Handels- und Gesellschaftsrecht

Schadensersatz, Leistungen, Berufung, Haftpflichtversicherung, Obliegenheitsverletzung, Bauvorhaben, Verletzung, Haftung, Feststellung, Vereinbarung, Schaden, Anlage, Verschulden, Gutachten, Co KG

Aktenzeichen  7 U 4204/16

Datum:
23.2.2022
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6704
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

8 HK O 19830/15 2016-09-29 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 29.09.2016, Az. 8 HK O 19830/15, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann eine Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Klägerin, ein Sanitärunternehmen, nimmt die beklagte Herstellerin wegen Produktfehlern aus einer Haftungsübernahmevereinbarung in Anspruch.
Die Beklagte und der Zentralverband S. H. K. (im folgenden: Zentralverband oder ZVSHK) schlossen im Jahr 2005 eine Haftungsübernahmevereinbarung (Anlage K6; im folgenden Vereinbarung) nebst Zusatzvereinbarung (Anlage K21). Die Klägerin gehört zu denjenigen Unternehmen, die gemäß § 1 Ziff. 1 der Vereinbarung zu Leistungen aus dieser Vereinbarung berechtigt sind.
In der Haftungsübernahmevereinbarung heißt es unter anderem:
㤠2 Haftung
1. Entstehen dem Auftraggeber des …-Betriebs durch Verwendung der von dieser Vereinbarung erfassten Produkte aus
a) Konstruktionsfehlern
b) Fabrikationsfehlern
c) Materialfehlern …
g) dem Fehlen einer ausnahmsweise durch [die Beklagte] allgemein oder mit dem ZVSHK vereinbarten Beschaffenheit Schäden und nimmt der Auftraggeber den …-Betriebs aus Werkvertrag berechtigterweise auf […] Schadensersatz in Anspruch, so übernimmt [die Beklagte] die nachstehenden Verpflichtungen:
[…] im Falle des Schadensersatzes […] Übernahme der Schäden […].
Im Falle […] des Schadensersatzes erstattet [die Beklagte] dem …-Betrieb Ersatzleistungen bis zu einer Höchstsumme von insgesamt 1,2 Mio. Euro je Schadenfall …“
Ausweislich § 3 traf den …-Betrieb unter anderem folgende Obliegenheiten: zur Einhaltung der zum Zeitpunkt der Installation/Verlegung gültigen Installations-/Verlegungsanleitungen und, soweit Betriebs-, Bedienungs- und Wartungsanleitungen zum Installations-/Verlegungszeitpunkt zu beachten sind, Einhaltung auch dieser Anleitungen von [der Beklagten] (§ 3 Satz 1 Nr. 1); zur unverzüglichen Meldung auftretender Schäden (wobei die Meldung innerhalb von 7 Werktagen ab dem Zeitpunkt zu erfolgen hatte, zu dem der …-Betrieb entdeckt hat oder hätte entdecken müssen, dass der Schaden auf ein Produkt der Beklagten zurückzuführen ist) (§ 3 Satz 1 Nr. 5); der Beklagten Gelegenheit zu geben, vor der Instandsetzung den Schaden selbst durch Sachverständige feststellen und begutachten zu lassen (§ 3 Satz 1 Nr. 6) sowie die für den Schaden ursächlichen Teile bis zu einer endgültigen Abwicklung des Schadens aufzubewahren und der Beklagten auf Anforderung zur Verfügung zu stellen (§ 3 Satz 1 Nr. 7). Im Falle der Verletzung einer der vorstehend genannten Obliegenheiten sollte die Beklagte von der Haftung aus dieser Vereinbarung befreit sein. Dies sollte allerdings insoweit nicht gelten, als die Verletzungen ohne Einfluss auf die Feststellung oder Höhe des Schadens geblieben sind (§ 3 Sätze 2 und 3).
Zu näheren Einzelheiten wird auf die Anlagen K6 und K21 – dort auch zur technischen Gutachterstelle (Ziff. 6 der Zusatzvereinbarung) – Bezug genommen.
Mit Vertrag vom 20.02./23.03.2014 wurde die Klägerin von der … GmbH & Co.KG, heute firmierend als … GmbH & Co.KG (im folgenden: … …) beauftragt, für das Projekt „…straße, M.“ Leistungen, insbesondere den Einbau von Rohrleitungssystemen, zu erbringen.
Die Klägerin kaufte im Mai 2014 bei einem Dritten … Presssysteme der Beklagten aus Edelstahl für Trinkwasser der Serie …, die unter die Vereinbarung fallen. Diese Presssysteme haben laut Werbung der Beklagten die Eigenschaft unverpresst undicht. Die Beklagte gewährleistet, dass die Leitungssysteme, die bei der Montage an den Übergangsstellen zusammenzustecken und zu verpressen sind, in unverpresstem Zustand sicher undicht sind (sog. „Zwangsundichtigkeit“). Diese Eigenschaft dient dazu, bei einem vor der Inbetriebnahme des Leitungssystems durchgeführten Prüfvorgang versehentlich nicht verpresste Verbindungen aufzufinden.
Für den Prüfvorgang stellt die Beklagte Prüfprotokolle zur Verfügung. Ausweislich dieses Protokolls (vgl. Anlage B8) hat im Falle einer Prüfung mit Luft (nach einer Sichtprüfung auf fachgerechte Ausführung der Rohrverbindungen) eine – mit Fettdruck so bezeichnete – „Dichtheitsprüfung – Vorprüfung“ bei 150mbar über mindestens 120 Minuten zu erfolgen, bevor eine „Festigkeitsprüfung mit erhöhtem Druck – Hauptprüfung“ mit max. 3 bar über 10 Minuten vorgenommen wird.
Dieselbe Prüfungsvorgabe zur eigentlichen Druckprüfung findet sich im Merkblatt des Zentralverbandes, B9. Auch dort wird (auf Seiten 9ff.) beschrieben, dass eine „Dichtheitsprüfung“ bei 150mbar vor einer dort sogenannten „Belastungsprüfung“ über 10 Minuten bei (max. 3bar) zu erfolgen hat (vgl. Ziff. 3.3 und 3.4 im Merkblatt).
Die Klägerin bzw. die von ihr beauftragte Subunternehmerin führte bei den Rohrleitungsverbindungen, die sie bei dem Bauvorhaben eingebaut hatte, am 06./07.06.2014 eine Druckprüfung durch. Ausweislich des Druckprotokolls (Anlage K9) erfolgte eine Prüfung über 24 Stunden bei konstantem Druck von 3 bar.
Am 01.09.2014 wurden die Rohrleitungsverbindungen in Betrieb genommen.
Am 23.10.2014 um 4:00 Uhr morgens trat im 4. Obergeschoss eine Leckage der Trinkwasserleitung an einer Pressverbindung des Kaltwasserrohrs auf; innerhalb von vier Stunden traten über 120.000 Liter Wasser aus. Die Feuerwehr stellte den Haupthahn ab (Angabe des Geschäftsführers der Klägerin; Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 09.03.2016, Seite 2, Bl. 80 d.A.). Der sofort herbeigerufene Kundendienstmonteur der Klägerin machte Fotos von der Leckstelle und informierte den Geschäftsführer der Klägerin am selben Morgen darüber, dass die Verbindung nicht verpresst gewesen sei und er sie zusammengesteckt und auf Weisung der Bauherrin nachverpresst habe. Einige Tage später baute die Klägerin das schadenverursachende Stück (ebenfalls auf Anweisung der Bauherrin) aus und übergab es ihr. Der Gegenstand war zwischenzeitlich verschollen. Eine entsprechende Pressverbindung wurde zwischenzeitlich dem Klägervertreter übergeben. Ausweislich seiner Angaben in der Sitzung vom 16.01.2019 (vgl. Protokoll, S. 4, Bl. 249 d.A.) vor dem Senat kann er allerdings nicht sicher bestätigen, dass es sich um die schadensverursachende Pressverbindung handelt.
Durch den Wasseraustritt wurden das 1.-4. Obergeschoss mit 55 Zimmern, Büros und Schulungszentrum schwer beschädigt. Die Arbeiten mussten komplett neu gemacht werden.
Mit Schreiben vom 28.10.2014 nahm … … die Klägerin auf Schadensersatz in Anspruch.
Am 06.11.2014 veranlasste die Klägerin auf Weisung der Bauherrin während des laufenden …betriebes eine Druckprüfung der gesamten Trinkwasserverrohrung in den Etagen 6 bis 13. Auf die hierüber gefertigten Notizen in Anlage K 12 wird verwiesen.
Die Klägerin informierte die Beklagte über das Schadenereignis erstmals im Rahmen der Besprechung vom 23.01.2015. Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.02.2015 (Anlage K 15) nahm die Klägerin die Beklagte aus der Vereinbarung in Anspruch. Die Beklagte teilte daraufhin mit, dass sie mit Blick auf den Verstoß gegen die Meldeobliegenheit dem Wunsch der Klägerin auf Freistellung von sämtlichen Ansprüchen der Bauherrin unabhängig von der Schadensursache nicht nachkomme (Schreiben vom 06.03.2015, Anlage K 16).
Am 09.04.2015 trat im … … im 11. Obergeschoss eine weitere Leckage auf und verursachte einen Schaden von 10.000 €.
In der Folgezeit führte die Klägerin am 24.04. 2015 an Press-Fitting-Verbindungen der Beklagten, die sie sich gekauft und ohne Verpressung aufgebaut hatte, eine Druckprüfung mit Wasser durch. Außerdem ließ die Haftpflichtversicherung der Klägerin 24 beschaffte Verbindungen der Beklagten aus vier verschiedenen Chargen durch einen Privatsachverständigen überprüfen. Auf das Gutachten des Privatsachverständigen …, der ebenfalls eine Prüfung mit Wasser vornahm, in den Anlagen K13 und K23 wird Bezug genommen.
Die Klägerin hat sich – während des Verfahrens – in einem gerichtlichen Vergleich mit der …-Versicherung auf Zahlung eines Betrages von 820.000 € (von geforderten knapp 1,6 Mio €, vgl. Anlage BE9) geeinigt; die Haftpflichtversicherung der Klägerin (… … Versicherung) hat den Betrag beglichen (Anlage BK3). Diese hat sich überdies mit der … … Ltd., der Sachversicherung der Bauherrin, auf Zahlung eines Betrages von 1.450.000 € (von ihrerseits gezahlten knapp 2 Mio €) geeinigt (Anlage BK4). Selbst gezahlt hat die Klägerin einen Betrag von 9.700 €, auf den sie sich verglichen hat, an die Firma … Versorgungstechnik GmbH, in diesem Zusammenhang hat sie Prozesskosten in Höhe von 3.040,50 € aufgewandt. Die Klägerin geht davon aus, dass etwaige gegen sie gerichtete weitere Forderungen verjährt sind (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.02.2022, S. 2, Bl. 403 d.A.)
Die Klägerin behauptet, sie habe die im Mai 2014 gekauften und von der Beklagten hergestellten Presssysteme beim streitgegenständlichen Bauvorhaben eingebaut. Sie hält die durchgeführte Druckprüfung vom 06./07.06.2014 für ordnungsgemäß und fachgerecht. Eine Sichtprüfung, die bei Produkten mit der Eigenschaft unverpresst undicht gar nicht erforderlich sei, sei gleichwohl durchgeführt worden. Dabei sei es zu keinem Druckabfall gekommen; auch unter Verwendung eines Lecksuchsprays seien keine Auffälligkeiten aufgetreten. Vor dem Hintergrund des streitgegenständlichen Schadensvorfalls sowie weiterer Schadensvorkommnisse im April 2015 und am 04.02.2016 ist die Klägerin der Auffassung, die Pressverbindungen der Beklagten erfüllten nicht die Eigenschaft unverpresst undicht. Die Beklagte hafte daher aus der Vereinbarung. Eine Obliegenheit habe die Klägerin nicht verletzt; jedenfalls seien etwaige Obliegenheitsverletzung folgenlos.
Dadurch dass die Beklagte mit Schreiben vom 06.03.2015 jede Verantwortlichkeit abgelehnt habe, seien der Klägerin weitere Schäden entstanden und würden ihr – so jedenfalls der Sachstand in erster Instanz – noch weitere Schäden entstehen. Auch diese habe die Beklagte zu ersetzen.
Die Klägerin beantragte in erster Instanz:
I. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von sämtlichen berechtigten Schadensersatzforderungen der Firma … GmbH & Co.KG (nunmehr firmierend als … GmbH & Co.KG), der … … … Betriebs GmbH und der … GmbH, jeweils geschäftsansässig M., in Höhe von maximal € 1,2 Mio. freizustellen, die darauf beruhen, dass sich in der Nacht vom 22. zum 23.10.2014 in dem Bauvorhaben „… … …, … straße, … M.“ ein um ca. 4.00 Uhr morgens am 23.10.2014 entdeckter Wasserschaden im 4. OG, Flur, Rückbereich, Decke an einer Verpressverbindung des Kaltwasserrohrs mit einer Dicke von 28 mm eintrat, weil die Pressverbindung des Rohrsystems der Beklagten trotz einer entsprechenden Druckprobe, die Dichtigkeit angab, nicht ordnungsgemäß verpresst war und dann über ca. drei bis vier Stunden ca. 120.000-130.000 Liter Trinkwasser in das Bauvorhaben ausliefen und die darunter liegenden 55 …zimmer nebst Büros und anliegenden Schulungstrakt beschädigten.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen hat, die darauf beruhen, dass die Beklagte mit Schreiben vom 06.03.2015 (Anlage K..) [sic] jede Verantwortlichkeit aufgrund der …-Haftungsübernahmevereinbarung I vom 23.03./15.04.2015 [sic] für den Schadensfall gemäß Klageantrag I. abgelehnt hat.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Sie wendet ein, die Klägerin hätte zunächst ein Schiedsgutachterverfahren durchführen müssen. Außerdem sei die Klage wegen Verletzung der Obliegenheiten abzuweisen. Die Beklagte sei bei der Feststellung des Schadens praktisch ausgeschlossen gewesen; eigene Feststellungen seien ihr unmöglich gemacht worden.
Sie bestreitet, dass ein Produktfehler vorliege. Der Schaden sei nicht wegen eines Produktfehlers entstanden, sondern weil die Klägerin nicht nur die Verpressung unterlassen bzw. falsch vorgenommen, sondern auch die Druckprüfung vor der Inbetriebnahme nicht fachgerecht durchgeführt habe. Die Funktion unverpresst undicht setze zwingend eine fachgerechte Druckprüfung nach den Vorgaben des Herstellers bzw. dem Stand der Technik gemäß Merkblatt des Zentralverbandes voraus. Bei erhöhtem oder zu schnell gestiegenem Druck zu Beginn einer solchen Prüfung könne man verlässlichen Aufschluss über die Dichtigkeit nicht gewinnen. Eine solche fehlerhaft durchgeführte Prüfung könne nämlich dazu führen, dass sich die in den Fittings verbauten Formteildichtungen bzw. Gummi-O-Ringe verkannten bzw. ihre Position so verändern, dass die unverpresst undicht-Funktion außer Kraft gesetzt werde. Auch habe die Klägerin keine Sichtprüfung vorgenommen.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 29.09.2016 abgewiesen. Die Klage sei zulässig; insbesondere habe nicht zunächst die Gutachterstelle angerufen werden müssen, da diese ausweislich der Bestimmungen in Ziff. 6.2 der Zusatzvereinbarung nicht befugt sei, rechtliche Fragen zu prüfen und zu entscheiden. Die Klägerin habe in mehrfacher Hinsicht ihre Obliegenheiten verletzt. Dies führe gemäß den vertraglichen Bestimmungen dazu, dass die Beklagte von einer Haftung befreit sei. Die Obliegenheitsverletzungen seien auch nicht ohne Einfluss auf die Feststellung oder Höhe des Schadens geblieben. Es möge zwar zutreffen, dass Feststellungen zu Schadensursache und Höhe des eingetretenen Schadens auch jetzt noch getroffen werden könnten. Es begründe jedoch einen erheblichen Unterschied, ob insbesondere das schadensverursachende Teil in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt oder erst Jahre später untersucht werden könne. In jedem Fall seien infolge der Obliegenheitsverletzung die berechtigten Interessen der Beklagten ernsthaft gefährdet worden. Dies beruhe auf erheblichem Verschulden der Klägerin. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils wird ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Gegen das ihr am 05.10.2016 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer beim Berufungsgericht am 24.10.2016 eingegangenen und – nach Bewilligung entsprechender Fristverlängerung – am 28.12.2016 begründeten Berufung. Sie wendet sich gegen die Annahme einer schuldhaften Obliegenheitsverletzung; auch genüge für die Annahme eines Haftungsausschlusses wegen Obliegenheitsverletzung nicht, dass sich die Obliegenheitsverletzung ausgewirkt haben könne; sie müsse sich tatsächlich ausgewirkt haben. In der Sache hält sie daran fest, dass die Beklagte aus der Vereinbarung hafte.
Sie beantragt daher:
Das Endurteil des Landgerichts München I (Aktenzeichen 8 HK O 19830/15) vom 30.09.2016 [sic], zugestellt am 05.10.2016 wird aufgehoben, und es wird festgestellt, dass
1. dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von sämtlichen berechtigten Schadensersatzforderungen der Firma … GmbH & Co. KG (nunmehr firmierend als … GmbH & Co. KG), der … … Betriebs GmbH und der … GmbH, jeweils geschäftsansässig M., in Höhe von maximal 1,2 Mio. € freizustellen, die darauf beruhen, dass sich in der Nacht vom 22. zum 23.10.2014 in dem Bauvorhaben „…straße, … M.“ ein um ca. 4.00 Uhr morgens am 23.10.2014 entdeckter Wasserschaden im 4. OG, Flur, Rückbereich, Decke an einer Verpressverbindung des Kaltwasserrohrs mit einer Dicke von 28 mm eintrat, weil die Pressverbindung des Rohrsystems der Beklagten trotz einer entsprechenden Druckprobe, die Dichtigkeit angab, nicht ordnungsgemäß verpresst war und dann über ca. drei bis vier Stunden ca. 120.000-130.000 Liter Trinkwasser in das Bauvorhaben ausliefen und die darunter liegenden 55 …zimmer nebst Büros und anliegenden Schulungstrakt beschädigten, und dass
2. die Beklagte der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen hat, die darauf beruhen, dass die Beklagte mit Schreiben vom 06.03.2015 (Anlage K ..) [sic] jede Verantwortlichkeit aufgrund der …-Haftungsübernahmevereinbarung I vom 23.03./15.04.2015 [sic] für den Schadensfall gemäß Klageantrag Ziffer I. abgelehnt hat.
Die Beklagte beantragt,
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und weist zusätzlich auf ein jedenfalls gegebenes, überwiegendes Mitverschulden der Klägerin hin.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß Hinweis- und Beweisbeschluss vom 21.06.2017 (Bl. 213/216 d.A.), ergänzt durch Beschluss vom 16.01.2019 (Bl. 250 d.A.), zur Frage, ob die durchgeführte Druckprobe geeignet und ausreichend war, um die Undichtigkeit der Pressverbindung festzustellen und nachzuweisen; dabei sei auf die Frage einzugehen, ob das streitgegenständliche Presssystem die Eigenschaft unverpresst undicht aufweise. Er hat ferner Beweis erhoben durch Einvernahme des Privatsachverständigen … als Zeugen und Anhörung der gerichtlichen Sachverständigen Dipl.Ing. … Auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 27.08.2020 (Bl. 270/316 d.A.) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.01.2019 (Bl. 246/250 d.A.) wird insoweit Bezug genommen. Des weiteren wird auf die Protokolle der Verhandlungen vor dem Senat vom 26.04.2017 (Bl. 203/205 d.A.) und vom 23.02.2022 (Bl. 402/406 d.A.) sowie auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen
II.
Die Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob für die von der Klägerin geltend gemachten Feststellungsanträge ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO gegeben ist (oder ob und ggf. welche Leistungsklage – Freistellungs- oder Zahlungsklage – zu erheben gewesen wäre), da die Klage jedenfalls unbegründet ist (BGH, Urteil vom 09.12.2003 – VI ZR 404/02, juris-Rn. 12; Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 256 Rn. 7).
In der Sache geht der Senat zwar mit der Klägerin davon aus, dass die streitgegenständlichen Fittings – jedenfalls nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand – an einem erheblichen Produktfehler litten; sie erfüllen nämlich die zur Vermeidung von schadensträchtigen Leckagen versprochene, sicherheitsrelevante Eigenschaft unverpresst undicht nicht zuverlässig (dazu unter 2.); die Klägerin konnte jedoch, weil sie das von der Beklagten vorgegebene (dazu unter 3.) Prüfprogramm nicht eingehalten hat (dazu unter 4.), nicht zur Überzeugung des Senats nachweisen, dass dieser Fehler im vorliegenden Fall für den Schaden kausal geworden ist (dazu unter 5.).
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin Mitglied des Zentralverbandes ist und deshalb – als Drittbegünstigte – die Beklagte aus der zwischen dem Zentralverband und dieser abgeschlossenen Vereinbarung in Anspruch nehmen kann. Das … Presssystem der Beklagte aus Edelstahl für Trinkwasser der Serie … unterfällt dieser Vereinbarung. Der Senat hat keine Zweifel, dass dieses Produkt verbaut worden ist (so schon im Hinweis- und Beweisbeschluss vom 21.06.2017, Bl. 214 d.A.). Die Klägerin hat entsprechende Rechnungen über den Erwerb des Produkts vorgelegt (Anlagen K7, K8). Umstände, die dafür sprechen könnten, dass daneben (im selben Gewerk) Produkte anderer Hersteller erworben und verbaut worden sein könnten, hat die Beklagte nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich. Auch der Umstand, dass der Einbau von einer Subunternehmerin vorgenommen worden, begründen keine Zweifel an dem Einbau des streitgegenständlichen Produkts.
2. Das Produkt sollte die Eigenschaft unverpresst undicht – auch als Zwangsundichtigkeit bezeichnet – aufweisen. Bei dieser Eigenschaft handelt es sich um eine Sicherheitsvorrichtung, um im Rahmen einer Druckprüfung festzustellen, ob auf einer Baustelle versehentlich ein Fitting unverpresst geblieben ist. So soll verhindert werden, dass es später zu einer Leckage mit potentiell hohen Schäden kommt. Diese Eigenschaft erfüllen die Fittings der Beklagten (nach dem gegenwärtigen Sachstand) auch bei Einhaltung des von der Beklagten vorgesehenen Prüfprogramms nicht zuverlässig, sondern nur mit einer Wahrscheinlichkeit von (fast) 80%. Sie sind daher fehlerhaft im Sinne der Vereinbarung.
a) Der Senat hat zu dieser Frage ein Sachverständigengutachten eingeholt. Dieses kommt zum einen zu dem Ergebnis, dass die Fittings bei hohem Druck – etwa bei Luftdrücken von 3bar – nahezu vollständig dicht sind (Sachverständigengutachten, S. 11, Bl. 280 d.A.). Zum anderen kommt es zu dem Ergebnis, dass 4 von 18 untersuchten Fittings auch bei einer Luftprüfung mit (nur) 150mbar dicht sind, obwohl sie undicht hätten sein müssen (Sachverständigengutachten, S. 13, Bl. 282 d.A.). Damit erfüllt (mehr als) jeder fünfte Fitting nicht die an ihn gestellte, garantierte Anforderung, unverpresst undicht zu sein. Dass eine Fehlerquote von mehr als 20% bei einem Kontrollsystem, das der Vermeidung massiver Wasserschäden in Gebäuden dienen soll, nicht hinnehmbar ist, versteht sich von selbst.
b) Der Senat sieht keinen Anlass, an der Aussage der Sachverständigen zu zweifeln. Die Sachverständige hat ihre Ergebnisse anhand eigener Untersuchungen (unter Hinzuziehung von dem Sachverständigen Prof. Dr. Ing. …) gewonnen und sie plausibel und widerspruchsfrei erläutert. Sie hat insbesondere erläutert, dass augenscheinlich die Undichtigkeit maßgeblich durch den eingelegten Dichtring hervorgerufen werde. Dieser werde jedoch in Abhängigkeit von der zufälligen Lage zu Beginn der Überprüfung und der Drucksituation bei der Druckprüfung zum Teil in der Verbindungsgeometrie so bewegt und gelagert, dass der Eindruck von Dichtigkeit auch bei unverpressten Verbindungen entstehe (Sachverständigengutachten, aaO). Ebenso ist für den Senat unmittelbar einleuchtend, dass die Fittings, wenn unverpresst, bei einer Prüfung mit geringem Druck in der Regel – eben in knapp 80% der Fälle – die geforderte Undichtigkeit zeigen, der höhere Druck von 3bar dagegen bewirkt, dass die Dichtringe so fest in die Nuten der Fittings gedrückt werden, dass eine nahezu 100%-ige Abdichtung erfolgt.
Die Klageseite erhebt gegen die Feststellungen der Sachverständigen keine Einwendungen.
Ob die Einwendungen der Beklagtenseite hätten Anlass geben können, von Amts wegen eine nicht beantragte Anhörung der Sachverständigen zu veranlassen, bedarf angesichts der Klageabweisung keiner abschließenden Entscheidung. Wenn die Beklagte allerdings einwendet, die untersuchten Fittings seien nicht repräsentativ, ist dem entgegenzuhalten, dass die Sachverständige keinen Mehrwert darin sah, weitere Fittings zu untersuchen (Sachverständigengutachten, S. 5, Bl. 274 d.A.). Die Beklagte beruft sich des Weiteren darauf, dass die Sachverständige ausführe, später zugekaufte Fittings hätten ein anderes Gleitverhalten gezeigt; die Beklagte sieht dies als Indiz dafür, dass die untersuchten Fittings ihr Verhalten etwa durch lange Lagerung verändert hätten; Änderungen im Aufbau der Fittings habe es jedenfalls nicht gegeben. Die Sachverständige hat jedoch keine Hinweise auf falsche Lagerung festgestellt. Sie kam vielmehr zu dem Ergebnis, wie ausgeführt, dass die Fittings in der Nut Spiel hätten, so dass letztlich (auch) die (von außen für den Monteur nicht erkennbare) konkrete Stecksituation über das Bestehen oder Nichtbestehen der Druckprüfung entscheide. Auf diese Weise erkläre sich auch, dass ein Fitting im Test der Gerichtssachverständigen ein anderes Ergebnis erbracht habe als beim Privatsachverständigen (Sachverständigengutachten, S. 13, Bl. 282 d.A.).
Ergänzend sei angemerkt, dass sich die Befundung mit diversen weiteren Indizien deckt: Auch der Privatsachverständige – der allerdings eine (grundsätzlich mögliche, allerdings nicht denselben Bedingungen unterliegende, vgl. Anlage B9, S. 11ff.) Verprobung mit Wasser durchgeführt hat – stellte fest, dass die Fittings der Beklagten die Anforderungen an das Merkmal unverpresst undicht nicht erfüllten. Eine eigene Druckprobe der Beklagten mit Luft bei einem Druck von 150mbar am 31.03./01.04.2016 führte zu dem Ergebnis, dass 2 von 5 Proben – obwohl unverpresst – dicht gewesen seien (Anlage K27). Schließlich steht das Ergebnis im Einklang mit der vom Privatsachverständigen mitgeteilten (Anlage K23, dort Anlage 3) Untersuchung der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, bei der bei bestimmten Herstellern – darunter der Beklagte, ohne dass dort eine Zuordnung der Ergebnisse zur hiesigen Beklagten vorgenommen worden wäre – erhebliche Zweifel an der Erfüllung des Merkmals unverpresst undicht bei höheren Drücken angemeldet wurden, bei der sich aber bei niedrigem Luftdruck ebenfalls wesentlich bessere Prüfergebnisse einstellten.
Der Senat hat bei seiner Würdigung des Sachverhalts zur Kenntnis genommen, dass die Beklagte ihr Produkt hat zertifizieren lassen. Er muss jedoch nach dem Ergebnis der gerichtsseits durchgeführten Beweisaufnahme davon ausgehen, dass das eingesetzte Produkt nicht unerheblich fehlerhaft war.
3. Die Haftungsübernahmevereinbarung zwischen Zentralverband und Beklagter ist allerdings, wie im Hinweis- und Beweisbeschluss vom 21.06.2017 angelegt und in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert, dahingehend auszulegen, dass Fittings die geforderte Eigenschaft – nur, dann aber zuverlässig – zeigen müssen, wenn das von der Beklagten vorgegebene Prüfprogramm eingehalten wird; nur in diesem Fall übernimmt die Beklagte die Garantiehaftung aus der Vereinbarung.
a) Dieses Verständnis ergibt sich für die Beklagte eindeutig aus ihrem Musterschreiben, Anlage B7, in dem es heißt, das Presssystem weise „bei fachgerechter und nach Angaben des Herstellers durchgeführter Druckprüfung“ das garantierte Merkmal unverpresst undicht auf. Die fachgerechte Durchführung der Dichtheitsprüfung könne aus den Druckprobenprotokollen der Herstellerin entnommen werden. Danach (vgl. Anlage B8) hat im Falle einer Prüfung mit Luft, wie von der Klägerin vorgenommen, nach einer Sichtprüfung auf fachgerechte Ausführung der Rohrverbindungen eine (mit Fettdruck so bezeichnete) „Dichtheitsprüfung – Vorprüfung“ bei 150 mbar über mindestens 120 Minuten zu erfolgen, bevor eine „Festigkeitsprüfung mit erhöhtem Druck – Hauptprüfung“ mit max. 3 bar über 10 Minuten vorgenommen werde. Demnach hat die eigentliche Prüfung auf Dichtheit – wie unmissverständlich zum Ausdruck kommt – über 2 Stunden bei 150 mbar zu erfolgen.
b) Dieses Verständnis ist auch Grundlage der streitgegenständlichen Haftungsübernahmevereinbarung geworden. Das Mitglied trifft gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 – bei „Strafe“ des Haftungsausschlusses – die Obliegenheit, die gültigen Installations- und Verlegungsanleitungen sowie sonstiger Anleitungen der Beklagten einzuhalten. Auch aus der Broschüre „Fragen und Antworten“ des Zentralverbandes zur Haftungsübernahmevereinbarung, Anlage BK2 (Seite 6), ist ersichtlich, dass das Mitglied – hier die Klägerin – die gültigen Montage- und Einbauanleitungen des Herstellers, hier also der Beklagten, einhalten müsse. Dazu zählt im Falle einer Trinkwasseranlage die Druckprüfung, da Rohrleitungsanlagen nur in Betrieb genommen werden dürfen, wenn sie die vorgeschriebene Druckprüfung erfolgreich bestanden haben und dabei Undichtheiten nicht erkennbar waren (so das Merkblatt des Zentralverbandes, B9, Ziff. 3.2, S. 9). Dies gilt umso mehr, als sich die Eigenschaft unverpresst undicht im Rahmen einer solchen Druckprüfung zeigen soll.
Das Procedere bei der Druckprüfung ist im Merkblatt – was den hier im Streit stehenden 2-stufige Prüfungsablauf angeht – inhaltlich übereinstimmend mit den Anforderungen der Beklagten beschrieben (Anlage B9, S. 10f.): Auch im Merkblatt wird eine ausdrücklich als „Dichtheitsprüfung“ bezeichnete Prüfung bei 150mbar über mindestens 120 Minuten, im Anschluss eine „Belastungsprüfung“ bei (max.) 3 bar von (nur) 10 Minuten vorgeschrieben.
c) Beide Anleitungen zum Ablauf der Prüfung sehen somit ausdrücklich eine – zeitlich deutlich länger dauernde – Dichtheitsprüfung bei einem niedrigen Druck von 150 mbar vor. Um diese Dichtheitsprüfung – nicht um eine Belastungsprüfung – geht es vorliegend. Es erscheint dem Senat auch schlüssig, dass ein Hersteller – und zwar nicht nur aus Sicherheitsgründen – verlangt, dass die Dichtheitsprüfung mit niedrigem Druck vorgenommen wird, weil die naheliegende Gefahr besteht, dass ein Fittingsystem bei Prüfung mit sofortigem hohem Druck – eben weil der Fitting in die Nut gedrückt wird – eine Dichtigkeit suggeriert, die ohne Verpressung tatsächlich nicht besteht.
d) Die Klägerin tritt diesem Verständnis entgegen und meint, aus der technischen Beschreibung der Eigenschaft unverpresst undicht im DVGW Arbeitsblatt W 534 ableiten zu können, die Steckverbindung müsse eine Zwangsundichtigkeit im Druckbereich von 1,0 bis 6,5 bar aufweisen (vgl. Ausführungen des Privatsachverständigen in Anlage K21, Seite 13ff. iVm der dortigen Anlage 6). Die allgemeine technische Beschreibung tritt jedoch hinter die konkrete, privatautonom vereinbarte Haftungsübernahmevereinbarung zurück, auf die die Klägerin ihre Ansprüche stützt. Es ist Sache der Parteien zu vereinbaren, wofür und unter welchen Umständen eine Seite die – hier verschuldensunabhängige Garantie- – Haftung übernehmen will. Vorliegend ist unmissverständlich kommuniziert, dass die Beklagte bei der Installation eine Dichtheitsprüfung bei 150mbar verlangt. Darauf hat sich der Zentralverband eingelassen; hieran muss sich die Klägerin als Drittbegünstigte ebenfalls festhalten lassen.
4. Der Klägerin hat dieses Prüfprogramm nicht eingehalten. Die tatsächliche Durchführung der Druckprüfung ergibt sich aus dem von ihrem Subunternehmer gefertigten Protokoll, Anlage K9 (so schon der Hinweis des Senats im Beschluss vom 21.06.2017, Bl. 214 d.A.). Danach wurde eine Prüfung über 24 Stunden bei konstantem Luftdruck von 3 bar durchgeführt und gerade keine Dichtheitsprüfung mit niedrigem Luftdruck, wie es das Prüfprogramm der Beklagten vorsieht.
Auch die Sachverständige ist – von Klageseite unwidersprochen – zu dem Ergebnis gelangt, dass die Prüfung durch die Klägerin nicht in Übereinstimmung mit den Vorgaben aus dem Merkblatt des Zentralverbandes erfolgt ist, folglich auch nicht geeignet ist, die Dichtigkeit gemäß diesem Merkblatt nachzuweisen (Sachverständigengutachten, S. 11/12 sowie S. 13 oben, Bl. 280ff. d.A.). Die tatsächlich durchgeführte Prüfung – bei 3 bar – führt nämlich dazu, dass nahezu kein Fitting undicht ist, selbst wenn keine Verpressung stattgefunden hat (Sachverständigengutachten, S. 11, Bl. 280 d.A.), während bei einer Prüfung mit einem Druck von 150 mbar immerhin fast 80% der Fittings, wenn unverpresst, tatsächlich undicht sind.
Nicht gehört werden kann die Klägerin mit der Einwendung, das Prüfprogramm sei für Baustellen sehr fordernd. Dies bestätigt zwar auch die Sachverständige. Der Einwand betrifft aber vor allem die Prüfung bei hohem Druck, nicht jedoch den Umstand, eine Prüfung bei niedrigem Druck von 150 mbar überhaupt durchzuführen.
5. Da die Auslegung der Vereinbarung, wie dargelegt, ergibt, dass die Beklagte nur bei Einhaltung der Montagevorschriften einschließlich der Druckprüfung für die Eigenschaft unverpresst undicht einstehen möchte, kann die Beklagte der Klägerin die unterlassene Prüfung entsprechend den einschlägigen Vorgaben entgegenhalten. Anders wäre dies nur dann, wenn auch bei Einhaltung des Prüfprogramms die Fehlerhaftigkeit der Fittings zu einem Schaden geführt hätte, denn dann hätte sich der Fehler der Klägerin nicht ausgewirkt, es bliebe bei einem ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler des Produkts und Schaden. Diesen Nachweis konnte die Klägerin jedoch nicht führen. Im Einzelnen:
a) Weil die Beklagte nur bei Einhaltung des Prüfprogramms für die Garantie einsteht, genügt es entgegen der Ansicht der Klägerin gerade nicht, dass die Fittings fehlerhaft sind.
