IT- und Medienrecht

Individualisierende Bildberichterstattung wegen Zweckentfremdung von Wohnraum

Aktenzeichen  18 U 1950/18 Pre

Datum:
27.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2018, 50516
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1004 Abs. 1 S. 2
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1
ZPO § 522 Abs. 2
KUG § 22, § 23

 

Leitsatz

1. Auch wenn sich die streitgegenständliche Berichterstattung mit einem aktuellen Thema von hohem gesellschaftlichen Interesse (Wohnungsnot in München und damit im Zusammenhang stehenden rechtswidrigen Untervermietungen an so genannte Medizintouristen) befasst, handelt es sich bei den streitgegenständlichen Bildnissen der betroffenen Vermieter nicht um solche aus dem Bereich der Zeitgeschichte. (Rn. 7 – 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Abbildung der betroffenen Vermieter stellt eine erhebliche Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts dar, weil damit deren Fehlverhalten öffentlich bekannt gemacht und ihre Person negativ qualifiziert wird; dass die Kläger ihr rechtswidriges “Geschäftsmodell” in gewerblichem Umfang mit erheblichen Gewinnen betrieben haben, führt nicht dazu, dass sie eine individualisierende Bildberichterstattung zu dulden hätten.  (Rn. 7 – 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

9 O 8184/17 2018-04-16 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten zu 1) und zu 2) gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 16.04.2018, Aktenzeichen 9 O 8184/17, wird zurückgewiesen.
2. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils 5/12 und die Kläger zu 1) und zu 2) jeweils 1/12.
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) im Berufungsverfahren tragen die Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils 5/12.
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) im Berufungsverfahren tragen die Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils 5/12.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) im Berufungsverfahren tragen der Kläger zu 1) und zu 2) jeweils 1/12.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) im Berufungsverfahren tragen der Kläger zu 1) und zu 2) jeweils 1/12.
Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 120.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Kläger machen gegen die Beklagten Ansprüche auf Unterlassung, Geldentschädigung und Feststellung der Schadensersatzpflicht im Zusammenhang mit einer Bildberichterstattung in der Ausgabe der „B. M.“ vom 16. Februar 2017 sowie auf den Internet-Portalen „m.b. .de“ und „b. .de“ geltend. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 16.04.2018 (Bl. 68/78 d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit Endurteil vom 16.04.2018 Ansprüche der Kläger auf Unterlassung der streitgegenständlichen Bildberichterstattung bejaht und der Klage insoweit nebst Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 992,58 € durch die Beklagten als Gesamtschuldner an den Kläger zu 2) stattgegeben. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Zu den Entscheidungsgründen wird auf Bl. 79/89 d.A. verwiesen.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten form- und fristgerecht Berufung eingelegt und beantragen, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen. Auf die Berufungsbegründung vom 13.08.2018 (Bl. 116/128 d.A.) wird Bezug genommen.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen und verfolgen darüber hinaus im Wege der Anschlussberufung ihr erstinstanzliches Ziel der Zahlung einer angemessenen Geldentschädigung als Ausgleich des ihnen durch die Verbreitung und Veröffentlichung der streitgegenständlichen Bildnisse entstandenen immateriellen Schadens weiter. Auf den Schriftsatz zur Anschlussberufung vom 24.08.2018 (Bl. 109/112 d.A.) und die Berufungserwiderung vom 03.09.2018 (Bl. 131/134 d.A.) wird Bezug genommen.
Die Beklagten beantragen, die Anschlussberufung zurückzuweisen. Auf den Schriftsatz vom 13.08.2018 (Bl. 116/128 d.A.) wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 17.10.2018 (Bl. 136/143 d.A.) hat der Senat darauf hingewiesen, dass und aus welchen Gründen er beabsichtige, die Berufung der Beklagten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Den Parteien wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis 09.11.2018 gegeben. Eine Stellungnahme ist nicht eingegangen.
II.
Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 16.04.2018, Aktenzeichen 9 O 8184/17, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweisbeschluss des Senats vom 17.10.2018 Bezug genommen.
Eine Gegenerklärung hierzu ist innerhalb der gesetzten Frist nicht eingegangen, so dass es keiner weiteren Ausführungen bedarf.
Die seitens der Kläger eingelegte Anschlussberufung wird mit der Zurückweisung der Berufung der Beklagten wirkungslos, § 524 Abs. 4 ZPO.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Kosten sind im Verhältnis der Werte von Haupt- und Anschlussberufung zu quoteln (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 524 Rn. 44 m.w.N.).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO bestimmt. In Übereinstimmung mit dem Landgericht wurden für die Unterlassung der Bildberichterstattung 4 x 25.000 € und für die Geldentschädigung 4 x 5.000 € angesetzt.


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