IT- und Medienrecht

Erlaubnis zur Veranstaltung einer öffentlichen Vergnügung

Aktenzeichen  B 1 K 16.491

Datum:
15.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 147383
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LStVG Art. 19 Abs. 4 S. 1

 

Leitsatz

1. Die Vorschrift des Art. 19 Abs. 4 S. 1 LStVG ist zugunsten der von der Vergnügungsveranstaltung qualifiziert betroffenen Nachbarn drittschützend, die allerdings nicht sämtliche möglicherweise gegen die Rechtmäßigkeit der Erlaubnis sprechenden Aspekte, sondern lediglich die Verletzung ihrer eigenen subjektiv-öffentlichen Rechte rügen können. (Rn. 55) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die tatrichterliche Bestimmung der Erheblichkeit von Lärmimmissionen einer Vergnügungsveranstaltung erfolgt auf Grund einer Abwägung unter umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und eines Ausgleichs der widerstreitenden Intessen, wobei die Freizeitlärmrichtwerte nicht schematisch, sondern als bloße Orientierungshilfe herangezogen werden. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auf Grund der Üblichkeit, der kulturellen Bedeutung und des hohen Stellenwertes städtischer Kulturveranstaltungen für viele Bewohner der Stadt werden die mit einem solchen Kulturfest verbundenen Störungen von verständigen Durchschnittsmenschen in der Regel in höherem Maße akzeptiert als andere Immissionen. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Das Gericht kann ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem sich alle Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Fortsetzungsfeststellungsklage hat in der Sache keinen Erfolg. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 05.07.2016 verletzen keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Klägerin, so dass diese nicht die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide begehren kann (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).
1. Aus der Klagebegründung ergibt sich deutlich, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit der beiden Bescheide vom 05.07.2016 festgestellt wissen möchte, da aus ihrer Sicht die Erlaubnis zur Durchführung der Veranstaltung … (im Bereich des rechten Ufers „…“) überhaupt nicht – auch nicht unter etwaiger Beifügung weiterer drittschützender Auflagen – hätte erteilt werden dürften.
Legt man dies zugrunde, ergeben sich keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage, denn der Klägerin steht insoweit ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung zu, nachdem die Veranstaltung … bereits auf eine mehrjährige Tradition zurückblicken kann und in den letzten Jahren regelmäßig stattgefunden hat. Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass der Beigeladene (oder ggf. ein anderer Betreiber) auch in Zukunft Anträge auf Erteilung der erforderlichen Genehmigungen zur Durchführung dieser öffentliche Vergnügung stellen und die Beklagte diese unter jeweils aktualisierten Auflage genehmigen wird.
Die Klägerin konnte jedoch nicht beanspruchen, dass die Veranstaltung … im Jahr 2016 insgesamt nicht genehmigt wird. Die hier streitgegenständlichen Bescheide vom 05.07.2016 verletzen keine drittschützenden Rechte der Klägerin.
Nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG ist die Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 3 LStVG u.a. zu versagen, wenn dies zum Schutz vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft erforderlich erscheint. Mit der Nennung der Nachbarschaft räumt die Vorschrift dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz ein, der Nachbar kann eine Verletzung eigener Rechte durch eine Veranstaltung rügen und gegen diese Veranstaltung im Verwaltungsrechtsweg vorgehen. Nachbarn sind diejenigen Personen, die qualifiziert betroffen sind, indem sie sich im Einwirkungsbereich der Emissionen aufhalten. Die qualifizierte Betroffenheit muss in einer besonderen Bindung der Person an den Immissionsort bestehen, indem sie sich dort nicht nur flüchtig und gelegentlich aufhält, sondern in einer Weise, die es ihr unmöglich macht, sich den Immissionen zu entziehen (z.B. Wohnung). Jedoch kann der Nachbar, wenn er sich gegen eine Vergnügungsveranstaltung wendet, nicht sämtliche möglicherweise gegen die Rechtmäßigkeit der Erlaubnis sprechenden Aspekte rügen, sondern lediglich die Verletzung seiner eigenen subjektiv-öffentlichen Rechte; nur insoweit ist der jeweilige Nachbar auch klagebefugt (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19, Rn. 105, 135).
Die Klägerin wohnt in der … in … und damit in einem Hauptzugangs- und Hauptabgangsbereich der Veranstaltung; westlich des Anwesen der Klägerin entlang dem Kanal war die Aufstellung von Tischen bzw. Sitzgelegenheiten/Biergarnituren vorgesehen, die Stände Nr. 1 und 2 sollten sich in südwestliche Richtung anschließen. Damit ist die Klägerin ohne Weiteres als Nachbarin im Sinne des Art. 19 Abs. 4 LStVG anzusehen.
Jedoch ging mit der Erteilung der streitgegenständlichen Erlaubnisse keine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte einher.
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Az. B 1 S 16.490 angenommen, dass es sich bei der von der Beklagten erlaubten Veranstaltung „…“ um eine seltene Veranstaltung mit hoher Standortgebundenheit sowie sozialer Adäquanz und Akzeptanz im Sinne der Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie handelt. Daran ist nach nochmaliger Überprüfung im Rahmen des Klageverfahrens festzuhalten.
Die vorliegende öffentliche Vergnügung erfüllt die Kriterien der Standortgebundenheit sowie der sozialen Adäquanz und Akzeptanz. „…“ ist auf die Verhältnisse am Kanal in …zugeschnitten und bezieht die örtlichen Gegebenheiten mit ein, was u.a. an dem geplanten Gesang eines Tenors von einer Gondel aus (ohne technische Verstärkung) plastisch erkennbar wurde. Auch eine soziale Adäquanz kann man dem erlaubten Kulturfest in einer … Stadt der Größe … nicht absprechen, weil derartige Vergnügungen in begrenztem Rahmen zum städtischen Leben gehören und von breiten Teilen der Bevölkerung angenommen, zumindest aber toleriert werden. Die zum Bestandteil des Genehmigungsbescheides gemachte Ständeliste und der Belegungsplan lassen erkennen, dass die vorgesehenen 39 Ständen der leiblichen Versorgung der Gäste dienen sollten (vgl. Bl. 323/324 d.A.), auf den beiden Bühnen „Hauptbühne“ und „Bermudabühne“ waren diverse musikalische/künstlerische Darbietungen vorgesehen (vgl. Bl. 243 d.A.) und der unmittelbar dem Veranstaltungsgelände angeschlossene Kunsthandwerkermarkt sollte unterschiedliche handwerkliche Bereiche abdecken (z.B. Drechselarbeiten, Glasperlen und Schmuck, Textile Accessoires, Keramik, Radierungen, etc. – vgl. Bl. 324/325 d.A.).
Das Gericht verkennt nicht, dass derartige Veranstaltungen im innerstädtischen Bereich nahezu immer mit Belastungen für die betroffenen Nachbarn verbunden sind, die sich – wie hier – ggf. auch schon im Vorfeld der Erlaubnis gegen die Veranstaltung aussprechen. Das Kriterium der Akzeptanz einer Veranstaltung kann jedoch nicht alleine auf der Grundlage kritischer Stimmen aus der Nachbarschaft beurteilt werden, sondern bedarf eine wertenden Betrachtung, die auch andere Gesichtspunkte einbezieht, etwa die kulturelle Belebung einer Innenstadt in Verbindung mit den Erfahrungen, die in den vergangenen Jahren, in denen die Vergnügung bereits durchgeführt wurde, gesammelt werden konnten.
Sowohl nach der zivilgerichtlichen als auch nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird als erhebliche Belästigung alles angesehen, was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter Würdigung anderer öffentlicher oder privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Geräuschimmissionen der genehmigten Veranstaltung kann die Freizeitlärmrichtlinie als Anhaltspunkt herangezogen werden. Die Bestimmungen dieser Richtlinie sind keine normativen Vorgaben oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften und dürfen nicht rein schematisch angewendet werden. Die Bestimmung der Erheblichkeit von Lärmimmissionen bleibt vielmehr der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall vorbehalten. Dementsprechend stellt die Richtlinie im Rahmen der gebotenen Einzelfallprüfung eine Orientierungshilfe oder einen „groben Anhalt“ dar. Die Zumutbarkeitsgrenze wird nach alledem nicht durch Anwendung fester Grenzwerte bestimmt, sondern auf Grund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenart der einzelnen Immissionen (Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit, Lästigkeit) und der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets. Bei einer einmaligen Veranstaltung kann eine großzügigere Handhabung der Richtwerte geboten sein. Dabei ist das Ruhebedürfnis der Nachbarschaft umso weniger geschützt, je stärker das öffentliche Interesse an einer Veranstaltung ist.
Bei der Prüfung der Zumutbarkeit der erlaubten Veranstaltung ist zu berücksichtigten, dass Open-Air-Konzerte, Musik-Festivals im Freien wie auch Kulturfestivitäten als herkömmliche und allgemein akzeptierte Formen städtischen Zusammenlebens angesehen werden können. Sie sind maßgeblicher Ausdruck der Lebendigkeit einer Stadt. Dabei liegt es bei solchen städtischen Kulturveranstaltungen in der Natur der Sache, dass sie in der Nähe von Wohnbebauung durchgeführt werden und zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der Nachbarschaft führen. Auf Grund der Üblichkeit, der kulturellen Bedeutung und des hohen Stellenwerts der Veranstaltung für viele Bewohner der Stadt werden die mit einem solchen Kulturfest verbundenen Störungen von verständigen Durchschnittsmenschen in der Regel in höherem Maß akzeptiert als andere Immissionen (vgl. zum Ganzen VG Augsburg, B.v. 22.7.2013 – Au 1 S 13.1011; BayVGH, B.v. 26.7.2006 – 1 CE 06.1937; OVG NRW, B.v. 25.5.2015 – 4 B 581/16; VG Ansbach, B.v. 24.6.2015 – AN 4 S 15.00928; VGH Hessen, B.v. 28.8.2015 – 9 B 1586/15; VG Würzburg, B.v. 30.5.2016 – W 5 E 16.483 m.w.N.).
Gegen eine erhebliche Belästigung der Klägerin im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG sprach auch, dass der von der Veranstaltung „…“ betroffene Bereich der Stadt … bisher nur mit den genehmigten vier Veranstaltungstagen betroffen war, wohingegen die Freizeitlärmrichtlinie eine Begrenzung (erst) bei 18 Kalendertagen pro Jahr enthält, die eingehalten werden „soll“. Eine zahlenmäßig enge Begrenzung im Sinne der Nr. 4.4.1 der Freizeitlärmrichtlinie liegt damit für den Bereich um das Anwesen der Klägerin vor. Vertretbar erscheint auch die Verschiebung der Nachtzeit an zwei Tagen, an denen jeweils ein Wochenendtag folgt, zumal die Beklagte zugleich Vorkehrungen dafür getroffen hat, dass eine achtstündige Nachtruhe für die Anwohner gewährleistet bleibt.
Weiter ist in der vorliegenden Sache festzustellen, dass die Beklagte im Vergleich zum ursprünglichen Antrag des Beigeladenen vom 29.01.2016, der für alle vier Veranstaltungstage ein Ausschankende von 23.15 Uhr vorsah und sich in diesem Zusammenhang auf die Öffnungszeiten des Jahrs 2015 bezog, bei der letztlich genehmigten Veranstaltung eine nicht unerhebliche zeitliche Einschränkung vorgenommen hat, insbesondere hinsichtlich der beiden Veranstaltungstage, auf die kein Wochenendtag folgte (21.07.2016 und 24.07.2016).
Der streitgegenständliche Bescheid enthält in Bezug auf die Begrenzung der Lautstärke musikalischer Darbietungen eine konkrete und auch überwachbare Auflage dahin, dass 80 dB(A) in 20 Meter Entfernung nicht überschritten werden. Darauf aufbauend hat die Beklagte prognostiziert, dass im Bereich der Klägerin ein Beurteilungspegel von maximal 67 dB(A) zu erwarten gewesen sei, wobei dies konservativ angesetzt wurde, da die Veranstaltung nicht im gesamten Tagzeitraum stattfinden sollte. Es sind keine durchgreifenden Mängel der Immissionsprognose zu Lasten der Klägerin ersichtlich. Die entsprechende planliche Darstellung (Bl. 361 d.A.) lässt namentlich erkennen, dass die zwei vorgesehenen Bühnen mit Live-Musik erfasst worden sind (Bl. 241, 122 d.A.). In diesem Bereich wird – wie zu erwarten – der höchste prognostizierte Lärmpegel auftreten, der bis zu 71 dB(A) erreicht und in Richtung des Anwesens der Klägerin bereits auf 66 bis 68 dB(A) abfällt.
Soweit die Klägerin rügen lässt, die zu erwartende Gesamtbesucheranzahl sei zu niedrig angesetzt worden, ist dies nicht geeignet, einen Mangel der Immissionsprognose zu begründen, der mit einer Rechtverletzung der Klägerin einherginge. Auch in dieser Beziehung ist wiederum maßgeblich zu berücksichtigten, dass die Klägerin nur eigene Belange geltend machen kann. Die gesamten Besucher der Veranstaltung verteilen sich bei realistischer Betrachtungsweise jedoch auf das gesamte langgezogene Gelände der Veranstaltung. Der Immissionsprognose lässt sich schlüssig entnehmen, dass über das gesamte Gelände eine eher gleichmäßige tagzeitliche Lärmbelastung zu erwarten ist (ca. 66 bis 68 dB(A)), wobei im Nahbereich der beiden Bühnen erhöhte Werte von 69 bis 71 dB(A) prognostiziert wurden. Die Beklagte hat – wie ausgeführt – überdies darauf hingewiesen, dass es sich um einen konservativen Ansatz gehandelt habe, da die Veranstaltung nicht im gesamten Tagzeitraum vorgesehen war, sondern mit eingeschränkten Öffnungs- bzw. Veranstaltungszeiten. Selbst wenn damit – der Klägerin einmal folgend – ein erhöhtes Aufkommen von Besuchern auch im Bereich ihres Anwesens zu erwarten gewesen sein sollte, ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass damit unter Berücksichtigung der eingeschränkten Veranstaltungszeiten eine unzumutbare Lärmbelästigung einhergegangen wäre. Bei seltenen Veranstaltungen geht die Freizeitlärmrichtlinie in Nr. 4.4.2 davon aus, dass vor den Fenstern im Freien eine Lärmbelastung von 70 dB(A) tags grundsätzlich eingehalten werden sollen; (erst) bei Überschreitungen ist deren Zumutbarkeit explizit zu begründen.
Auch die hier vorgenommene Verschiebung der Nachtzeit um eine Stunde ist im vorliegenden Rahmen und der im Bereich des Anwesens der Klägerin insgesamt im Jahr 2016 angefallenen Tage mit seltenen Veranstaltungen (die von der Richtlinie genannte Zahl von 18 Tagen pro Kalenderjahr wurde erheblich unterschritten) nicht zu beanstanden, zumal die Beklagte mit Auflagen sichergestellt hat, dass eine ausreichend lange Nachtruhe gewährleistet blieb. Unter diesen Umständen erweist sich die Erlaubnis der Veranstaltung auch dann nicht als rechtsverletzend zu Lasten der Klägerin, wenn es sich bei dem Umgriff des Veranstaltungsgeländes und insbesondere im näheren Bereich der …um ein überwiegend durch Wohnbebauung geprägtes Gebiet handelt. Die Beklagte ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass trotz aller verhältnismäßigen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen eine Einhaltung der Immissionsrichtwerte „Außen“ im Sinne der Nr. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie unvermeidbar war (vgl. Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie), und zwar unabhängig von der exakten Einordung des die Klägerin umgebenden Gebiets. Lokal geeignete Ausweichstandorte, die sich der Beklagten hätten aufdrängen müssen, waren nicht ersichtlich, zumal das Konzept der Veranstaltung auf die Nähe zum …ausgerichtet war.
In Bezug auf entstehende Lärmbelästigungen durch Auf-/Abbauarbeiten hat die Beklagte im Eilverfahren darauf hingewiesen, dass nach dem Veranstaltungskonzept Bänke und Mobiliar nicht täglich neu aufgebaut werden sollten, sondern während der Veranstaltungstage vor Ort stehen blieben. Der Abbau der Veranstaltung sei dann für Montag, 25.07.2016 vorgesehen gewesen, wobei Standbetreiber ausdrücklich darauf hingewiesen worden seien, dass am Sonntag keine die Anwohner beeinträchtigenden (Abbau-)Arbeiten durchgeführt werden dürften. Es gab im Zeitpunkt der Erteilung der streitgegenständlichen Erlaubnisse keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass das Veranstaltungskonzept mit den entsprechenden Schutzauflagen zugunsten der Nachbarschaft nicht umsetzbar wäre und erforderlichenfalls durch Eingriffe des Beigeladenen als Veranstalter wie auch der Genehmigungsbehörde im Rahmen der Überwachung nicht effektiv würde durchgesetzt werden können.
Soweit die Klägerin auf Schäden am Sockel ihres Anwesens hingewiesen hat, die anlässlich der Durchführung der Veranstaltung „…“ im Jahr 2008 entstanden seien, ist zu bemerken, dass dieser Schadenfall bereits mehrere Jahre zurück liegt und weitere (nennenswerte) Beschädigungen in den Folgejahren wohl nicht mehr aufgetreten sind. Nach der Darstellung der Klägerin im Eilverfahren sei dies maßgeblich darauf zurückzuführen, dass sie die Fassade des Anwesens jeweils mit Planen verhängt habe. Ihr ist es demnach offenbar gelungen, sich bzw. ihr Eigentum durch relativ einfache Maßnahmen wirksam selbst zu schützen. Angesichts der Lage ihres Anwesens im Innenstadtbereich, wo immer ein gewisses Risiko – bei öffentlichen Vergnügungen auf der angrenzenden öffentlichen Straße freilich in erhöhtem Maße – besteht, dass es zu Beschmutzungen und Beschädigungen der Fassade kommt, erscheinen derartige, im eigenen Interesse ergriffene Maßnahmen keineswegs von vornherein unzumutbar. Die Klägerin hat weder behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass in Bezug auf ihre konkrete Situation die „Abplanung“ des Anwesens mit einem unzumutbaren Aufwand verbunden gewesen wäre. Aus diesen Gründen ist der genannte Aspekt nicht geeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen.
Die weiteren von der Klägerin vorgebrachten Aspekte, insbesondere zum Sicherheitskonzept, zu den Rettungswegen, zur Gesamtnutzfläche sind – wiederum mit Blick auf die Relevanz des Drittschutzes im vorliegenden Verfahren – nur insoweit von Bedeutung, als sie die Person der Klägerin selbst betreffen. Wie schon ausgeführt wurde, befindet sich das Anwesen der Klägerin jedoch nicht innerhalb des langgezogenen westlichen Teils des Veranstaltungsgeländes „…“, sondern in der …, gleichsam einem Eckhaus am Rande des von der öffentlichen Vergnügung in Anspruch genommenen Geländes. Damit sind beispielsweise Fragen für das hiesige Verfahren nicht relevant, die die Länge und Ausgestaltung der Rettungswege betreffen, etwa in Ansehung von Besuchern, die sich in einem zentralen Bereich des Veranstaltungsgeländes befunden haben. Prüfungsgegenstand ist hingegen, wie sich die eigene Sicherheitssituation der Klägerin in ihrem Anwesen während der Dauer der Veranstaltung dargestellt hat, z.B. im Falle eines Notfalls. In dieser Beziehung ist jedoch die Lage am Rande des Veranstaltungsgeländes zu berücksichtigen. Nördlich, westlich und südlich des Anwesens … waren ersichtlich ausreichende (Frei-) Flächen vorhanden, so dass zu erwarten war, dass ein etwaiger Einsatz von Feuerwehr, Polizei, Krankenwagen o.Ä. nicht mit unzumutbaren Einschränkungen verbunden gewesen wäre. Über den Bereich des Veranstaltungsgeländes, in dem die Stände Nr. 1, 2, 3 usw. vorgesehen waren, war nach der Kreuzung der Straße „…“ mit der … in westlicher Richtung eine weitere Freifläche vorhanden, so dass auch während einer Hauptbetriebszeit der Vergnügung das Anwesen der Klägerin für Rettungskräfte usw. erreichbar gewesen wäre. Die Beklagte hat im Verfahren darauf hingewiesen, dass der zweite Rettungsweg für das Anwesen …über Drehleitern sicherzustellen sei und erläutert, dass eine Aufstellung derselben möglich gewesen wäre. Die Klägerin ist den schlüssigen Ausführungen der Beklagtenseite hierzu nicht substantiiert entgegengetreten.
2. Auch wenn einzelne weitergehende drittschützende Auflagen zu Lasten des Beigeladenen im Vorfeld des Erlasses der Genehmigungsbescheide nicht konkret zur Diskussion standen (und auch im Eilverfahren Az. B 1 S 16.490 nicht Gegenstand waren), geht das Gericht zugunsten der Klägerin davon aus, dass die beantragten Feststellungen auch vor dem Hintergrund begehrt werden, dass nach Auffassung der Klägerin – wenn schon eine Feststellung der Rechtswidrigkeit der Genehmigung von „…“ 2016 insgesamt nicht mit Erfolg begehrt werden kann – jedenfalls die Rechtswidrigkeit der Bescheide vor dem Hintergrund festgestellt werden soll, dass zu Gunsten der Klägerin weitere Schutzauflagen hätten verfügt werden müssen.
Legt man dieses Begehren zugrunde, so ist die Klage in Ansehung der geltend gemachten Lärmbelästigungen sowie weiteren Beeinträchtigungen der Klägerin und ihres Anwesens jedoch wiederum in der Sache nicht begründet (vgl. Nr. 1). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit vor dem Hintergrund, dass die insoweit verfügten Auflagen nicht ausreichend gewesen wären, um ihren eigenen Belangen hinreichend Rechnung zu tragen.
In Bezug auf andere Kritikpunkte der Klägerin, etwa die Länge der Rettungswege, ist über den Umstand hinaus, dass sie sich als Nachbarin im Sinne des Art. 19 Abs. 4 LStVG darauf mangels eigener möglicher Rechtsverletzung nicht stützen könnte, zu berücksichtigen, dass sich die Rahmenbedingungen der Veranstaltung „…“ mit dem angeschlossenen Kunsthandwerkermarkt seit der Durchführung im Jahr 2016 erheblich verändert haben. So hatte die Kreishandwerkerschaft im April 2017 mitgeteilt, dass der bisher genutzte Hof nicht mehr zur Verfügung gestellt werde (Bl. 8 d.A. der Beklagten zum Verfahren Az. B 1 E 17.537). In der Folge wurde der Kunsthandwerkermarkt in südliche Richtung verlagert und es wurde im Bereich des Anwesen … ein Behelfssteg über den Kanal als neuer Rettungsweg vorgesehen (Bl. 166 d.A. der Beklagten zum Verfahren Az. B 1 E 17.537). Die im Jahr 2016 während des Betriebs des Kunsthandwerkermarktes noch bestehende Entfluchtungsmöglichkeit in östliche Richtung war im Jahr 2017 mit der Verlegung des Marktes entfallen. Das Bauordnungsamt der Beklagten hatte im Rahmen einer Vorbesprechung von …2017 deutlich gemacht, dass es in diesem Jahr unter Berücksichtigung der aktuellen Umstände einen zusätzlichen Flucht- und Rettungsweg für erforderlich halte (Bl. 90 d.A. der Beklagten zum Verfahren Az. B 1 E 17.537). Haben sich aber die Rahmenbedingungen der öffentlichen Vergnügung gegenüber dem Jahr 2016 erheblich verändert und ist – wie hier – nicht einigermaßen konkret ersichtlich, dass sich die Genehmigungssituation des Jahres 2016 noch einmal wiederholen könnte, so fehlt der Fortsetzungsfeststellungsklage, mit der die Feststellung der Rechtwidrigkeit wegen des Erfordernisses weiterer drittschützender Auflagen begehrt wird, das Feststellungsinteresse. Mit anderen Worten: Wenn in keiner Weise erkennbar ist, dass sich die örtliche Situierung mit dem Kunsthandwerkermarkt im Hof der Kreishandwerkerschaft und dem Fehlen ein Behelfsstegs im Bereich des langgezogenen Veranstaltungsgeländes in der Zukunft noch einmal so ergeben wird wie im Jahr 2016, dann kann die Prüfung und ggf. Feststellung der Rechtswidrigkeit der entsprechenden Genehmigungen aus dem Jahr 2016 nicht zulässigerweise beansprucht werden. Eine materielle Prüfung durch das Verwaltungsgericht findet damit ungeachtet der weiteren Frage, inwieweit jeweils drittschützende Aspekte berührt sind, nicht statt. Über die Fallgruppe der sog. Wiederholungsgefahr hinaus, sind hier keine weiteren Aspekte ersichtlich, die die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage insoweit stützen könnten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 113, Rn. 136 ff.).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst, nachdem er keinen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).


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