IT- und Medienrecht

Bewertungsdarstellung auf Internetplattform: Beeinträchtigung durch Bezeichnung von Beiträgen als “empfohlen” oder “nicht empfohlen”

Aktenzeichen  VI ZR 495/18

Datum:
14.1.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2020:140120UVIZR495.18.0
Normen:
Art 7 Nr 2 EGV 44/2001
Art 1 Abs 1 S 1 EGV 864/2007
Art 1 Abs 2 Buchst g EGV 864/2007
Art 40 Abs 1 S 2 BGBEG
§ 823 Abs 1 BGB
§ 824 Abs 1 BGB
§ 1004 Abs 1 BGB
Spruchkörper:
6. Zivilsenat

Leitsatz

Zur Zulässigkeit der Bewertungsdarstellung eines Unternehmens in einem Internet-Bewertungsportal (hier:www.yelp.de).

Verfahrensgang

vorgehend OLG München, 13. November 2018, Az: 18 U 1280/16 Pre, Urteilvorgehend LG München I, 12. Februar 2016, Az: 25 O 24644/14

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 13. November 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 12. Februar 2016 wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelinstanzen trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Klägerin nimmt wegen Bewertungsdarstellungen auf einem Internetportal dessen Betreiber auf Unterlassung, Feststellung und Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Beklagte, eine Gesellschaft mit Sitz in Irland, betreibt im Internet unter www.yelp.de ein Bewertungsportal. Darin können angemeldete Nutzer Unternehmen in Beiträgen durch die Vergabe von einem bis zu fünf Sternen und einen Text bewerten. Das Internetportal zeigt alle Nutzerbeiträge an und stuft sie entweder als “empfohlen” oder als “(momentan) nicht empfohlen” ein. Diese Einstufung erfolgt ohne manuelle Kontrolle durch eine Software automatisiert und tagesaktuell. Bei Aufruf eines Unternehmens werden mit dessen Bezeichnung und Darstellung bis zu fünf Sterne angezeigt, die dem Durchschnitt der Vergabe in den “empfohlenen” Nutzerbeiträgen entsprechen (Bewertungsdurchschnitt). Unmittelbar neben der Angabe des Bewertungsdurchschnitts steht “[Anzahl] Beiträge”. Unter der Darstellung des Unternehmens ist eine entsprechende Anzahl von Bewertungen – überschrieben mit “Empfohlene Beiträge für [Unternehmen]” – jeweils mit den vergebenen Sternen und dem Text wiedergegeben. Am Ende dieser Wiedergabe steht “[Anzahl] andere Beiträge, die momentan nicht empfohlen werden”. Nach Anklicken der daneben befindlichen Schaltfläche wird folgender Text angezeigt:
“Was sind empfohlene Beiträge?
Unsere User veröffentlichen auf Yelp Millionen von Beiträgen. Aus diesem Grund benutzen wir eine automatisierte Software um die hilfreichsten Beiträge hervorzuheben. Diese Software zieht mehrere Faktoren in Betracht, wie z.B. die Qualität, die Vertrauenswürdigkeit und die bisherige Aktivität des Users auf Yelp. Dieser Vorgang ist gleich für alle Geschäftsauflistungen und hat nichts damit zu tun ob ein Unternehmen ein Anzeigenkunde bei uns ist oder nicht. Die Beiträge die nicht direkt auf der Geschäftsseite hervorgehoben und auch nicht in die Gesamtbewertung einberechnet werden sind aber unten aufgeführt. Hier mehr darüber erfahren.”
3
Darunter befindet sich die Überschrift “[Anzahl] Beiträge für [Unternehmen] werden momentan nicht empfohlen” mit dem nachfolgenden “Hinweis: Die Beiträge unten werden nicht in der gesamten Sternchen-Bewertung für das Geschäft berücksichtigt.” Danach folgt die Wiedergabe der nicht empfohlenen Beiträge jeweils mit den vergebenen Sternen und dem Text.
4
Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betreibt zwei Fitness-Studios in Grafing und Brunnthal. Zum Fitness-Studio in Brunnthal zeigte das Bewertungsportal am 6. Februar 2014 aufgrund drei empfohlener Beiträge drei Sterne und 24 ältere Beiträge mit überwiegend positiven Bewertungen als momentan nicht empfohlen an. Zum Fitness-Studio in Grafing zeigte das Bewertungsportal am 6. Februar 2014 aufgrund zwei empfohlener Beiträge 2,5 Sterne und 74 ältere Beiträge mit überwiegend vier oder fünf Sternen als momentan nicht empfohlen an.
5
Nach Auffassung der Klägerin hat die Beklagte den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass die Bewertungsdurchschnitte aller Beiträge angezeigt worden seien. Die Unterscheidung zwischen empfohlenen und momentan nicht empfohlenen Beiträgen sei willkürlich und nicht anhand nachvollziehbarer Kriterien erfolgt, wodurch ein verzerrtes und unrichtiges Gesamtbild entstehe. Bei dem Herausfiltern von mehr als 90% der abgegebenen und durchweg positiven Beiträge stehe die Herabsetzung des Unternehmens im Vordergrund. Die Klägerin behauptet, dass deshalb zahlreiche Neukunden die Fitness-Studios bei ihrer Auswahl nicht berücksichtigten.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, im Gebiet der Bundesrepublik auf der Internetseite www.yelp.de für die Fitness-Studios eine Gesamtbewertung oder eine Gesamtzahl der Bewertungen auszuweisen, in die Beiträge (Bewertungen), die von Nutzern der vorgenannten Internetseite abgegeben worden waren und welche die Beklagte als “momentan nicht empfohlen” wertet, nicht einbezogen werden, wie geschehen am 6. Februar 2014. Außerdem hat das Oberlandesgericht die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz entstandenen sowie noch entstehenden Schadens festgestellt und die Beklagte zur Zahlung von Rechtsanwaltskosten verurteilt. Hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Zinsen ist die Berufung zurückgewiesen worden. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.


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