IT- und Medienrecht

Unrichtigkeit des Rechenschaftsberichts einer Partei

Aktenzeichen  6 C 16/18

Datum:
13.5.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2020:130520U6C16.18.0
Normen:
Art 21 Abs 1 S 4 GG
§ 18 Abs 5 S 1 PartG
§ 19a Abs 4 PartG vom 23.08.2011
§ 23 PartG
§ 23a PartG
§ 24 Abs 4 Nr 5 PartG vom 23.08.2011
§ 26 Abs 1 S 1 PartG
§ 26 Abs 2 PartG
§ 133 BGB
§ 157 BGB
§ 137 Abs 2 VwGO
§ 144 Abs 2 VwGO
Spruchkörper:
6. Senat

Leitsatz

1. Der parteienrechtliche Einnahmebegriff des § 26 Abs. 1 Satz 1 PartG findet auf Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit Anwendung. Derartige Einnahmen sind nach der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Rechtslage der Berechnung der relativen Obergrenze gemäß § 19a Abs. 4 PartG 2011 in vollem Umfang zugrunde zu legen. ,
2. Eine Unternehmenstätigkeit im Sinne von § 24 Abs. 4 Nr. 5 PartG liegt vor, wenn die Partei selbständig und auf Dauer angelegt am Markt auftritt und im Rahmen von Rechtsgeschäften wirtschaftlich werthaltige entgeltliche Leistungen anbietet; eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich.

Verfahrensgang

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 7. März 2018, Az: 3 B 26.17vorgehend VG Berlin, 21. September 2017, Az: 2 K 413.16

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. März 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1
Die Klägerin ist eine politische Partei und erhält Leistungen aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Sie betrieb im Jahr 2014 einen sog. “Geldhandel”. In ihrem PARTEI-Geld-Shop bot sie an, dass Käufer 25 €, 55 € oder 105 € überweisen und im Gegenzug per Post im Wege des versicherten Versands zu 4,55 € einen 20 €-, 50 €- oder 100 €-Schein sowie zwei Postkarten bekommen. Damit bezweckte sie, Missstände in der staatlichen Parteienfinanzierung offenzulegen und die relative Obergrenze der staatlichen Parteienfinanzierung zu erhöhen. Der Klägerin flossen hieraus Einnahmen in Höhe von 204 225,01 € zu, die sie in ihrem Rechenschaftsbericht für das Jahr 2014 als solche aus Unternehmenstätigkeit auswies. Auf der Grundlage dieses Rechenschaftsberichts setzte der Präsident des Deutschen Bundestages die auf die Klägerin entfallenden Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung für das Jahr 2015 fest. Im Nachhinein kam er aus Anlass weiterer Informationen über diese Tätigkeit der Klägerin zu dem Schluss, dass deren Rechenschaftsbericht für das Jahr 2014 unrichtig sei. Die Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit und Beteiligungen seien um 191 875 € zu hoch ausgewiesen worden, da diesem Teilbetrag lediglich ein Austausch von Geldwerten zugrunde liege, der nicht als Einnahme zu qualifizieren sei.
2
Mit dieser Begründung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Oktober 2016 unter Ziff. 1 die Unrichtigkeit des Rechenschaftsberichts der Klägerin für das Jahr 2014 unter der Position “Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit und Beteiligungen” fest, nahm unter Ziff. 2 die Festsetzung der staatlichen Parteienfinanzierung für das Jahr 2015 teilweise zurück und sah eine teilweise Erstattung vor, stellte unter Ziff. 3 als Sanktion eine Zahlungsverpflichtung fest, berechnete unter Ziff. 4 unter anderem die im Jahr 2016 zu leistenden Abschlagszahlungen neu und verpflichtete unter Ziff. 5 die Klägerin zur teilweisen Neuabgabe des Rechenschaftsberichts für das Jahr 2014.
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Die gegen die Ziff. 1 bis 3 und 5 des Bescheids vom 4. Oktober 2016 gerichtete Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Das Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt:
4
Die Klage müsse Erfolg haben, weil der Rechenschaftsbericht der Klägerin für das Jahr 2014 nicht unrichtig sei. Das Parteiengesetz gehe von einem spezifisch parteienrechtlichen Einnahmebegriff aus, der im Sinne des verfassungsrechtlichen Ziels der Transparenz auszulegen und weiter zu verstehen sei als der handelsrechtliche Einnahmebegriff, der nur Zuflüsse erfasse, die sich positiv auf die Veränderung des Geldvermögens auswirkten. Der Einnahmebegriff gelte nach dem anzuwendenden Bruttoprinzip und dem Saldierungsverbot für jeden Zufluss und auch für Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit. Eine teleologische Reduktion des Einnahmebegriffs im Falle fehlender Vermögensmehrung laufe dem Publizitätsgebot zuwider. Dieses Gebot ziele auf die möglichst vollständige Offenlegung politischer Einflussnahmen mit finanziellen Mitteln ab. Die parteienrechtliche Rechnungslegung werde nicht durch kaufmännische Grundsätze modifiziert. Die Einnahmen der Klägerin aus dem Geldverkauf könnten nur als einheitlicher Vorgang gewertet werden. Die Sinnhaftigkeit und Üblichkeit des von Art. 21 GG geschützten Vorgehens unterlägen keiner exekutiven oder richterlichen Bewertung. Die Absicht der Klägerin, höhere staatliche Zuwendungen zu erreichen, sei daher unschädlich. Der auch unternehmerische Charakter des Geschäfts sei nicht bestritten. Eine Gewinnerzielungsabsicht könne bei politischen Parteien hierfür nicht konstitutiv sein, weil das Vorliegen einer solchen Absicht nicht zu den Wesensmerkmalen von Parteien gehöre.
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Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt und ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Bei dem Austausch von Geld handele es sich der Sache nach um einen Kredit, der nicht als Einnahme zu qualifizieren sei. Die Historie des Parteiengesetzes lasse erkennen, dass der Gesetzgeber Ende 1983 das Verständnis des Einnahmebegriffs modifiziert und Kreditaufnahmen nicht mehr als Einnahmen, sondern nur noch als Verbindlichkeiten angesehen habe. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hätten Einnahmen aus Krediten bei dem Umfang der staatlichen Parteienfinanzierung außer Betracht zu bleiben. Darlehen seien allenfalls unter Einnahmen im Sinne des § 24 Abs. 4 Nr. 9 PartG zu verbuchen und führten selbst in diesem Fall nicht zur Erhöhung der relativen Obergrenze. Der einzige Nutzen der Aktion für die Klägerin bestehe in der Erhöhung der relativen Obergrenze. Der Transparenzgedanke verkehre sich mit der Anerkennung der hieraus resultierenden Einnahmen in das Gegenteil, da ein Leistungsvermögen der Partei und ein Rückhalt in der Bevölkerung vorgespiegelt würden, die in Wirklichkeit gar nicht existierten. Der “Geldhandel” sei zwar Ausdruck der Betätigungsfreiheit der Parteien. Diese Betätigungsfreiheit umfasse aber nicht die Befugnis, den Einnahmebegriff des Parteiengesetzes autonom zu bestimmen und aus ihm einen erheblichen finanziellen Nutzen in Form der Erhöhung der staatlichen Finanzierung zu ziehen.
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Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit resultierten nur aus dem auf den Postkartenverkauf entfallenden Anteil. Der Austausch von Geldleistungen stelle keine wirtschaftlich werthaltige Leistung seitens der Partei an andere Marktteilnehmer mittels einer auf Dauer angelegten organisatorischen Wirtschaftseinheit dar, sodass insoweit keine Unternehmenstätigkeit gegeben sei. Eine andere Bewertung folge nicht aus der Verknüpfung mit dem Postkartenverkauf, weil sonst jeder Vorgang des Geldwechsels als Einnahme aus Unternehmenstätigkeit angesehen und gleichzeitig als Ausgabe erfasst werden müsse.
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Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten nach § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet und gemäß § 144 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil nicht auf der Verletzung von Bundesrecht beruht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
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Die Befugnis der Beklagten zur Feststellung der Unrichtigkeit des Rechenschaftsberichts in Ziff. 1 des angefochtenen Bescheids ergibt sich aus § 23a Abs. 4 Satz 1 des Parteiengesetzes in der seit dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung, während für die Beurteilung der Unrichtigkeit des Rechenschaftsberichts die Sach- und Rechtslage am Ende des Rechnungsjahres maßgeblich ist (1.). Die aus dem Geld- und Postkartenverkauf erzielten Geldzuflüsse sind Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit, sodass der Rechenschaftsbericht keine Unrichtigkeit aufweist (2.). Das Berufungsgericht hat folgerichtig auch die weiteren angefochtenen Regelungen des Bescheids als rechtswidrig angesehen (3.).
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1. Ziff. 1 des angefochtenen Bescheids beruht auf § 23a Abs. 4 Satz 1 des Parteiengesetzes vom 31. Januar 1994 (BGBl. I S. 149) in der Fassung des am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Art. 1 des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes vom 22. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2563; PartG), denn Rechtsgrundlage der Feststellung der Unrichtigkeit des Rechenschaftsberichts der Klägerin als politischer Partei durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages ist das zum Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheids am 4. Oktober 2016 geltende Parteiengesetz (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2012 – 6 C 32.11 – BVerwGE 145, 194 Rn. 22). Gemäß § 23a Abs. 4 Satz 1 PartG erlässt der Präsident des Deutschen Bundestages nach Abschluss des Verfahrens einen Bescheid, in dem er gegebenenfalls Unrichtigkeiten des Rechenschaftsberichts feststellt und die Höhe des den unrichtigen Angaben entsprechenden Betrages festsetzt.
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Die von § 23a Abs. 4 Satz 1 PartG tatbestandlich vorausgesetzte Unrichtigkeit des Rechenschaftsberichts beurteilt sich demgegenüber nach der am Ende des Rechnungsjahres geltenden Sach- und Rechtslage. Der Vorstand einer Partei soll in dem nach Abschluss des Rechnungsjahres zu erstellenden Rechenschaftsbericht gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 PartG über die Herkunft und die Verwendung der Mittel sowie über das Vermögen der Partei zum Ende des Kalenderjahres (Rechnungsjahr) wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen öffentlich Rechenschaft abgeben. Auf diesen Zeitpunkt bezieht sich die in § 23 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 23a Abs. 1 Satz 1 und 2 PartG vorgesehene Prüfung der formellen und inhaltlichen Richtigkeit des Rechenschaftsberichts am Maßstab des Fünften Abschnitts des Parteiengesetzes durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages. Ein späterer Zeitpunkt folgt nicht aus den Regelungen des Vierten Abschnitts des Parteiengesetzes über die staatliche Finanzierung. Die dortigen Vorschriften enthalten keine Regelungen zu den Anforderungen an die Erstellung des Rechenschaftsberichts, sondern knüpfen lediglich – wie § 19a Abs. 1 Satz 2 PartG zeigt – an diese an. Nach dieser Vorschrift dürfen staatliche Mittel nur festgesetzt und ausgezahlt werden, wenn der Rechenschaftsbericht den Vorschriften des Fünften Abschnitts des Parteiengesetzes entspricht (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2004 – 2 BvR 383/03 – BVerfGE 111, 54 ). Auch die in § 19a Abs. 3 Satz 1 und 2 PartG für die Abgabe des Rechenschaftsberichts normierte Frist entfaltet nur Bedeutung für den Umfang der staatlichen Parteienfinanzierung (s. dazu § 19a Abs. 3 Satz 3 und 4 PartG). Auf den Rechenschaftsbericht für das Jahr 2014 ist hiernach das Parteiengesetz vom 31. Januar 1994 (BGBl. I S. 149) in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 23. August 2011 (BGBl. I S. 1748, ber. S. 3141) anzuwenden, die bis zum 31. Dezember 2015 galt (nachfolgend PartG 2011).
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2. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Rechenschaftsbericht der Klägerin für das Jahr 2014 richtig ist. Die Klägerin hat die Einnahmen aus dem Geld- und Postkartenverkauf zutreffend als Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit gemäß § 24 Abs. 4 Nr. 5 PartG 2011 im Rechenschaftsbericht 2014 ausgewiesen. Der parteienrechtliche Einnahmebegriff wird durch das Zuflussprinzip, das Bruttoprinzip und das Saldierungsverbot geprägt (a)) und beansprucht auch für Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit Geltung (b)). Der Geld- und Postkartenverkauf erfüllt die Anforderungen an eine Unternehmenstätigkeit (c)).
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a) Nach der seit dem 1. Januar 2003 unverändert geltenden Begriffsbestimmung in § 26 Abs. 1 Satz 1 PartG ist eine Einnahme, soweit für einzelne Einnahmearten nichts besonderes gilt, jede von der Partei erlangte Geld- oder geldwerte Leistung. Die Regelung, soweit sie Geldleistungen erfasst, stellt auf erlangte Leistungen und damit auf das Zuflussprinzip ab, sofern nicht der Vorbehalt greift. Darüber hinaus erfasst sie unabhängig vom tatsächlichen Geldzufluss auch geldwerte Leistungen, d.h. alle wirtschaftlichen, in Geld messbaren Vorteile. Der parteienrechtliche Einnahmebegriff geht damit wesentlich über den hergebrachten handelsrechtlichen Begriff der Einnahme hinaus, der die Summe aller Einzahlungen einer Periode zuzüglich der Forderungen, die in der Periode entstanden sind, umfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2012 – 6 C 32.11 – BVerwGE 145, 194 Rn. 35, 37).
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Einer Verrechnung von Einnahmen mit Ausgaben steht § 26 Abs. 2 PartG entgegen. Nach dieser Vorschrift sind alle Einnahmen mit ihrem vollen Betrag (sog. Bruttoprinzip) an der für sie vorgesehenen Stelle einzusetzen und in der Bilanz zu berücksichtigen. Dieses auf dem Grundsatz der Bilanzklarheit beruhende Saldierungs- oder Verrechnungsverbot soll dazu beitragen, durch den Rechenschaftsbericht ein präzises und unverfälschtes Bild der Finanzlage der Parteien zu vermitteln und damit dem Transparenzgebot des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG Rechnung zu tragen. Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG müssen die Parteien über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben. Die Norm dient vor allem der Offenlegung möglicher politischer Einflussnahmen durch die Gewährung finanzieller Mittel. Die Kenntnis der Finanzquellen soll den Bürger in die Lage versetzen, finanzielle Abhängigkeiten zu erkennen und daraus Konsequenzen zu ziehen. Er soll die Möglichkeit haben, die Übereinstimmung zwischen den politischen Programmen und dem Verhalten derer zu prüfen, die mit Hilfe finanzieller Mittel auf die Parteien Einfluss zu nehmen suchen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2019 – 2 BvR 547/13 – NVwZ 2019, 1432 Rn. 27 m.w.N.). Im Lichte dieser Verfassungsbestimmung soll gemäß § 26 Abs. 2 PartG jegliche Form der Saldierung der erlangten Leistungen mit in diesem Zusammenhang angefallenen Ausgaben grundsätzlich ausgeschlossen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2012 – 6 C 32.11 – BVerwGE 145, 194 Rn. 43; Jochum, in: Ipsen, Parteiengesetz, 2. Aufl. 2018, § 26 Rn. 8; Kersten, in: Kersten/Rixen [Hrsg.], Parteiengesetz und Europäisches Parteienrecht, 2009, § 26 Rn. 10). Der Gesetzgeber hat das noch in § 27 Abs. 2 Satz 1 PartG 1994 enthaltene Saldierungsgebot für Einnahmen im Sinne von § 24 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PartG 1994 auf Empfehlung des Berichts der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung mit Wirkung vom 1. Januar 2003 aufgehoben (vgl. BT-Drs. 14/6710 S. 52 und 14/8778 S. 19 sowie Art. 2 Nr. 6 des Achten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002 – BGBl. I S. 2268); seitdem beanspruchen das Bruttoprinzip und das Saldierungsverbot uneingeschränkte Geltung.
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Liegt eine Einnahme im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 PartG vor, kommt es angesichts des Saldierungsverbots und des Bruttoprinzips auf ihren Rechtsgrund und ihre zivilrechtliche Einordnung nicht an. Entscheidend ist bei Einnahmen in Gestalt von Geldleistungen der Betrag, der einer Partei zugeflossen ist. Die von der Beklagten nach zivilrechtlichen Kategorien vorgenommene Aufspaltung des Geld- und Postkartenverkaufs in einen Kaufvertrag hinsichtlich des Postkartenverkaufs und ein Scheingeschäft oder Darlehen hinsichtlich des Geldverkaufs ist mit Blick auf den parteienrechtlichen Einnahmebegriff ohne Bedeutung. Hinzu kommt, dass nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts eine solche Aufspaltung des Rechtsgeschäfts zwischen der Klägerin und den Dritten, die den Kauf getätigt haben, nicht in Betracht kommt. Denn die Vertragsparteien haben in tatsächlicher Hinsicht nur einen wirksamen Vertragsschluss herbeiführen wollen. Die Käufer haben nur ein darauf gerichtetes Angebot abgegeben, dessen Inhalt auf die Gegenleistung, den Geldschein und die Postkarten, gerichtet gewesen ist.
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b) Das in § 26 Abs. 1 Satz 1 PartG verankerte Zuflussprinzip kommt nur zur Anwendung, soweit für einzelne Einnahmearten nichts besonderes gilt. Dieser Vorbehalt eröffnet ausnahmsweise die Möglichkeit, für bestimmte Einnahmearten vom Zuflussprinzip abzusehen und bei der Rechnungslegung etwa allein auf die Erträge, die sich nach Abzug der Ausgaben von den Einnahmen ergeben, abzustellen. Art 21 Abs. 1 Satz 4 GG erachtet solche Einschränkungen nicht von vornherein als unzulässig. Zwar zielt der Wortlaut dieser Verfassungsbestimmung auf eine möglichst vollständige Rechenschaftslegung; die dem Bundesgesetzgeber in Art. 21 Abs. 3 GG eröffnete Regelungsbefugnis erlaubt ihm allerdings gewisse Einschränkungen dieser Offenlegungspflicht hinsichtlich Form der Rechenschaftslegung oder Art und Höhe der erfassten Einnahmen, wenn sie mit dem dargestellten Sinn und Zweck der Rechnungslegung vereinbar sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. April 1992 – 2 BvE 2/89 – BVerfGE 85, 264 ).
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Derartige, das Zuflussprinzip überlagernde Besonderheiten können sich insbesondere aus den im Gesetz enthaltenen Regelungen zum Rechenschaftsbericht und zur staatlichen Parteienfinanzierung ergeben (zu Letzterem s. bereits BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2012 – 6 C 32.11 – BVerwGE 145, 194 Rn. 35). Der Vorbehalt erfasst nicht nur ausdrückliche Regelungen, die hier für Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit nicht ersichtlich sind, sondern bezieht sich auf sämtliche Vorschriften des Parteiengesetzes, denen für bestimmte Einnahmearten ein von § 26 Abs. 1 Satz 1 PartG abweichendes Verständnis des Einnahmebegriffs entnommen werden kann.
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Anhaltspunkte für eine einschränkende Geltung des Einnahmebegriffs für Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit lassen sich für das hier maßgebende Rechenschaftsjahr 2014 weder aus § 24 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 PartG (aa)) noch aus den Vorschriften über die staatliche Parteienfinanzierung (bb)) entnehmen.
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aa) Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 PartG in der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung besteht der Rechenschaftsbericht aus einer Ergebnisrechnung auf der Grundlage einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung, einer damit verbundenen Vermögensbilanz sowie einem Erläuterungsteil. Einnahmen und Ausgaben sind demzufolge gesondert aufzuführen und nicht zu saldieren. Die Norm knüpft damit über die in Absatz 4 enthaltene Einnahmerechnung an den Einnahmebegriff des § 26 Abs. 1 PartG an.
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Ebenso wenig sind den Regelungen in § 24 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 PartG in der ebenfalls seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung für die Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit Besonderheiten zu entnehmen. Der in § 24 Abs. 1 Satz 2 PartG enthaltenen Vorgabe, der zufolge der Rechenschaftsbericht unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen Auskunft über die Herkunft und Verwendung der Mittel sowie über das Vermögen der Partei gibt, lässt sich schon vom Wortlaut her keine Einschränkung des Einnahmebegriffs für eine bestimmte Einnahmeart entnehmen. Auch aus § 24 Abs. 2 Satz 1 PartG, wonach die für alle Kaufleute geltenden handelsrechtlichen Vorschriften über die Rechnungslegung, insbesondere zu Ansatz und Bewertung von Vermögensgegenständen, entsprechend anzuwenden sind, ergeben sich für die Einnahmearten keine Besonderheiten, weil die Norm ihrerseits unter dem Vorbehalt steht, dass das Parteiengesetz nichts anderes vorschreibt.
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Bestätigt wird dieses Verständnis von § 24 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 PartG durch die Gesetzeshistorie. Der Inhalt dieser Normen ist an die Vorgaben sowohl des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG als auch des § 243 HGB angelehnt, der für kaufmännische Jahresabschlüsse die Anwendung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung vorsieht. Die beiden Vorschriften sind durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3673) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 präzisiert worden, weil ausweislich der Gesetzesbegründung Streit darüber entstanden war, in welchem Umfang sie in der Fassung des Achten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002 (BGBl. I S. 2268) die Bilanzvorschriften des Handelsgesetzbuches auf die Rechnungslegung politischer Parteien für anwendbar erklärten. Infolgedessen wurde § 24 Abs. 1 PartG neu gefasst und die in § 24 Abs. 2 Satz 1 PartG enthaltene Verweisung auf die Bilanzvorschriften konkretisiert. Mit diesen Präzisierungen hat der Gesetzgeber der Auffassung des Instituts der Wirtschaftsprüfer eine Absage erteilt, wonach aufgrund von § 24 Abs. 1 Satz 2 PartG in seiner damaligen Fassung die für Kapitalgesellschaften geltenden Bilanzvorschriften (§§ 264, 265 ff. HGB) Anwendung finden sollten. Deren Anwendung sollte ausgeschlossen sein, soweit im Parteiengesetz speziellere Vorschriften bestehen (s. BT-Drs. 15/4246 S. 1, 5, 7).
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bb) Nach § 18 Abs. 5 Satz 1 PartG darf die Höhe der staatlichen Teilfinanzierung bei einer Partei die Summe der Einnahmen nach § 24 Abs. 4 Nr. 1 bis 7 PartG 2011 nicht überschreiten (relative Obergrenze). Der Berechnung der relativen Obergrenze sind gemäß § 19a Abs. 4 PartG 2011 die in dem Rechenschaftsbericht des Rechenschaftsjahres veröffentlichten Einnahmen der Partei im Sinne von § 24 Abs. 4 Nr. 1 bis 7 PartG 2011 zugrunde zu legen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich aus diesen Regelungen für den Begriff der Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit Einschränkungen ergeben; vielmehr ist auch für diese Einnahmeart der Einnahmebegriff des § 26 Abs. 1 Satz 1 PartG anzuwenden.
23
Die Höhe der staatlichen Parteifinanzierung knüpft an die Bedeutung der jeweiligen Partei sowie ihre Verankerung und ihren Rückhalt in der Gesellschaft an und spiegelt diese wider. Der Gesetzgeber hat diejenigen Einnahmen der Parteien für die Höhe der staatlichen Teilfinanzierung zugrunde gelegt, die der Verwurzelung einer Partei in der Bevölkerung Ausdruck verleihen. Er hat diesen Maßstab für die Bestimmung der relativen Obergrenze herangezogen, soweit er für ihre Berechnung auf die Summe bestimmter Einnahmearten abstellt. Ihrem Sinn und Zweck nach soll die relative Obergrenze den Umfang der staatlichen Parteienfinanzierung anhand der gesellschaftlichen Bedeutung einer Partei begrenzen; sie soll verhindern, dass eine Partei ihren Finanzbedarf völlig oder vorwiegend aus öffentlichen Mitteln deckt und so den Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien unterläuft. Eine solche Finanzierung wäre mit der Funktion und der Stellung der politischen Parteien unvereinbar (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1986 – 2 BvE 2/84, 2 BvR 442/84 – BVerfGE 73, 40 ). Zu den insoweit maßstäblichen Einnahmen zählen solche aus Unternehmenstätigkeit. Der Gesetzgeber hat mit ihrer Einbeziehung in die Berechnung der relativen Obergrenze zu erkennen gegeben, dass er derartige Einnahmen als Indikator der Verwurzelung der Parteien in der Bevölkerung ansieht. Demzufolge hat er die Berechnung der relativen Obergrenze auch an die Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit gekoppelt. Bekräftigt hat er seine Auffassung, indem er mit dem Achten Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002 (BGBl. I S. 2268) bestimmt hat, dass diese Einnahmen gesondert auszuweisen sind, um die Transparenz bei den wirtschaftlichen Unternehmungen der Parteien zu stärken (vgl. BT-Drs. 14/8778 S. 19).
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Aufgrund der Koppelung der Berechnung der relativen Obergrenze an die Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit führen Erhöhungen derartiger Einnahmen zwangsläufig zu einer Erhöhung der relativen Obergrenze. Damit hat der Gesetzgeber zugleich den Parteien Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, durch zweckgerichtete Erhöhungen der Einnahmen – etwa durch Aufnahme von Unternehmenstätigkeiten – ihren Anteil an der staatlichen Parteienfinanzierung zu beeinflussen. Die Ausnutzung dieser Gestaltungsmöglichkeiten rechtfertigt keine einschränkende Auslegung des Einnahmebegriffs, denn der Gesetzgeber war sich der Möglichkeit einer zweckgerichteten Erhöhung der relativen Obergrenze durch Schaffung von Einnahmen im Sinne von § 19a Abs. 4 PartG 2011 bewusst, ohne dass er ihr bis zum Rechenschaftsjahr 2015 im Parteiengesetz entgegengesteuert hätte. Das belegt die Gesetzeshistorie.
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Der Gesetzentwurf des Parteiengesetzes aus dem Jahre 1959 verwies zur Begründung der Regelung des damaligen Einnahmebegriffs noch darauf, dass reine Entgeltgeschäfte vom Begriff der Einnahme auszunehmen seien, da sie wirtschaftlich gesehen nur einen Umsatz von Vermögenswerten in andere Formen darstellten (BT-Drs. 3/1509 S. 31 zu § 24 Abs. 1 PartG-E; s. auch Küstermann, Das Transparenzgebot des Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG und seine Ausgestaltung durch das Parteiengesetz, 2003, S. 75 f.). Dementsprechend stand nach der früheren Gesetzesfassung der Einnahmebegriff des § 26 Abs. 1 Satz 1 PartG 1967 (BGBl. I S. 773) unter dem Vorbehalt, dass die Geld- oder geldwerte Leistung nicht durch eine gleichwertige Gegenleistung ausgeglichen ist und auch nicht auf einer Ersatz-, Entschädigungs- oder Rückerstattungspflicht beruht. Diesen Gegenleistungsvorbehalt hat der Gesetzgeber aus Gründen der Transparenz durch Art. 1 Nr. 13 Buchst. a des Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1983 (BGBl. I S. 1577) mit Wirkung vom 1. Januar 1984 gestrichen und damit die Verrechnung der Geldleistung mit entsprechenden Gegenleistungen auf der Grundlage des Einnahmebegriffs ausgeschlossen. Er hat dem Transparenzgebot Vorrang vor einer möglichen Beeinflussung der relativen Obergrenze durch eine gezielte Erhöhung entsprechender Einnahmen eingeräumt und hieran in der Folgezeit festgehalten. Denn er hat weder einen Vorschlag der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung aufgegriffen, zur Vermeidung einer künstlichen Erhöhung der relativen Obergrenze nur die Einnahmen gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 des damaligen Parteiengesetzes zugrunde zu legen (BT-Drs. 14/6710 S. 29), noch hat er einen weiteren Vorschlag, den Begriff der Einnahme durch denjenigen des Ertrags zu ersetzen (vgl. dazu Streitferdt, Vorschläge zur Rechnungslegung der Parteien und Prüfung ihrer Rechenschaftsberichte aus betriebswirtschaftlicher Sicht, BT-Drs. 14/6711, 93 ), im Gesetzgebungsverfahren zum Achten Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002 (BGBl. I S. 2268) umgesetzt. Der Gesetzgeber hat sich demnach bewusst dafür entschieden, einer Manipulation der relativen Obergrenze durch eine zweckgerichtete Erhöhung von Einnahmen weder durch eine Anpassung des Einnahmebegriffs noch durch eine Änderung der Berechnung der relativen Obergrenze im Rahmen seiner Regelungsbefugnis entgegenzutreten. Von seiner Regelungsbefugnis hat er erst ab dem Rechnungsjahr 2015 Gebrauch gemacht und mit dem Zehnten Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 22. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2563) bestimmt, dass bei der Berechnung der relativen Obergrenze nach § 19a Abs. 4 Satz 2 PartG Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit nur in Höhe des nach Abzug der Ausgaben verbleibenden Betrages berücksichtigt werden. In der Gesetzesbegründung hat der Gesetzgeber ausgeführt, zukünftig eine künstliche Erhöhung der relativen Obergrenze durch nicht der Selbstfinanzierung dienende Einnahmen der Partei aus Unternehmenstätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht verhindern zu wollen (vgl. dazu BT-Drs. 18/6879 S. 5 f., 9, 14). Dies lässt angesichts der Gesetzeshistorie den (Umkehr-)Schluss zu, dass den bis zu dieser Gesetzesänderung geltenden Regelungen zur staatlichen Parteienfinanzierung, keine Einschränkung des Einnahmebegriffs entnommen werden kann.
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Die Beklagte kann hiernach der Klägerin den Vorwurf einer unzulässigen zweckgerichteten Erhöhung der relativen Obergrenze, die es über die Auslegung des Einnahmebegriffs zu verhindern gelte, nicht mit Erfolg entgegenhalten, zumal der Geld- und Postkartenverkauf der Klägerin nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht nur zu diesem Zweck erfolgte, sondern gleichzeitig die Schwachstellen der staatlichen Parteienfinanzierung offenlegen sollte.
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Schließlich rechtfertigt der Vergleich des Geld- und Postkartenverkaufs mit Krediten keine andere Betrachtungsweise. Der Gesetzgeber hat Kredite von den in einem Rechenschaftsbericht auszuweisenden Einnahmen ausgeschlossen, weil den jeweiligen Kreditaufnahmen Rückzahlungsverpflichtungen gegenüberstehen, die nicht zu einer Verbesserung der Einnahmesituation führen; Kredite sind daher geeignet, von den Parteien nur aufgenommen zu werden, um die Einnahmen zu erhöhen und die Grenze der staatlichen Parteienfinanzierung zu manipulieren. Schulden einer Partei sind nicht bei den Einnahmen, sondern bei den Verbindlichkeiten zu berücksichtigen (BT-Drs. 10/697 S. 5; s. dazu auch: BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1986 – 2 BvE 2/84, 2 BvR 442/84 – BVerfGE 73, 40 ). Mit diesem Ansatz sind nach den vorstehenden Ausführungen Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit nicht vergleichbar.
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c) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Geld- und Postkartenverkauf der Klägerin als Unternehmenstätigkeit im Sinne von § 24 Abs. 4 Nr. 5 PartG 2011 einzuordnen ist.
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Die Unternehmenstätigkeit als eine bestimmte Einnahmeart der Parteien ist parteienrechtlich unter Rückgriff auf den Sinn und Zweck der Rechnungslegung und in Abgrenzung zu den anderen Einnahmearten zu bestimmen. Wie bereits dargelegt, dient die Rechnungslegung im Lichte von Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG der Darstellung der Einnahmeströme. Der Bürger soll erkennen können, wer durch finanzielle Zuwendungen auf die Willensbildung der Partei Einfluss zu nehmen versucht und welche finanziellen Abhängigkeiten bestehen, damit er in die Lage versetzt wird, daraus Konsequenzen zu ziehen. Dies gilt auch für Einnahmen aus einer Unternehmenstätigkeit, mit der die wirtschaftlichen Unternehmungen der Parteien im Sinne der Transparenz offengelegt werden sollen. Der Gesetzgeber hat sich gegen eine Beschränkung unternehmerischer Tätigkeit von Parteien und für eine klare Rechenschaftspflicht über die Einnahmen und Ausgaben aus dieser Tätigkeit entschieden (vgl. BT-Drs. 14/8778 S. 14, 19). Dies spricht für ein weites Verständnis der Unternehmenstätigkeit.
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Kennzeichnend für eine eigene wirtschaftliche Unternehmung einer Partei ist danach, dass die Partei selbständig und auf Dauer angelegt am Markt auftritt und im Rahmen von Rechtsgeschäften wirtschaftlich werthaltige entgeltliche Leistungen anbietet (vgl. auch Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, 1. Aufl. 2011, § 24 Rn. 36; Jochum, in: Ipsen, Parteiengesetz, 2. Aufl. 2018, § 24 Rn. 33; Rixen, in: Kersten/Rixen [Hrsg.], Parteiengesetz und Europäisches Parteienrecht, 2009, § 24 Rn. 45; in diesem Sinne auch Angelov, Vermögensbildung und unternehmerische Tätigkeit politischer Parteien, 2006, S. 40 f.). Eine Gewinnerzielungsabsicht ist für die Annahme einer Unternehmenstätigkeit nicht erforderlich; sie stünde dem Ziel des Rechenschaftsberichts entgegen, über finanzielle Abhängigkeiten und die wirtschaftliche Betätigung der Parteien umfassend und vollständig Auskunft zu geben (im Ergebnis ebenso: Angelov, a.a.O. S. 40 f.; a. A. wohl Lenski, a.a.O., § 24 Rn. 37). In Abgrenzung zu den ebenfalls von § 24 Abs. 4 Nr. 5 PartG 2011 erfassten Einnahmen aus Beteiligungen ist für die Unternehmenstätigkeit erforderlich, dass sie von der Partei selbst, also den Parteigeschäftsstellen, den einzelnen Parteigliederungen oder durch parteieigene Betriebe ausgeübt wird (vgl. Rixen, in: Kersten/Rixen [Hrsg.], Parteiengesetz und Europäisches Parteienrecht, 2009, § 24 Rn. 45).
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Der parteienrechtliche Begriff der Unternehmenstätigkeit ist an die Definition des Unternehmers in § 14 BGB angelehnt (so auch Jochum, in: Ipsen, Parteiengesetz, 2. Aufl. 2018, § 24 Fn. 56 zu Rn. 33), wonach Unternehmer jede natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft ist, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Eine gewerbliche Tätigkeit in diesem Sinne setzt ein selbständiges und planmäßiges, auf gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2006 – VIII ZR 173/05 – BGHZ 167, 40 Rn. 14 ff. m.w.N. Ellenberger, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 14 Rn. 2). Dem Anbieten von Leistungen am Markt durch den Abschluss von Rechtsgeschäften kommt danach entscheidende Bedeutung zu. Dies gilt ebenso für die Unternehmenstätigkeit im parteienrechtlichen Sinne. Auf den Abschluss von Rechtsgeschäften kann nicht verzichtet werden. Denn dieses Merkmal dient der Abgrenzung zu anderen in Betracht kommenden Einnahmearten, in denen die Partei nicht wie ein Unternehmer am Markt auftritt und Rechtsgeschäfte abschließt, sondern sonstige Einnahmen im Sinne von § 24 Abs. 4 Nr. 7 PartG generiert oder die dem Auffangtatbestand des § 24 Abs. 4 Nr. 9 PartG “sonstige Einnahmen” unterfallen.
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Auf der Grundlage der den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist dessen Würdigung, die Einnahmen der Klägerin aus dem Geld- und Postkartenverkauf seien solche aus Unternehmenstätigkeit, aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Nach den Feststellungen hat die Klägerin den Geld- und Postkartenverkauf am Markt beworben. Sie ist selbst am Markt als Teilnehmerin aufgetreten. Die jeweiligen Käufer haben ihr gegenüber mit der Überweisung entsprechender Geldbeträge ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags abgegeben, welches von der Klägerin dadurch angenommen worden ist, dass sie im Wege des versicherten Versands den bestellten Geldschein und die Postkarten übersandt hat. Der Geld- und Postkartenverkauf hat im Jahr 2014 stattgefunden und ist auf Dauer angelegt gewesen. Hierfür sprechen die Höhe der Einnahmen von 204 225,01 € sowie der Umstand, dass der Verkauf auf den Abschluss einer Vielzahl von Rechtsgeschäften gerichtet gewesen ist.
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Die entgeltlichen Leistungen aus dem Verkauf sind auch als werthaltig anzusehen. Die Werthaltigkeit der Leistung hat sich dabei an dem Rechtsgeschäft, das den Gegenstand der Unternehmenstätigkeit ausmacht, zu orientieren. In den Blick zu nehmen ist das Geschäftsmodell der Partei, das hier nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts in einem einheitlich zu wertenden Verkauf von Geld- und Postkarten besteht. Die Werthaltigkeit ergibt sich dabei ungeachtet des hierdurch je Rechtsgeschäft erzielten Gewinns aus dem Umstand, dass gegen Überweisung eines Geldbetrages neben dem Geldschein Postkarten verkauft und im versicherten Versandwege übersandt worden sind und hierfür eine entsprechende Nachfrage bestand. Die Einheitlichkeit des Rechtsgeschäfts, das den Gegenstand der Unternehmenstätigkeit der Klägerin ausmacht, steht – wie schon bei dem Einnahmebegriff – einer Aufspaltung des Rechtsgeschäfts in einen auf den Geldverkauf und in einen auf den Postkartenverkauf gerichteten Teil entgegen. Es ist zwar fraglich, ob – worauf die Beklagte hinweist – ein isoliert rechtsgeschäftlich vereinbarter Wechsel von Buch- in Giralgeld eine werthaltige Leistung darstellt. Jedoch kommt es für die Beurteilung der Werthaltigkeit auf das von den Beteiligten als Einheit betrachtete Rechtsgeschäft an. Denn entscheidend für die Auslegung des Rechtsgeschäfts ist allein der Wille der Beteiligten unter Berücksichtigung der Vertragsumstände, nicht aber, wie am Rechtsgeschäft unbeteiligte Dritte dieses verstanden wissen wollen (vgl. § 157, § 133 BGB).
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3. Aufgrund der revisionsrechtlich fehlerfrei festgestellten Richtigkeit des Rechenschaftsberichts der Klägerin für das Jahr 2014 unter der Position “Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit und Beteiligungen” erweisen sich auch die weiteren angefochtenen Ziffern des Bescheids als rechtswidrig und das Berufungsgericht musste die Berufung der Beklagten insgesamt zurückweisen.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.


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