IT- und Medienrecht

Darlegungslast im Falle der Berufung auf ein Benutzungsrecht im Patentverletzungsprozess

Aktenzeichen  21 O 7852/18

Datum:
13.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2019, 58114
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
PatG § 9, § 139, § 140a, § 140b
BGB § 242, § 259, § 260

 

Leitsatz

1. Wer gegenüber dem Vorwurf der Patentverletzung hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform ein Benutzungsrecht geltend macht, hat für diese Behauptung – wie im Falle des Erschöpfungs-Einwands – darzulegen und zu beweisen, dass jeder Gegenstand (=objektbezogen) tatsächlich mit Billigung des Schutzrechtsinhabers in Verkehr gebracht wurde. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2. Von einem Benutzungsrecht hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsformen kann nicht ausgegangen werden, wenn die als Lizenznehmer benannten Unternehmen die streitgegenständlichen Produkte nicht als eigene identifizieren. (Rn. 42 – 45) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an deren Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,
Lichtquellen, die geeignet sind, weißes Licht zu erzeugen, umfassend eine Licht-Emittierende-Diode (LED) zur Emission einer blauen und/oder ultravioletten Strahlung, und mindestens einen Luminophor, der einen Teil der blauen und/oder ultravioletten Strahlung absorbiert und selbst Strahlung in einem anderen Spektralbereich emittiert, dadurch gekennzeichnet, dass
– der Luminophor ein mit zweiwertigem Europium aktiviertes Erdalkaliorthosilikat einer der nachfolgenden Zusammensetzungen oder einer Mischung aus diesen Zusammensetzungen ist:
a) (2-x-y) SrO · x(Bau, Cav) O · (1-a-b-c-d) SiO₂ · aP2O5 bAl2O3 cB2O3 dGeO₂: yEu2+ wobei
0 ≤ x < 1,6 0,005 < y < 0,5 x + y ≤ 1,6 0 ≤ a, b, c, d < 0,5 u + v = 1 gilt,
b) (2-x-y) BaO · x(Sru, Cav) O · (1-a-b-c-d) SiO₂ · aP2O5 bAl2O3 cB2O3 dGeO₂:y Eu2+ wobei
0,01 < x < 1,6 0,005< y < 0,5 0 ≤ a, b, c, d < 0, u+v=1 x - u ≥ 0,4 gilt;
– der Luminophor Strahlung im gelb-grünen, gelben oder orangefarbigen Spektralbereich emittiert, deren Charakteristik von den Parametern x,y, u, v, a, b, c und d abhängig ist;
– durch Auswahl der Parameter in den genannten Bereichen die Farbtemperatur und der Farbwiedergabeindex des erzeugten weißen Lichts einstellbar sind, wobei die mittlere Korngröße d50 der Volumenverteilung des Luminophors zwischen 2 μm und 20 μm liegt,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu diesem Zweck einzuführen oder zu besitzen (Anspruch 1 des EP 1 352 431);
2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die gemäß Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 21. Mai 2010 begangen hat und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziffer I.1. seit dem 21. Mai 2010 begangen hat und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie – im Falle von mehreren Teilbestellungen – durch Kennzeichnung der jeweils zusammenhängenden Teile der Bestellungen,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch seine Einschaltung entstehenden Kosten trägt und zugleich ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Abnehmer, Angebotsempfänger und/oder Lieferungen in den erteilten Rechnungen enthalten sind, wobei die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben betreffend vorstehend b) und c) durch Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen oder einem geeigneten Zugang dazu, hilfsweise: durch Übermittlung von Belegen (Rechnungen in Kopie), nachzuweisen ist, wobei geheimhaltungspflichtige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
4. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
5. an die Klägerin EUR 15.341,48 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. April 2018 zu zahlen;
