Insolvenzrecht

Keine Stundung der Verfahrenskosten nach Verletzung von Aufklärungs- und Mitwirkungspflichten in früherem Verfahren

Aktenzeichen  IK 459/17

Datum:
12.9.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZVI – 2018, 199
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
InsO § 4c, § 287a Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 290 Abs. 1 Nr. 5

 

Leitsatz

Wird in einem früheren Insolvenzverfahren die bewilligte Kostenstundung aufgehoben, weil der Schuldner die ihm obliegenden Aufklärungs- und Mitwirkungspflichten verletzt hat, fehlt einem Antrag auf Kostenstundung in einem neuen Verfahren für die Dauer von drei Jahren das Rechtsschutzbedürfnis (entgegen BGH BeckRS 2017, 112890). (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die von dem Schuldner beantragte Stundung der Verfahrenskosten wird vollumfänglich abgelehnt.

Gründe

I.
Der Schuldner hat mit Schreiben vom 24.05.2017 Restschuldbefreiung und mit Schreiben vom 24.05.2017 Stundung der Verfahrenskosten beantragt. Dem Stundungsantrag war eine Erklärung darüber beigefügt, dass die in § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO genannten Gründe zur Versagung der Restschuldbefreiung nicht vorliegen.
Bereits in einem auf den eigenen Antrag des Schuldners vom 09.10.2014 eingeleitetem Verfahren vor dem Amtsgericht Memmingen (Az.: 3 IK 207/14) beantragte der Schuldner die Erteilung der Restschuldbefreiung und Stundung der Kosten des Verfahrens. Mit Beschluss des Amtsgerichts Memmingen vom 07.04.2016 wurde die zunächst mit Beschluss des Amtsgerichts Memmingen vom 16.10.2014 bewilligte Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens mit der Begründung aufgehoben, dass der Schuldner eine vom Gericht verlangte Erklärung über seine wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse nicht abgegeben habe. Auf das Schreiben des Gerichts vom 09.03.2016 sowie auf diverse Schreiben des Treuhänders sei keinerlei Reaktion des Schuldners erfolgt. Das Verhalten des Schuldners stelle sich als schwere Pflichtverletzung dar, die eine Aufhebung der Stundung rechtfertige. Mit Beschluss des Amtsgerichts Memmingen vom 23.11.2016, rechtskräftig seit dem 21.12.2016, wurde das Insolvenzverfahren (Az.: 3 IK 207/14) mangels einer die Kosten des Verfahrens deckende Masse gemäß § 207 Abs. 1 InsO eingestellt.
II.
Der Kostenstundungsantrag des Schuldners war vollumfänglich abzulehnen, da dem Antrag zum gegenwärtigen Zeitpunkt das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Zwar ist der Stundungsantrag nicht bereits deswegen abzulehnen, weil vor dem Hintergrund des Verstoßes des Schuldners gegen die ihm obliegenden Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im Verfahren des Amtsgerichts Memmingen, Az.: 3 IK 207/14, der Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gemäß § 287a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO unzulässig wäre, weil eine Versagung der Restschuldbefreiung im Verfahren des Amtsgerichts Memmingen, Az.: 3 IK 207/14, bereits vor dem Hintergrund der Einstellung des Verfahrens nach § 207 Abs. 1 InsO nicht erfolgen konnte. Jedoch ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung zur Aufhebung der Stundung gemäß § 4c InsO, welche darin besteht, nur einem redlichen Schuldner, der seinen verfahrensfördernden Obliegenheiten nachkommt, in den Genuss einer Verfahrenskostenstundung kommen zu lassen, im Zusammenhang mit den Regelungen betreffend die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 287a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO i.V.m. § 290 Abs. 1 Nummer 5 InsO, welchen der gleiche Sinn und Zweck zugrunde liegt, dass dem Schuldner vor dem Hintergrund der erst mit Beschluss vom 07.04.2016 erfolgten Aufhebung der Bewilligung einer Kostenstundung im Verfahren des Amtsgerichts Memmingen, Az.: 3 IK 207/14, derzeit das Rechtsschutzbedürfnis für einen weiteren im gegenständlichen Verfahren gestellten Antrag auf Stundung der Kosten des Verfahrens fehlt (vgl. auch AG Hamburg, Beschluss vom 04.01.2010, Az.: 67g IN 454/09).
Dem Schuldner ist zwar nicht die Möglichkeit der Erlangung der Restschuldbefreiung zu versagen, soweit im Antragsverfahren nicht die Voraussetzungen der §§ 287a, 290 InsO erfüllt sind. Jedoch ist dem Schuldner zu versagen dies auf Kosten der Landeskasse zu erreichen, soweit er dies durch einen erneuten Antrag anstrebt und die Kostenstundung, wie hier, in einem nicht lange zurückliegenden Verfahren infolge Verstoßes des Schuldners gegen die ihm obliegenden Auskunfts- und Mitwirkungspflichten aufgehoben wurde, weil der Schuldner eine vom Gericht verlangte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht abgegeben hat. Ein anderes Ergebnis würde entgegen dem Sinn und Zweck nur einem redlichen Schuldner, der seinen verfahrensfördernden Obliegenheiten nachkommt, in den Genuss einer Verfahrenskostenstundung kommen zu lassen, in solchen Fällen wie hier, auch einem unredlichen Schuldner unbegrenzt die Möglichkeit eröffnen auf Kosten der Landeskasse das Insolvenzverfahren durchzuführen und die Restschuldbefreiung zu erlangen. Dies würde die Regelung des § 4c InsO jedoch unterlaufen und letztlich den angestrebten Zweck zuwiderlaufen, da der Schuldner es lediglich auf die Einstellung des Verfahrens nach § 207 Abs. 1 InsO ankommen lassen brauch, um dann einen neuen Antrag zu stellen.
In Anlehnung an die Regelung des § 287a Abs. 2 Satz 1 InsO erscheint hier eine Sperrfrist von 3 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sachgerecht. Da im Verfahren des Amtsgerichts Memmingen, Az.: 3 IK 207/14, mit Beschluss des Amtsgerichts Memmingen erst am 07.04.2016 die Kostenstundung betreffend den Schuldner aufgehoben wurde, fehlt entsprechend obigen Ausführungen hier das Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Antrag auf Stundung der Kosten des Verfahrens, da die Sperrfrist von 3 Jahren noch nicht abgelaufen ist. Mithin war der Kostenstundungsantrag vollumfänglich abzulehnen. Dem Schuldner steht es insoweit jedoch weiterhin frei nach Leistung eines Massekostenvorschusses die Durchführung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen und die Erteilung der Restschuldbefreiung innerhalb dem dafür vorgesehenen Verfahren zu erreichen.


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