Handels- und Gesellschaftsrecht

Schadensersatz, Berufung, Abtretung, Kaufpreis, Rechtsanwaltskosten, Fahrzeug, Kostenerstattungsanspruch, Forderung, Erstattung, Zahlung, Hemmung, Vorteilsausgleichung, Anspruch, Gegenstandswert, Zug um Zug, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Erledigung des Rechtsstreits

Aktenzeichen  12 U 1432/20

Datum:
20.10.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 33454
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
RDG § 3

 

Leitsatz

Die Abtretung einer Forderung an ein Inkassounternehmen zum Zwecke der Teilnahme an einer Sammelklage ist rechtswirksam, verstößt mithin nicht gegen § 3 RDG, sodass der Zessionar aktivlegitimiert ist und durch Klageeinreichung die Hemmung der Verjährung der Forderung bewirkt werden kann.

Verfahrensgang

9 O 1432/20 2020-03-18 Endurteil LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.03.2020, Az. 9 O 1432/20, teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 17.333,10 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.10.2019 sowie weitere Zinsen in Höhe von 25,64 € zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Kfz VW Tiguan FIN …46.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € freizustellen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Es tragen von den Kosten des Rechtsstreits
– im ersten Rechtszug die Klagepartei 61% und die Beklagte 39%,
– im zweiten Rechtszug die Klagepartei 46% und die Beklagte 54%.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.03.2020 ist, soweit die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen wird, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 20.426,62 € festgesetzt.

Gründe

I.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit dem angefochtenen Ersturteil der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 20.426,62 € nebst Zinsen aus einem Betrag von 26.400,00 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.09.2008 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des von der Klagepartei erworbenen Fahrzeugs verurteilt; weiter hat das Landgericht festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet und die Beklagte verurteilt, an die Klagepartei vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ihrer seit 19.10.2019 zu zahlen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen dieser Entscheidung wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese ihr erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt.
Die Klagepartei beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Hinsichtlich des Vortrags der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die gerichtlichen Sitzungsprotokolle verwiesen.
Von der Darstellung des weiteren Tatbestandes wird abgesehen (§ 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO).
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist zum Teil begründet.
1. Die Klagepartei hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 826 BGB (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung).
Hierbei kann sie Erstattung des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises verlangen, muss sich aber den gezogenen Nutzungsvorteil anrechnen lassen und der Beklagten das Fahrzeug zur Verfügung stellen.
a) Der Senat folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19).
Danach steht es wertungsmäßig einer unmittelbaren arglistigen Täuschung des Fahrzeugkäufers gleich, wenn ein Fahrzeughersteller – wie hier – im Rahmen einer von ihm bei der Motorenentwicklung getroffenen strategischen Entscheidung die Typgenehmigungen der Fahrzeuge durch arglistige Täuschung des Kraftfahrtbundesamts erschleicht und die derart bemakelten Fahrzeuge alsdann in Verkehr bringt und dadurch die Arglosigkeit und das Vertrauen der Fahrzeugkäufer gezielt ausnutzt.
Im vorliegenden Fall bestehen zudem hinreichende Anhaltspunkte für die Kenntnis zumindest eines vormaligen Mitglieds des Vorstands von einer so getroffenen strategischen Entscheidung. Deshalb trägt die Beklagte als Herstellerin des Motors die sekundäre Darlegungslast für die Behauptung, eine solche Kenntnis habe nicht vorgelegen.
Dieser Darlegungslast ist die Beklagte nicht nachgekommen.
b) Der der Klagepartei kausal entstandene Schaden liegt im Abschluss eines Kaufvertrags über ein infolge der erschlichenen Typgenehmigung bemakeltes Fahrzeug, den sie bei Kenntnis der Fakten nicht geschlossen hätte. Denn bei einem Kaufvertrag über einen Pkw ist nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass ein Käufer kein Fahrzeug erwerben würde, dem eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung droht und bei dem zum Zeitpunkt des Erwerbs nicht absehbar ist, ob dieses Problem behoben werden kann.
c) Zur Rückgängigmachung der Folgen des Abschlusses des Kaufvertrags hat die Beklagte an die Klagepartei eine Zahlung in Höhe des von dieser geleisteten Kaufpreises zu erbringen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch die Klagepartei.
2. Die Klagepartei hat sich die von ihr durch die Nutzung des Fahrzeugs gezogenen Vorteile anrechnen zu lassen.
Denn die Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten auch für einen Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB.
a) Die Höhe des anzurechnenden Nutzungsvorteils hat der Senat nach folgender Formel ermittelt:
Nutzungsvorteil = [Bruttokaufpreis x gefahrene Strecke (seit Erwerb) ] / erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt.
Dabei geht der Senat von einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung des klägerischen Fahrzeugs von 250.000 km aus (§ 287 ZPO).
b) Die Klagepartei hat das streitgegenständliche Fahrzeug zu einem Kaufpreis von 32.323,16 € bei einem Kilometerstand von 0 km erworben.
c) Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat wies dieses Fahrzeug eine Fahrleistung von 115.939 km auf. Dies ergibt einen anzurechnenden Nutzungsvorteil von 14.990,06 €.
Damit kann die Klagepartei von der Beklagten lediglich 17.333,10 € als Schadensersatz beanspruchen.
3. Ein Anspruch auf Zinsen besteht nur für die Zeit ab 19.10.2019.
a) Deliktszinsen gemäß § 849 BGB stehen der Klagepartei nicht zu.
Sie hat für die Hingabe ihres Geldes beim Kauf des Fahrzeugs – im Wege des Leistungsaustauschs – eine in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbare Gegenleistung erhalten. In diesem Fall kompensiert die tatsächliche Nutzbarkeit der Gegenleistung die Nutzungsmöglichkeit des Geldes (BGH, Urteile vom 30.07.2020, VI ZR 354/19 und VI ZR 397/19).
b) Auch unter Verzugsgesichtspunkten besteht kein Zinsanspruch zu Gunsten der Klagepartei (vgl. BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, Rn. 86).
Der Schuldner kann nur in Verzug geraten, wenn der Gläubiger die ihm obliegende Gegenleistung ordnungsgemäß anbietet. Das war hier nicht der Fall. Die Klagepartei hat, weil sie einen Nutzungsersatz nicht bzw. nur in zu geringer Höhe in Abzug gebracht hat, die Zahlung eines deutlich höheren Betrags verlangt, als sie ihn hätte beanspruchen können.
c) Die Klagepartei kann aber gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB Prozesszinsen seit Rechtshängigkeit der Klage geltend machen.
Die Rechtshängigkeit ist mit Zustellung der Klage am 18.10.2019 eingetreten (§ 261 Abs. 1 ZPO). Deshalb sind der Klagepartei Zinsen aus der zuzuerkennenden Schadensersatzforderung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem auf die Zustellung folgenden Tag zuzusprechen (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2017 – XI ZR 562/15, BGHZ 215, 172, Rn. 103).
Unter dem Gesichtspunkt einer bei Eintritt der Rechtshängigkeit noch höheren Forderung, die durch den Ausgleich für die nachfolgende Fahrzeugnutzung teilweise aufgezehrt wurde, schuldet die Beklagte noch weitere Zinsen (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020, VI ZR 397/19, Rn. 38). Diese schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO auf 25,64 €.
4. Feststellung des Annahmeverzugs könnte die Klagepartei nur beanspruchen, wenn sie der Beklagten die Leistung so wie geschuldet – insbesondere am richtigen Ort (§ 269 BGB), im richtigen Umfang (§ 266 BGB) und in der richtigen Weise – angeboten hat. Dieses Angebot muss so vorgenommen werden, dass der Gläubiger nichts weiter zu tun braucht, als zuzugreifen und die Leistung anzunehmen (BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, Rn. 85; Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 294 Rn. 2, 3 m.w.N.).
Ein entsprechendes Angebot wurde von der Klagepartei nicht unterbreitet; insbesondere hat sich diese keine bzw. lediglich eine zu geringe Nutzungsentschädigung anrechnen lassen.
5. Die Klagepartei begehrt Anwaltskosten für außergerichtliches Vorgehen bei Ansatz einer 2,0-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 32.323,16 €. Das Landgericht hat solche Kosten bei Ansatz einer 1,3-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von bis zu 35.000,00 € zugesprochen.
a) Grundsätzlich können vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten beansprucht werden. Als Teil des Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB besteht ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten erstreckt sich nämlich auch auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs verursachten Kosten, insbesondere auf Rechtsanwaltskosten.
Diese Ersatzpflicht setzt allerdings voraus, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 249 Rn. 56, 57 m.w.N.). Bei der vorliegenden Fallgestaltung ist dies nach Ansicht des Senats gegeben.
b) Hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG sieht das Gesetz einen Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 vor, wobei eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dies ist aber weder konkret dargelegt noch bei der vorliegenden Fallgestaltung – insbesondere unter Berücksichtigung der anwaltlichen Tätigkeit in einer Vielzahl gleichgelagerter Parallelverfahren – ohne weiteres anzunehmen.
c) Der von der Klagepartei angesetzte Gegenstandswert berücksichtigt ferner nicht, dass die als Schadensersatz verlangte Rückzahlung des Kaufpreises nur unter Abzug von Nutzungsentschädigung beansprucht werden kann. Gegenstandswert der vorgerichtlichen Anwaltstätigkeit ist deshalb hier nur die Forderung, die der Klagepartei zum Zeitpunkt des anwaltlichen Tätigwerdens zustand.
Entsprechend der von den Parteien dahin erzielten Einigung, insoweit den Kilometerstand zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Verhandlung (110.415 km), die sich hieraus ergebende Nutzungsentschädigung (14.275,85 €) und die bei Abzug dieser Nutzungsentschädigung errechnete Forderungshöhe (18.047,31 €) als gerechtfertigt anzusehen, hat der Senat einen Gegenstandswert von 18.047,31 € angenommen.
d) Hieraus ergibt sich folgende Berechnung: 904,80 € (= 1,3-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV-RVG)
20,00 € (= Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 RVG) 924,80 € (= Zwischensumme) 175,71 € (= 19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV-RVG)
1.100,51 € (= Summe)
Soweit die Beklagte eine Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten durch die Klagepartei bestritten hat und ein diesbezüglicher Nachweis nicht geführt ist, steht der Klagepartei lediglich ein Freistellungsanspruch zu. Dieser Anspruch ist – da keine Geldschuld – nicht zu verzinsen.
6. Soweit die Klagepartei weitergehende Forderungen geltend gemacht hat, ist die Klage abzuweisen.
7. Die Beklagte ist nicht berechtigt, die Erfüllung der Forderungen der Klagepartei wegen Verjährung gemäß § 214 Abs. 1 BGB zu verweigern.
a) Die von der Beklagten bereits erstinstanzlich erhobene Einrede der Verjährung ist im Berufungsverfahren zu beachten.
Zwar ist der diesbezügliche Angriff auf das Ersturteil verspätet, weil er erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist (§ 520 ZPO) erfolgt ist. Die 2-monatige Berufungsbegründungsfrist (§ 520 Abs. 2 ZPO) wurde mit gerichtlicher Verfügung vom 30.04.2020 auf Antrag der Beklagten antragsgemäß bis zum 23.06.2020 verlängert. In der umfangreichen – 68 Seiten umfassenden – Berufungsbegründung vom 22.06.2020 hat die Beklagte ihren Angriff auf das Ersturteil insbesondere mit der rechtsfehlerhaften Annahme eines Schadens und eines Kausalzusammenhangs begründet. Nicht gerügt hat sie hingegen, dass das Landgericht die Voraussetzungen für eine Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche verkannt und die Klage deswegen – trotz der von ihr erhobenen Einrede der Verjährung – zu Unrecht abgewiesen habe. Dies ist erstmals im Termin vor dem Senat am 16.07.2021 und somit nicht rechtzeitig erfolgt. Die Erledigung des Rechtsstreits wird hierdurch jedoch nicht verzögert (§§ 296 Abs. 1, 530 ZPO), weil sämtliche relevanten Tatsachen bereits festgestellt und vom Senat nur noch rechtlich zu beurteilen sind. Denn es kann dahinstehen, ob die Klagepartei – was zwischen den Parteien streitig ist – bereits im Jahr 2015 oder erst im Jahr 2016 Kenntnis davon erlangt hat, dass ihr im Zusammenhang mit der in das streitgegenständliche Fahrzeug eingebauten unzulässigen Abschalteinrichtung Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu stehen.
b) Die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB) beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt hätte haben müssen (§ 199 Abs. 1 BGB). Frühestens kommt hier ein Beginn der Verjährung mit Ablauf des Jahres 2015 in Betracht, nachdem erstmals durch öffentliche Mitteilungen der Beklagten im September 2015 bekannt wurde, dass hinsichtlich des von der Beklagten hergestellten Dieselmotors EA 189 gegen diese Schadensersatzansprüche von Käufern wegen einer Manipulation der Motorsteuerungssoftware in Betracht kommen. Damit konnten etwaige Schadensersatzansprüche (kenntnisabhängig) frühestens mit Ablauf des 31.12.2018 verjähren.
Bereits zuvor wurde der Lauf der Verjährung durch die Erhebung der Sammelklage der f. gegen die Beklagte vor dem Landgericht Braunschweig (Az. 3 O 2493/17) gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB am 6.11.2017 gehemmt. Das Inkassounternehmen f. machte in diesem Verfahren gegen die Beklagte (auch) die streitgegenständlichen Forderungen der Klagepartei geltend, die diese zuvor und zu diesem Zweck an die f. abgetreten hatte.
Grundsätzlich kann nur die Klage eines Berechtigten zur Hemmung der Verjährung führen (Palandt/Ellernberger, BGB, 80. Aufl., § 204/Rn. 9 m.w.N.). Diese Berechtigung ist hinsichtlich der f. gegeben. Diese war aufgrund der Abtretung der streitgegenständlichen Forderung durch die Klagepartei am 08.09.2017 bei Erhebung der Sammelklage aktiv legitimiert. Die Forderungsabtretung ist insbesondere nicht gemäß § 134 BGB unwirksam wegen eines Verstoßes gegen § 3 RDG. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der in seinem Urteil vom 13.07.2021 (Az. II ZR 84/20, Rn. 11 ff. bei juris = NJW 2021, 3046), einen solchen Verstoß unter Berücksichtigung der Schutzzwecke des RDG hinsichtlich einer gleichgelagerten Sammelklage eines Inkassounternehmens ausdrücklich verneint hat. Der Inkassobegriff der § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG umfasst danach auch Geschäftsmodelle, die ausschließlich oder vorrangig auf eine gerichtliche Einziehung der Forderung abzielen, was auch im Fall des sogenannten „Sammelklage-Inkassos“ gilt. Das Tätigwerden eines Inkassounternehmens – wie vorliegend der f. für die Klagepartei – überschreitet dabei weder den nach § 3 RDG zulässigen Rahmen außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen eines nach dem RDG registrierten Unternehmens noch liegt eine Unvereinbarkeit mit einer anderen Leistungspflicht im Sinne von § 4 RDG vor, weil hierdurch Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben können, erbracht werden und hierdurch die ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird. Inkassounternehmen dürfen Forderungen grundsätzlich auch gerichtlich geltend machen, sofern sie sich eines Rechtsanwalts bedienen, wobei diese Verpflichtung nicht nur im Anwaltsprozess, sondern gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 ZPO auch in Fällen besteht, in denen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt sonst nicht geboten wäre. Die Rechtsdienstleistungsvereinbarung, die die Klagepartei vorliegend mit dem registrierten Inkassounternehmen f. geschlossen hat, entspricht inhaltlich – insbesondere hinsichtlich des vereinbarten Erfolgshonorars, der Kostenfreihaltung der Klagepartei und weiterer Aspekte der Allgemeinen Geschäftsbedingungen – im Wesentlichen derjenigen, die der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde lag; auch die Interessenlagen der Klagepartei und des von ihr beauftragten Inkassodienstleistungsunternehmens sind vorliegend gleich gelagert. Die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze sind daher auch im vorliegenden Fall maßgebend. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat ergänzend auf die ausführliche Begründung der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs und macht sich diese zu eigen.
c) Das Sammelverfahren vor dem LG Braunschweig war unstreitig zum Zeitpunkt der Rückabtretung der Ansprüche an die Klagepartei am 26.07.2019 (Anlage K 1a) und der nachfolgenden Klagerücknahme hinsichtlich der Klagepartei mit Schriftsatz vom 30.07.2021 (Anlage K 1b) noch nicht beendet. Nach § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB endet die durch eine Klageerhebung eingetretene Hemmung der Verjährung erst 6 Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Beendet war das Sammelverfahren hinsichtlich der Klagepartei frühesten mit Wirksamkeit der Klagerücknahme, somit nicht vor dem 30.07.2019. Die Hemmung der Verjährung durch die Sammelklage wirkte somit noch bis zu dem Zeitpunkt fort, zu dem die Klagepartei die vorliegende Individualklage gegen die Beklagte erhob (diese Klage wurde der Beklagten am 18.10.2019 zugestellt), die ebenfalls – in unverjährter Zeit – die Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung herbeiführte.
d) Aus den gleichen Gründen ist auch keine kenntnisunabhängige Verjährung nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB eingetreten. Danach verjähren Schadensersatzansprüche, die nicht auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners (spätestens) in 10 Jahren von ihrer Entstehung an. Entstanden waren die streitgegenständlichen Ansprüche mit dem Kauf des Fahrzeugs, somit am 20.12.2007, so dass Verjährung nach dieser Bestimmung grundsätzlich mit Ablauf des 20.12.2017 eingetreten wäre. Bereits zuvor wurde – wie bereits ausgeführt – auch die kenntnisunabhängige Verjährung durch die Sammelklage gehemmt.
III.
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Hierbei ist auch das Teilunterliegen der Klagepartei mit deren Zinsforderung hinsichtlich der bereits seit Fahrzeugerwerb beanspruchten Deliktszinsen, die sich bis zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit auf 11.725,05 € belaufen, zu berücksichtigen, auch wenn diese Zinsen sich nicht streitwerterhöhend auswirken (BGH, Urteil vom 04.06.1992 – IX ZR 149/91, Rn. 108).
Für den zweiten Rechtszug ergibt sich daher ausgehend von einem fiktiven Kostenstreitwert von 32.151,67 € (20.426,62 € + 11.725,05 €) ein Kostenanteil der in Höhe von 17.333,10 € obsiegenden Klagepartei von 46% und der Beklagten von 54%. Für den ersten Rechtszug errechnet sich auf der Grundlage eines fiktiven Kostenstreitwerts von 44.048,21 € (32.323,16 € + 11.725,05 €) ein Kostenanteil der Klagepartei von 61% der Beklagten von 39%. Hinsichtlich des Streitwerts für den ersten Rechtszug ist dabei ein Abzug von dem geforderten Betrag von 32.323,16 € wegen einer Nutzungsentschädigung nicht vorzunehmen, weil die Klagepartei, die ausweislich der Klagebegründung (Klageschrift vom 19.09.2019 – Seite 9) der Auffassung war, dass ein Gebrauchsvorteil grundsätzlich nicht anzurechnen sei, deren Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt und dabei nur einen Höchstbetrag, nicht jedoch einen aus ihrer Sicht mindestens abzuziehenden Betrag angegeben hat.
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
3. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine solche wäre lediglich dann anzunehmen, wenn die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwerfen würde, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat. Dies ist nicht der Fall.
Die Fortbildung des Rechts erfordert keine höchstrichterliche Entscheidung. Auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht geboten; widersprüchliche Entscheidungen zu den maßgeblichen Rechtsfragen liegen nicht vor.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 48 GKG § 3 ZPO.


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