IT- und Medienrecht

Irreführung bei einer Werbung mit einer befristeten Verkaufsaktion

Aktenzeichen  1 HK O 555/17

Datum:
8.6.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
WRP – 2017, 1020
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 5a Abs. 1

 

Leitsatz

Eine Werbung mit besonders günstigen Gutscheinpreisen, die in Wirklichkeit den normalen oder jedenfalls später als normal allen Kunden angebotenen Preisen entsprechen, ist irreführend. (Rn. 20) (red. LS Dirk Büch)

Tenor

1. Der Beklagten wird verboten, bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Werbeprospekten Verkaufsaktionen mit einer zeitlichen Befristung anzukündigen, wenn die Ware nach Ende dieses Zeitraums weiterhin zum Aktionspreis angeboten wird, wenn dies geschieht wie in der Anläge K 2 und K 3 und/oder in der Anlage K 2 und K 4 und/oder in der Anlage K 2 und K 5, und/oder in der Anlage K 2 und K 6.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen 20.000,- Euro Sicherheit vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Kläger kann von der Beklagten die Unterlassung der unlauteren geschäftlichen Handlung verlangen (§§ 8 Abs. 1, 3 Ziff. 2, 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 5 a Abs. 1 UWG), Werbung mit einer zeitlich befristeten Gutscheinsaktion und später generellen Verkauf zu gleichen oder deutliche günstigeren Preisen:
Das Gericht hält die Begründung bewusst kurz, da die Parteien und ihre anwaltschaftliche Vertreter im Wettbewerbsrecht versiert sind.
Die Klagebefugnis des Klägers wird auch von der Beklagten zwischenzeitlich nicht mehr bezweifelt.
Die Werbung mit besonders günstigen Gutscheinpreisen, die in Wirklichkeit den normalen oder jedenfalls später als normal allen Kunden angebotenen Preisen, ist nach Ansicht des Gerichts irreführend, zumal wenn die kurz darauf beworbenen Preise noch einmal herabgesetzt sind.
Die reichlich aggressive Werbung im streitgegenständlichen Gutscheinblatt vermittelt dem Verbraucher den Eindruck, er müsse jetzt und sofort seine Kaufentscheidung treffen, um in den Genuss des angeblich so stark rabattierten Preises zu kommen.
Das Gericht zählt sich zu dem angesprochenen Kreis des durchschnittlich informierten und situationsbedingt aufmerksamen Verbraucher (§ 3 Abs. 4 UWG).
Die angesprochenen Gutscheine werden über die örtliche Tageszeitung und mit vielen kostenlosen Werbezeitungen verteilt sowie gerichtsbekannt an alle Kundenkarteninhaber verschickt.
So wirbt die Beklagte auch im Internet mit diesen (jederzeit ausdruckbaren) Gutscheinen, die gelegentlich nur für ein Wochenende oder jedenfalls einen befristeten Zeitraum Gültigkeit haben sollen (Köhler in Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 35. Aufl. 2017, § 5 a UWG Rn 5.48 zum Problemkreis). Werden in der Ankündigung der Sonderveranstaltung von vornherein feste zeitliche Grenzen angegeben, muss sich der Kaufmann hieran grundsätzlich festhalten lassen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. April 2010 – 20 U 186/08 – juris Rn. 20).
Dabei hängt die Frage der Irreführung maßgebend davon ab, wie der Verkehr die Werbung mit einer befristeten Verkaufsaktion oder einem befristet gewährten Preisvorteil nach den Umständen des konkreten Falls versteht (BGH, Urteil vom 07. Juli 2011 – I ZR 173/09 -, juris Rn 20).
Bei den Verbrauchern wird eine Fehlvorstellung regelmäßig dann erzeugt, wenn der Unternehmer bereits bei Erscheinen der Werbung für einen Jubiläumsrabatt die Absicht hat, die Aktion zu verlängern, dies aber nicht in der Werbung hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt.
Denn ein angemessen gut unterrichteter und angemessen aufmerksamer und kritischer Durchschnittsverbraucher wird bei einem vorbehaltlosen Angebot eines solchen Rabattes mit der Angabe eines Endtermins davon ausgehen, dass der Unternehmer den genannten Endtermin auch tatsächlich einhalten will, zumal dann, wenn die per Gutschein angekündigten Rabatte so erheblich sind (BGH, a.a.O. Rn. 21).
Das Argument der Beklagten, man dürfe unterschiedliche Preise für Gutscheinbesitzer und sonstige Kunden machen, trifft nach Ansicht des Gerichts nicht den Kern des Problems.
Schon nach dem Gutscheinblatt genügt bei einem Kauf online die Eingabe des aufgedruckten Gutscheincodes im Rahmen der Bestellung.
Zudem liegen die Gutscheinblätter gerichtsbekannt in den Geschäftsräumen des Möbelhauses auf, so dass sich jeder Interessent vor Kaufabschluss mit den erforderlichen Gutscheinen versorgen oder die einfach von der Webseite der Beklagten oder über Links in entsprechenden Vergleichsportalen ausdrucken kann. Die Wiederholungsgefahr ist evident.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1, 2 ZPO.


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