Handels- und Gesellschaftsrecht

Restkaufpreis aus einem Anlagenkaufvertrag

Aktenzeichen  2 HK O 1861/14

Datum:
6.4.2017
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 273 Abs. 1, § 286 Abs. 1, § 320, § 434, § 437 Abs. 1 Nr. 3, § 651 S. 1

 

Leitsatz

Zum Bestehen eines Anspruchs auf Zahlung des Restkaufpreises aus einem Anlagenkaufvertrag. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 50.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz 3.5.2014 zu zahlen, im Übrigen wird die Klage zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung iHv 110‰ des zu vollstreckenden Betrages.
4. Die Entscheidung über eine mögliche Aufrechnungsforderung der Beklagten i.H.v. 48.452,60 € wegen Mängelbeseitigungskosten bleibt vorbehalten

Gründe

Die Klage ist hinsichtlich der Forderung der Klägerin entscheidungsreif i.S.d. § 302 ZPO. Die Gegenforderungen der Beklagtenseite müssen hingegen noch weiter vorgetragen und substantiiert werden, und bedürfen dann ggf weiterer Aufklärung.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des Restkaufpreises aus §§ 651 S. 1, 433 II BGB. Auf das Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten ist unproblematisch Kaufrecht anzuwenden, nicht Werkvertragsrecht, vgl. § 651 S. 1 BGB. Unstreitig liegt hier ein Vertrag über eine Komponente einer größeren Industrieanlage vor, die in Einzelteilen verpackt an den letztendlichen Bestimmungsort M., Australien verfrachtet, und dort von der Beklagten als Teil einer industriellen Abfallverwertungsanlage eingebaut wurde. Dass noch 50.000 € offen sind, ist zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig, die Summe ergibt sich aus der Differenz zwischen der Vertragssumme abzüglich der Anzahlungen und der Restzahlung am 10.4.2014
2. Der Anspruch ist nicht durch Aufrechnung erloschen: die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 14.2.2017 behaupteten Aufwendungen für die „Abarbeitung von Mängeln“ iHv 48.452,60 sind bislang unsubstantiiert, insoweit bleiben der Beklagten, soweit ihr Vortrag als Aufrechnungserklärung mit Schadensersatzansprüchen aus §§ 280 I iVm § 437 I Nr. 3 BGB auszulegen war, die Rechte im Nachverfahren erhalten. Insoweit konnte hier auch offen bleiben, ob der Vortrag als verspätet zu behandeln wäre.
3. Der Anspruch ist fällig: da kein Werkvertragsrecht zur Anwendung kommt, ist eine Abnahme iSd § 641 I BGB nicht Voraussetzung für die Fälligkeit der Forderung, auch nicht im hier vorliegenden Fall einer nicht vertretbaren Sache vgl. auch § 651 S.2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den in den Konditionen zum Vertrag aufgelisteten Terminen zur Werksabnahme. Zum einen sind diese Termine im Sondermaschinenbau üblich, sie dienen den beiderseitigen Interessen. Aus den Besonderen Einkaufsbedingungen, dort S. 3, ergibt sich dies auch ausdrücklich: danach ist die Werksabnahme keine Endabnahme, sondern stellt lediglich die Auslieferbereitschaft fest. Sie ist also nicht Voraussetzung für die Fälligkeit des Zahlungsanspruches. Ob eine Werksabnahme stattgefunden hat, oder nicht, kann also offen bleiben.
4. Der Beklagten stehen keine Leistungsverweigerungsrechte mehr zu:
a) Ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 I BGB wegen der möglicherweise noch unvollständigen vertraglich geschuldeten Dokumentation laut S. 5 der BEB besteht nicht mehr. Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin ihren Dokumentationspflichten vollständig nachgekommen ist. Auf die insoweit gewechselten Schriftsätze und die Hinweise des Gerichtes wird Bezug genommen. Jedenfalls hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 24.2.17 ausdrücklich bekundet, an weiterer Dokumentation kein Interesse mehr zu haben. Ein eventuelles Zurückbehaltungsrecht ist also auf jeden Fall ausgeschlossen. Es stellte sich nämlich in diesem Einzelfall alles in allem als unzulässige Rechtsausübung dar, wenn die Beklagte wegen Informationen, an denen sie nach eigenem Bekunden inzwischen kein Interesse mehr hat, der Klägerin gegenüber die nunmehr seit nahezu drei Jahren geschuldete Restzahlung verweigern könnte.
b) Der Beklagten steht auch nicht die Einrede des nichterfüllten Vertrages nach § 320 I BGB zu. Die Leistung der Klägerin ist vollständig erbracht. Ob Mängel i.S.d. § 434 BGB (bei Gefahrübergang) vorlagen, ist strittig, und ggf im Nachverfahren zu klären, allerdings sind derzeit keine Nacherfüllungsansprüche mehr geltend gemacht, so dass die Beklagtenseite nicht die geschätzte Höhe des Beseitigungsaufwandes, geschweige denn die doppelte Höhe, einbehalten kann, vgl. Palandt/Grüneberg, Rn 11 zu § 320 BGB. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 5 (5) der BEB, da hier ausdrücklich auf den gesetzlichen Umfang der möglichen Einwendungen und Einreden Bezug genommen wird. Durch die „Insbesondere“-Regelung von S.2 der Klausel kann und wird keine Erweiterung der Zurückbehaltungsmöglichkeiten über den gesetzlich möglichen Umfang hinaus eröffnet. Bei dem obengenannten Ergebnis – keine Einrede des nicht erfüllten Vertrages mehr in diesem Fallverbleibt es also.
c) Auch wegen der möglicherweise erhöhten Transportkosten hat die Beklagte kein Leistungsverweigerungsrecht, insbesondere nicht aus § 320 iVm § 5 (5) der BEB. Es handelt sich hier nicht um einen Fall von Mängelgewährleistungsansprüchen, da der zu versendende Gegenstand schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht mangelhaft gewesen ist. Eine Abweichung gegenüber vorher angegeben Außenabmessungen kann allenfalls eine Nebenpflichtverletzung darstellen, und berechtigt dann – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungenggf zu einem Schadensersatzanspruch.
5. Zinsen: gem. § 5 (3) und (4) der allgemeinen Einkaufsbedingungen, die unstreitig Vertragsbestandteil geworden sind, ist der Kaufpreis innerhalb von 30 Tagen nach Lieferung und Leistung sowie Zugang einer ordnungsgemäßen Rechnung zur Zahlung fällig. Die Lieferung ist vollständig mit der Übernahme des Kolli 505 am. 19.3.2014 erfolgt. Die Rechnung ist unstreitig am 28.2.14 gestellt worden. Für den Eintritt des Verzuges ist eine schriftliche Mahnung des Verkäufers erforderlich. Diese hat gem. § 286 I BGB nach dem Eintritt der Fälligkeit zu erfolgen, also nach dem 19.4.2014. Der im Klageschriftsatz erwähnte „anwaltliche Druck“, aufgrund dessen am 10.4.2014 eine Zahlung ihv 278.440 € erfolgte, kann daher nur vor Eintritt der Fälligkeit stattgefunden haben, auf die Frage, ob darin die erforderliche schriftliche Mahnung zu sehen ist, kommt es also nicht an. Eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung ergibt sich hieraus jedenfalls nicht. Die daher erforderliche gesonderte schriftliche Mahnung ist nicht vorgetragen, und ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Anlagen (insbesondere nicht aus den Anlagen K 20 und K 29). Damit lag gem. § 286 I S.2. BGB hier Verzug ab Rechtshängigkeit der Klage vor (2.5.14). Die Zinshöhe von 5% über dem Basiszinssatz ergibt sich aus § 5 (4) der AEB, mit dem § 288 II BGB wirksam abbedungen worden ist.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S.1. und S. 2 ZPO.


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