IT- und Medienrecht

Unwirksame Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Online-Dating-Portals bezüglich der Form der Kündigung

Aktenzeichen  12 O 17874/15

Datum:
12.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MMR – 2016, 675
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 126a, § 307 Abs. 1 S. 2, § 309 Nr. 13
UKlaG UKlaG § 1

 

Leitsatz

1 Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Online-Dating-Portals, wonach die Mitgliedschaft durch den Nutzer unter Einhaltung einer bestimmten Kündigungsfrist in gesetzlich geregelter „Elektronischer Form“ zB per Email gekündigt werden kann und eine Kündigung in „Textform“ aus Datenschutz- und Sicherheitsgründen ausgeschlossen ist, verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine solche Klausel verstößt zudem gegen § 309 Nr. 13 BGB, da in der Formulierung „gesetzlich geregelte elektronische Form“ aus der Sicht des durchschnittlichen Verbrauchers ein Verweis auf die in § 126a BGB geregelte elektronische Form zu erblicken ist. Deren Einhaltung setzt eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz voraus, was im Vergleich zur einfachen Schriftform eine strengere Form darstellt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines, für Jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen Inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträgen über die Nutzung von Leistungen über einen Telemediendienst (www.edates.de) mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 01.04.1977, zu berufen:
Die kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft nach § 3.2 kann vom Nutzer unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 8 Wochen zum Vertragsende in gesetzlich geregelter „Elektronischer Form“ z. B. per Email gekündigt werden. Die Kündigung in „Textform“ ist aus Datenschutz- und Sicherheitsgründen ausgeschlossen.
II.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 214,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 03.11.2015 zu bezahlen.
III.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung In Höhe von 5.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
V.
Der Streitwert wird auf EUR 2.500,00 festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel nach § 1 UKIaG.
I.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger als Verbraucherverband nach § 3 UKIaG klagebefugt.
II.
Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel aus § 1 UKIaG.
1. Die Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach ist der Verwender von allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verpflichtet, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den AGB möglichst klar, einfach und präzise darzustellen (vgl. BGH, NJW 2010,3152).
Dem wird die streitgegenständliche Klausel nicht gerecht. Sie sieht vor, dass der Vertragspartner der Beklagten, der bei dieser eine Premium-Mitgliedschaft abgeschlossen hat, den entsprechenden Vertrag in „gesetzlich geregelter elektronischer Form, z. B. per E-Mail“, kündigen könne. Die Kündigung in Textform ist nach den Bedingungen ausgeschlossen.
Unter dem in der Klausel verwendeten Begriff der gesetzlich geregelten-elektronischen Form kann der durchschnittliche Verbraucher nichts anderes verstehen als die in § 126a BGB geregelte elektronische Form. Diese sieht vor, dass der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen muss. Eine einfache E-Mail, auf die im weiteren Text der Klausel dann Bezug genommen wird, wahrt die elektronische Form nicht.
Soweit die Beklagte meint, der Verbraucher könne aus dem Text der Klausel erkennen, dass die Beklagte damit meine, der Verbraucher solle eine schriftliche Erklärung verfassen, diese unterschreiben, das Dokument dann einscannen und per E-Mail an die Beklagte schicken, wodurch dann die in der Klausel vereinbarte Form gewahrt sei, folgt das Gericht dem nicht. Das dargestellte Verständnis der streitgegenständlichen Klausel erschließt sich dem durchschnittlichen Verbraucher aus dem Text der allgemeinen Geschäftsbedingungen gerade nicht. Dieser wird aus dem in der Klausel niedergelegten Ausschluss der Textform, der Möglichkeit der Kündigung „z. B. per E-Mail“ und der gleichzeitig in der Klausel bestimmten „gesetzlich geregelten elektronischen Form“ vielmehr nicht entnehmen können, in weicher Weise er den Vertrag wirksam kündigen kann.
Die Klausel lässt den durchschnittlichen Vertragspartner vollständig darüber im unklaren, wie und in welcher Form er eine wirksame Kündigungserklärung abgeben kann. Für ihn besteht damit die Gefahr, dass er eine Erklärung abgibt, die den Anforderungen, die die Beklagte der streitgegenständlichen Klausel zu entnehmen meint, nicht gerecht wird, wodurch es zu einer automatischen Verlängerung des Vertrages um einen erheblichen Zeitraum – z. B. die in der Klausel genannten 9 Monate – kommen kann,
Die genannte Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie ist unwirksam.
2. Die Klausel verstößt ferner gegen § 309 Nr. 13 BGB. Danach ist in allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender der AGB gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden. Dies ist vorliegend der Fall. Die streitgegenständliche Klausel verweist ausdrücklich auf die „gesetzlich geregelte elektronische Form“. Die Einhaltung der elektronischen Form setzt nach § 126a Abs. 1 BGB eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz vor. Dies ist im Vergleich zur einfachen Schriftform eine strengere Form im Sinne des § 309 Nr. 13 BGB. Dies ergibt sich auch aus § 127 Abs. 2 BGB, wonach zur Wahrung der durch Rechtsgeschäfte bestimmten einfachen Schriftform die telekommunikative Übermittlung der in einfacher Schriftform abgefassten Erklärung aus reicht. Das Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz stellt im Vergleich dazu – gerade für den durchschnittlichen Internetnutzer und Vertragspartner eines Online-Portals – eine erheblich höhere Hürde auf.
Die streitgegenständliche Klausel ist danach auch wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 13 BGB unwirksam.
III.
Danach besteht der Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten auf Unterlassung aus § 1 UKIaG. Der Kläger hat auch weiter Anspruch auf Zahlung der der Höhe nach unstreitigen Abmahnpauschale in Höhe von EUR 214,00. Diese war ab Rechtshängigkeit in gesetzlich geregelter Höhe zu verzinsen.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO. Der Streitwert war gemäß § 3 ZPO festzusetzen; die Kammer setzt für derartige Klauseln einen Streitwert in Höhe von 2.500,00 € an.


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