IT- und Medienrecht

Unzulässige Werbung für ein Gewinnspiel ohne Angabe der Teilnahmebedingungen

Aktenzeichen  41 HK O 932/18

Datum:
8.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
WRP – 2019, 1388
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Amberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2
TMG § 6 Abs. 1 Nr. 4

 

Leitsatz

1 Auch in einer Printwerbung müssen entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG bei Gewinnspielen mit Werbecharakter die Teilnahmebedingungen leicht zugänglich, klar und zweideutig angegeben werden. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Zu derartigen Informationen gehören die Bedingungen der Teilnahmeberechtigung. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000,00 € ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten, zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbs mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel zu werben oder werben zu lassen ohne bereits bei dessen Ankündigung die Informationen zur Verfügung zu stellen, welche Beschränkungen des Teilnehmerkreises gegebenenfalls bestehen, wenn dies wie folgt in einem Werbeprospekt geschieht:
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 220,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5.10.2018 zu zahlen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3.
4. Das Urteil ist für den Kläger vorläufig vollstreckbar; hinsichtlich Ziffer 1 nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 €. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Für die Beklagte ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist im Umfang der zuletzt gestellten Anträge begründet.
I. Der Kläger kann von der Beklagten Unterlassung von Werbung – wie in den Tenor aufgenommen – gemäß §§ 3, 8 Abs. 1, 5 a Abs. 2 Abs. 4 UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG verlangen.
Der Kläger ist nach § 8 Abs. 3 Nr. UWG aktivlegitimiert und klagebefugt. Die diesbezüglichen tatsächlichen Voraussetzungen sind unstreitig.
Der Kläger kann nach § 8 Abs. 1 UWG Unterlassung unzulässiger geschäftlicher Handlungen von der Beklagten verlangen. Unzulässig sind nach § 3 Abs. 1 UWG unlautere geschäftliche Handlungen. Gemäß § 5 a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält. Zu diesen wesentlichen Informationen zählen nach § 5 a Abs. 4 UWG auch die Informationen, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. Um eine derartige Regelung handelt es sich bei § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG (vgl. Köhler/Bornkamm: UWG, 34. Auflage, § 5 a, Randnummer 5.26). Zwar betrifft § 6 TMG die kommerzielle Kommunikation über Telemedien; eine unterschiedliche Behandlung zu Printmedien ist aber nicht gerechtfertig, so dass § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG insoweit analog anzuwenden ist (vgl. Köhler/Bornkamm: UWG, 34. Auflage, § 5 a, Randnummer 5.29). Demnach müssen entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 4 TMG bei Gewinnspielen mit Werbecharakter die Teilnahmebedingungen leicht zugänglich, klar und zweideutig angegeben werden.
Diesen Voraussetzungen genügt die streitgegenständliche Werbung der Beklagten nicht. Denn bei Gewinnspielen muss der Verbraucher Gelegenheit haben, sich vor seiner Teilnahmehandlung umfassend über die Teilnahmebedingungen zu informieren; unerwartete Beschränkungen oder sonstige überraschende Teilnahmebedingungen müssen stets schon unmittelbar in der Werbung offenbart werden (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2009, Az. I ZR 64/07, GRUR 2010, 158). Kann der Verbraucher aufgrund einer Werbung noch nicht ohne Weiteres an dem Gewinnspiel teilnehmen, reicht es aus, ihm unter Berücksichtigung der räumlichen und zeitlichen Beschränkungen des verwendeten Werbemediums diejenigen Informationen zu geben, für die bei ihm nach den Besonderheiten des Einzelfalls schon zum Zeitpunkt der Werbung ein aktuelles Aufklärungsbedürfnis besteht (vgl. BGH, Urteil vom 10.01.2008, Az. I ZR 196/05, GRUR 2008, 724). Zu derartigen Informationen gehören die Bedingungen der Teilnahmeberechtigung. Die Beschränkung des Teilnahmerechts auf volljährige Gebietansässige, die nicht Mitarbeiter der Beklagten oder der … sind, hätte in dem Werbeprospekt räumlich ohne Weiteres mit angegeben werden können. Es handelt sich zudem um Teilnahmebeschränkungen, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen, mithin überraschend sind. Die in der Printwerbung angekündigten abgebildeten Preise stellen insbesondere Teilnahmeanreize auch für Minderjährige dar. Zu nennen sind hier neben dem Eis insbesondere das Fahrrad und das iPhone X. Nach der Fußzeile der Seite 1 des Werbeprospekts wird die Verlosung von verschiedensten Firmen unterstützt. Von der Teilnahmeberechtigung ausgenommen sollen aber nicht alle Mitarbeiter aller unterstützenden Firmen sein, sondern nur die der Beklagten und der Ferrero MSC GmbH & Co. KG. Der selektive Ausschluss stellt eine überraschende Klausel dar. Die Beschränkung des Teilnehmerkreises auf Personen mit Wohnsitz in Deutschland ist überraschend, weil sie sich nicht erschließt. Ein Sachgrund dafür, warum etwa Urlaubsreisende aus anderen Ländern während ihres Urlaubsaufenthalts in Deutschland nicht an dem Gewinnspiel teilnehmen dürfen sollen, liegen nicht erkennbar vor.
Schließlich sind die Teilnahmebedingungen den Verbrauchern nicht leicht zugänglich. Denn die angegebene Internetseite „“ verweist nicht auf Teilnahmebedingungen. Der angesprochene Verkehrskreis bezieht die so bezeichnete Internetseite auch nicht auf Teilnahmebedingungen.
Nachdem bereits ein Wettbewerbsverstoß begangen worden ist, ist die vom § 8 Abs. 1 UWG vorausgesetzte Wiederholungsgefahr indiziert.
II. Der Kläger kann von der Beklagten die Bezahlung einer Unkostenpauschale in Höhe von Brutto 220,00 € nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG verlangen.
Nach den Ausführungen unter I. war die vorgerichtliche Abmahnung des Klägers vom 17.09.2018 im nun verurteilten Umfang berechtigt. Für eine Abmahnung im nun verurteilten Umfang waren zur Überzeugung der Kammer die geltend gemachten Kosten als Pauschale üblich und durchschnittlich, § 287 ZPO.
Der Zinsausspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1 zweite Alternative, 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO.
Der ursprünglich angekündigte Klageantrag umfasste neben der streitgegenständlichen Printwerbung auch das Internet und sonstige Werbeträger. Durch die teilweise Klagerücknahme hinsichtlich zweier Werbeträger war eine Kostenquotelung von 2/3 zu Lasten des Klägers und 1/3 zu Lasten der Beklagten veranlasst.
IV. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen hinsichtlich Nr. 1 des Tenors auf § 709 Satz 1 ZPO und hinsichtlich des Klägers im Übrigen auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit für die Beklagte beruht auf § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.
Verkündet am 08.04.2019


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