IT- und Medienrecht

IV ZR 36/20

Aktenzeichen  IV ZR 36/20

Datum:
14.4.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:140421UIVZR36.20.0
Normen:
§ 203 Abs 2 VVG
§ 203 Abs 5 VVG
Spruchkörper:
4. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend OLG Köln, 28. Januar 2020, Az: I-9 U 138/19, Urteilvorgehend LG Köln, 3. Juli 2019, Az: 23 O 373/18, Urteil

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten und unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. Januar 2020 teilweise aufgehoben, das Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 3. Juli 2019 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Krankenversicherung, Versicherungsschein-Nr.: …        , in den nachfolgenden Zeiträumen nicht wirksam geworden sind:
a) im Tarif …      die Erhöhungen um 24,93 € zum 1. Januar 2014 bis zum 31. März 2019 und um weitere 40,59 € zum 1. Januar 2015 bis zum 31. März 2019,
b) im Tarif …      die Erhöhung um 10,83 € zum 1. Januar 2014 bis zum 31. März 2019.
2. Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbetrages aus den folgenden Erhöhungen des Monatsbeitrags verpflichtet ist:
a) im Tarif …       aus der Erhöhung um 24,93 € zum 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2016 und um weitere 40,59 € zum 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2016,
b) im Tarif …     aus der Erhöhung um 10,83 € zum 1. Januar 2014 bis zum 31. März 2019.
3. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Erhöhung im Tarif …      zum 1. Januar 2014 ab dem 1. April 2019 erledigt ist.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.081,49 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Januar 2019 zu zahlen.
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen der Kläger zu 80 % und die Beklagte zu 20 %.
Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger zu 43 % und die Beklagte zu 57 %.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 5.000 € festgesetzt.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung des Klägers.
2
Der Kläger unterhält in der Krankheitskostenversicherung bei der Beklagten unter anderem die Tarife …     und …     . Die Beklagte informierte ihn mit Schreiben vom November 2013 nebst Anlagen über eine Beitragserhöhung zum 1. Januar 2014 im Tarif …     um 24,93 € monatlich und im Tarif …      um 10,83 € monatlich. Für den Tarif …      teilte sie außerdem mit Schreiben vom November 2014 nebst Anlagen eine Beitragserhöhung um 40,59 € zum 1. Januar 2015 mit.
3
Im Schreiben vom November 2013 fand sich ein fett gedruckter Hinweis auf nähere Erläuterungen in der Anlage “Informationen zur Beitragsanpassung zum 01.01.2014”. In dieser Anlage hieß es zur Frage “Was sind die Gründe für die Beitragsanpassung?” auszugsweise:
“Mit Ihrer privaten Kranken-/Pflegeversicherung sichern Sie sich lebenslang eine optimale Versorgung. In der privaten Krankenversicherung (PKV) stehen Ihnen alle Möglichkeiten der modernen Medizin offen – und das ein Leben lang! Denn die einmal vertraglich vereinbarten Leistungen sind lebenslang garantiert.
Ihr privater Krankenversicherungsschutz berücksichtigt darüber hinaus den medizinischen Fortschritt bei Diagnostik, Therapiemethoden und Medikamenten. Mit dem medizinischen Fortschritt wächst also der Umfang Ihres Versicherungsschutzes.
Damit wir unser Leistungsversprechen dauerhaft einhalten können, müssen wir wie alle privaten Krankenversicherer einmal jährlich alle Beiträge überprüfen. Dies erfolgt in der Kranken-, Krankentagegeld- und Pflegeergänzungsversicherung für jeden einzelnen Tarif, getrennt nach Alter und Geschlecht.
Bei der Überprüfung vergleichen wir die kalkulierten Leistungsausgaben mit den zukünftig erforderlichen. Weichen die Zahlen um den in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen festgelegten Prozentsatz nach oben oder unten voneinander ab, müssen die Beiträge angepasst werden. Hierzu sind wir gesetzlich verpflichtet.
Neben den Leistungsausgaben beeinflussen weitere Faktoren den Beitrag:
Steigende Lebenserwartung

Kapitalmarktsituation

Entwicklung des Versichertenbestandes
…”
12
Die Anlage zum Schreiben vom November 2014 war insoweit im Kern inhaltsgleich. Weiter hieß es dort:
“War Ihr Tarif bereits im letzten Jahr von einer Beitragsanpassung betroffen? Dann wurden die Auswirkungen des in den letzten Jahren veränderten Kündigungsverhaltens bereits bei der Beitragsneuberechnung zum 01.01.2014 berücksichtigt – der Einfluss in diesem Jahr ist nur gering. Die Beitragsanpassung ist dann überwiegend in den veränderten Leistungsausgaben begründet.”
14
Weitere Beitragserhöhungen im Tarif …      erfolgten zum 1. Januar 2017 und 1. Januar 2018.
15
Der Kläger hält die Beitragserhöhungen für unrechtmäßig. Mit Anwaltsschreiben vom 16. August 2018 forderte er von der Beklagten die Rückzahlung der seiner Ansicht nach zu viel gezahlten Prämien.
16
Soweit für die Revision noch von Interesse hat der Kläger mit seiner Klage zunächst die Rückzahlung der auf die Erhöhungen entfallenden Prämienanteile in Höhe von 4.883,31 € nebst Zinsen sowie die Feststellung begehrt, dass die Beitragserhöhungen zum 1. Januar 2014, 1. Januar 2015, 1. Januar 2017 und 1. Januar 2018 unwirksam seien und er nicht zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet sei. Mit Schriftsatz vom 5. März 2019 hat der Kläger diesen Feststellungsantrag für erledigt erklärt; die Beklagte hat dem widersprochen. Der Kläger hat daraufhin die Feststellung beantragt, dass der genannte Feststellungsantrag ursprünglich zulässig und begründet war.
17
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger zuletzt den Zahlungsantrag auf 4.417 € reduziert. Das Oberlandesgericht hat das landgerichtliche Urteil unter Abweisung der weitergehenden Klage dahingehend abgeändert, dass die Beklagte zur Zahlung von 3.588,45 € nebst Zinsen verurteilt worden ist. Die Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen zum 1. Januar 2014 und zum 1. Januar 2015 und das Nichtbestehen einer Pflicht zur Tragung des jeweiligen Erhöhungsbetrages sind für den Zeitraum bis zum 31. März 2019 festgestellt worden. Außerdem ist festgestellt worden, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der Erhöhungen zum 1. Januar 2014 und zum 1. Januar 2015 ab dem 1. April 2019 erledigt ist.
18
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.


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