6. die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 21. Mai 2010 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf die gerichtlich (Urteil des … vom …) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die durch die gemäß Ziffer I.1. bezeichneten und seit dem 21. Mai 2010 begangenen Handlungen entstanden sind und noch entstehen werden.
III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar jeweils gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung von
– 125.000,00 EUR für Ziff. I.1. (Unterlassung) und I.5 (Rückruf),
– 25.000,00 EUR für Ziff. I.2 (Auskunft) und I.3 (Rechnungslegung),
– 25.000,00 EUR für Ziff. I.4 (Vernichtung),
– im Übrigen in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 250.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.
A.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte den geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Rückruf und Vernichtung sowie Schadensersatz.
I.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte gemäß § 139 Abs. 1 PatG i. V. m. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG ein Anspruch auf Unterlassung des Herstellens, Anbietens, Inverkehrbringens, Gebrauchens der angegriffenen Ausführungsform oder des Einführens und Besitzens zu diesen Zwecken zu. Die angegriffene Ausführungsformen verwirklichen die Merkmale des geltend gemachten Anspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß.
Die Verletzung des Klagepatents durch die angegriffenen Ausführungsformen wurde seitens der Beklagten nicht in Abrede gestellt.
Die Beklagte beruft sich insoweit allerdings auf Erschöpfung bzw. auf ein Benutzungsrecht aus einer Lizenz. Unabhängig davon, ob vorliegend – wie von der Beklagten behauptet – ein Unterschied zwischen der Erschöpfung und einem Benutzungsrecht aus einer Lizenz zu machen ist, trägt hierfür jedoch die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast. Dieser ist die Beklagte jedoch nicht ausreichend nachgekommen, so dass sie sich vorliegend auf Erschöpfung bzw. Lizenz nicht mit Erfolg berufen kann.
1. Erschöpfung tritt ein, sobald der Patentinhaber oder der sonst Berechtigte wie der Lizenznehmer den geschützten Gegenstand im Inland bzw. Unionsgebiet in Verkehr gebracht hat (vgl. etwa Busse/Keukenschrijver, PatG, § 9 Rn. 149 m.w.N.). Die Wirkung der Erschöpfung ist bei Erzeugnissen dabei objektbezogen – sie tritt also nur für den Gegenstand ein, der mit Billigung des Berechtigten in Verkehr gebracht wurde (vgl. etwa Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, Kap. E, Rn. 636 ff. m.w.N.). Inverkehrbringen ist dabei jede Handlung, die einem Dritten die tatsächliche Verfügungsmacht zur Benutzung des Erzeugnisses verschafft (Mes, PatG, § 9, Rn. 46).
Da der vom Klagepatent geschützte Gegenstand die Lichtquelle ist, die nur einen Teil der angegriffenen Ausführungsform ausmacht, ließe sich mit der Beklagten argumentieren, dass das Inverkehrbringen nicht auf dem Gebiet der Europäischen Union stattfindet. Denn die Lichtquelle wird unstreitig von anderen Unternehmen hergestellt als dem der angegriffenen Ausführungsformen. Damit läge bei Lieferung der Lichtquelle an den Hersteller der angegriffenen Ausführungsformen (bzw. an den jeweiligen Displayhersteller) möglicherweise bereits ein Inverkehrbringen außerhalb der Europäischen Union vor.
Dies würde jedoch bedeuten, dass der Beklagten die Berufung auf Erschöpfung grundsätzlich abgeschnitten wäre, da das Klagepatent Schutz nur für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bzw. der Europäischen Union beansprucht und beanspruchen kann (Territorialitätsprinzip) und ein für die angegriffenen Ausführungsformen relevantes Inverkehrbringen eben erst auf diesem Gebiet stattfinden kann. Die angegriffenen Ausführungsformen würden daher erst durch den Import in die Europäische Union in Verkehr gebracht – unabhängig davon, was außerhalb der Europäischen Union im Rahmen der Herstellung passiert ist.
2. Wohl aus diesem Grund beruft sich die Beklagte auf ein „Benutzungsrecht“, nämlich dass sämtliche angegriffene Ausführungsformen Displays enthalten, die Lichtquellen von Herstellern enthalten, die Lizenzen für den weltweiten Vertrieb patentgemäßer Lichtquellen besitzen. Für diese Behauptung gilt jedoch keine von der Erschöpfung abweichende Darlegungs- und Beweislast gelten. Auch hier muss die Beklagte darlegen und beweisen, dass jeder Gegenstand (=objektbezogen) tatsächlich mit Billigung des bzw. der Schutzrechtsinhaber in Verkehr gebracht wurde – nämlich entsprechend eines derartigen Lizenzvertrags. Dies hat die Beklagte zur Überzeugung der Kammer nicht getan.
3. Die Beklagte trägt vor, dass sämtliche LEDs in den angegriffenen Ausführungsformen von von den Herstellern L Electronics Corp., O Co. Ldt. bzw. O Co. Ltd. stammen würden.
Genauer lässt sich der Vortrag der Beklagten nach folgender Tabelle gliedern:
Angegriffene Ausführungsform
Displayhersteller
LED-Hersteller
(-ProjektA16)
T
S
(-ProjektA32MG)
M
L
(-ProjektV36MG)
T
S
S n
S i
Dem ist die Klägerin substantiiert entgegengetreten. Hervorzuheben ist hier insbesondere die vorgelegte Anlage K (431) 42, in der die Firma S J mitteilt, dass keine einzige der seitens der Klägerin in verschiedenen – Modellen (darunter insbesondere auch das Modell „“) festgestellten LEDs von ihr stamme. Dies wird bekräftigt durch die vorgelegten Anlagen K (431) 43 – 45. So teilte die Fa. S in weiterer Korrespondenz auf i Vorlage entsprechender Fotografien der seitens der Klägerin in den angegriffenen Ausführungsformen „“ und „aufgefundenen LEDs mit, dass keine einzige der vorgelegten LEDs von ihr stamme. Insbesondere fehle das Herstellerlogo „JF“.
Diesem Vortrag der Klägerin ist die Beklagte nicht ausreichend entgegengetreten. Nach dem Vortrag der Beklagten hätte die Fa. S i zumindest die LEDs aus den Modellen „“ als eigene identifizieren müssen. Dies hat sie nicht getan.
Soweit die Beklagte diesbezüglich bestreitet, dass die seitens der Klägerin an die Hersteller übersandten Fotografien von LEDs aus angegriffenen Ausführungsformen stammen würden, die im Rahmen von Testkäufen in der Bundesrepublik Deutschland stammen, erachtet die Kammer dieses Bestreiten als nicht ausreichend. Aus dem Beklagtenvortag ergibt sich an keiner Stelle, dass es weitere Hersteller der LEDs in den angegriffenen Ausführungsformen gibt, die über keine Lizenz verfügen sollen. Sie hat insbesondere nicht dargelegt, aus welchen Alternativquellen die LEDs stammen könnten und wie sich die Testergebnisse der Klägerin in anderer Weise erklären lassen würden.
Soweit die Beklagte außerdem anbringt, die Aufnahmen der Klägerin seien „verschwommen und unergiebig“ kann auch dies nicht überzeugen. Die Aufnahmen waren insbesondere dazu geeignet, dass die Fa. S J i ihr Herstellerlogo hätte erkennen können – wenn es auf den LEDs abgedruckt gewesen wäre. Dies konnte sie jedoch nicht. Im Übrigen hat sich im Rahmen der Korrespondenz keine der angeschriebenen Herstellerfirmen über die mangelnde Qualität der Fotografien beschwert und sich etwa geweigert, eine Einschätzung abzugeben.
Die Beklagte hat auch keinen Beweis angeboten, der geeignet wäre, die Feststellungen der Klägerin zu entkräften. Ein solcher Beweis ist im Übrigen schwer vorstellbar, da die Beklagte erklären müsste, wie die Testergebnisse der Klägerin zu erklären sind und beweisen müsste, dass trotzdem nur lizenzierte Produkte auf den deutschen Markt gebracht wurden.
Insgesamt ist die Kammer vor diesem Hintergrund daher davon überzeugt, dass auf dem deutschen Markt – zumindest auch – Produkte in den Verkehr gebracht wurden, die nicht aus lizenzierten Quellen stammen.
II.
Die mit Klageanträgen Ziffern I.2. (Auskunft), I.3. (Rechnungslegung), I.4. (Vernichtung), I.5. (Schadensersatz im Hinblick auf die Abmahnkosten), I.6. (Rückruf) und II. (Schadensersatzfeststellung) geltend gemachten Folgeansprüche stehen der Klägerin ebenfalls zu.
1. Die Beklagte ist der Klägerin aufgrund des zumindest fahrlässigen Handelns, von dem in Anbetracht der hohen Sorgfaltsanforderungen auszugehen ist, aus § 139 Abs. 2 PatG zum Schadensersatz verpflichtet.
Insofern greift der mangelnde Verschuldenseinwand der Beklagten als „Sortimenter“ nicht durch. Die Anforderungen an die erforderliche Sorgfalt im gewerblichen Rechtsschutz sind bekanntlich streng (vgl. etwa Busse/Keukenschrijver, PatG, § 139, Rn. 105 m.w.N.). Auch ein lediglich vertreibendes Unternehmen muss sich über die Schutzrechtslage informieren, selbst dann, wenn die Prüfung wegen der technischen Komplexität mit erhöhtem Aufwand verbunden ist (Busse/Keukenschrijver aaO.). Die Beklagte hat insoweit nicht einmal vorgetragen, irgendeine Prüfung auf die Verletzung absoluter Rechte Dritte zumindest durchgeführt zu haben.
a) Da die Klägerin die zur Berechnung des Schadensersatzanspruches notwendigen Auskünfte noch nicht erhalten hat, war die beantragte Feststellung des Schadensersatzanspruches auszusprechen.
b) Insoweit waren auch die von der Klägerin begehrten Abmahnkosten in Höhe von 15.341,48 EUR als ersatzfähiger Schaden auszusprechen.
Soweit die Beklagte sich diesbezüglich darauf beruft, dass die Abmahnung unwirksam gewesen sei, weil die Aktivlegitimation nicht ausreichend dargelegt worden sei, überzeugt dies nicht. Bei der Abmahnung vom 06.03.2018 (Anlage K (431) 24) standen Unterlassungsansprüche im Vordergrund. Die Klägerin hat sich diesbezüglich auf ihre Mitinhaberschaft berufen und die Patentschrift, aus der sich diese ergibt, der Abmahnung angefügt. Dies ist ausreichend, da die Klägerin aus der Patentschrift als Mitinhaberin erkennbar ist. Denn jeder Mitinhaber kann für sich ohne die anderen Mitinhaber Unterlassung verlangen.
Soweit die Klägerin in der Abmahnung auch Nebenansprüche geltend machte, ist grundsätzlich nur eine Haftung gegenüber den Mitinhabern als Gesamtschuldner gegeben. Diese hat die Klägerin in der Abmahnung zwar nicht gefordert; es wäre der Beklagten jedoch ohne weiteres möglich gewesen, die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung entsprechend anzupassen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang außerdem, dass die Klägerin sich in der Abmahnung auf den bereits geführten Patentverletzungsprozess vor dem Landgericht München I gegen eine Kundin der Beklagten berufen hat. Vor diesem Hintergrund erachtet die Kammer die Abmahnung als wirksam, da sie insbesondere nicht zu weitgehend war.
c) Der geltend gemachte Zins ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich in Verzug, da sie mit ihrem Schreiben vom 05.04.2018 (Anlage K (431) 25) die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB).
2. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch ergibt sich aus § 140b PatG sowie aus Gewohnheitsrecht in Verbindung mit §§ 242, 259, 260 BGB, da die Klägerin nicht über die notwendigen Informationen verfügt, die Beklagte dagegen ohne Weiteres Auskunft erteilen kann.
3. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Rückruf und Vernichtung der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich § 140a PatG.
B.
Das Klagegepatent ist rechtsbeständig. Ein Rechtsbestandsangriff erfolgt nicht mehr; eine Aussetzung hat die Beklagte nicht beantragt.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO. Die Sicherheitsleistung für Ziffern I.1. und 5. des Tenors (Unterlassung und Rückruf) war nach § 709 S. 1 ZPO mit 125.000,00 EUR festzusetzen, für die Ziffern I.2., I.3. und I.4. (Auskunft, Rechnungslegung und Vernichtung) mit jeweils 25.000,00 EUR.


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