Handels- und Gesellschaftsrecht

Schmerzensgeld, Verletzung, Gesamtschuldner, Mitverschulden, Gutachten, Minderung, Streitwert, Ermessen, Unfallzeitpunkt, Ersatzpflicht, Schaden, Beweisaufnahme, Rechtsanwaltskosten, Gefahr, Kosten des Rechtsstreits, erforderliche Sorgfalt, Ergebnis der Beweisaufnahme

Aktenzeichen  51 O 325/17

Datum:
11.10.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 46985
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,- € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.07.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 4.763,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.07.2016 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin auch den weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Ereignis vom 18.12.2015, letzteren, soweit er nach der letzten mündlichen Verhandlung entstanden ist, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht kraft Gesetzes auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte bereits übergegangen sind oder noch übergehen werden.
4. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.100,51 EUR freizustellen.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
7. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 19.638,30 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
I. Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000 € gemäß § 823 BGB bzw. §§ 837, 836 BGB in Verbindung mit § 253 Abs. 2 BGB.
II. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts folgender Sachverhalt fest:
Die Klägerin begab sich am 18.12.2015 als Kundin zur Änderungsschneiderei der Beklagten zu 1) im Anwesen der Beklagten zu 2) in der -. Auf Grund von Bauarbeiten musste die Klägerin den Zugang im Hinterhof in der – nutzen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen – im Gutachten vom 28.02.2018 handelte es sich dort um einen provisorischen Zugang zur Änderungsschneiderei. Es war eine provisorische Bautreppe entsprechend den Regeln für Verkehrswege für Arbeitsstätten errichtet worden. Die vorhandenen Gitterrostauftritte waren nach den Feststellungen des Sachverständigen – auch bei Regen verkehrssicher. Eine Überdachung der provisorischen Eingangsanlage war deshalb nicht erforderlich. Nach den weiteren Feststellungen des Sachverständigen entsprach nicht nur die Gitterrosttreppe, sondern auch das Treppenpodest und das Geländer den einschlägigen Bauvorschriften. Es war jedoch eine Balkontüre eingebaut worden und als provisorische Eingangstüre umfunktioniert worden. Wie sich aus den in Anlage K1 vorgelegten Fotos ergibt, war die Treppenanlage für den Benutzer als vorübergehende Einrichtung erkennbar. Zudem sieht man, dass sich im Innenbereich eine Holzrampe befand und dass der Kunde, der das Ladengeschäft betritt, auf eine dortige Stufe ausdrücklich hingewiesen wurde. Beim Griff der Balkontüre handelte es sich nicht um eine Klinke, wie bei Haustüren üblich, sondern um einen für Balkontüren üblichen Griff. Die Balkontüre öffnet sich unstreitig nach innen in Richtung Ladenlokal.
Nach den glaubhaften und nachvollziehbaren Angaben der Klägerin im Termin vom 12.12.2017 hat sie beim Verlassen des Ladenlokals die Türe nach innen aufgemacht, wobei sie über die auf den Fotos ersichtliche kleine Rampe gehen musste. Sie hat dann mit der linken Hand die Türe zugezogen. Da diese nicht gleich zugegangen ist, hat die Klägerin nochmals kräftiger nachgezogen, wobei sich der „Griff mit dem Splint“ von der Türe gelöst hat. Legt man die Fotoaufnahmen zugrunde, muss sich die Klägerin zu diesem Zeitpunkt auf dem kleinen Podest vor der Balkontüre befunden haben. Durch das plötzliche Abgehen der „Türklinke“ hat die Klägerin dort das Gleichgewicht verloren und ist nach ihren nachvollziehbaren Angaben mit dem Oberkörper voraus nach unten gestürzt, ohne sich noch einhalten zu können. Nach ihren Angaben hatte sie den „Türgriff“ noch in der Hand, als sie unten am Boden lag. Die Beklagte zu 1) persönlich angehört hat bestätigt, dass sich der Griff gelöst hatte. Als sie hinzugekommen sei, habe der Türgriff am Bauzaun links vor dem Eingang gelegen. Auch der einvernommene Zeuge – hat bestätigt, dass die Klägerin, als er hinzugekommen sei, gesagt habe, der Türgriff sei rausgegangen.
III. Die Beklagte zu 1) haftet als Mieterin des Ladenlokals gemäß §§ 836, 837 BGB, die Beklagte zu 2) als Eigentümerin des Gebäudes und damit Gebäudeunterhaltspflichtige gemäß § 823 BGB. Die Beklagten haften als Gesamtschuldner nach § 840 Abs. 1 BGB.
I) Nach § 836 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Besitzer eines Grundstücks schadensersatzpflichtig, wenn durch Ablösung von Teilen des Gebäudes der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt wird, sofern die Ablösung Folge einer mangelhaften Unterhaltung ist. Den ihr obliegenden Beweis, zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet zu haben, hat die Beklagte nicht geführt.
Die als Provisorium als Zugang zu ihrem Ladenlokal eingebaute Balkontüre war für die Beklage zu 1) als solche ersichtlich. Die Balkontüre war Teil des mit dem Grund und Boden verbundenen Gebäudes. Das Lösen des Türgriffes war kausal für die Verletzungen der Beklagten. Die Ablösung war auch Folge der mangelhaften Unterhaltung. Die Balkontüre wurde hier als Eingangstüre des Ladenlokals zweckentfremdet eingesetzt. Eine Balkontüre wird grundsätzlich bei weitem weniger benutzt als eine Haustüre bzw. als eine Landeeingangstüre. Laut den Ausführungen des Sachverständigen – sind Produkte bei bestimmungsgemäßem Gebrauch mindestens einmal jährlich zu warten. Nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen -, denen sich das Gericht vollumfänglich anschließt, erfordert die nicht bestimmungsgemäße Verwendung einen erhöhten Kontrollaufwand. Laut der als Anlage B2 vorgelegten Rechnung wurde die Balkontüre am 28.07.2019 eingebaut. Eine Wartung ist bis zum Unfall der Klägerin am 18.12.2019 unstreitig nicht erfolgt. Nach Auffassung des Gerichts wäre eine Kontrolle und Wartung in diesem Zeitraum aufgrund der bestimmungswidrigen Verwendung erforderlich gewesen. Es ist nicht erforderlich, dass der Gefahrenzustand als solcher auf einem Verschulden beruht.
Liegen die objektiven Voraussetzungen vor, ist die Vermutung begründet, dass der Beklagte als Verantwortlicher es schuldhaft unterlassen hat, die zum Zwecke der Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Vermutung umfasst dabei auch den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem vermuteten schuldhaften Verhalten und der Ablösung des Gebäudeteils (OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 573 m.w.N.). Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat, wobei für den Entlastungsbeweis an die Substantiierungs- und Beweispflicht hohe Anforderungen gestellt werden müssen. Erfolgte Kontrollmaßnahmen wurden seitens der Beklagten nach Aufforderung durch das Gericht nicht vorgetragen, so dass davon ausgegangen werden muss, dass solche nicht erfolgt sind. Da es nicht darauf ankam, ob die von der Beklagten zu 1) benannten Zeuginnen keine Auffälligkeiten festgestellt haben, war eine Einvernahme entbehrlich.
IV.  Die Beklagte zu 2) ist Eigentümerin des streitgegenständlichen Anwesens. Als Gebäudeunterhaltspflichtige, die den Verkehr für Kunden der im Anwesen befindlichen vermieteten Ladenlokale eröffnet hat, obliegt der Beklagten zu 2) die allgemeine Rechtspflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern. Die Beklagte zu 2) hat den provisorischen Zugang im Hinterhof während der stattfindenden Bauarbeiten errichten lassen. Ausweislich der Anlagen B1 und B2 hat sie die Firma – Kunststoffbauelemente GmbH & Co auch mit dem Einbau der Balkontüre für den provisorischen Zugang beauftragt. Bezüglich der nicht bestimmungsgemäßen Verwendung dieser Türe und die gesteigerten Kontrollpflichten kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Die Beklagte zu 2) hat die gebotene Sorgfalt nicht beachtet. Nach den Feststellungen des Sachverständigen – war es gerade nicht ausreichend, die Fensterbaufirma zu beauftragen, eine Balkontüre zu errichten. Wie sich aus dem Foto B5 ergibt, wurde die Türe im Vorgriff auf die spätere tatsächliche Nutzung als Balkontüre eingebaut. Die Gefahrerhöhung rührt jedoch von der tatsächlichen Nutzung als Ladeneingangstüre her.
V) Der Klägerin ist kein Mitverschulden anzulasten.
Den Beklagten ist zuzustimmen, dass für die Klägerin bei Betreten des Ladenlokals erkennbar war, dass es sich um einen provisorischen Zugang während der Baustellenphase handelte. Auch war für die Klägerin erkennbar, dass sich am Eingang eine Schwelle und innen eine Rampe befand. Unfallursächlich war jedoch das Lösen des Griffes beim Verlassen des Gebäudes. Der Klägerin ist hier nicht als eigenes Verschulden anzulasten, dass sie kräftiger am Griff gezogen hat, weil sich die Türe nur schwer verschließen ließ, was nicht im Verantwortungsbereich der Kundin lag. Dies war offensichtlich auch dem Umstand geschuldet, dass es sich nicht um eine schwellenlose Haustüre, sondern um eine Türe mit höherer Schwelle -wie dies bei Balkontüren üblich istgehandelt hat. Der Klägerin ist auch nicht als eigenes Verschulden anzulasten, dass sie sich nicht am draußen vorhandenen Geländer festgehalten hat. Legt man die nachvollziehbare Schilderung der Klägerin zugrunde bestand weder die Möglichkeit noch die Veranlassung sich während des Schließens der Türe am Treppengeländer festzuhalten. Das Gericht geht von der glaubhaften und nachvollziehbaren Schilderung der Klägerin aus, dass sie das Gleichgewicht verloren hat. Führt man sich hier das zweite Foto der Anlage K1 vor Augen, auf dem ersichtlich ist wie eng und schmal das vorhandene Podest war, kann auch dies der Klägerin nicht als eigenes Verschulden angelastet werden.
I. Die Klägerin hat unter Würdigung der Gesamtumstände gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000 €.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht die Funktion des Schmerzensgeldes darin, dem Verletzten einen Ausgleich für die erlittenen immateriellen Schäden und ferner Genugtuung für das ihm zugefügte Leid zu geben (BGH Z 18, 194 ff., 154 ff.; 80, 384 ff., 386). Die Schmerzensgeldhöhe ist unter umfassender Berücksichtigung aller für die Bemessung maßgeblichen Umstände festzusetzen und hat in einem angemessenen Verhältnis zur Art und Dauer der Verletzung zu stehen. Dabei kommt dem Gedanken, dass für vergleichbare Verletzungen, unabhängig vom Haftungsgrund, ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist, besondere Bedeutung zu (Palandt, BGB, 78. Auflage, § 253 Rn. 15 m.w.N.).
Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere der Begutachtung durch die Sachverständige Dr. Dr. – hat die Klägerin durch den Sturz am 08.12.2015 eine subkapitale Humerusfraktur rechtsseitig erlitten, sowie eine distale Mehrfragmentfraktur an der rechten Patella mit ausgesprengtem Knorpel an dem distalen Patellapol. Es waren unfallbedingte stationäre Behandlungen im Klinikum Landshut in der Zeit vom 08.12.2015 bis zum 30.12.2015, sowie vom 02.02.2017 bis 03.02.2017 erforderlich. Zudem musste sich die Klägerin einer stationären unfallbedingten Nachbehandlung in der Klinik Rosenhof in – vom 30.12.2015 bis zum 18.01.2016 und einer ambulanten Rehamaßnahme vom 22.02.2017 bis zum 21.03.2017 unterziehen.
