und Pflegeeinrichtung. Da sie die Kosten des Heimaufenthalts nur teilweise aufbringen konnte, gewährte ihr der Kläger Leistungen der Sozialhilfe, die zwischen 848 € und 1.090 € monatlich lagen. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 7. November 2007 wurde die Beklagte von der Hilfegewährung unterrichtet.
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Die Beklagte ist nicht erwerbstätig. Sie bewohnt mit ihrem berufstätigen Ehemann und dem gemeinsamen volljährigen Sohn eine lastenfreie Eigentumswohnung. Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung von insgesamt 1.267,36 € in Anspruch genommen.
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Das Amtsgericht hat der Klage bis auf einen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben. Das auf die Berufung der Beklagten ergangene Urteil des Oberlandesgerichts, mit dem dieses der Klage lediglich in Höhe eines Betrages von 894 € nebst Zinsen stattgegeben hatte, hat der Senat auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers mit Urteil vom 12. Dezember 2012 (BGHZ 196, 21 = FamRZ 2013, 363) aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Nunmehr hat das Oberlandesgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger insgesamt 334 € nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der zugelassenen Revision, mit der er die Zahlung weiterer 496 € nebst Zinsen erreichen will.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet.
I.
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Das Berufungsgericht hat sein in FamRZ 2014, 481 veröffentlichtes Urteil wie folgt begründet:
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Die Beklagte sei in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Erbringung von Unterhaltszahlungen für ihre Mutter leistungsfähig. Bei der Bemessung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens der Beklagten sei auf ihren Taschengeldanspruch gegen ihren Ehemann abzustellen. Dieser errechne sich aus 5 % des bereinigten Gesamtfamilieneinkommens. Dieses wiederum belaufe sich jeweils monatlich für das Jahr 2007 auf 3.091,72 €, für das Jahr 2008 auf 3.339,62 € und für das Jahr 2009 auf 3.553,49 €. Der Taschengeldanspruch betrage demgemäß jeweils monatlich im Jahr 2007 154,59 €, im Jahr 2008 166,98 € und im Jahr 2009 177,67 €.
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Die Beklagte sei allerdings nicht verpflichtet, den gesamten Taschengeldanspruch für den Unterhaltsanspruch ihrer Mutter einzusetzen. Insoweit habe der Bundegerichtshof festgestellt, dass dem Unterhaltspflichtigen vom Taschengeld ein Betrag in Höhe von 5 bis 7 % des Mindestselbstbehaltes des Unterhaltspflichtigen und vom überschießenden Betrag die Hälfte zu verbleiben habe. Diese Entscheidung werde überwiegend dahin ausgelegt, dass dieser Prozentsatz nach dem Familienselbstbehalt zu berechnen sei, da stets vom Familieneinkommen ein Betrag in Höhe des Familienselbstbehalts frei bleiben müsse. Der in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs genannte Selbstbehalt in Höhe von 1.400 € stelle ein offensichtliches Versehen dar. Es sei ein Familienselbstbehalt von seinerzeit 2.520 € (2.800 € abzüglich 10 % Synergieeffekt) zu berücksichtigen. Hiervon blieben 5 % frei, also 126 €. Verfügbar über diesen “Taschengeldselbstbehalt” seien im Jahr 2007 monatlich 28,59 €, im Jahr 2008 monatlich 40,98 € und im Jahr 2009 monatlich 51,67 €. Hiervon sei nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nur ein Betrag von etwa der Hälfte für den Unterhalt einzusetzen, gerundet also für das Jahr 2007 monatlich 15 €, für das Jahr 2008 monatlich 21 € und für das Jahr 2009 monatlich 26 €. Dies führe zu einem Gesamtanspruch im Zeitraum von November 2007 bis Februar 2009 in Höhe von 334 €.
II.
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Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
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Die Revision erinnert weder etwas dagegen, dass das Berufungsgericht allein den Taschengeldanspruch der Beklagten für den Elternunterhalt herangezogen hat, noch etwas gegen die Ermittlung des jeweiligen Taschengelds der Höhe nach. Einziger Angriff der Revision ist die Bemessung des dem Unterhaltspflichtigen hinsichtlich seines Taschengelds zu belassenden Selbstbehalts, den die Revision mit 5 % des seinerzeit für den Unterhaltspflichtigen bestehenden und um Synergieeffekte bereinigten Selbstbehaltes von 1.260 € veranschlagt (1.400 € abzüglich 10 %), also mit 63 € errechnet hat.
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1. Der Senat hat in seinem Urteil vom 12. Dezember 2012 (BGHZ 196, 21 = FamRZ 2013, 363), mit dem er die dem jetzt angegriffenen Urteil vorausgegangene Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben hat, ausgeführt, dass in den Fällen, in denen der Unterhaltspflichtige nicht über eigene bare Mittel verfügt, allein der Taschengeldanspruch für die Unterhaltsleistung zu verwenden ist. Das Taschengeld eines Ehegatten ist grundsätzlich unterhaltspflichtiges Einkommen und deshalb für Unterhaltszwecke einzusetzen, soweit der jeweils zu beachtende Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gewahrt bleibt. Das gilt auch bei Inanspruchnahme auf Elternunterhalt (Senatsurteil BGHZ 196, 21 = FamRZ 2013, 363 Rn. 27 mwN). Das Taschengeld richtet sich als Teil des Familienunterhalts hinsichtlich seiner Höhe nach dem bereinigten Gesamtnettoeinkommen beider Ehegatten (vgl. Senatsurteil BGHZ 196, 21 = FamRZ 2013, 363 Rn. 26). Das dem Unterhaltspflichtigen zustehende Taschengeld braucht jedoch nicht vollständig für den Elternunterhalt eingesetzt zu werden (Senatsurteil BGHZ 196, 21 = FamRZ 2013, 363 Rn. 49).
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Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, dass die weiteren Ausführungen in dem vorgenannten Senatsurteil, wonach sich der geschützte Anteil des Taschengeldes auf einen Betrag von 5 bis 7 % des (seinerzeit geltenden) Selbstbehaltes von 1.400 € beläuft, auf einem offensichtlichen Versehen beruhen (vgl. Dose FamRZ 2013, 993, 1000). Wie der Senat im Nachgang zu dem Senatsurteil klarstellend entschieden hat, muss dem unterhaltspflichtigen Ehegatten ein Betrag in Höhe von 5 bis 7 % des Familienselbstbehalts verbleiben; zudem ist ihm ein weiterer Teil in Höhe der Hälfte des darüber hinausgehenden Taschengelds zu belassen (Senatsbeschluss vom 5. Februar 2014 – XII ZB 25/13 – FamRZ 2014, 538 Rn. 20).
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2. Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts gerecht.
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Das Oberlandesgericht hat die Höhe des Taschengelds ermittelt, indem es eine Quote von 5 % des der Familie zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens zugrunde gelegt hat. Ungeachtet der Tatsache, dass das Berufungsgericht im Einzelnen begründet hat, warum es bei der Berechnung des Taschengeldes eine Quote von genau 5 % zugrunde gelegt hat, bestehen auch sonst keine Bedenken dagegen, wenn der Tatrichter im Regelfall von einer Quote von 5 % ausgeht. Dies entspricht vor allem den Belangen der Praxis nach einer einheitlichen Berechnungsweise und damit auch dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit. Die Feststellungen zum bereinigten Familieneinkommen sind von der Revision nicht angegriffen worden; sie enthalten auch sonst keine Rechtsfehler zu Lasten des Klägers.
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Dabei ist es konsequent, wenn das Oberlandesgericht denselben Prozentsatz, nämlich 5 %, bei der Bildung des Selbstbehaltes angesetzt hat. Auch insofern erscheint es aus Rechtsgründen unbedenklich, wenn der Tatrichter im Regelfall von einem Prozentsatz von 5 % des Familienselbstbehalts ausgeht.
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Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Familienselbstbehalt durch die Addition der individuellen Selbstbehalte ermittelt und von der Summe im Hinblick auf den Synergieeffekt 10 % abgezogen hat (vgl. dazu auch Senatsbeschluss vom 5. Februar 2014 – XII ZB 25/13 – FamRZ 2014, 538 Rn. 38).
17
Schließlich hat das Oberlandesgericht – dem Rechenweg des Senats folgend – von dem oberhalb des Selbstbehalts liegenden Taschengeld die Hälfte für den geltend gemachten Unterhaltsanspruch herangezogen.
Dose Weber-Monecke Schilling
Nedden-Boeger Guhling