Aktenzeichen RN 11 K 17.3
FVBS § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 3 S. 1
Leitsatz
1 Eine selbständige Tätigkeit im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts liegt dann vor, wenn Räume vermietet werden, die unmittelbar einem Fremdenverkehrsbetrieb zu dienen bestimmt sind (Anschluss an BayVGH BeckRS 2009, 37015). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2 Dass ein Vorteilssatz im Wege der Schätzung ermittelt wird, ist rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere auch mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar (Anschluss an BayVGH BeckRS 2013, 58931). (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Beitragsermittlung für den mittelbaren Vorteil aus dem Fremdenverkehr darf ein dem jeweiligen unmittelbaren Vorteil entsprechender Vorteilssatz zu Grunde gelegt werden (Anschluss an BayVGH BeckRS 2016, 47748). (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet, da der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin ist fremdenverkehrsbeitragspflichtig. Die Höhe des Vorteilssatzes ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu dem Fremdenverkehrsbeitrag ist Art. 6 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.V.m. der Satzung zur Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags der Beklagten (FVBS) vom 7. Januar 1980 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 29. Juni 2004. Gegen deren ordnungsgemäßes Zustandekommen sind Bedenken weder vorgetragen noch für das Gericht ersichtlich. Die Satzung ist auch materiell rechtlich nicht zu bestanden.
Gemäß § 1 Abs. 1 FVBS wird von allen selbständig tätigen natürlichen und den juristischen Personen, denen durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet Vorteile erwachsen, ein Fremdenverkehrsbeitrag erhoben. Durch diesen wird der Vorteil, der dem Beitragsschuldner innerhalb eines Kalenderjahres durch den Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar erwächst, abgegolten, § 2 Abs. 1 FVBS. Der Vorteilssatz bezeichnet gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 FVBS den auf den Fremdenverkehr beruhenden Teil des einkommen- oder körperschaftssteuerpflichtigen Gewinns oder des steuerbaren Umsatzes. Er wird durch Schätzung für jeden Fall gesondert ermittelt, § 3 Abs. 3 Satz 2 FVBS. Dabei sind insbesondere Art und Umfang der selbständigen Tätigkeit, die Lage und Größe der Geschäfts- und Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises von Bedeutung, § 3 Abs. 3 Satz 3 FVBS.
Der zu entgeltende wirtschaftliche Vorteil besteht in der Gewinnchance oder in der erhöhten Verdienstmöglichkeit, die sich aus dem Fremdenverkehr ergibt (vgl. BayVGH vom 7. 10. 2013 Az. 4 B 13.209 m.w.N.). Es kommt nicht darauf an, ob der Beitragsschuldner die ihm gebotenen Vorteile nutzt oder nicht. Die Möglichkeit der Vorteilsnahme muss lediglich bestehen, d.h. nach der vom Pflichtigen ausgeübten Tätigkeit gegeben sein. Das Entstehen von Vorteilen aus dem Fremdenverkehr wird daher auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Unternehmer tatsächlich keine Gewinne erzielt oder sogar Verluste macht (vgl. BayVGH vom 7. 10. 2013 a.a.O.). Im vorliegenden Fall erfolgte die Veranlagung auf der Grundlage des von der Klägerin in dem Formular „Erklärung zur Veranlagung des Fremdenverkehrsbeitrages“ angegebenen Gewinns, da die hieraus sich ergebende Beitragsschuld höher ist, als die auf der Grundlage des steuerbaren Umsatzes errechnete Schuld, vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 FVBS.
1. Die Klägerin zieht durch die Vermietung von Geschäftsräumen im Kaufhaus … mittelbare Vorteile aus Geschäften mit Ortsfremden und mit den am Fremdenverkehr unmittelbar beteiligten Kreisen im Sinne des § 1 Abs. 1 FVBS. Diese Vermietung ist nicht der rein privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen.
Eine selbständige Tätigkeit im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrecht liegt dann vor, wenn Räume vermietet werden, die unmittelbar einem Fremdenverkehrsbetrieb zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH vom 5.12.2006 Az. 4 B 05.3119 m.w.N.). Die Klägerin hat als Vermieterin von Geschäftsräumen an selbständig Tätige, die selbst unmittelbar vom Fremdenverkehr profitieren, mittelbare Vorteile durch diesen. Als Vorteil stellt sich der Nutzen dar, der durch Geschäfte mit den am Fremdenverkehr unmittelbar Beteiligten im Rahmen der für den Fremdenverkehr notwendigen Bedarfsdeckung gezogen wird. Es kann nämlich keinen Unterschied machen, ob der Eigentümer in seinen Räumlichkeiten selbst ein Geschäft betreibt oder ob er es vermietet und dann indirekt vom Fremdenverkehr profitiert. Der mittelbare Vorteil muss jedoch durch einen typischen und offensichtlichen Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr geprägt sein (vgl. BayVGH vom 5.12.2006 a.a.O. m.w.N.). Dieser Zusammenhang ist dann gegeben, wenn in dem Pacht- bzw. Mietvertrag die auf den Fremdenverkehr ausgerichtete Nutzung des Betriebs festgelegt ist und keine Vermietung sog. neutraler Räume vorliegt, bei denen die jeweilige konkrete Nutzung dem Mieter überlassen bleibt.
Eine Vermietung neutraler Räume liegt hier nicht vor. Die Klägerin hat es nämlich nicht ihrem Mieter überlassen, wie er die konkreten Räume nutzen will. Nach dem Vorbringen der Klägerin sind die Räume zum Betrieb eines „Textil-Einzelhandelsgeschäftes“ vermietet. Damit ist eine konkrete Zweckbindung für die Nutzung der überlassenen Geschäftsräume vertraglich fixiert. Die vereinbarte Nutzung erfolgt hier auch tatsächlich. Ein Einzelhandelsgeschäft für Textilien ist als Betrieb einzustufen, der unmittelbar dem Fremdenverkehr zu dienen bestimmt ist, da in diesem auch Geschäfte mit Ortsfremden getätigt werden (vgl. BayVGH vom 5.12.2006 a.a.O.).
Dass ein in zentraler Lage gelegenes Bekleidungsgeschäft vom Fremdenverkehr profitiert, liegt auf der Hand. Das Kaufhaus … wirbt auf seiner Homepage mit folgenden Worten: „Warenhäuser machen sich in Zeiten des Onlinehandels immer rarer. Doch im Herzen von … bietet das Kaufhaus … dem anonymen Shoppingtrend Paroli. Beratung, Warenvielfalt und kundenorientierter Service machen richtig Lust aufs Einkaufen.“ Das Kaufhaus … liegt in der …allee im Zentrum … In unmittelbarer Nähe befinden sich die …-Therme und ca. 100 Meter entfernt die Therme … In einer Entfernung von ca. einem Kilometer liegt die Therme … In der Umgebung gibt es mehrere Kliniken und Rehazentren. Die Gegend um die …allee ist vom Fremdenverkehr, insbesondere in der Form des Kurtourismus, geprägt.
Das Warensortiment dient nicht lediglich der Versorgung der ortsansässigen Bevölkerung. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass auch ortsfremde Besucher während ihres Aufenthalts Textilien einkaufen, zumal es auch ein Sortiment von auf Touristen ausgerichteten Kleidungsstücken, wie z.B. Bademoden gibt. Die Mieterin hat daher die Möglichkeit, besondere wirtschaftliche Vorteile aus dem Fremdenverkehr zu erlangen und erwirtschaftet unmittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr. Die Klägerin wiederum erhält durch die Mietzahlungen mittelbare Vorteile aus diesem und ist selbst beitragspflichtig.
Hinzu kommt, dass zum Fremdenverkehr auch die Personen zu zählen sind, die von außerhalb des Stadtgebiets in das Gemeindegebiet, z.B. zum Einkaufen, zur Erholung oder zum Besuch von Veranstaltungen im Stadtbereich kommen. Der Begriff des Fremdenverkehrs umfasst zwar in erster Linie die Erholungssuchenden, kann sich aber auch Personen erstrecken, die sich zur Bildung, Heilung, zum Vergnügen oder dergleichen vorübergehend an einen anderen Ort begeben. Entscheidend ist, dass es sich um einen kurzfristigen Aufenthalt aus besonderem Grunde handelt (vgl. BayVGH vom 6.3.1989 Az. 4 B 87.01262, VGHE 42 S. 56 ff.). Auch diese Personen gehören zum potentiellen Kundenkreis des Geschäfts. Es ist naheliegend, dass diese in vielen Fällen einen Aufenthalt nutzen, um nicht nur die in der Umgebung des Kaufhaus … gelegenen Thermen, Kurbetriebe etc. aufzusuchen, sondern auch für Einkäufe.
2. Zu Recht hat die Beklagte der Ermittlung des Vorteilssatzes eine Schätzung zugrunde gelegt.
Das Satzungsrecht der Beklagten bestimmt in § 3 Abs. 3 Satz 2 FVBS, dass der Vorteilssatz durch Schätzung für jeden Fall gesondert zu ermitteln ist. Dabei sind insbesondere Art und Umfang der selbständigen Tätigkeit, die Lage und Größe der Geschäfts- und Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises von Bedeutung, § 3 Abs. 3 Satz 3 FVBS.
Dass ein Vorteilsatz im Wege der Schätzung ermittelt wird, ist rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere auch mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar (vgl. BayVGH vom 7. 10. 2013 a.a.O., mit Verweis auf BayVerfGH vom 21.10.1960 Az. Vf. 24-VII-59, VerfGHE 13, 127/132). Die Legitimation für eine Schätzung des Vorteilsatzes ergibt sich daraus, dass es praktisch kaum möglich ist, die dem Einzelnen aus dem Fremdenverkehr erwachsenden Vorteile exakt zu ermitteln und die Geschäfte mit Fremden und Ortsansässigen jeweils gesondert zu erfassen. Die Schätzung ist dabei dem Bereich der Tatsachenfeststellung zuzurechnen und unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung (vgl. z.B. BayVGH vom 9.5.1984 Az. 4 B 82 A.1097, BayVBl 1985, 244 ff.).
Da der Vorteilssatz für jeden Fall gesondert zu ermitteln ist, wäre ein Vergleich mit den Vorteilssätzen anderer Branchen und Geschäfte allenfalls dann möglich, wenn diese in den in § 3 Abs. 3 Satz 3 FVBS beschriebenen Merkmalen (weitgehend) übereinstimmen. Dass es im Gemeindegebiet bzw. in der Kurallee sowie in der …straße vergleichbare Geschäfte gibt, die mit einem geringeren Vorteilssatz veranlagt wurden, wurde zwar behauptet aber nicht substantiiert belegt. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass das Schuhgeschäft … ab 1. September 2012 eine Postleitzahlenerfassung in die Kassensoftware implementiert hatte. Zum einen bezieht sich diese Datenerhebung nicht auf den streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum. Zum anderen müsste ein Geschäft mit dem Schuhgeschäft … – zumindest weitgehend – vergleichbar sein. Dies könnte allenfalls bezüglich des Schuhgeschäfts … im Kaufhaus … (Verfahren Az. RN 11 K 17.19, RN 11 K 17.20 und RN 11 K 17.21) der Fall sein. Im Übrigen hat das Schuhgeschäft … dieses Verfahren mittlerweile wieder aufgegeben und den Widerspruch gegen die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrags 2011 zurückgenommen (vgl. Schreiben des … Schuhgeschäft vom 5. August 2014 an die Beklagte), da sie mit der von der Beklagten geforderten Aufschlüsselung der Daten auf Monatsbasis nicht einverstanden war. Insoweit ist auch bestritten, dass die Methodik der Postleitzahlenerfassung so durchgeführt wurde, dass sich hieraus ein sachgerechter Vorteilssatz ermitteln ließ.
3. Die Höhe des Vorteilssatzes begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Der Beitragsermittlung für den mittelbaren Vorteil aus dem Fremdenverkehr darf ein dem jeweiligen unmittelbaren Vorteil entsprechender Vorteilssatz zu Grunde gelegt werden (vgl. BayVGH vom 9.5.2016 Az. 4 B 15.2338 m.w.N.). Die Beklagte hat sich bei der Schätzung des Vorteilssatzes an demjenigen Vorteilssatz orientiert, den sie auch für den unmittelbaren Vorteil aus dem Fremdenverkehr geschätzt hat. Da die Klägerin selbst nur mittelbar durch den Fremdenverkehr begünstigt wird, ist es zwingend, dass der unmittelbare Vorteil ihres Mieters auch bei ihr die entsprechende Berechnungsgrundlage bildet. Ein anderer sachgerechter Ansatzpunkt ist nicht ersichtlich und von der Klägerin zwar behauptet, aber nicht substantiiert dargelegt worden.
Dem Verzicht eines unmittelbar Bevorteilten auf Einwendungen kommt zumindest eine Indizwirkung zu (vgl. BayVGH vom 9.5.2016 a.a.O.). Allerdings ist es dem mittelbar Begünstigten nicht verwehrt, alle Einwendungen vorzubringen. Im Gegensatz zu einigen anderen unmittelbar Begünstigten hat die Mieterin des Bekleidungsgeschäfts auf Einwendungen gegen den Vorteilssatz nicht verzichtet.
Als Grundlage und Ausgangspunkt für eine realitätsnahe Schätzung des fremdenverkehrsbedingten Vorteils kommt grundsätzlich die sogenannte Fremdenverkehrsquote in Betracht, also der prozentuale Anteil der Aufenthaltstage von Touristen an der Gesamtsumme der jährlichen Aufenthaltstage von Personen im Gemeindegebiet. Die Beklagte hat hier anders als in den vom Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteilen vom 13. August 2013 (Az. RN 4 K 13.1054, 1055, 1056 und 1057) aufgehobenen Bescheiden zunächst diese errechnet. Die Zahl der Aufenthaltstage der Touristen wurde bei den Übernachtungsgästen aus den Übernachtungen und bei den Tagestouristen anhand des geschätzten Tagesaufenthalts ermittelt. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass die Zahl der Tagestouristen, anders als die der Übernachtungsgäste, die Meldepflichten unterliegen und deren Zahl von der Kurverwaltung erhoben wird (vgl. hierzu die Tabelle „Entwicklung des Kurgastaufkommens in …“ von 1955 bis 2016), nur geschätzt werden kann. Die Beklagte hat ihrer Schätzung eine Studie des Deutschen Wissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr (dwif) vom Dezember 2006 zugrunde gelegt, nach der jährlich ca. 1.300.000 Tagesgäste … besuchen. Hiergegen sind weder methodische Einwände erkennbar noch durchgreifend geltend gemacht worden. Es ist für das Gericht nachvollziehbar, dass diese Zahl für das Jahr 2007 und die Folgejahre zugrunde gelegt werden konnte. Dementsprechend errechnete die Beklagte für die Jahre 2007, 2008 und 2009 Fremdenverkehrsquoten von 62,34%, 62,09% und 62,17%.
Dies schließt es aber nicht aus, in Anwendung des § 3 Abs. 3 Satz 3 FVBS einen höheren Vorteilssatz anzunehmen. Je weiter sich der gewählte Vorteilssatz von der Fremdenverkehrsquote entfernt, desto höher sind jedoch die Anforderungen an die Darlegung, dass unter Berücksichtigung besonderer örtlicher Verhältnisse oder eines speziell auf Touristen zugeschnittenen Sortiments im Einzelfall ein höherer Vorteilssatz anzunehmen ist (vgl. BayVGH vom 7.4.2014 Az. 4 ZB 13.2098). Die grundsätzliche Methodik der Berechnung des Vorteilssatzes durch die Beklagte wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bereits gebilligt (vgl. BayVGH vom 14.1.2016 Az. 4 B 14.2227). Das erkennende Gericht hat auch im vorliegenden Fall keinen Zweifel, dass dem Vorteilssatz eine realitätsnahe Schätzung zugrunde liegt, die bei Berücksichtigung aller Umstände die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich hat.
Die Lage des Geschäftsraums ist gemäß § 3 Abs. 3 Satz 3 FVBS für die Ermittlung des Vorteilssatzes von Bedeutung. Damit kann die besondere „Lagegunst“ des Kaufhauses … neben anderen Kriterien bei der Ermittlung des Vorteilssatzes Berücksichtigung finden. Dem liegt auch der Gedanke zugrunde, dass die Vorteile aus dem Fremdenverkehr umso stärker wiegen, je zentraler und näher bei Fremdenverkehrseinrichtungen die Räume liegen. So schließt auch die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. hierzu die Beschlüsse in den Verfahren Az. 4 ZB 13.2097, 4 ZB 13.2098, 4 ZB 13.2099 und 4 ZB 13.2100) nicht aus, dass die besondere Lage in die Berechnung des Vorteilssatzes einfließt. Wie oben bereits dargelegt, profitieren in zentraler Lage gelegene Geschäfte besonders vom Fremdenverkehr.
Hinsichtlich der in die Berechnung des Vorteilssatzes eingestellten Anzahl der Tagesgäste durfte die Beklagte auf die Studie „Wirtschaftsfaktor Tourismus in …“ vom Dezember 2006 zurückgreifen. Anders als die Zahl der Übernachtungsgäste, die für die Beklagte leicht nachvollziehbar ist, beruht die Zahl der Tagesgäste auf einer Schätzung, die mit dieser Studie nachvollziehbar begründet wurde. Es begegnet auch keinen Bedenken, dass Tagestouristen zur Ermittlung des Vorteilssatzes mitherangezogen werden. Die Vermutung, dass Tagestouristen sich weniger leisten als Übernachtungstouristen wurde von der Klägerin nicht belegt. Es ist durchaus naheliegend, dass Tagestouristen vor, nach oder statt eines Aufenthalts in den Fremdenverkehrseinrichtungen das Kaufhaus … aufsuchen und dort einkaufen. Dass die Mehrzahl der Tagestouristen aus der Tschechischen Republik stammt und nur die Thermen aufsucht, ohne etwas einzukaufen, hat die Klägerin ebenfalls nicht belegen können. Sie ist ferner dem Vorbringen der Beklagten, dass die Mehrzahl der Touristen individuell anreist und nicht mit Bussen, nicht mit durchgreifenden Argumenten entgegen getreten. Bestätigt wird dies durch eine Gästebefragung im Jahr 2013, wonach 82% der Gäste in … mit dem PKW anreisten. Dass dies in den Vorjahren entscheidend anders war, ist nicht erkennbar. Die Zahl der Bustouristen lag dagegen nur bei 8%. Es kann also nicht die Rede davon sein, dass die Mehrzahl der Tagestouristen mit dem Bus aus Tschechien anreiste. Nachvollziehbar ist auch die Annahme der Beklagten, dass beim Einkaufsverhalten der Tagesgäste und der Übernachtungsgäste keine Abweichungen erkennbar sind. Da die Zahl der Tagesgäste höher ist als die Zahl der Übernachtungsgäste, kann dementsprechend die Anzahl deren Einkäufe höher angesetzt werden.
Der Höhe des Vorteilssatzes kann auch nicht mit dem Argument entgegen getreten werden, dass von den Tagesgästen kein Kurbeitrag erhoben wird. Dies verkennt, dass beide Beitragsarten unterschiedliche Zielsetzungen haben. Während der Fremdenverkehrsbeitrag gemäß Art. 6 Abs. 1 KAG zur Deckung des Aufwands für die Fremdenverkehrsförderung von selbständig tätigen Personen erhoben wird, dient der Kurbeitrag gemäß Art. 7 Abs. 1 KAG der Deckung des Aufwands für die Einrichtungen und Veranstaltungen, die Kur- und Erholungszwecken dienen. Beitragspflichtig sind Kurgäste. Vor diesem Hintergrund können die jeweiligen Beitragsarten nicht beliebig ausgetauscht und gegeneinander verrechnet werden. Im Übrigen hat die Beklagte insoweit in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass die Thermen von der Gemeinde in Haftung genommen. Inwieweit es hier zu „Beitragsausfällen“ kommt, ist nicht nachvollziehbar.
Die Beklagte hat in den jeweiligen Berechnungen die Veränderungen der Einwohner- und Touristenzahlen berücksichtigt. Wie sich diesen entnehmen lässt, wurden ihnen die jeweiligen Einwohnerzahlen der Jahre 2007, 2008 und 2009 zugrunde gelegt. Da die Veranlagungen nur diese Jahre betreffen, kommt es auf – angeblich sinkende – Touristenzahlen bis zum Jahr 2017 nicht an. Im Übrigen lässt sich der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Übersicht „Entwicklung des Kurgastaufkommens in …“ entnehmen, dass die Zahl der Übernachtungen in den Jahren 2007 bis 2009 kaum abgenommen hat, die der Gästeankünfte jedoch angestiegen ist. Die Entwicklung, dass sich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer bei steigenden Ankunftszahlen verringerte, setzte sich in den folgenden Jahren fort. Insoweit spricht viel für die Einschätzung, dass aus steigenden Gästezahlen auch ein höherer Vorteil im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts resultiert.
Das Gericht hat auch keine Bedenken hinsichtlich der Grenzziehung „innerorts- und außerorts“ durch die Beklagte. Hierzu hat diese in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass „innerorts“ das Gebiet der ursprünglichen Gemeinde … sei. Die eingemeindeten Ortsteile wie z.B. …, …, … hätte sie nicht mehr dazu gezählt. Angesichts der relativ geringen Ausdehnung der Stadt erscheint dies als sachgerecht, um den „Innenbereich“ zu definieren, zumal die meisten Gäste individuell mit dem PKW anreisen und damit nicht unbedingt zu Fuß gehen müssen. Schließlich liegt es im Rahmen einer sachgerechten Schätzung auch nahe, dass bei den der Berechnung zugrunde gelegten Altersgruppen auch ein unterschiedliches Kaufverhalten vorliegt. Dieser Annahme konnte die Klägerin nur Mutmaßungen entgegen setzen.
Im Sinne einer pauschalierenden Schätzung ist es auch nicht erforderlich, dass die Beklagte wegen der Ladenöffnungszeiten des Kaufhauses … und der Anreisetage der Busgäste einen geringeren Vorteilssatz ansetzen musste. Das würde zum einen Ermittlungen der Beklagten erfordern, an welchen Tagen genau wie viele Busgäste das Gemeindegebiet besuchen, was mit einem erheblichen Aufwand verbunden wäre. Zum anderen beruht dies auf der Annahme, dass außerhalb der Ladenöffnungszeiten im Kaufhaus … besonders viele Busgäste … besuchen, was nicht belegt ist. Das Kaufhaus … hat nach den Angaben auf seiner Homepage von Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr und am Samstag von 9 bis 13 Uhr geöffnet. Außerdem gibt es noch verkaufsoffene Sonntage von 11 bis 16 Uhr. Wollte man für jeden dieser Tage konkrete Vorteile errechnen, würde dies über eine wirklichkeitsnahe Schätzung weit hinausgehen und wäre kaum mehr praktikabel. Abschließend ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Zahl der mit dem Bus anreisenden Touristen eher gering ist (s.o.)
Da die Berechnung der Höhe des Fremdenverkehrsbeitrags keinen Bedenken begegnet, war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.