IT- und Medienrecht

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Aktenzeichen  51 O 1487/20

Datum:
18.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 51936
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. 

Gründe

Die Klage ist unzulässig.
I.
Der Beklagte kann gegenüber dem Klagebegehren mit Erfolg die Einrede des Schiedsvertrages erheben. Die geschlossene Schiedsgerichtsvereinbarung umfasst auch den im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Schadensersatzanspruch.
Ziffer 6 des streitgegenständlichen Darlehnsvertrags lautet unter der Überschrift „Schiedsgerichtsvereinbarung“ wie folgt:
„Für den Fall, dass zwischen den Parteien dieses Vertrags Streitigkeiten über das Zustandekommen dieses Vertrags oder dessen Inhalt oder Abwicklung aufkommen, vereinbaren die Parteien, dass alle Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht entschieden werden. Schiedsgericht ist ICC Paris. Das Verfahren wird durch das Schiedsgericht nach Deutschem Prozessrecht geführt; Gerichtsstand ist München und Verfahrenssprache ist deutsch.“
Ob der streitgegenständliche Sachverhalt von dieser Klausel erfaßt wird, ist durch Auslegung zu ermitteln. „Eine Schiedsvereinbarung erfasst im Zweifel auch deliktische Anspruchsgrundlagen (in Anspruchskonkurrenz mit vertraglichen). Dies gilt jedoch nicht insoweit, als die unerlaubte Handlung sich nicht mit der Vertragsverletzung deckt. Im Zweifel werden zu Lasten des Geschädigten zukünftige Vorsatztaten von der Schiedsklausel nicht bindend erfasst, d.h. der Geschädigte kann nach seiner Wahl vor dem staatlichen Gericht oder vor dem Schiedsgericht klagen. Von der Schiedsvereinbarung nicht erfasst werden also Tathandlungen, die – bei Würdigung des Sachverhalts als einheitlichem Lebensvorgang – der Vertragsverletzung zeitlich vorgelagert sind oder ihr nachfolgen“ (Zöller, ZPO, 32. Auflage, § 1029 Rn 80, m.w.N.).
Vorliegend ist bereits nach dem Wortlaut der Vereinbarung zweifelhaft, ob nur vertragliche Ansprüche von der Vereinbarung erfasst sein sollen. Es heißt zwar zunächst, dass die Vereinbarung getroffen wird für den Fall, dass zwischen den Parteien dieses Vertrags Streitigkeiten über das Zustandekommen dieses Vertrags oder dessen Inhalt oder Abwicklung aufkommen. Andererseits heißt es dann auch, dass für diesen Fall, alle Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht entschieden werden. Für den Fall besagter Streitigkeiten ist die Zuständigkeit bereits vom Wortlaut her nicht nur auf vertragliche Streitigkeiten beschränkt.
Vertraglich hat sich der Beklagte zur Rückzahlung des Darlehns an den Kläger verpflichtet. Aufgrund Zeitablaufs ist der Rückzahlungsanspruch vorliegend auch fällig, so dass dem Kläger grundsätzlich der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehns unter Abzug der bezahlten 1.000,- €, somit in der mit der Klage geltend gemachten Höhe gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zusteht. Die Geltendmachung dieses Anspruchs vor dem Landgericht ist dem Kläger jedoch aufgrund der Schiedsgerichtsvereinbarung verwehrt. Aus diesem Grund begehrt der Kläger nunmehr unter Bezugnahme auf das strafgerichtliche Urteil die Rückzahlung des Darlehnsbetrages aus der deliktischen Anspruchsgrundlage des § 823 BGB i.V.m. § 263 StGB mit der Behauptung, der Beklagte habe bereits bei Vertragsabschluss in der Absicht gehandelt, den Darlehnsbetrag nicht an den Kläger zurückzuzahlen. Dies stellt letztendlich nach Auffassung des Gerichts eine Umgehung der Schiedsgerichtsvereinbarung dar.
Auch unter Berücksichtigung der oben zitierten Kommentarmeinung sowie der von Klägerseite angeführten Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG JW 1918, 263) und des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 24.11.1964- VI ZR 187/63) steht nach Auffassung des Gerichts die Einrede des Schiedsvertrages der Zulässigkeit der Klage entgegen. Der Entscheidung des Reichsgerichts lag -im Gegensatz zum vorliegenden Verfahreneine vereinbarte Schiedsgerichtsklausel zugrunde, die sich ausdrücklich auf Streitigkeiten „aus dem Vertragsverhältnis“ bezog. „Das Reichsgericht hat seine Entscheidung hinsichtlich des Eingreifens der Schiedsgerichtsklausel darauf abgestellt, ob sich die der Beklagten zur Last gelegte unerlaubte Handlung tatbestandlich mit einer Vertragsverletzung deckte. Dies ist verneint worden, weil die Beklagte nach den Klagebehauptungen den Hauptvertrag von vornherein nicht erfüllen, sondern betrügerisch ausnutzen wollte, weil sie dabei in fortdauernder Schädigungsabsicht handelte und zur Zweckerreichung unwahre Gerüchte ausstreute, deren Verbreitung nicht ohne weiteres mit einer Vertragsverletzung gleichbedeutend war. Das Reichsgericht hat ausgeführt, hiernach handele es sich um selbständige Unrechtstaten; der Tatbestand der unerlaubten Handlung, so wie er behauptet sei, gehe in bedeutsamen Punkten über den einer Vertragsverletzung hinaus“ (so BGH, NJW 1965,300). Die Vertragsverletzung im vorliegenden Fall liegt in der Nichtrückzahlung des Darlehns nach Eintritt der Fälligkeit. Die vom Kläger behauptete unerlaubte Handlung liegt in der von vorneherein beabsichtigten Nichtrückzahlung des Darlehns. Dies geht aber nicht in bedeutsamen Punkten über eine Vertragsverletzung hinaus bzw. geht nicht soweit darüber hinaus, dass eine Nichtanwendung der Schiedsgerichtsvereinbarung als zwischen den Parteien gewollt gesehen werden kann.
Die Klage war daher bereits mangels Zulässigkeit abzuweisen.
II.
Der Kostenentscheidung liegt § 91 ZPO zugrunde. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt dem Klageantrag, § 3 ZPO.


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