Aus demselben Grund handelt es sich auch nicht, wie die Klägerin meint, um den Fall einer kumulativen Kausalität von zwei selbständigen Ursachen – nämlich der Fehlerhaftigkeit eines Fittings (ein Fehler auf Seiten der Beklagten) und des fehlerhaften Prüfvorgangs (auf Seiten der Klägerin), mit der Folge, dass die Haftung der Beklagten wegen des Fehlers dem Grunde nach gegeben und die Frage eines Fehlverhaltens der Klägerin allein auf der Ebene des Mitverschuldens nach § 254 BGB zu prüfen sei (auf dieser Ebene nimmt die Klägerin allerdings ihrerseits für sich in Anspruch, dass ein Nachweis der Ursächlichkeit nicht gelinge). Die beiden Ursachen sind vielmehr über die Ausgestaltung der Garantie verlinkt.
b) Die Klägerin trägt die Beweislast für eine Kausalität zwischen Fehler und Schaden.
Es genügt mithin nicht festzustellen, dass die Fittings fehlerhaft waren und dass ein Schaden entstanden ist. Für die Kausalität als anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal (vgl. den Wortlaut der Vereinbarung: „Entstehen dem Auftraggeber […] durch [Herv. durch den Senat] Verwendung der von dieser Vereinbarung erfassten Produkte aus [es folgen diverse Fehlerkategorien] Schäden“), trägt grundsätzlich der Anspruchsteller, hier also die Klägerin, die Beweislast. Dies entspricht der Wertung des § 1 Abs. 4 ProdHaftG, der ebenfalls eine Garantiehaftung für Produktfehler behandelt. Im Einzelfall kommen zwar Beweiserleichterungen für den Geschädigten in Betracht; eine vollständige Umkehrung der Beweislast ist allerdings im Rahmen der Produkthaftung nicht vorgesehen (vgl. EuGH, Urteil vom 21.06.2017 – C-621/15; BGH, Urteile vom 07.06.1988 – VI ZR 91/87, juris-Rn. 19, 22 und vom 05.02.2013 – VI ZR 1/12, juris-Rn. 19; Katzenmeier/Voigt, ProdHaftG, 7. Aufl., § 1 Rn. 92-94; Förster in BeckOK BGB, § 823 Rn. 779 [Stand: 01.11.2021]) und auch vorliegend nicht veranlasst. Es ist nämlich der Klägerin anzulasten, dass sie das vorgeschriebene Prüfprogramm für die Dichtheit der Rohrsteckverbindung nicht vorgenommen hat.
Die Klägerin kann der Beweislastverteilung nicht entgegenhalten, es handele sich der Sache nach um eine Frage rechtmäßigen Alternativverhaltens, für das die Beklagte die Beweislast trage. Das trifft schon im Ausgangspunkt nicht zu: Die Berufung auf rechtmäßiges Alternativverhalten beschränkt die grundsätzlich gegebene Haftung eines Schädigers normativ, weil er denselben Schaden auch rechtmäßig hätte herbeiführen können (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl., vor § 249 Rn. 64ff.). Vorliegend möchte die Klägerin die Haftung des Beklagten ausgeweitet wissen, und zwar obwohl sie selbst das vertraglich vereinbarte Prüfprogramm nicht eingehalten hat. Insofern erscheint nachgerade folgerichtig, dass die Klägerin beweisen muss, dass sie einen Schaden auch dann erlitten hätte, hätte sie selbst – als rechtmäßiges Alternativverhalten ihrerseits – die Obliegenheit erfüllt, das vorgegebene Prüfprogramm einzuhalten. Eine wertungsmäßige Korrektur der Beweislastverteilung ist daher nicht veranlasst. Mit dem Verstoß gegen das Prüfprogramm ist die Klägerin vielmehr das Risiko eingegangen, des Schutzes aus der Haftungsübernahmevereinbarung verlustig zu gehen.
c) Den Nachweis der Kausalität zwischen Fehlerhaftigkeit der Fittings und konkret eingetretenem Schaden vermochte die Klägerin – gemessen am Maßstab des § 287 Abs. 1 ZPO (vgl. Bacher/BeckOK ZPO, § 287 ZPO Rn. 5 [Stand: 01.12.2021]) – nicht zu führen.
Die Sachverständige hat, wie bereits ausgeführt, zur Überzeugung des Senats und von der Klageseite unangegriffen festgestellt, dass bei einer Prüfung von 18 Fittings mit einem Luftdruck von 150 mbar nur 4 dicht gewesen seien, mithin die geforderte Zwangsundichtigkeit nicht gezeigt hätten. Dies entspricht zwar einer Fehlerquote von (etwa mehr als) 20%. Umgekehrt folgt aber hieraus, dass die getesteten Fittings zu (nahezu) 80% bei einer Druckprüfung mit 150mbar – wie gefordert – undicht sind. Anders gewendet: hätte die Klägerin eine Druckprüfung bei 150mbar durchgeführt, wäre mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit von fast 80% aufgefallen, dass die schadensursächliche Stelle – die sich offenbar in der Nähe einer Rohrschelle befand und deshalb übersehen wurde (vgl. das Besprechungsprotokoll vom 23.01.2015, Anlage B4) – unverpresst geblieben war.
Bei einer solchen Wahrscheinlichkeitsverteilung ist für eine Beweiserleichterung zugunsten der Klägerin kein Raum, da unverpresste Stellen bei Durchführung der Druckprüfung entsprechend den Herstellervorgaben typischerweise – wenn auch nicht immer – erkannt werden. Pointiert formuliert ließe sich sagen, es spricht der Anschein – im untechnischen Sinne – für die Beklagte und gegen die Klägerin.
d) Der Klägerin ist zuzugeben, dass das Prüfergebnis bei hypothetischer Einhaltung des Prüfprogramms mit einer gewissen Zufälligkeit belastet ist, wie auch die Sachverständige festgestellt hat. Richtig ist auch, dass darin ein Fehler des Produkts der Beklagten zu sehen ist, weil die Beklagte die zuverlässige Einhaltung der Zwangsundichtigkeit – das Wort „Zwang“ besagt dies anschaulich – schuldet. Dies ändert aber nichts daran, dass die Klägerin, wie auch vertraglich vorgesehen, den Nachweis einer Kausalität von Fehler und konkretem Schaden führen muss, diesen Nachweis durch eigenes Fehlverhalten (Nichteinhaltung des Prüfprogramms) nicht führen kann, vorliegend sogar überwiegend wahrscheinlich ist, dass bei ordnungsgemäßem Test mit 150 mbar die unterbliebene Verpressung entdeckt worden wäre.
Unter diesen Umständen kommt eine Haftung der Beklagten nicht in Betracht.
e) Unbeschadet dieser bereits für sich tragenden Erwägungen ergibt sich für den Senat auch aus der konkret vorliegenden Haftungsübernahmevereinbarung, dass es jedenfalls vorliegend nicht in Betracht kommt, der Klägerin Beweiserleichterungen zuzubilligen:
Ausweislich der Vereinbarung hätte die Klägerin die Beklagte unverzüglich informieren und ihr eine Begutachtung der Schadenstelle ermöglichen müssen, außerdem dafür Sorge tragen müssen, dass die schadenursächliche Rohrverbindung sichergestellt wird. All dies ist unterblieben, obwohl sich eine mögliche Inanspruchnahme der Beklagten aufdrängte und der Geschäftsführer der Klägerin auch positives Bewusstsein hatte, dass die unverpresste Stelle bei der Druckprüfung eigentlich hätte auffallen müssen, wie das Landgericht (LGU, Seite 10) zutreffend herausgearbeitet hat. Die Klägerin kann gleichwohl nach eigener Aussage des Klägervertreters in der Anhörung nicht einmal das zweifelsfrei identifizierte schadenauslösende Rohrverbindungsstück mit dem maßgeblichen Fitting vorlegen. Dies im Verhältnis zur Bauherrin vertraglich und praktisch sicherzustellen, hätte ihr in jedem Fall oblegen.
Der Senat folgt dem Landgericht zwar nicht darin, dass der Obliegenheitsverstoß die Haftung vollständig nach § 3 Satz 2 der Vereinbarung bereits deshalb entfallen lasse, weil der Obliegenheitsverstoß die berechtigten Interessen der Beklagten gefährdet habe. Nach Auffassung des Landgerichts (LGU, S. 14) konnte daher dahinstehen, ob Feststellungen zu Schadensursache und zur Höhe des Schadens auch erheblich später noch hätten noch getroffen werden können. Für den Haftungsausschluss genüge, dass sich die Position der Beklagten verschlechtert habe. Vielmehr kommt aus Sicht des Senats ein Haftungsausschluss nur in Betracht, wenn der Obliegenheitsverstoß der Klägerin tatsächlich zu einer Beweisbeeinträchtigung geführt hat. Folglich hat der Senat Beweis erhoben, um der Klägerin die Möglichkeit zu geben nachzuweisen, dass ein kausaler Fehler vorliege.
Aus den vertraglichen Bestimmungen kann jedoch in jedem Falle geschlossen werden, dass die Beklagte an der Sicherung einer für sie günstigen Beweisposition gelegen war, um sich bestmöglich verteidigen zu können. Mit einer solchen bewussten Sicherung einer günstigen Beweisposition wäre schwerlich vereinbar, wenn man der Klägerin, die in den Genuss einer verschuldensunabhängigen Haftung der Beklagten kommt, zusätzliche Beweiserleichterungen für vereinbarte Tatbestandsvoraussetzungen zubilligt, obwohl die Klägerin die Vorgaben zur Prüfung der Dichtheit des Rohrleitungssystems selbst nicht eingehalten hat und obwohl sie keine hinreichende Vorsorge dafür getroffen hat, dass sie der Beklagten wenigstens zuverlässig die schadenverursachende Rohrverbindung vorlegen kann und dass sie auf diese Weise eine Untersuchung durch eigene Sachverständige der Beklagten verhindert hat. Der Senat muss sich nicht dazu verhalten, ob dadurch im Ergebnis tatsächlich die Beweisposition der Beklagten verschlechtert wurde, ob eine die Haftung ausschließende Obliegenheitsverletzung entsprechend § 6 Abs. 3 VVG a.F. (heute modifiziert § 28 Abs. 2 und 3 VVG) erhebliches Verschulden voraussetzt und solches auch unter Berücksichtigung der Umstände – insbesondere des Umstandes, dass (auf Weisung der Bauherrin) eine Nachverpressung und damit eine Veränderung des schadenverursachenden Fittings noch in der Schadensnacht erfolgte – gegeben wäre. Dem Senat erschiene es jedenfalls verfehlt, die sich selbst nicht vertragskonform verhaltende Klägerin in einer solchen Situation mit Beweiserleichterungen gleichsam zu belohnen.
6. Ergänzend ist anzuführen, dass die Klage allenfalls in Höhe von 12.740,50 €, d.h. in Höhe der aus eigenen Mitteln an die Firma … Versorgungstechnik GmbH geleisteten Beträge nebst Prozesskosten, Erfolg haben könnte. Im Übrigen fehlt es nach Regulierung durch die Haftpflichtversicherung an einem eigenen Schaden der Klägerin, wie die Beklagte zu Recht einwendet (schriftsätzlich zuletzt Schriftsatz vom 14.02.2022, S. 1f., Bl. 387f. d.A.), bzw. fehlt es – präziser gesprochen – an der Aktivlegitimation der Klägerin, da Ansprüche, soweit reguliert, auf die Haftpflichtversicherung gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG übergegangen sind. Weitere Schäden muss die Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst einräumt, nicht fürchten, weil diese – 7,5 Jahre nach Eintritt des Wasserschadens – verjährt sind (vgl. § 195 BGB).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.


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