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes war somit zu berücksichtigten, dass die Klägerin erheblich verletzt worden ist, sie mehrere Wochen stationär behandelt wurde und zweimal operiert wurde. Sie war zudem stark und mehrere Monate in ihrer Lebensführung eingeschränkt. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit dauerte vom 18.12.2015 bis zum 19.06.2016. Die Klägerin musste für mehrere Wochen eine Bandage an der rechten Schulter tragen, welche die Beweglichkeit des rechten Arms deutlich einschränkte. Des Weiteren war ein sogenannter Klett-Tutor am rechten Kniegelenk angelegt, der die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks limitierte. Zudem ist bei der Klägerin ein unfallbedingter Dauerschaden eingetreten. Es liegt eine deutliche Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks in alle Richtungen vor, wobei von keinerlei zukünftiger Besserung mehr ausgegangen werden kann. Die Oberarmkopffraktur ist mit einer leichten Fehlstellung verheilt, sodass hieraus eine posttraumatische Arthrose im rechten Schultergelenk resultiert. Auch im Bereich des rechten Kniegelenks ist ein Dauerschaden eingetreten, da ein retropatellarer Knorpelschaden verblieben ist. Unter Heranziehung von Vergleichsfällen (OLG München, Urteil vom 14.03.2013, AZ 1 U 3769/11; LG München I, Urteil vom 11.05.2002, AZ 19 U 21411/00; LG Lübeck, Urteil vom 13.10.2004, AZ 12 O 73/04, zitiert nach Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeld-Beträge 2018, 36. Auflage, Nr. 17, Nr. 163 und Nr. 166) erachtet das Gericht ein Schmerzensgeld von 10.000 € für angemessen aber auch erforderlich.
II. Die Klägerin hat auch ein Interesse an der Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden.
Zwar gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes, der eine ganzheitliche Betrachtung und Bemessung gebietet (BGH Z 128, 117 ff., 121 f), die die künftige Entwicklung des Schadensbildes in die Bemessung des Schmerzensgeldes mit einbezieht. Es lässt sich aber eine Aussage darüber, ob in der Zukunft noch Spätfolgen der Unfallverletzungen auftreten, nicht zuverlässig treffen. Dann ist, solange der Eintritt derartiger Schäden nicht ausgeschlossen werden kann, die Möglichkeit von Spätschäden gegeben. Besteht die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts, so reicht dies für das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse grundsätzlich aus. Letzteres darf nur verneint werden, wenn aus der Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH, Urteil vom 20.03.2001, VI ZR 325/99, Juris). Von der Möglichkeit derartiger Spätfolgen des Unfalls ist angesichts der im Gutachten der Sachverständigen Dr. Dr. – festgestellten noch vorhandenen Beeinträchtigungen der Klägerin auszugehen. Zwar wurde seitens der Sachverständigen ausgeführt, dass das wegen der Oberarmkopffraktur einliegende Metallimplantat nicht entfernt werden muss, wenn keinerlei Komplikation bezüglich des Materials eintritt. Es bleibt jedoch nach den Feststellungen der Sachverständigen bei weiter fortschreitender Arthrose des rechten Schultergelenks letztendlich fraglich, ob nochmals ein Eingriff erfolgen müsste, so zum Beispiel gegebenenfalls die Implantation einer Schultergelenksprothese rechtsseitig.
III. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 842, 843 BGB auch wegen ihrer Beeinträchtigung in der Haushaltsführung. Den Haushaltsführungsschaden schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf insgesamt 1.856,13 €.
In dem Verlust der Fähigkeit, weiterhin Haushaltsarbeiten zu verrichten, liegt ein ersatzfähiger Schaden. Bei Bemessung eines Haushaltsführungsschadens darf sich das Gericht in Ermangelung abweichender konkreter Gesichtspunkte grundsätzlich an dem Tabellenwerk von Pardey/Schulz-Borck orientieren (OLG Nürnberg, NJW-RR 2016, 593).
Der Schätzung des Schadens gemäß § 287 ZPO wurde zugrunde gelegt, dass nach diesem Tabellenwerk für den Haushalt einer weiblichen nicht erwerbstätigen Person von einem Zeitaufwand für Hausarbeitstätigkeit bei mittlerem Standard von 25,6 Stunden pro Woche auszugehen ist. Da die Klägerin nur einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht, wurde dieser Wert zugrunde gelegt. Für die Zeiten einer stationären Behandlung des Geschädigten war zudem zu berücksichtigen, dass der Haushaltsführungsschaden wie hier bei Vorliegen eines Ein-Personen-Haushalts deutlich reduziert ist und sich im Allgemeinen auf notwendige Erhaltungsmaßnahmen beschränkt. Für derartige Zeiträume wurde hier eine auf 15% geminderte Bemessung des Haushaltsführungsschadens zugrunde gelegt (vergleiche ebenso OLG Nürnberg, a. a. O.).
Nach den Feststellungen im Gutachten der Sachverständigen Dr. Dr. – befand sich die Klägerin in der Zeit vom 08.12.2015 bis 30.12.2015, vom 30.12.2015 bis 18.01.2016, sowie in der Zeit vom 02.02.2017 bis 03.02.2017 in stationärer Behandlung. Weiterhin lag eine Arbeitsunfähigkeit bis zum 19.06.2016 vor. Zudem hat nach den Ausführungen der Sachverständigen nach Entlassung aus der stationären Behandlung noch eine deutliche Beeinträchtigung in der Haushaltsführung bestanden. Es hat daher in der Zeit vom 23.01.2016 bis zum 05.03.2016 eine Minderung in der Haushaltsführungsfähigkeit von 75% vorgelegen. In der Zeit vom 06.03.2016 bis zum 30.06.2016 ist nach den Feststellungen der Sachverständigen von einer haushaltsspezifischen Beeinträchtigung von 20% auszugehen.
Im Einzelnen:
Unter Würdigung der Gesamtumstände und Zugrundelegung der genannten Tabellen (Schulz-Borck/Pardey, 8. Auflage, Ein-Personen-Haushalt, Anspruchstufe mittel, nicht erwerbstätige Frau) geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin vor dem Vorfall vom 18.12.2015 25,6 Stunden pro Woche im Haushalt tätig war. Als Stundensatz setzt das Gericht unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des OLG München einen Betrag von 8,50 € an.
Gestaffelt nach Zeiträumen ergibt sich folgender Gesamtschaden:
18.12.2015 – 22.01.2016 Stationärer Aufenthalt
5 Wochen á 3,48 Stunden á 8,50 €
15% der sonst üblichen Haushaltstätigkeit
163,20 €
23.01.2016 – 05.03.2016
6 Wochen á 19,2 Stunden á 8,50 €
Beeinträchtigung 75% laut Feststellungen im Gutachten
979,20 €
06.03.2016 – 30.06.2016
16,4 Wochen á 5,12 Stunden á 8,50 €
Beeinträchtigung laut Gutachten 20%
713,73 €
Summe
1.856,13 €
IV. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Ersatz von ihr geleisteter Zuzahlungen in Höhe von insgesamt 265,08 €.
IV) Für den Krankentransport vom 18.12.2015 sind der Klägerin 20 € zu erstatten. Die Erforderlichkeit und Durchführung eines Krankentransportes ergibt sich bereits aus der persönlichen Anhörung der Klägerin sowie der Beklagten zu 1) und den Angaben des Zeugen G.. Die Höhe der Zuzahlung wurde durch das Schreiben der Barmer GEK vom 02.06.2016 (Anlage K10) belegt.
IV) Für die medizinische Fußpflege (Anlage K11) sind der Klägerin 24 € zu erstatten. Nach den Feststellungen der Gutachterin Dr. Dr. – war die Klägerin durch die Nichteinsetzbarkeit des rechten Armes darauf angewiesen, eine Fußpflege durch eine Fremdperson vornehmen zu lassen. Mit dem angelegten Gilchristverband konnte eine Fußpflege von der Klägerin selbst nicht durchgeführt werden.
IV) Die Zuzahlung für Schuheinladen war nicht erstattungsfähig. Nach den Ausführungen der Sachverständigen Dr. Dr. – hatte die Klägerin bereits vor dem Unfallereignis Schuheinlagen getragen. Nach den Ausführungen der Sachverständigen hat die Klägerin unfallunabhängig unter einem Zustand nach Schienbeinkopffraktur rechtsseitig mit entsprechender Gonarthrose gelitten. Die unfallbedingte Verletzung war daher nicht ursächlich für die Erforderlichkeit einer Schuheinlagenneuversorgung.
IV) Die mit der Anlage K13 belegten Zuzahlungen in Höhe von insgesamt 211,08 € für die Physiotherapie waren erstattungsfähig. Nach den Feststellungen der Sachverständigen Dr. Dr. – waren manuelle Therapien und Krankengymnastik erforderlich.
IV) Eine Unfallbedingtheit der Laboruntersuchungen in Höhe von 20,98 € und 29,97 € (Anlage K14, K15) ist nicht nachgewiesen worden.
IV) Auch bezüglich der von Dr. H. mit den Anlagen K16 und K17 abgerechneten Leistungen wurde die Unfallbedingheit nicht nachgewiesen. Es wurde eine Osteodensitometri mit Diagnose Osteoporose, sowie eine Gebühr für „ärztlichen Widerspruch“ abgerechnet. Ein Zusammenhang mit dem Unfallereignis wurde trotz Bestreitens der Beklagten nicht substantiiert vorgetragen bzw. belegt.
IV) Der Klägerin ist die weitere Zuzahlung in Höhe von 10 € zu erstatten. Ausweislich des Belegs Anlage K18 wurde der Klägerin am 18.12.2015 im Klinikum – eine Schulterbandage (Omo Basic) verordnet. Nach den Ausführungen der Sachverständigen Dr. Dr. – musste über einen längeren Zeitraum eine derartige Bandage getragen werden.
Es sind somit insgesamt Zuzahlungen in Höhe von 265,08 € zu erstatten.
V. Der Klägerin ist auch der geltend gemachte Verdienstausfallschaden in Höhe von 2.641,79 € zu bezahlen.
Ausweislich der vorgelegten Verdienstbescheinigungen hat die Klägerin im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung ein Monatsgehalt in Höhe von 417,47 € durchschnittlich erzielt. Mit der Gehaltsabrechnung 12/2015 wurde der Zeitraum 01.12.2015 bis 31.12.2015 vergütet. Die Klägerin erhielt in diesem Zeitraum einen Nettolohn in Höhe von 280,50 €. Der Verdienstausfall für den Monat Dezember 2015 beträgt daher 136,97 €. Die Klägerin konnte erst im Juli 2016 wieder ihrer geringfügigen Beschäftigung nachgehen (Gehaltsabrechnung 07/2016, Anlage K9, Arbeitsunfähigkeit laut Gutachten bis 19.06.2016). In den Monaten Januar bis einschließlich Juni 21016 hatte die Klägerin daher einen monatlichen Verdienstausfall in Höhe von je 417,47 €, mithin insgesamt in Höhe von 2.504,82 €. Insgesamt bestand daher ein Verdienstausfall in Höhe von 2.641,79 €.
VI. Die Klägerin kann von den Beklagten Freistellung bezüglich der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten gemäß § 249 BGB in Höhe von 1.100,51 € verlangen. Die Klägerin wurde seitens ihrer Rechtsschutzversicherung ermächtigt, den Betrag von den Beklagten geltend zu machen. Da die Bezahlung durch die Beklagten bestritten wurde, war insoweit lediglich dem Hilfsantrag der Klägerin auf Freistellung zu entsprechen. Die Gebühren berechnen sich wie folgt: 1,3 Gebühr aus 18.763 € 904,80 € Post- und Telekommunikationspauschale 20,00 € 19% Umsatzsteuer 175,71 € Summe 1.100,51 €
VII. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus Verzug gemäß §§ 286, 288 BGB. Die Ansprüche der Klägerin wurden nach Geltendmachung insgesamt zurückgewiesen.
VIII. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Der Streitwert ergibt sich aus der Addition der Zahlungsanträge mit dem von der Klägerin angegebenen Wert der beiden weiteren Anträge (Schmerzensgeld 10.000 €, Feststellungsantrag 4.000 €).

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