IT- und Medienrecht

AGB, Unterlassungsanspruch, Unterlassung, Unterlassungsantrag, Auslegung, Ordnungshaft, Ordnungsgeld, Umfang, Anlage, Unterlassungsbegehren, Verbraucher, Veranstaltung, Streitgegenstand, Zuwiderhandlung, Androhung eines Ordnungsgeldes

Aktenzeichen  4 HK O 1503/22

Datum:
4.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 7920
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 02.03.2022 wird mit der Maßgabe bestätigt, dass Ziffer 1. lautet wie folgt:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu zweihundertfünfzigtausend Euro oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann – wegen jeder Zuwiderhandlung
untersagt,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Verbrauchern gemäß § 13 BGB Optionen auf Zuteilung einer Tischreservierung für die Festhalle der Gläubigerin („Augustiner Festhalle“) auf dem Oktoberfest 2022 auf der Online-Verkaufsplattform www.oktoberfest-tischreservierungen.de anzubieten oder anbieten zu lassen, ohne deutlich und transparent darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei lediglich um ein Optionsrecht handelt, das noch keine Tischreservierung mit entsprechendem Besuchsrecht und den hierfür erforderlichen Unterlagen für die jeweilige Veranstaltung der Antragstellerin in ihrer Festhalle auf dem Oktoberfest 2022 beinhaltet, wie geschehen in Anlage Ast 2 und Ast 3.
2. Die Antragsgegnerin trägt die weiteren Kosten des Rechtstreits.

Gründe

Die einstweilige Verfügung war mit der zuletzt beantragten und erfolgten Konkretisierung zu bestätigen, da der Antragstellerin ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3, Abs. 2; 5 Abs. 1, S. 2, Nr. 1; 8 Abs. 1, Abs. 3, Nr. 3 UWG zusteht.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Zwar darf nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ein Unterlassungsantrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, letztlich dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Aus diesem Grunde sind Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er kein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Wiedergabe des gesetzlichen Verbotstatbestands in der Antragsformulierung ist auch unschädlich, wenn sich das mit dem nicht hinreichend klaren Antrag begehrte durch Auslegung und der Heranziehung des Sachvortrags des Klägers eindeutig ergibt, und die betreffende tatsächliche Gestaltung zwischen den Parteien nicht infrage steht, sondern sich deren Streit auf die rechtliche Qualifizierung der angegriffenen Verhaltensweise beschränkt (ständige Rechtsprechung, BGH WRP 2017, 426-ARD-Buffet, m.w.N.).
So liegt der Fall hier. Die Antragstellerin hatte bereits in ihrem Verfügungsantrag auf die konkreten Verletzungsformen (Anlage AST 2 u. AST 3) Bezug genommen und in ihrem Verfügungsantrag deutlich ausgeführt, dass sie sich dagegen wendet, dass die Antragsgegnerin mit ihrem Verkaufsangebot den Eindruck einer sofortigen Verfügbarkeit von Tischreservierungen in der Festhalle der Antragstellerin vorspiegelt, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Tischreservierungen existierten, welche ein Zutrittsrecht zu einer der genannten Veranstaltungen gewähren könnten (vgl. Seite 2-5 der Antragsschrift).
Es war für die Antragsgegnerin deshalb bereits bei Erlass der einstweiligen Verfügung im Beschlusswege ersichtlich, welches Handeln sie zu unterlassen hatte.
Weiter konkretisiert wurde es noch durch die in der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2022 vorgenommenen Präzisierung des Antrags. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war daher nicht als unzulässig zurückzuweisen.
2. Der Antrag ist auch begründet, da die Antragsgegnerin mit der Gestaltung ihrer Website wie aus den Anlagen AST 2 und AST 3 ersichtlich, den angesprochenen Verkehrskreisen in irreführender Weise vorspiegelt, sie sei bereits im Besitz von Tischreservierungen mit den dazugehörigen Einlassunterlagen, die sie an die Kunden, die deutlich überhöhte Preise für die Tischreservierung zahlen, weiterleiten könne.
a) Dieser Eindruck entsteht insbesondere dadurch, dass unter dem vom Kunden verlangten Preis in grüner Schrift die Formulierung „vorrätig“ steht und auf etwa gleicher Höhe auf der linken Seite mitgeteilt wird, dass die Reservierungsunterlagen (Einlassbändchen oder -karten, Verzehrgutscheine und Reservierungsschreiben) per Express verschickt werden. Wer bei einem Anklicken eines bestimmten Tisches für eine bestimmte Personenanzahl zu einem bestimmten Tag und einer bestimmten Uhrzeit, wie es auf der Website der Antragsgegnerin erfolgte, unter dem Preis angibt, die Tickets seien vorrätig, suggeriert hiermit, dass der Verkäufer, der mit dem Expressversand der Einlassbändchen und Unterlagen wirbt, tatsächlich bereits im Besitz entsprechender Reservierungen und der entsprechenden Einlassunterlagen ist. Dies war jedoch unstreitig zum Zeitpunkt der Abmahnung und der Beantragung der einstweiligen Verfügung nicht der Fall.
b) Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Antragsgegnerin an späterer Stelle in einem grauen Kasten unter den Überschriften „Informationen und Optionserwerb“ ausführt, dass der Kunde eine verbindliche Option auf Zuteilung der von ihm gewünschten Tischreservierung erwirbt. Auch hieraus wird nämlich für den durchschnittlichen Verbraucher nicht eindeutig klar, was er nun zum Zeitpunkt der Bestellung und Bezahlung von der Antragsgegnerin erhält. Vielmehr wird durch die Formulierung „verbindlich“ sogar der irreführende Eindruck erweckt, die sogenannte Option sei für die Antragsgegnerin verbindlich. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall, weil die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Bestellung noch gar nicht sicher weiß, ob sie die Reservierungswünsche für das Oktoberfest, dessen Durchführung auch noch nicht final feststeht, erfüllen kann.
Die einstweilige Verfügung war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zu bestätigen.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben