IT- und Medienrecht

Kein Wettbewerbsverhältnis zwischen einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt und einer Social-Media-Plattform

Aktenzeichen  29 U 3620/20

Datum:
25.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2021, 47411
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3, § 8 Abs. 3 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Verweist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt auf Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Twitter, entsteht hierdurch kein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG zu einem anderen Anbieter von Social-Media-Diensten.  (Rn. 34 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine geschäftliche Handlung zugunsten von Social-Media-Plattformen erfolgt durch den Verweis einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt auf deren Dienste nicht, wenn in erster Linie das Medienangebot der Rundfunkanstalt gefördert werden soll. (Rn. 41 – 46) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

33 O 11963/19 2020-05-19 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19.05.2020, Az. 33 O 11963/19, wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung iHv 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit iHv 115% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

A.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte auf Lauterkeitsrecht gestützte Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend.
Die Klägerin wurde im Jahr 2015 gegründet und betreibt unter www.g. .com eine Internetplattform.
Die Beklagte ist der B. Sie betreibt die Internetpräsenzen www.b. .de und www.b. 3.de.
Zudem bietet sie die B. 24-App an, die auch einen Messenger-Dienst beinhaltet.
Jedenfalls im Onlineangebot von Bayern 3 war die nachfolgend eingelichtete, als Anlage K2 im Ausdruck vorgelegte Internetseite abrufbar:
Auf der Internetpräsenz unter www.b. .de fanden sich ua die auf Bl. 62 ff. d.A. ersichtlichen Ausführungen zu Facebook und Twitter.
Die Klägerin, die die von ihr betriebene Kommunikationsplattform als mit Facebook und Twitter vergleichbar ansieht und die behauptet, einen seit 2017 online gestellten Messenger-Dienst anzubieten, den Stand Ende des Jahres 2019 mehrere hundert Nutzer verwendeten, ist der Auffassung, die Beklagte handele durch die Verlinkung und Verweisung auf ihre Angebote bei Facebook und Twitter sowie aufgrund einer auch in Hörfunksendungen der Beklagten gemachten Aufforderung zur Kontaktaufnahme mittels WhatsApp sowie weiterer Dienste (s. hierzu Anlage K15) unlauter. Die Beklagte verletze durch das angegriffene Verhalten ihre aus den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages folgende Pflicht zur Marktneutralität und betreibe Schleichwerbung. Der Klägerin stünden daher lauterkeitsrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche zu, die sie als Mitbewerberin der Beklagten, zumindest aber derjenigen Unternehmen, deren Wettbewerb die Beklagte durch die angegriffenen Handlungen fördere, geltend machen könne.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1. Der Beklagte wird bei Meidung eines vom Gericht zu bestimmenden Ordnungsgeldes ersatzweise Ordnungshaft verurteilt, es zu unterlassen von seinem Telemedienangebot www.b. .de auf Telemedienangebote Dritter zu verlinken oder zu verweisen, wenn dies für den Nutzer zu einer unmittelbaren Registrierungsaufforderung auf einem solchen Angebot führt, wie geschehen mit der Verlinkung auf die Plattformen „Facebook“ und „Twitter“ und wie geschehen mit dem Verweis auf die Plattform „WhatsApp“.
2. Der Beklagte wird bei Meidung eines vom Gericht zu bestimmenden Ordnungsgeldes ersatzweise Ordnungshaft verurteilt, es zu unterlassen auf seinem Telemedienangebot www.b. .de die Unternehmenslogos „Facebook“ wie nachfolgend
und „Twitter“ wie nachfolgend
wiederzugeben.
3. Der Beklagte wird bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft verurteilt, es zu unterlassen, in Rundfunkbeiträgen die Hörer zur Nutzung von „WhatsApp“ aufzufordern.
4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr aus den vorstehend unter Ziff. 1 mit 3 bezeichneten Handlungen entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist ua der Auffassung, dass die Klägerin bereits nicht aktivlegitimiert sei. Ungeachtet dessen handele die Beklagte nicht unlauter. Die von ihr vorgenommenen Verlinkungen, die internet- und nutzertypisch ausgestaltet seien, dienten dazu, den Nutzern die Möglichkeit zu eröffnen, Inhalte des Angebots der Beklagten auf den Social-Media-Kanälen zu teilen. Die in Frage stehenden Auftritte auf sozialen Medien seien Gegenstand des vom Rundfunkrat genehmigten Telemedienkonzepts der Beklagten. Der Hinweis auf WhatsApp diene ausschließlich der Information der Kontaktaufnahme der Nutzer mit den Moderatoren im Studio. Verstöße gegen Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages lägen nicht vor.
Mit Urteil vom 19.05.2020, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Darüber hinaus macht sie geltend, dass die kostenfreie Präsenz der Beklagten auf den klagegegenständlichen kommerziellen Diensten eine geschäftliche Handlung in Nutzereigenschaft auf einem mehrseitigen Markt nach § 18 Abs. 3a GWB sei. Die Beklagte sei als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt auf dem Markt der durch öffentliche Gelder finanzierten Anstalten regional für Bayern marktbeherrschend im Sinne von § 18 Abs. 1 S. 2  GWB, der von ihr eröffnete mehrseitige Markt nach § 18 Abs. 3a GWB unterwerfe sie den Vorgaben des GWB. Eine Präsentation von Firmenlogos, Verlinkung oder Nutzungsaufforderung zugunsten von kommerziellen Netzwerken außerhalb journalistisch redaktioneller Beiträge sei nicht von den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags und des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt und enthebe die Beklagte ihres grundgesetzlichen Schutzes, folgend aus Art. 5 Abs. 2 GG. Eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, ein Missbrauch nach § 19 Abs. 2 S. 3 GWB liege somit vor, da kein Entgelt für die Präsentation gefordert werde, was von dem Entgelt abweiche, das „sich bei wirksamen Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würde.“
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin klargestellt, dass die Klageanträge nicht auf Kartellrecht gestützt würden (Bl. 247 d.A.).
Unter Berücksichtigung des Hinweises des Senats in der mündlichen Verhandlung, dass die schriftsätzlich angekündigten und zu Beginn der Sitzung gestellten Berufungsanträge unbestimmt sein dürften, hat die Klägerin zu den gleichwohl aufrechterhaltenen Berufungsanträgen Hilfsanträge gestellt. Sie beantragt zuletzt,
1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 19.05.2020 AZ 33 O 11963/19 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird bei Meidung eines vom Gericht zu bestimmenden Ordnungsgelds ersatzweise Ordnungshaft verurteilt, es zu unterlassen von seinem Telemedienangebot www.br.de auf Telemedienangebote Dritter zu verlinken oder zu verweisen, wenn dies für den Nutzer zu einer unmittelbaren Registrierungsaufforderung auf einem solchen Angebot führt, wie geschehen mit der Verlinkung auf die Plattformen „Facebook“ und „Twitter“ und wie geschehen mit dem Verweis auf die Plattform „WhatsApp“.
Hilfsweise:
Der Beklagte wird bei Meidung eines vom Gericht zu bestimmenden Ordnungsgelds, ersatzweise Ordnungshaft verurteilt, es zu unterlassen, von der Internetseite www.b. de und/oder von der Internetseite www.b. 3.de auf die Internetseiten www.facebook.com und/oder www.twitter.com zu verlinken, wenn dies für den über den Link weitergeführten Besucher der Internetseiten www.facebook.com und/oder www.twitter.com mit einer Registrierungsaufforderung verbunden ist, wie wiedergegeben in den Anlagen A1 (Facebook) und A2 (Twitter)
3. Der Beklagte wird bei Meidung eines vom Gericht zu bestimmenden Ordnungsgelds ersatzweise Ordnungshaft verurteilt, es zu unterlassen auf seinem Telemedienangebot www.b. .de die Unternehmenslogos „Facebook“ wie nachfolgend
und „Twitter“ wie nachfolgend
wiederzugeben.
Hilfsweise:
Der Berufungsantrag wird wiederholt mit der Maßgabe, dass Unterlassung betreffend die Internetseite www.b. .de und/oder www.b. 3.de begehrt wird.
4. Der Beklagte wird bei Meidung eines vom Gericht festzusetzendes [sic!] Ordnungsgelds, ersatzweise Ordnungshaft verurteilt, es zu unterlassen, in Rundfunkbeiträgen die Hörer zur Nutzung von „WhatsApp“ aufzufordern sowie in Hörfunkbeiträgen und/oder in begleitenden Übertragungsmedien (Radiotext) die Hörer zur Nutzung von Facebook, Instagram und Twitter aufzufordern.
Hilfsweise:
Der Berufungsantrag wird wiederholt mit der Maßgabe, dass Unterlassung betreffend das Hörfunkprogramm B. 3 außerhalb redaktioneller Beiträge begehrt wird.
5. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr aus den vorstehend unter Ziff. 2 mit 4 bezeichneten Handlungen entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
die Berufung auf Kosten der Klägerin zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Berufung sei unbegründet und im Übrigen auch unzulässig. Das angegriffene Verhalten verstoße nicht gegen Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags bzw. des Medienstaatsvertrags. Hinzu komme, dass die klagegegenständlichen Nennungen von Facebook, Twitter oder WhatsApp keine geschäftlichen Handlungen darstellten und die Klägerin mangels Wettbewerbsverhältnisses auch nicht aktivlegitimiert sei. Auch seien die Klageanträge viel zu weit gefasst und beschränkten sich nicht auf die vermeintliche konkrete Verletzungshandlung. Bei Berufungsantrag Ziffer 2 bleibe zudem unklar, welche konkrete „Verletzungshandlung“ hiervon umfasst sein solle.
Die kartellrechtlichen Ausführungen der Klägerin seien für den vorliegenden Rechtsstreit völlig unbeachtlich und im Übrigen auch rechtlich verfehlt. Die Klägerin befinde sich nicht in einem Wettbewerb mit der Beklagten als Rundfunkanbieter.
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2021 Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, da die Klageanträge bereits überwiegend unzulässig und im Übrigen unbegründet sind.
I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Soweit die Beklagte demgegenüber auf S. 2 der Berufungserwiderung pauschal anmerkt, die Berufung sei unzulässig, ohne dies weiter zu begründen, trifft dies nicht zu. Bestimmtheitsbedenken, die nach Auffassung der Beklagten gegen die mit der Berufung weiter verfolgten Klageanträge bestehen, haben keinen Einfluss auf die Zulässigkeit der Berufung, sondern sind im Rahmen der Begründetheit der Berufung zu prüfen.
II. Die Berufung ist unbegründet, da das Landgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat und auch die weiteren im Berufungsverfahren gestellten Anträge keinen Erfolg haben.
1. In Bezug auf die Berufungsanträge zu 2. ist die Klage im Hauptantrag unzulässig, im Hilfsantrag zwar zulässig, aber unbegründet.
a) Der Hautantrag zu Ziffer 2 ist unzulässig, da er den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht genügt.
aa) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 2020, 755 Rn. 39 – WarnWetter-App; BGH, GRUR 2019, 746 Rn. 15 – Energieeffizienzklasse III). Eine hinreichende Bestimmtheit ist für gewöhnlich gegeben, wenn eine Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung erfolgt oder die konkret angegriffene Verletzungsform antragsgegenständlich ist und der Klageantrag zumindest unter Heranziehung des Klagevortrags unzweideutig erkennen lässt, in welchen Merkmalen des angegriffenen Verhaltens die Grundlage und der Anknüpfungspunkt für den Wettbewerbsverstoß und damit das Unterlassungsgebot liegen sollen (BGH, GRUR 2019, 627 Rn. 15 – DeutschlandKombi).
bb) Diesen Maßstäben genügt der gestellte Hauptantrag zu 2 nicht. Er enthält im Hauptteil eine abstrakte Umschreibung des aus Sicht der Klägerin verbotswürdigen Verhaltens ohne Bezugnahme auf eine Handlung der Beklagten, die eben dieses Verhalten beinhalten würde. Verboten werden soll der Beklagten danach jegliche Verlinkung oder Verweisung von einem eigenen Telemedienangebot www.b. .de auf Telemedienangebote Dritter, wenn dies für den Nutzer zu einer unmittelbaren Registrierungsaufforderung auf einem solchen Angebot führt.
(i) Unklar ist zum einen, welche Handlung konkret mit „verweisen“ gemeint sein soll. Eine eindeutig zu bestimmende Handlung ist dem nicht zu entnehmen. Soweit die Klägerin hierzu im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18.03.2021, dort S. 3, ausführen lässt, dass ein Verweis im Gegensatz zur Verlinkung „ein nichttechnischer, in Audio-, Video-, Text- und/oder Bildform beschriebener Hinweis auf die Existenz einer Drittplattform“ sei, ist dies gem. § 525 S. 1, § 296a S. 1 ZPO unbeachtlich und führt dies ungeachtet dessen auch nicht zu einer hinreichenden Klarstellung dessen, was konkret der Beklagten verboten werden soll.
(ii) Nicht klar ist ferner, was unter „seinem Telemedienangebot“ und „Telemedienangeboten Dritter“ zu verstehen sein soll. Angesichts der vielschichtigen Definitionen etwa in § 2 Abs. 1 S. 3 des bis zum 06.11.2020 geltenden RStV sowie in § 2 Abs. 1 S. 3 MStV (gültig seit 07.11.2020) und in § 1 Abs. 1 S. 1 TMG von Telemedien einerseits und der in § 2 Abs. 2 RStV bzw. § 2 Abs. 2 MStV bzw. § 2 TMG dargestellten Angebotsvarianten von Telemedien andererseits, aus der sich wiederum Rückschlüsse darauf ergeben, wer jeweils als Anbieter von Telemedien anzusehen ist, kann dem klägerischen Hauptantrag 2 weder entnommen werden, was konkret unter www.br.de abrufbar sein muss, damit es als Telemedienangebot der Beklagten angesehen werden kann, noch welche Anforderungen an die „verlinkten“ oder „verwiesenen“ „Telemedienangebote Dritter“ konkret zu stellen sind. Vielmehr werden durch den gestellten Antrag sämtliche Fragen hinsichtlich der Ausgestaltung von Start und Ziel von Verlinkung bzw. „Verweisung“ sowie hinsichtlich der nach dem Antrag zu fordernden Verantwortlichkeit („sein“ Angebot bzw. das Angebot „Dritter“) ins Vollstreckungsverfahren verlagert, was nicht zulässig ist.
(iii) Unklar ist zudem, was mit einer „Registrierungsaufforderung“ gemeint sein soll und wer diese verantworten muss. Angesichts dessen, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass Inhalte, die die Beklagte inhaltlich zu verantworten hat und zB auf Facebook eingestellt hat, zumindest eingeschränkt auch dann vom Nutzer angesehen werden können, wenn er sich nicht bei Facebook registriert, ist nicht hinreichend ersichtlich, welche Voraussetzungen eine Registrierungsaufforderung erfüllen muss, um zur Annahme eines verbotswidrigen Verlinkens / „Verweisens“ zu kommen. Soweit die Klägerin hierzu im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18.03.2021, dort S. 4, ausführen lässt, dass damit ein „aktiver Appell“ gemeint sein soll, sich in ein Nutzer-Verzeichnis einer Internetdrittplattform einzutragen, gilt das unter (i) bereits Ausgeführte.
(iv) Der Umstand, dass der Hauptantrag am Ende durch den Nachsatz „wie geschehen“ einen vermeintlichen Verweis auf eine Konkretisierung des zuvor abstrakt umschriebenen und aus Sicht der Klägerin verbotswürdigen Verhaltens zu enthalten scheint, ändert an der Unbestimmtheit des Antrags nichts, da eine Bezugnahme auf eine konkrete Verletzungshandlung in dem so eingeleiteten Nachsatz gerade nicht enthalten ist.
b) Der Hilfsantrag zu Berufungsantrag 2 ist zwar zulässig, aber unbegründet.
aa) Im Hilfsantrag verzichtet die Klägerin zum einen weitestgehend auf unklare Verallgemeinerungen und nimmt zum anderen Bezug auf die Anlagen A1 und A2 und somit auf eine hinreichend konkrete Verletzungsform.
bb) Der Hilfsantrag ist jedoch unbegründet, da er zum einen zu weit gefasst ist und auch solche Verhaltensweisen erfasst, die auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens von vornherein nicht als verbotswürdig angesehen werden können. Zum anderen fehlt es der Klägerin mangels Mitbewerberstellung an der für die geltend gemachten Ansprüche erforderlichen Aktivlegitimation.
(i) Der gestellte Hilfsantrag umfasst jegliche Form der Verlinkung auf die Internetseiten www.facebook.com und/oder www.twitter.com, sofern diese auf den Zielseiten zu einer Registrierungsaufforderung führt, unabhängig davon, ob eine solche Verlinkung Bestandteil eines redaktionellen Textes auf den Ausgangseiten ist oder aber ausschließlich das Ziel verfolgt, unabhängig von inhaltlichen Beiträgen den Nutzer der Ausgangseiten auf die genannten Zielseiten weiterzuleiten. Da jedenfalls erstere Verlinkungen auch nach dem Verständnis der Klägerin nicht zu beanstanden sind, gleichwohl aber Gegenstand des beantragten Verbots wären, ist der Antrag zu weit gefasst und daher insgesamt unbegründet.
(ii) Ungeachtet dessen fehlt es an der nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG iVm § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG erforderlichen Mitbewerberstellung der Klägerin, so dass dahinstehen kann, ob die Beklagte gegen Vorschriften des RStV verstoßen hat und ob etwaige solche Verstöße eine Wiederholungsgefahr auch im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Gesetzesänderung aufgrund Inkrafttretens des MStV begründen könnten. Weder kann das für die Aktivlegitimation erforderliche konkrete Wettbewerbsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten erkannt werden, noch ist ersichtlich, dass die Beklagte durch die von der Klägerin vorgetragenen Handlungen den Wettbewerb Dritter zulasten der Klägerin gefördert hat.
(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (BGH, WRP 2019, 317 Rn. 58 – Crailsheimer Stadtblatt II) erfordert die Eigenschaft als Mitbewerber gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG ein konkretes Wettbewerbsverhältnis iSd § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Ein solches ist anzunehmen, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten der einen die andere beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann; auch wenn die Parteien keine gleichartigen Waren oder Dienstleistungen abzusetzen versuchen, besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das Dritter zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann und die von den Parteien angebotenen Waren oder Dienstleistungen einen wettbewerblichen Bezug zueinander aufweisen (s. auch BGH, WRP 2019, 1304 Rn. 23 – Erfolgshonorar für Versicherungsberater).
(2) Maßgeblich ist, dass sich die Mitbewerbereigenschaft eines Unternehmers nicht abstrakt feststellen lässt, vielmehr ist an die jeweilige konkrete geschäftliche Handlung anzuknüpfen. Sie entscheidet darüber, ob sich der handelnde Unternehmer zu einem anderen Unternehmer in Wettbewerb stellt. Der Mitbewerberbegriff des Lauterkeitsrechts ist also handlungsbezogen (Köhler, in: Köhler, Bornkamm, Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 2 Rn. 98 mwN).
(3) Nach diesen Maßstäben kann hinsichtlich der beanstandeten und konkret vorgetragenen Handlungen der Beklagten keine Aktivlegitimation der Klägerin festgestellt werden.
(a) Konkret trägt die Klägerin solche Handlungen der Beklagten vor, wie sie sich zum einen aus der Kombination von Anlagen K2 mit K4 und zum anderen aus den Einlichtungen im Schriftsatz vom 13.03.2020, Seiten 14 mit 18 (Bl. 62/66 d.A.), ergeben.
Diese führen allerdings lediglich dazu, dass die Nutzer veranlasst werden, von der Beklagten verantwortete Inhalte bei Facebook und/oder Twitter aufzurufen und ggfls. zu teilen bzw. der Beklagten Nachrichten über WhatsApp zukommen zu lassen.
(b) Die angegriffenen Handlungen dienen mithin in erster Linie dazu, das Medienangebot der Beklagten zu fördern. Inwieweit dadurch die wettbewerblichen Interessen der Klägerin betroffen sein sollen, ist auch unter Berücksichtigung des (ohnehin wegen § 296a ZPO nicht verwertbaren) Vortrags der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18.03.2021 nicht ansatzweise ersichtlich, selbst wenn man ihre Angaben zu ihren Tätigkeitsfeldern unterstellt, denn diese haben schlicht nichts gemein mit denen, die die Beklagte anbietet. Da es auf die konkreten „Verletzungs“handlungen ankommt, spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob die Beklagte möglicherweise in Bezug auf den unter der B. 24-App vorgehaltenen Messenger-Dienst ein zu den von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen konkurrierendes Produkt anbietet, denn dieser Dienst ist nicht Gegenstand der beanstandeten Handlungen der Beklagten.
(c) Doch auch unter dem Aspekt des Förderns fremden Wettbewerbs kann eine Aktivlegitimation der Klägerin nicht angenommen werden, denn auch insoweit ist auf die konkrete Handlung abzustellen und kann nicht jegliches Momentum, welches auch nur reflexartig dazu führt, dass die Leistung eines Dritten aus Sicht der Nutzer als attraktiv wahrgenommen wird, als relevant für die Annahme einer Förderung fremden Wettbewerbs angesehen werden (vgl. BGH, GRUR 2021, 497 Rn. 27 – Zweitmarkt für Lebensversicherungen).
(aa) Geht es um die Förderung fremden Wettbewerbs, etwa durch einen Werbepartner, muss das konkrete Wettbewerbsverhältnis zwischen dem geförderten Unternehmen und dessen Mitbewerber bestehen. Der betroffene Mitbewerber ist dann nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG berechtigt, gegen den Förderer vorzugehen, wenn er durch die Förderung des dritten Unternehmens in seinen eigenen wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen berührt ist (Köhler, in: Köhler, Bornkamm, Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 2 Rn. 105 mwN).
(bb) Allerdings ist insoweit zu beachten, dass für die Beurteilung, ob eine geschäftliche Handlung iSv § 2 Nr. 1 UWG und damit eine lauterkeitsrechtlich relevante Handlung vorliegt, zu berücksichtigen ist, dass eine solche Handlung vorrangig dem Ziel der Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen dienen muss; die Absatz- oder Bezugsförderung darf nicht nur Nebenfolge sein (vgl. BGH, GRUR 2015, 694 Rn. 22 – Bezugsquellen für Bachblüten).
Demzufolge kann ein Wettbewerbsverhältnis, was allein unter dem Gesichtspunkt der Förderung fremden Wettbewerbs in Betracht kommt, nur dann angenommen werden, wenn die als Förderung zu qualifizierende Handlung vorrangig dem Ziel der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von solchen Waren / Dienstleistungen dient, die für das konkrete Wettbewerbsverhältnis zwischen Klägerin und Dritten maßgeblich sind.
(cc) Dies ist vorliegend nicht der Fall: wie sich den von der Klägerin dargestellten Ausgangsseiten, die sie der Beklagten zurechnet, entnehmen lässt, ist es bei den konkret vorgetragenen Verlinkungen bzw. „Verweisungen“ vorrangiges Ziel, dem Nutzer Wege aufzuzeigen, die es ihm ermöglichen, von der Beklagten verantwortete mediale Inhalte abzurufen und / oder mit der Beklagten zu kommunizieren. Ziel der Beklagten in Bezug auf die konkret zu beurteilenden Handlungen ist es ersichtlich nicht, die Nutzer zu veranlassen, sich bei Facebook, Twitter und WhatsApp zu registrieren, wie es ebenso wenig seitens der Beklagten beabsichtigt wäre, die Nutzer durch die Angabe einer Telefon-Nummer oder einer Fax-Nummer dazu zu veranlassen, sich ein neues Telefon oder ein Faxgerät zuzulegen oder durch die Angabe der postalischen Anschrift die Post in ihrem Briefmarkenverkauf zu fördern.
(dd) Die vorliegende Fallkonstellation ist mithin eine ersichtlich andere als diejenige, die der BGH-Entscheidung „ARD-Buffet“ (BGH, GRUR 2017, 422) zugrunde lag, in der der BGH ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis zwischen dem klagenden Zeitschriftenverlag und der ARD angenommen hat, weil die dortige Beklagte durch die Bewerbung eines bei einem zur Klägerin konkurrierenden Verlag erschienenen Magazins den Wettbewerb einer Konkurrentin gefördert hat (BGH, GRUR 2017, 422 Rn. 64 – ARD-Buffet). Dass die Bewerbung einer Zeitschrift darauf abzielt, deren Absatz zu fördern und damit den Wettbewerb des diese herausgebenden Verlags, ist offensichtlich, jedoch nicht zu vergleichen mit der hiesigen Situation, in der die Beklagte lediglich darauf abzielt, alternative Kommunikationswege aufzuzeigen. Dass für deren Nutzung – je nach Nutzer – unter Umständen weitere Anschaffungen (Telefon, Fax-Gerät, Briefmarke etc.) oder Registrierungen (soweit diese nicht ohnehin schon bestehen) erforderlich werden können, ist jedenfalls nicht Gegenstand einer für die Bejahung des Wettbewerbsverhältnisses erforderlichen Förderungsabsicht.
2. In Bezug auf Berufungsantrag 3 ist die Klage im Hauptantrag unzulässig, im Hilfsantrag unbegründet.
a) Der Hauptantrag ist unzulässig, weil sich ihm mangels Bezugnahme auf eine konkrete Verletzungshandlung nicht entnehmen lässt, unter welchen Voraussetzungen ein Telemedienangebot der Beklagten unter www.br.de anzunehmen sein soll. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zum Hauptantrag 2 Bezug genommen werden.
b) Der Hilfsantrag zu 3 ist unbegründet. Ungeachtet dessen, dass die nicht näher konkretisierte Verwendung von „Unternehmenslogos“ der im Antrag eingelichteten Art der Beklagten schon deswegen nicht untersagt werden kann, weil ein solches Verbot zB auch eine rechtlich ohne weiteres zulässige Wiedergabe dieser Zeichen innerhalb redaktionellberichtender Textbeiträge über die entsprechenden Unternehmen umfassen würde und deshalb der Antrag von vornherein zu weit gefasst ist, kann die Klägerin auch in Bezug auf die aus dem Vortrag ersichtlichen konkreten Wiedergaben dieser Zeichen keine lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsansprüche geltend machen, da es aus den oben genannten Gründen auch hier jedenfalls an der Aktivlegitimation fehlt.
3. Haupt- und Hilfsantrag zu 4 sind jeweils nicht auf eine konkrete Verletzungshandlung bezogen. Die Anträge sind daher zu unbestimmt und unzulässig, da unklar ist, welche Handlungsformen als „auffordern“ angesehen werden sollen. Auch insoweit würden maßgebliche Fragen einer verbotswürdigen Handlung ins Vollstreckungsverfahren verlagert, was nach obigen Ausführungen zur Unbestimmtheit auch dieses Antrags führt.
4. Folglich hat auch Antrag 5 keinen Erfolg und ist als unzulässig anzusehen, soweit dieser rückbezogen ist auf die als unzulässig zu wertenden Hauptanträge 2 mit 4 sowie den Hilfsantrag zu 4, und im Übrigen als unbegründet.
C.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter B. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben