IT- und Medienrecht

Streitbeitritt im selbstständigen Beweisverfahren

Aktenzeichen  18 OH 8632/13

Datum:
7.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 66, § 71

 

Leitsatz

1 Nach § 66 ZPO analog kann derjenige, der ein rechtliches Interesse daran hat, dass eine Partei obsiegt, dieser Partei auch im selbständigen Beweisverfahren, wenn es sich um ein „streitiges“ selbständiges Beweisverfahrens handelt, zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2 Maßgeblich ist, ob die Streithelferin ein rechtliches Interesse an dem Obsiegen der Partei, die sie unterstützt, hat. Nicht maßgeblich ist, ob es im Innenverhältnis der Streithelferin zu der Antragsgegnerin vorteilhaft für die Streithelferin ist, dass eine von mehreren festgestellten Mangelursachen durch den Sachverständigen ausgeschlossen wird. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Streitbetritt der Streithelferin … auf Seiten der Antragsteller wird als unzulässig zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Zwischenstreits trägt die Streitverkündete ….

Gründe

I.
1. Der Antrag der Antragsgegnerin zu 1), den Streitbeitritt der Streithelferin … als unzulässig zurückzuweisen, ist zulässig, da die Antragsgegnerin zu 1) der … mit Schriftsatz vom 30.04.2013 (Bl. 36/45 d.A.) den Streit verkündet hat. Diese ist, nachdem sie mit Schriftsatz vom 25.06.2013 (Bl. 84/86 d.A.) ursprünglich auf Seiten der Antragsgegnerin zu 1) dem Verfahren beigetreten ist, mit Schriftsatz vom 05.08.2016 (Bl. 293/299 d.A.) auf Seiten der Antragsteller dem Verfahren beigetreten.
Die Antragsgegnerin zu 1) hat beantragt, den Streitbeitritt auf Antragstellerseite als unzulässig zurückzuweisen. Im selbständigen Beweisverfahren ist die Vorschrift des § 71 ZPO analog anwendbar, sodass über den Antrag in einem Zwischenstreit entschieden werden muss. Es handelt sich nicht um eine Frage, die erst im Hauptsacheprozess entschieden wird. Der Charakter des grundsätzlich eilbedürftigen und zu keiner streitigen Entscheidung führenden – selbständigen Beweisverfahrens gebietet es, dass im Rahmen der entsprechenden Anwendung eine der Verfahrensart angepasste Entscheidung im Beschlusswege, ohne mündliche Verhandlung, durchgeführt wird.
2. Der Antrag der Antragsgegnerin auf Zurückweisung des Streitbeitritts der … ist auch begründet:
Gemäß § 66 ZPO analog kann derjenige, der ein rechtliches Interesse daran hat, dass eine Partei obsiegt, dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten. Keinesfalls ausreichend ist ein ideelles, oder wirtschaftliches Interesse, es muss sich um ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Partei handeln, der er beitritt. Diese Grundsätze gelten auch im selbständigen Beweisverfahren, wenn es sich, wie hier, um ein „streitiges“ selbständiges Beweisverfahrens handelt.
Vorliegend hat die Streithelferin, die Subunternehmerin der Antragsgegnerin zu 1) ist, kein rechtlich schützenswertes Interesse am Obsiegen der Antragsteller. Ein rechtliches Interesse hat die Streithelferin daran, dass in dem selbständigen Beweisverfahren festgestellt wird, dass Mängel der Werkleistungen, die auch die Streithelferin betreffen, gerade nicht bestätigt werden.
Maßgeblich ist hier, ob die Streithelferin ein rechtliches Interesse an dem Obsiegen der Partei, die sie unterstützt, hat. Nicht maßgeblich ist, ob im Innenverhältnis der Streithelferin zu der Antragsgegnerin es vorteilhaft für die Streithelferin ist, dass eine von mehreren festgestellten Mangelursachen durch den Sachverständigen ausgeschlossen wird, was u.U. vorteilhaft für die Streithelferin in dem Innenverhältnis zur Antragsgegnerin zu 1) wäre. Die Streithelferin hat vorliegend ein Interesse, dass die Antragsteller in diesem Verfahren unterliegen, d.h. die behaupteten Mängel gerade nicht bestätigt werden.
Ein rein wirtschaftliches Interesse (z.B. ein Kostentitel gegen die Antragsgegnerin zu 1) im Hauptsacheverfahren) reicht auch nicht aus.
Nicht maßgeblich ist auch, dass sich die die … zu dem Wechsel gezwungen sieht, weil die Antragsgegnerin zu 1) sich evt. gegen die Stellung von Ergänzungsfragen wenden würde, wenn die … als Streithelferin auf ihrer Seite verblieben wäre. Hierbei handelt es sich ebenso lediglich um eine vorteilhafte Stellung im Verfahren, die für ein rechtliches Interesse nicht ausreicht.
Nicht ausreichend ist ferner ein bestimmtes Sachaufklärungsinteresse (vgl. LG München I 29.11.2011, 11 O 25452/10). Das Vorbringen, eine bestimmte Mangelursache scheide aus, ist grundsätzlich gerade im Sinne dessen, der den Mangel bestreitet, d.h. der Antragsgegnerin zu 1).
Es muss nach Ansicht des Gerichts darauf abgestellt werden, was für ein Hauptprozess durch das selbständige Beweisverfahren vorbereitet werden soll. Insoweit ist maßgeblich, wessen Obsiegen in einem Hauptprozess der Beitrittswillige wünscht, aus dessen Seite liegt sein Interesse. Dies hängt von den Vertragsbeziehungen der Beteiligten ab.
Zu dem gleichen Ergebnis kommt nach Ansicht des Gerichts auch der BGH (18.11.2015, VII ZB 57/12 = NZBau 2016, 158 und 18.11.2015, VII ZB 2/15 = NJW 2016, 1020). Er stellt darauf ab, ob der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder dem Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens in diesem Sinne in einem Rechtsverhältnis steht, auf welches das Ergebnis der in dem selbständigen Beweisverfahren stattfindenden zulässigen Beweiserhebung unmittelbar oder mittelbar rechtlich einwirkt
Mangels vertraglicher Beziehungen zur Antragstellerseite kann die … im Verhältnis zu den Antragstellern keine bindenden Feststellungen erzielen, so dass ein rechtlich schützenswertes Interesse im Sinne von § 66 ZPO zu verneinen ist.
II.
Analog § 91 ZPO war auch im Beschlusswege über die Kosten des Zwischenstreits zu entscheiden.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben