Handels- und Gesellschaftsrecht

Leistungsumfang bei Verpflichtung zur Herstellung einer Ufermauer

Aktenzeichen  21 O 753/12

Datum:
21.4.2016
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 631, § 812 Abs. 1

 

Leitsatz

Ist die Erstellung einer Ufermauer mit möglicher Hochwasserbelastung vereinbart, schuldet der Unternehmer eine vollflächige Vermörtelung ohne Luftschicht zwischen Verblendmauerwerk und Betonuntergrund. Die Hintermörtelung ist daher keine besondere Leistung und mit dem vereinbarten Einheitspreis vergütet. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.398,23 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30.06.2012 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 807,80 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.07.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 22% und die Beklagte zu 78% zu tragen.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1 fachen des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV.
Der Streitwert beträgt 22.223,52 €.

Gründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten wegen ungerechtfertigter Bereicherung überzahlten Werklohn in Höhe von 17.398,23 € zurückverlangen (§ 812 Abs. 1 BGB). Dabei geht der Einzelrichter von folgender Abrechnung aus (wobei sich die jeweilige Überzahlung nach der Formel: [Aufmaß Gericht – Aufmaß Beklagte] × EP errechnet):
Position nach LV (K3)
Beklagte
Klägerin
Gericht
Einheitspreis
überzahlt
Anmerkungen
8.6.1.010 – Abdichtung gegen Oberflächen- und Sickerwasser
11,000
6,381
6,381
7,00 €
32,33 €
Die Beklagte hat die (Mehr-) Forderung gestrichen (GA S. 6).
8.6.1.020 – Natursteinverblendung herstellen
618,444
609,665
612,980
247,00 €
1.349,61 €
ErgGA 13.9.2015: SV misst 612,98 m². ErgGA 15.11.2015: Maßgeblich ist DIN 18332 (Natursteinarbeiten), nicht DIN 18330 (Mauerarbeiten); in jeden Fall wird die tatsächlich bekleidete Fassadenfläche berechnet (S. 8,9). Stellungnahme 24.2.2016 (Bl. 314 f. d. A.): keine Änderung.
8.6.1.040 – Natursteinabdeckung herstellen
196,680
194,452
196,480
158,00 €
31,60 €
Der SVe ermittelt 196,48 m (GA S. 10 f.).
8.6.1.080 – Natursteinabdeckung herstellen
1,220
0,000
1,220
110,00 €
– €
Die Klägerin hat Abrechnung nachträglich anerkannt (GA S. 6).
8.6.1.100 – Zulage zu Dollen
297,000
2,00 €
594,00 €
8.6.1.110 – Dehnfugen ausbilden
153,080
152,232
152,232
26,00 €
22,05 €
Die Beklagte hat die (Mehr-) Forderung gestrichen (GA S. 6).
8.7.1.030 – Nachtrag Hinterfüllung
616,786
27,97 €
17.251,50 €
Der SVe bestätigt in mV 25.09.2014 die bisherige Ablehnung.
8.7.1.050 – Nachtrag Schrägschnitte
15,626
15,626
15,626
247,00 €
– €
Die Klägerin hat die Nachtragsposition nach mV 25.09.2014 anerkannt.
Zwischensumme
19.281,09 €
abzgl. 6% Nachlass
1.156,87 €
laut Klageerwiderung S. 4 (Bl. 15 d. A.)
verbleiben
18.124,23 €
abzgl. nachträglich von Klägerin zugestanden
726,00 €
laut Klageerwiderung S. 4 (Bl. 15 d. A.)
Überzahlung insgesamt
17.398,23 €
Zusätzlich ist zu den vorstehenden Anmerkungen folgendes auszuführen:
1. Zu Position 8.6.1.020:
Es bedarf keines Obergutachtens und auch keiner weiteren ergänzenden Begutachtung zu der Frage, ob die verbliebene Differenz von 612,980 m² (Berechnung des Sachverständigen) zu den zuletzt geforderten 618,444 m² (Aufmaß der Beklagten, nachdem Schrägschnitte als weitere Nachtragsposition 8.7.1.050 mit 15,626 m² des jeweiligen Einheitspreises von 247,00 €/m² berücksichtigt wurden) von der Klägerin zu vergüten ist.
Der Einzelrichter hält die in den Anmerkungen zitierten Ausführungen des Sachverständigen für überzeugend und schlüssig (§ 286 Abs. 1 ZPO). Der Hinweis der Beklagten auf die Abrechnung für Mauerwerk nach DIN 18303 Nr. 5.1.4. (Anlage B20) passt deshalb nicht, weil diese Regelung, wonach die Höhe von Mauerwerk mit oben abgeschrägtem Querschnitt wird bis zur höchsten Kante gerechnet wird, das Übermessen von Schrägen im Querschnitt betrifft. Bei der streitgegenständlichen Frage der Vergütung der abfallenden bzw. ansteigenden Ufermauer (vgl. Gutachten Bilder 2-4) handelt es sich jedoch nicht um einen abgeschrägten Querschnitt, sondern einen schrägen Verlauf der Mauer im Längsschnitt. Dass die unter der Mauerkrone verlaufenden schrägen Platten nicht allein mit dem Flächenmaß der tatsächlich verblendeten Fläche abzurechnen sind, ist zwischen den Parteien grundsätzlich unstreitig. Im Laufe des Fortgangs der Beweisaufnahme hat die Beklagte nach entsprechenden Vorgaben der Klägerin die Nachtragsposition 8.7.1.050 für Schrägschnitte mit 15,626 m² erstellt, was von der Klägerin so auch anerkannt worden ist. Damit ist nach Auffassung des Einzelrichters der durch die Herstellung schräger Einzelplatten für die Verblendung der schräg ansteigenden bzw. abfallenden Ufermauer angefallene Mehraufwand angemessen ausgeglichen. Die Abrechnung der Schrägschnitte nach dem Flächenmaß (247,00 €/m²) berücksichtigt den durch die Herstellung schräger Platten erhöhten Materialverbrauch, da zusätzlich zu der tatsächlich verblendeten Fläche eine weitere, nicht in der Mauer verbaute Fläche vergütet wird. Die Auffassung der Beklagten, zudem jede der schräg geschnittenen Platten für die Verblendung als Einzelstück im Sinne von DIN 18332 Nr. 5.1.3 zu behandeln und jeweils Stück für Stück im Rechteck zu übermessen, würde zum einen zu einer nochmaligen und daher doppelten Vergütung für den erhöhten Aufwand durch schräge Platten führen und zum anderen auch nicht dem in der DIN selbst erläuterten Wortlaut („Einzelstücke, z. B. Abdeckungen, Fensterbänke …“, vgl. Anlage B23) entsprechen. Es ist zwar jede Natursteinplatte einzeln in dem jeweiligen Maß zu fertigen, hergestellt wird letztlich aber nicht ein Einzelstück im Sinne einer einzeln zu verlegenden Platte wie bei einer Fensterbank, sondern eine Gesamtheit bestehend aus einer Vielzahl von Platten für die Verblendung der über 40 m langen Ufermauer (vgl. Plan-Nr. 3 im Anlagenheft der Beklagten).
2. Zu Position 8.7.1.030:
Eine zusätzliche Vergütung für die Hintermörtelung ist nicht geschuldet. Die Hintermörtelung ist von der Ausschreibung mit umfasst und durch den vereinbarten Einheitspreis von 247,00 €/m² vergütet. Der Sachverständige hat bei der mündlichen Erläuterung vom 25.09.2014 (Bl. 199 f. d. A.) überzeugend seine Auffassung erläutert, dass bei dem hier vorliegenden Bauwerk mit möglicher Hochwasserbelastung eine monolithische Bauweise gefordert ist, also eine vollflächige Vermörtelung der Natursteine ohne Luftschicht zwischen dem Verblendmauerwerk und dem Betonuntergrund. Eine Ausführung mit einer Luftschicht kann bei Hochwasser zu Schäden führen, sei es durch die äußerliche Einwirkung durch das Hochwasser selbst oder von diesem mitgeführten Gegenständen. Die von dem Sachverständigen zur Begründung herangezogene Situation bei Strompfeilern von Brücken überzeugt (Bl. 200 d. A.). Dies war für die Beklagte aufgrund der Ausschreibung und der örtlichen Verhältnisse erkennbar und hätte bei der Kalkulation des Angebots berücksichtigt werden können und müssen. Eine nachträgliche Vergütung steht ihr daher nicht zu.
Die Pflicht zur Tragung der Rechtsanwaltskosten und die Verzinsung von Haupt- und Nebenforderung folgt aus dem Gesichtspunkt des Verzugs, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB. Die Höhe der Rechtsanwaltskosten war auf Grundlage der vom Gericht errechneten Überzahlung zu korrigieren. Der zugesprochene Betrag in Höhe von 807,80 € folgt aus dem 1,3 fachen einer Geschäftsgebühr in Höhe von 606,00 € (nach der 2012 geltenden Gebührentabelle), mithin 787,80 €, zzgl. einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 €.
Soweit der vom Einzelrichter errechnete Betrag hinter der eingeklagten Hauptforderung liegt, war die Klage nach Haupt- und Nebenforderung im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1, 2 ZPO.
Der Streitwert folgt aus der Höhe der geltend gemachten Hauptforderung.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben