IT- und Medienrecht

Haftung eines angestellten Rechtsanwalts für wettbewerbswidrigen Briefbogen

Aktenzeichen  3 U 1137/21

Datum:
11.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2021, 50757
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 5 Abs. 2 Nr. 3, § 8 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Dass eine Rechtsanwaltskammer auch berufsrechtliche Maßnahmen gegen ihre Mitglieder ergreifen kann, schließt ein wettbewerbsrechtliches Vorgehen nicht aus. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nutzt ein angestellter Rechtsanwalt den Briefkopf einer Rechtanwaltskanzlei und unterzeichnet im eigenen Namen, haftet der Rechtsanwalt als Täter für eine sich aus dem Briefbogen ergebenden Wettbewerbsverletzung. (Rn. 20 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Bezeichnung “X und Kollegen” im Rahmen eines Rechtsanwaltsbriefkopfes suggeriert, dass “X” selbst sowie mindestens zwei weitere Personen in der Kanzlei berechtigt sind, Rechtsberatungen vorzunehmen. (Rn. 27 – 39) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

3 HKO 6997/20 2021-04-15 LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15.04.2021, Aktenzeichen 3 HK O 6997/20, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15.04.2021, Az. 3 HK O 6997/20, und die Sachdarstellung im Hinweisbeschluss des Senats vom 13.09.2021 Bezug genommen.
Im Berufungsverfahren wird beantragt,
Das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15.04.2021, Az. 3 HK O 6997/20, wird wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
B.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15.04.2021, Aktenzeichen 3 HK O 6997/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 13.09.2021 Bezug genommen.
Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung vom 25.10.2021 geben zu einer Änderung keinen Anlass.
I.
Die Klage ist zulässig.
1. Soweit der Beklagte in der Gegenerklärung ausführt, dass die Klägerin die beruflichen Interessen ihrer Mitglieder im Rahmen ihrer „satzungsgemäßen Aufgaben“ wahrzunehmen habe und der Klägerin insoweit nur die Ansprüche auf Unterlassung von Zuwiderhandlungen gegen § 3 oder § 7 UWG zustünden und § 8 Abs. 1 UWG keinen Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen§ 3a UWG und § 5 UWG eröffne, folgt der Senat dieser Auffassung nicht.
So hat der Bundesgerichtshof bereits ohne weiteres die Klagebefugnis einer Rechtsanwaltskammer gegen eines ihrer Mitglieder bejaht und insoweit den dort geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 8 I 1, Abs. 3 Nr. 2, § 5 Abs. 1 S.2 Nr. 3 UWG bzw. nach § 4 Nr. 11 UWG a.F. für begründet erachtet (BGH GRUR 2012, 215 Rn. 11 – Zertifizierter Testamentsvollstrecker).
2. Soweit der Beklagte erneut ausführt, dass die Klage vorliegend wegen Einschränkungen, die sich bei Klagen gegen die eigenen Mitglieder der Kammer ergeben, unzulässig sei und es insoweit an der erforderlichen sorgfältigen Abwägung der Klägerin, insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der erhobenen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage, fehle und vor diesem Hintergrund und auch im Hinblick auf § 8 Abs. 2 UWG sich die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gegen den Alleininhaber der Kanzlei K… & Kollegen, Herrn K… K… aufdränge, überzeugt dies nicht.
a. Dass die Kammern auch berufsrechtliche Maßnahmen gegen ihre Mitglieder ergreifen können, schließt ein wettbewerbsrechtliches Vorgehen nicht aus, zumal damit ein vergleichsweise einfaches und schnelles Vorgehen zur Unterbindung berufswidrigen Verhaltens möglich ist (BGH GRUR 2006, 598 Rn. 14 – Zahnarztbriefbogen). Im Hinblick auf das Grundrecht der Mitglieder aus Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG ist Voraussetzung für ein wettbewerbsrechtliches Vorgehen gegen Mitglieder zwar, dass (1) die in dem jeweiligen Kammergesetz vorgesehenen berufsrechtlichen Eingriffsmöglichkeiten (zB Rüge; berufsgerichtliches Verfahren) keine abschließende Regelung darstellen, (2) der Wettbewerbsverstoß aus der Verletzung berufsrechtlicher Pflichten folgt und (3) der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Aufsichtsmaßnahmen möglicherweise ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel) beachtet wird (BVerfGE 111, 366 = NJW 2004, 3765 (3766 f.)). Diese Voraussetzungen sind aber praktisch immer erfüllt. Denn die Kammergesetze enthalten keine abschließende Regelung, der Wettbewerbsverstoß stellt stets auch einen Verstoß gegen Berufsrecht dar und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist bei einem Vorgehen gegen einen Wettbewerbsverstoß gewahrt, da eine Beeinträchtigung der Mitbewerber und Verbraucher droht und Bagatellfälle nach § 3 ohnehin nicht verfolgt werden können (OLG Karlsruhe GRUR-RR 2013, 171). Allenfalls bei Vorliegen bes. Umstände könnte ein Vorgehen unverhältnismäßig sein (BGH GRUR 2006, 598 Rn. 15 – Zahnarztbriefbogen; Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, 39. Aufl., UWG § 8 Rn. 3.65, 3.66). Ein solches Vorliegen besonderer Umstände ist hier jedoch nicht ersichtlich.
b. Soweit der Beklagte der Ansicht ist, dass die Klage gegen ihn unzulässig sei, weil sich auch im Hinblick auf § 8 Ab. 2 UWG die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gegen Herrn K… K… aufdränge, kann dem nicht gefolgt werden.
Wäre ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 2 UWG gegeben, würden dann vielmehr zwei grundsätzlich selbstständige Unterlassungsansprüche bestehen, die unabhängig voneinander geltend gemacht werden (BGH GRUR 1973, 208 (209) – Neues aus der Medizin; BGH GRUR 1995, 605 (608) – Franchise-Nehmer; BGH GRUR 2000, 907 – Filialleiterfehler; Teplitzky/Büch Kap. 14 Rn. 35) und auch ein getrenntes rechtliches Schicksal nehmen können (Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG § 8 Rn. 2.52).
3. Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Berufung, wonach die Klägerin nach der Abmahnung des Beklagten durch sie (Anlage K 4) und der Stellungnahme des Beklagten hierzu (Anlage K 5) die Erforderlichkeit, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Klageerhebung z.B. durch die Erstellung eines Abschlussschreibens weiter hätte abwägen müssen und die Klägerin dem Beklagten damit die Möglichkeit genommen habe, seinen eigenen Rechtsstandpunkt nochmals selbstkritisch zu reflektieren, zu überdenken und ggf. zu ändern. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen unter Ziffer I .2. a. verwiesen.
4. Der Senat bleibt dabei, dass – soweit seitens der Berufung auf die §§ 113, 114 BRAO verwiesen wird – die Entscheidung über eine Ahndung dem Anwaltsgericht obliegt und von der Rechtsanwaltskammer nur angeregt werden kann.
Der von der Berufung in der Gegenerklärung zitierte § 122 BRAO betrifft lediglich das Antragsrecht des Kammervorstands gegen die Einstellung des Verfahrens und die Ablehnung, das anwaltsgerichtliche Verfahren einzuleiten bzw. das Antragsrecht des Kammervorstands bei fehlender abschließender Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Die Entscheidung, ob das anwaltsgerichtliche Verfahren einzuleiten ist oder nicht, trifft demgegenüber jedoch der Anwaltsgerichtshof. Überdies sind zivilgerichtliche Maßnahmen regelmäßig weniger einschneidend und belastend als derartige Maßnahmen mit Sanktionscharakter.
5. Die Unzulässigkeit der Klage folgt weiterhin auch nicht aus den Regelungen in § 13 und § 13 a UWG.
Es ist insbesondere nicht treuwidrig, wenn die Klägerin vor In-Kraft-Treten der betragsmäßigen Begrenzung der Vertragsstrafen diese – unterstellt, der Tatbestand des § 13a Abs. 3 UWG n.F. würde den streitgegenständlichen Anspruch überhaupt grundsätzlich erfassen – noch nicht berücksichtigt. Überdies ist nicht ersichtlich, wie ein solches behauptetes treuwidriges Verhalten eine Unzulässigkeit der Klage bewirken sollte. Wie bereits im Hinweisbeschluss des Senats ausgeführt, begründet § 13 UWG für den Gläubiger keine Rechtspflicht, den Schuldner vor der Einleitung des Verfahrens zu warnen oder zu mahnen; sie stellt auch keine Zulässigkeitsvoraussetzungen für ein anschließendes Klageverfahren dar.
II.
Die Klage ist begründet.
1. Der Beklagte ist, entgegen den weiteren Ausführungen in der Gegenerklärung, auch dann passivlegitimiert, wenn er, wie von ihm eingewandt, lediglich Angestellter des Herrn K… K… wäre, der die Kanzlei weiter in eigenem Namen und auf eigene Rechnung betreibt und sämtliche unternehmerischen Entscheidungen trifft.
Im Grundsatz haftet jedermann auf Unterlassung, der die wettbewerbswidrige Handlung eigenhändig vornimmt und damit Täter ist. Deshalb kommen auch Angestellte (Mitarbeiter) und Beauftragte als Passivlegitimierte in Betracht. Denn sie nehmen als Täter die fraglichen Handlungen eigenhändig vor, und „es gibt keinen Rechtssatz, dass der Arbeiter, der Angestellte durch den Befehl des Herrn geschützt ist“ (Harte-Bavendamm/HenningBodeweig/Goldmann UWG § 8 Rn. 660 m.w.N.).
Der Beklagte verwirklicht, indem er die streitgegenständlichen Briefköpfe verwendet, mit seinem Namen unterschreibt und sich damit zu eigen macht, den objektiven Tatbestand eines Wettbewerbsverstoßes (zum Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes s. Hinweisbeschluss des Senats vom 13.09.2021, dort Ziffer II. 2. b. c. und d. sowie die weiteren Ausführungen des Senats unten in Ziffer B. II. 2). Er ist damit Täter im Sinne des § 8 Abs. 1 UWG. Der Umstand, dass daneben gemäß § 8 Abs. 2 UWG noch ein weiterer selbständiger Unterlassungsanspruch gegen den Kanzleiinhaber bestünde, ließe den Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten nicht entfallen.
Soweit der Bundesgerichtshof in seiner neueren Rechtsprechung (BGH GRUR 2011, 340 Rn. 27 – Irische Butter) eine Haftung von Personen, die zwar rein tatsächlich an einer Verletzung mitwirken, aber – wie etwa Plakatkleber oder Prospektverteiler – nicht entscheidungsbefugt und in völlig untergeordneter Stellung ohne eigenen Entscheidungsspielraum tätig sind, ausschließt, trifft dies auf den vorliegenden Fall offensichtlich nicht zu. Der Beklagte hat vielmehr als einziger angestellter Rechtsanwalt eines selbst nicht postulationsfähigen Kanzleiinhabers gerade eine herausgehobene unverzichtbare Stellung innerhalb der Kanzlei.
Soweit der Beklagte in der Gegenerklärung vorträgt, dass ihn keine Erfolgsabwendungspflicht träfe, da es ihm objektiv an der Möglichkeit der Erfolgsverhinderung sowie an der Zumutbarkeit der Erfolgsabwendung fehle, überzeugt dies nicht.
Eine Eingrenzung der Verantwortlichkeit erfolgt lediglich bei jemandem, der nicht aktiv, sondern nur unter dem Gesichtspunkt des Unterlassens oder Duldens Täter sein kann. Pflichtwidrig ist ein solches Unterlassen oder Dulden nur dann, wenn eine Erfolgsabwendungspflicht besteht und die dazu erforderliche Handlung dem Verpflichteten möglich und zumutbar ist, diese Pflicht aber nicht erfüllt wird (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen UWG § 8 Rn. 2.16).
Der Senat ist nach nochmaliger Überprüfung wie bereits das Landgericht der Auffassung, dass der Beklagte, der den Briefkopf im geschäftlichen Verkehr verwendet und sich durch seine Unterschrift zu eigen macht, als aktiver Täter handelt, so dass es auf eine Erfolgsabwendungspflicht und die Frage, ob die dazu erforderliche Handlung dem Verpflichteten möglich und zumutbar ist, gar nicht ankommt.
2. Der Senat hält auch nach den Ausführungen der Berufung in der Gegenerklärung, dortige Ziffer II. 2, nach nochmaliger Überprüfung daran fest, dass der verwendete Briefbogen „K… & Kollegen Rechtsanwälte“ insoweit irreführend ist, als er eine Berufsausübungsgemeinschaft mit Herrn K… K… suggeriert.
a. Soweit der Beklagte ausführt, dass auch der durchschnittliche Adressat über ein Mindestmaß an intellektuellen Fähigkeiten verfüge, um zu erkennen, dass es bei der unterschiedlichen Bezeichnung als „Rechtsassessor“ und „Rechtsanwalt“ eine funktionale und sachliche Unterscheidung geben müsse, so bleibt es dabei, dass der durchschnittliche Adressat aber regelmäßig davon ausgehen wird, dass eine Person, die aussage- und werbeträchtig – ohne eindeutige und klarstellende Einschränkung – in einem Briefkopf einer Kanzlei genannt wird, in gewissem Umfang zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten berechtigt ist sowie auch einen relevanten Einfluss auf die Erbringung der Dienstleistung besitzt. Der durchschnittliche Adressat wird daher – wie bereits das Landgericht überzeugend ausgeführt hat – davon ausgehen, dass die rechts auf dem Briefkopf aufgeführten Personen eine Berufsausübungsgemeinschaft bilden.
b. Die Gefahr der Irreführung durch die Suggestion einer Berufsausübungsgemeinschaft wird auch nicht dadurch ausgeräumt, dass nach dem Vortrag der Berufung der durchschnittliche Adressat völlig zwanglos durch entsprechende Nachfragen sich auch die entsprechende Klarheit über die Begrifflichkeiten von „Rechtsassessor“ und „Rechtsanwalt“ schaffen könne. Das Fehlen einer Irreführungsgefahr könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn klarstellende Erläuterungen mit den beanstandeten Angaben in einer in sich geschlossenen Darstellung zusammen stehen würden (vgl. für Werbeangaben BGH, GRUR 2005, 438, jurisRn. 25 – Epson-Tinte). Die bloße Möglichkeit, dass sich (potentielle) Mandanten durch Nachfragen Klarheit verschaffen können, führt jedoch nicht dazu, dass generell die Gefahr einer Irreführung nicht gegeben ist.
c. Der Hinweis des Beklagten in der Gegenerklärung, dass es sich bei den Bestimmungen der BORA um autonomes Satzungsrecht handele, ohne jede Drittschutzwirkung überzeugt nicht. In§ 8 BORA werden letztlich bestimmte anwaltliche Rechten und Pflichten geregelt, die sich gegebenenfalls auch aus dem UWG ergeben würden (vgl. Weyland/Träger BORA § 8 Rn.5). Durch§ 8 BORA wird letztlich § 59a BRAO konkretisiert, welcher jedenfalls Drittschutzwirkung entfaltet.
d. Der Senat bleibt nach nochmaliger Prüfung bei seiner Auffassung, dass eine hinreichende Irreführungsgefahr durch die Verwendung der beanstandeten Briefköpfe besteht.
Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass – da K… K… in der Vergangenheit vielfach mit Expertise und Erfolgen im Bereich der sog. Schrottimmobilien geworben hat – der Eindruck entstehen mag, er werde die Sachbearbeitung im Fall einer Mandatierung der Kanzlei „K… & Kollegen“ übernehmen oder jedenfalls erheblich beeinflussen und dies den Entschluss des Rechtssuchenden, sich gerade für diese Kanzlei zu entscheiden, beeinflussen kann.
Der Beklagte trägt in seiner Gegenerklärung vor, dass es für eine derartige Vermutung an tragfähigen und belastbaren Tatsachen, welche einen derartigen Schluss zulassen, fehle.
Der Senat gehört jedoch zu den angesprochenen Verkehrskreisen und ist aufgrund seiner eigenen Lebenserfahrung weiterhin der Auffassung, dass durch den Briefkopf der Eindruck vermittelt wird, der früher als Rechtsanwalt tätige K… K… stehe für Rechtsrat suchende potentielle Mandanten auch selber zur Verfügung im Sinne einer eigenen Sachbearbeitung oder jedenfalls erheblichen Beeinflussung der Sachbearbeitung und dass dies den Entschluss einer Mandatierung der Kanzlei beeinflussen kann.
e. Der Senat bleibt auch bei Berücksichtigung der Ausführungen des Beklagten in der Gegenerklärung bei seiner Auffassung, dass die (Kurz-)Bezeichnung „K… & Kollegen“ irreführend im Sinne des § 5 UWG ist.
Die von dem Beklagten insoweit zitierte Kommentierung von Weyland zu § 9 BORA betrifft den Wegfall der bis zum 1.3.2011 geltenden – einschränkenden – Regelung zum Kreis der Führungsberechtigten, welche durch die Neuregelung ersatzlos weggefallen ist, so dass nun auch Einzelanwälte, Bürogemeinschaften und andere Formen der beruflichen Zusammenarbeit mit sozietätsfähigen oder auch nichtsozietätsfähigen Personen eine Kurzbezeichnung führen können (Weyland/Träger BORA § 9 Rn. 3).
Sinn und Zweck der Regelung des § 9 BORA ist es aber weiterhin sicherzustellen, dass jeder im Rechtsverkehr ohne Schwierigkeiten erkennen kann, mit wem er es zu tun hat, wer Rechtsberatung anbietet oder als Vertreter gegnerischer Rechtsberatung auftritt; Schutzzweck der Vorschrift ist das Verbot der Irreführung des rechtsuchenden Publikums (Weyland/Träger BORA § 9 Rn.2). Grundsätzlich sind Rechtsanwälte bei der Wahl einer Kurzbezeichnung frei, soweit diese sachlich, insbesondere nicht irreführend ist (§ 43b BRAO, § 5 UWG) und nicht eine ausdrückliche gesetzliche Regelung entgegensteht (Weyland/Träger BORA § 9 Rn.4).
Mit dem Zusatz „& Kollegen“ wird, wie bereits im Hinweisbeschluss des Senats vom 13.09.2021 unter Ziffer II. 2. d. ausgeführt, irreführend suggeriert, dass außer der Person, die durch die Namensbezeichnung gemeint ist, noch mindestens zwei weitere „Kollegen“ tätig sind.
Es fehlt entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht an greifbaren und belastbaren Tatsachen für die vom Senat im Hinweisbeschluss aufgeführte Auffassung, wonach für den Rechtssuchenden der Umstand, wie viele Personen rechtsberatend in einer Kanzlei tätig sind, regelmäßig ein relevanter Gesichtspunkt ist, weil er hiermit eine gesteigerte Expertise, gebündelten Sachverstand und Spezialisierung verbindet. Der Senat gehört insoweit selbst zu dem angesprochenen Verkehrskreis und kann diesen Umstand aufgrund eigener Lebenserfahrung zugrunde legen.
C.
I.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
II.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 51 Abs. 2 GKG bestimmt.
Entgegen den Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 29.10.2021 ist der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 20.000,00 € und nicht auf 30.186,00 € festzusetzen.
1. Die von der Klägerin neben dem Unterlassungsanspruch pauschal geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von 186 € erhöhen den Streitwert nicht.
Abmahnkosten, die neben dem Hauptanspruch als Nebenforderung geltend gemacht werden, erhöhen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach § 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG, § 23 Abs. 1 S. 1 RVG weder den Streit- noch den Beschwerdewert (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2013 – I ZR 9/13, Rn. 1).
Im vorliegenden Fall klagte die Klägerin die Kosten der Abmahnung im Wege der Klagehäufung neben dem abgemahnten Unterlassungsanspruch ein. Damit sind die Abmahnkosten lediglich eine Nebenforderung, denn es handelt sich um einen unselbständigen Anspruch, der in seinem Bestand vom Unterlassungsanspruch abhängig ist. Als Nebenforderung bleiben sie bei der Wertberechnung unberücksichtigt. (BGH Beschluss v. 09.2.2012 – I ZR 142/11, GRUR-RS 2012, 07783).
2. 1. Für das vorliegende wettbewerbsrechtliche Verfahren ist der Streitwert gemäß § 51 Abs. 2 GKG nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Dieses Interesse der Klagepartei an der begehrten Unterlassung bemisst sich in Wettbewerbssachen nach dem sog. „Angriffsfaktor“. Maßgeblich ist das Interesse der Klägerin an der Verhinderung künftiger Verletzungshandlungen. Dabei hängt der Umfang dieses Interesses von der Art des Verstoßes, insbesondere von seiner Gefährlichkeit und der Schädlichkeit der zu verbietenden Handlung, d.h. der Wahrscheinlichkeit und dem Ausmaß einer künftigen Beeinträchtigung dieses Interesses, ab (OLG Oldenburg, Beschluss vom 21.12.2015 – 6 W 107/15, Rn. 3; Köhler/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl. 2019, § 12 Rn. 5.5).
Da es immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, sind „Regelstreitwerte“ nicht anzuerkennen. Das schließt es nicht aus, auf Entscheidungen in vergleichbaren Sachverhalten zurückzugreifen (Köhler/Feddersen, a.a.O., § 12 Rn. 5.5).
Für die zu treffende Bewertung kommt der Wertangabe der Klagepartei, auch wenn diese für das Gericht nicht bindend, sondern anhand der objektiven Gegebenheiten und unter Heranziehung üblicher Wertfestsetzungen in vergleichbaren Fällen zu überprüfen ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.05.2011 – I-2 W 15/11, Rn. 8), eine wichtige Indizwirkung zu. Denn zu Beginn des Verfahrens, in dem die spätere Kostentragungspflicht noch offen ist, kann von diesen Angaben erfahrungsgemäß größere Objektivität erwartet werden, als zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kostentragungspflicht mit erheblicher Sicherheit vorauszusehen ist (BGH, Beschluss vom 27.05.2008 – X ZR 125/06).
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs ist vorliegend der Streitwert auf insgesamt 20.000,00 € festzusetzen, wobei hinsichtlich des tenorierten Unterlassungsanspruchs in Ziffer I. a. aa. und bb. des erstinstanzlichen Urteils ein Streitwert in Höhe von insgesamt 10.000,00 € und hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs in Ziffer I. b. des erstinstanzlichen Urteils ein weiterer Streitwert in Höhe von 10.000,00 € festzusetzen ist.
Die Klägerin schätzte im Rahmen der Klageschrift den Streitwert hinsichtlich der ursprünglich geltend gemachten Unterlassungsansprüche (im Tenor des erstinstanzlichen Urteils Ziffer I.a.aa. und I.b.) auf jeweils 10.000,00 € (wobei der Beklagte im Rahmen der Klageerwiderung dieser Schätzung widersprach und eine Streitwertfestsetzung auf 5.100 € für richtig hielt). Mit Schriftsatz vom 04.02.2021 erweiterte die Klägerin ihre Anträge um den mit Urteil des Landgerichts in Ziffer I. a.bb. tenorierten Unterlassungsanspruch und führte hinsichtlich des Streitwerts aus, dass sie, da die Klageerweiterung nur einen anders gestalteten Briefkopf beträfe, aber die wettbewerbsrechtliche Beurteilung die gleiche sei wie bei dem mit der Klage ursprünglich angegriffenen Briefkopf, davon ausgehe, dass sich der Streitwert nicht oder allenfalls nur gering erhöhe, so dass kein zusätzlicher Gerichtskostenvorschuss zu zahlen sei. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten.
Der Senat ist vorliegend der Auffassung, dass sich der Streitwert durch die Klageerweiterung nicht erhöht hat. Entscheidend ist insoweit, dass es sich bei dem von der Klageerweiterung betroffenen Briefkopf nur um eine leichte Abänderung des ursprünglichen Briefkopfs handelt (durch händische Streichung des im Briefkopf aufgeführten Rechtsanwalts L… S…). Insoweit hatte – wie bereits die Klägerin zutreffend ausführte – keine andere wettbewerbsrechtliche Beurteilung zu erfolgen. Der mit der Klageerweiterung geltend gemachte Antrag ist vielmehr quasi als ein weniger im ursprünglichen Unterlassungsantrag bereits enthalten, so dass eine Streitwerterhöhung im Rahmen des nach § 51 Abs. 2 GKG zu treffenden Ermessens nicht veranlasst ist.


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